Medienschau: Tagesanzeiger / NZZ – Offener Brief fordert Verbleib der Zürcher Intendanten

Normale Umbauprobleme

Normale Umbauprobleme

28. Februar / 3. März 2023. In einem offenen Brief fordern Künstler:innen, Theater- und Kulturschaffende den Verbleib der Intendanten Benjamin von Blomberg und Nicolas Stemann am Schauspielhaus Zürich, wie der Tagesanzeiger berichtet.

Der Vertrag des Duos wurde jüngst nicht über das Jahr 2024 hinaus verlängert, was zu heftigen anhaltenden Diskussionen über die Ausrichtung des Hauses sowie über mediale und gesellschaftspolitische "Kulturkämpfe" führte.

Der Tagesanzeiger versammelt persönliche Statements der Unterzeichnenden, darunter die Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, der Regisseur, langjährige Intendant des NT Gent und designierte Chef der Wiener Festwochen Milo Rau sowie die Autorin, Dramatikerin und Kulturwissenschaftlerin Mithu Sanyal.

Sie hoffe, dass man die Entscheidung noch zurücknehmen könne, sagt etwa Jelinek, denn in Zürich sei eine Theatertruppe entstanden, die "auseinanderzureißen ein Verlust für die Stadt Zürich und für uns alle" wäre. Sie habe am Haus zwar wenig gesehen, bekennt die Autorin, deren jüngstes Stück "Sonne, los jetzt" im Dezember 2022 durch Nicolas Stemann am Haus uraufgeführt worden war, dafür allerdings "Außerordentliches", nämlich Stemanns Inszenierung "Ödipus Tyrann", in der "zwei Frauen einen der männlichsten Diskurse des Abendlands aufgegriffen und zu ihrer Sache, zur Sache der Opfer, auch des männlichen Täteropfers Ödipus!, gemacht haben".

Milo Rau vergleicht in seinem Statement Stemanns und von Blombergs Arbeit mit seiner eigenen am Theater Gent, wo es zu Beginn "beim Umbau ganz ähnliche Probleme" gegeben habe. Da müsse man durch, fordert er und gibt zu bedenken: "Abzubrechen, wo der Wandel endlich zu greifen und Früchte zu tragen beginnt, halte ich für einen Fehler."

Journalistische Häme?

In der Neuen Zürcher Zeitung antwortet Ueli Bernays (28.2.2023) so: "Unter den Feinden des fortschrittlichen Intendantenduos werden, wen wundert's, vor allem auch die Medien ausgemacht. Man könnte meinen, das Repertoire von Stemann und von Blomberg sei nie kritisch gewürdigt worden. Stattdessen wird eine 'monatelange Pressekampagne gegen den vermeintlichen Woke-Wahn' angeprangert. Es scheint, dass die armen Intendanten schutzlos journalistischer Häme ausgesetzt waren. Gewiss haben die beiden ihr Fett abgekriegt. Aber wer ein Stadttheater leitet, muss mit Kritik umgehen und selbst Häme wegstecken können. Von Blomberg und Stemann hingegen wirkten oft betupft und beleidigt."

(Tagesanzeiger / NZZ / sle / cwa)

 

Update vom 3. März 2023. Der Verwaltungsrat des Schauspielhaus Zürich veröffentlicht einen Antwortbrief auf den Offenen Briefs vom 28. Februar 2023. Darin heißt es, man sei sich einig: "Wir wollen ein Theater für alle, ein offenes Haus, ein ausgewogenes Programm – und ja, auch mutige Kunst, die berührt, herausfordert und den gesellschaftlichen Diskurs fördert." Um das Schauspielhaus langfristig erfolgreich betreiben zu können, müssten jedoch "Realitäten akzeptiert" werden: "Wie wir bereits kommuniziert haben, konnten sich Verwaltungsrat und Intendanz angesichts der finanziellen Herausforderungen, gerade auch in der schwierigen Zeit nach Corona, nicht auf eine gemeinsame betriebswirtschaftlich strategische Ausrichtung des Schauspielhauses verständigen."

Dementsprechend werde der Vertrag mit der aktuellen Intendanz im Sommer 2024 planmässig auslaufen. Der Verwaltungsrat habe einstimmig entschieden die Stemann-von Blomberg-Intendanz nicht zu verlängern und bitten darum diese "sorgfältig getroffene Entscheidung" zu respektieren.

(Schauspielhaus Zürich / ska)

 

Kommentare  
Medienschau, Tagesanzeiger: Nicht vom Haus
Wie bei Kusej kommt einfach kein offener solidarischer Brief vom Haus selbst.
Medienschau Tages-Anzeiger: Menschlich verständlich
@#1 / Pixels: Richtig, ist aber natürlich auch typisch, wenn sich abzeichnet, dass sich an einem Haus die Machtverhältnisse zu ändern beginnen. Kann man niemandem übel nehmen, ist menschlich verständlich. Da will es sich eben niemand mit irgendjemandem verscherzen, weil keiner weiß, was die Zukunft bringt.
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