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Gericht untersagt Herausgabe von "Sinn und Form"

2. März 2023. Laut Urteil des Landesgerichts Berlin wird der Berliner Akademie der Künste bis auf Weiteres die Herausgabe der Zeitschrift "Sinn und Form" untersagt, wie die Süddeutsche Zeitung (€) berichtet. Geklagt hatte die Zeitschrift "Lettre International" und ihr Herausgeber Frank Berberich, die sich im Wettbewerbsnachteil gegenüber dem staatlich finanzierten Medium sieht.
Das Gericht beanstandet in seinem Urteil das Fehlen einer Gebührenordnung gemäß Akademiegesetz. Eine "Formalie", die nach Einschätzung der SZ, leicht zu beheben sei. Allerdings müsse in der Gebührenordnung auch festgelegt werden, dass "Sinn und Form" kostendeckend arbeite und nicht aus dem Etat der Akademie bezuschusst werde, damit Chancengleichheit zwischen der staatlich finanzierten Zeitschrift und privaten Presseunternehmen herrsche. Eine Auflage, die die SZ als "schmerzhaft" und problematisch einschätzt.
Die tieferliegende Frage, ob der Staat überhaupt auf dem Markt der freien Presse aktiv werden dürfe, wurde von dem Landgericht nicht beantwortet. Das Grundgesetz untersagt dem Staat jede Verzerrung des publizistischen Wettbewerbs. Zugleich obliege der Akademie die "Repräsentation des Gesamtstaates auf dem Gebiet der Kunst und Kultur", so die SZ. Weitere gerichtliche Instanzen werden hier zu befinden haben, ob dazu auch die Herausgabe einer intellektuellen Zeitschrift gehört.
Gegen den Stopp von "Sinn und Form" wendet sich der Beirat um die Schriftsteller:innen Michael Krüger, Ingo Schulze und Cécile Wajsbrot in einer Stellungnahme: Der "Angriff" von "Lettre" ziele "gegen die Vielfalt des literarischen Lebens, das nicht nur marktwirtschaftlicher Logik folgt, sondern auf privates und öffentliches Engagement angewiesen ist", heißt es darin. Krüger, Schulze und Wajsbrot verweisen auch darauf, dass die Zeitschrift eines der wenigen heute noch bestehenden Publikationsorgane mit ostdeutscher Herkunft ist. "Sinn und Form" erscheint seit 1949 in Berlin und wird seit 1950 von der Akademie der Künste herausgegeben. Sie erscheint sechs Mal im Jahr mit einer Auflage von 3.000 Exemplaren.
Dem Protest gegen die Klage von "Lettre" haben sich 80 Erstunterzeichner:innen angeschlossen, darunter Schriftsteller:innen wie Daniel Kehlmann, Kathrin Röggla und Eva Menasse, der Philosoph Peter Sloterdijk, Publizisten wie Helmut Lethen und Rüdiger Safranski und die Schauspieler:innen Ulrich Matthes und Jutta Wachowiak.
(sueddeutsche.de / adk.de / sinn-und-form.de/ chr)
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