meldung

Regisseur und Intendant Jürgen Flimm gestorben

Jürgen Flimm in der Staatsoper unter den Linden 2018 @ David Baltzer / bildbuehne.de

4. Februar 2023. Der Regisseur und langjährige Intendant der Berliner Staatsoper Jürgen Flimm ist tot. Das melden zahlreiche Medien, darunter Zeit.de. Vor seiner Tätigkeit als Staatsopernintendant leitete Flimm unter anderem die Ruhrtriennale, die Salzburger Festspiele und das Thalia Theater Hamburg.

1941 in Gießen geboren, wuchs Flimm in Köln als Sohn eines Praktischen Arztes auf. Schon früh nahm ihn der Vater in Theater-Vorstellungen mit, die er als Theaterarzt begleitete. Nach dem Abitur studierte Flimm in Köln Theaterwissenschaften, Germanistik und Soziologie und sammelte an der Studiobühne der Universität erste praktische Theatererfahrungen. Seine Theaterkarriere begann er 1968 als Regiassistent an den Münchner Kammerspielen, wo er unter anderem bei Fritz Kortner und Hans Schweikart, August Everding und Paul Verhoeven assistierte. Seit 1971 entstanden eigene Regiearbeiten in Zürich, Hamburg, Wuppertal und München.

1972 wurde Flimm Spielleiter am Nationaltheater in Mannheim, von 1973 bis 1975 war er Oberspielleiter am Thalia Theater Hamburg. 1979 übernahm Flimm am Kölner Schauspielhaus seine erste Intendanz. 1985 kehrte er als Intendant nach Hamburg ans Thalia Theater zurück, das er 15 Jahre lang leitete und zu einem der künstlerisch und wirtschaftlich erfolgreichsten Sprechtheater Deutschlands machte. Als Nachfolger von Gründungs-Intendant Gerard Mortier übernahm Flimm 2005 die Intendanz der Ruhrtriennale. Von 2006 bis 2010 leitete er die Salzburger Festspiele und war ab 2009 Berater der Berliner Staatsoper Unter den Linden, deren Intendanz er von 2010 bis 2018 übernahm. Flimm war seit 1978 auch ein international anerkannter Opernregisseur. Im Jahr 2000 inszenierte er in Bayreuth den sogenannten "Jahrtausendring". Darüber hinaus war Jürgen Flimm von 1999 bis 2003 Präsident des Deutschen Bühnenvereins.

Jürgen Flimm war Professor an der Universität Hamburg, wo unter anderen Falk Richter und Nicolas Stemann seine Studenten waren. Er war Mitglied der Akademien der Künste in Hamburg, München, Berlin und Frankfurt, Mitglied des Kuratoriums der Rudolf-Augstein-Stiftung sowie Ehrendoktor der Universität Hildesheim. Zu seinen Auszeichnungen zählen unter anderem die Medaille für Kunst und Wissenschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, der Konrad-Wolf-Preis der Akademie der Künste Berlin, das Bundesverdienstkreuz sowie das Österreichische Ehrenkreuz für Kunst und Wissenschaft. Jetzt ist Jürgen Flimm im Alter von 81 Jahren in Berlin gestorben.

(zeit.de / sle) 


Stimmen
zum Tod von Jürgen Flimm sind hier versammelt.

mehr meldungen

Kommentare  
Jürgen Flimm: Aufgeschlossen + kulinarisch zugleich
Ein unglaublich umtriebiger, vielfältiger, interessierter und begabter Theatermacher der alten Schule: handwerklich makellos; stets politisch, aber fern von starren Ideologien; aufgeschlossen und kulinarisch zugleich. Er war einer, der überzeugt war, dass Kunstgenuss ohne Genuss keiner ist, er "konnte" Shakespeare und Čechov und Kleist genauso wie die nicht ganz einfachen Ur-Österreicher Ferdinand Raimund und Johann Nestroy, in der Oper inszenierte er Nono, Offenbach, Mozart, Schreker oder Wagner - was für eine unglaubliche Bandbreite. Und dazu noch eine atemberaubende Karriere als Intendant. Er ruhe in Frieden, wir werden seinesgleichen nicht mehr sehen.
Jürgen Flimm: Andere Liga
(...) Ein damaliger Theater-AG-Kumpel nahm mich seinerzeit nach Hamburg in Flimm’s Thalia- „Platonow“ mit,an dem sich diesen Sommer,wie vor ihnen bundesweit nach Flimm’s Triumph so einige,diesmal auch ein paar staatliche Rheinland Pfälzer vermutlich verheben werden,die ebenfalls Flimm‘s Abend gesehen haben könnten.Nach zwanzig Minuten tat ich etwas,was ich davor und danach im Deutschsprachigen Theater-Raum bislang nie wieder tat und vermutlich auch nicht wieder erleben werde: ich sah während Flimm‘s ersten zwanzig Bühnen-Minuten reflexartig auf meine Uhr am Handgelenk und fragte mich:„wo sind eigentlich die Nebendarsteller?!“.H.C.hatte ohne sein Team zwar noch einen Monolog,doch ob der ohne DIESE Kollegen so brilliert hätte ist/war fraglich,während man umgekehrt rhetorisch fragen kann/konnte,was dieses Ensemble ohne ihn wohl gewesen wäre? Zwar klassische,dennoch einmalige Win-Win-Situation für die ich Jürgen Flimm während meines Lebens mit/im Sprechtheater immer dankbar war und sein werde,weil er auf dem Theater bewies,daß es dort nicht immer so kontra-kreativ zugehen muss,wie wir es so oft erlebt und leider auch kennengelernt haben(werden).Ein Meister!ging und inszeniert jetzt hoffentlich mal wieder Schauspiel,-ich würde ihm z.B. Christina Drechsler in einer musikalischen Rolle wie in Shakespeare’s Sonetten vielleicht sogar in Ko-Produktion mit Bob empfehlen,-doch natürlich mögen die gegangenen in Frieden ruhen wenn sie das möchten,ich zweifle bei solchen Künstlern nur manchmal,ob sie„drüben“nach ihrer hiesigen Bewährung und dortigen Ankunft nicht „einfach“ in einer schlicht ganz anderen Liga arbeiten als bisher. In diesem Sinne R.I.P.,oder auch: „TOI,TOI,TOI“ für die neue Zeit und Welt,-die so viele von uns vermutlich nie erreichen werden…hätte gerne nochmal auf meine Uhr geschaut und mich so positiv über hiesiges Sprechtheater gewundert während ich es dabei bereits von mir unbemerkt bewundere.Dafür meinen tiefsten,aufrichtigen Respekt und Dank Meister Flimm.Sie haben es nicht nur mir gezeigt. (...) sorry,aber das musste bei DEM Vergleich einfach mal raus.„Helau!“.Ach nee,-Jürgen war ja „Alaaf“,‘tschuldigung,(schmunzel).
Kommentar schreiben