Presseschau vom 7. April 2009 – Das Volk will Spuren hinterlassen

Demokratisierung der Bühne?

"Die Realität ist eben doch das beste Theater", schreibt Adrienne Braun in der Süddeutschen Zeitung (7.4.2009) und bleibt in ihrem Artikel, in dem sie Rimini Protokolls Idee, die Daimler Benz-Hauptversammlung am morgigen Mittwoch in Berlin als Reality-Inszenierung für Zuschauer zugänglich zu machen, zusammenbindet mit Volker Löschs Chor-Theater, jedes weitere Argument für diese schon etwas abgegriffene These schuldig.

Adrienne Braun sieht in der Teilnahme an der Daimler-Show einen "neuen Trend", der sich in Poetryslams und Bürgerfernsehen ausdrücke und nach dem Internet, dem Fernsehen, "längst auch das Theater erfasst" habe: "Das Volk redet mit, beansprucht Sichtbarkeit im öffentlichen Diskurs… Das "Individuum will ein 'Tattoo', eine Spur in der Öffentlichkeit hinterlassen". Weiter spricht  Braun von der "Demokratisierung der Bühne", bei der "die autoritäre Stimme des Autors durch Vielstimmigkeit ersetzt" werde. Der Regisseur Volker Lösch sei "Vorreiter dieses neuen Bürgertheaters", bei dem Amateure "sogar (Hervorhebung jnm) die etablierten Bühnen des Landes bespielen" dürften. Auch Christoph Schlingensief sei ein Vertreter dieser Tendenz, schließlich habe er im Hamlet 2001 in Zürich echte "aussteigewillige Nazis" auf die Bühne geholt.

Lösch hole auch deshalb Leute von der Straße, "weil er das 'Abspielen von Theatertexten' für überholt" ansieht. Lösch O-Ton: "Es reicht nicht mehr, Leute schön zu kostümieren und im Sinne der Erhaltung des Werks zu inszenieren". So, wie User ihr Wissen in Wikipedia einspeisen, liefere "die anonyme Masse Material und Wissen", wie etwa die Dresdner Bürger, die für Löschs "Woyzeck"-Inszenierung umfangreiche Fragebögen beantworteten, und deren Antworten danach in den Text der Aufführung eingingen.

Aus dem Jugendtheater sei "die Recherche an der Basis überhaupt nicht mehr wegzudenken". Explosionsartig seien "Spielclubs" entstanden und wurden "Projekte an sozialen Brennpunkten gestartet - weil sich die Dauer-User des Mitmach-Webs am besten mit Mitmachtheater ködern lassen".

 

Kommentare  
Demokratisierung der Bühne: Politisch? Wieso?
Anscheinend bestehen hier unklare Vorstellungen über das Wesen von Aktionärsversammlungen. Die gibt es seit Jahrzehnten, die muss jede AG abhalten, da gehen jährlich - nicht nur in Deutschland - zehntausende, wahrscheinlich hunderttausende hin, man kann sie manchmal auch in TV und Web verfolgen. Das ist Kapitalismus-Routine, hat natürlich eine Kontrollfunktion und ist zwangsläufig, wie jede Großveranstaltung, auch inszeniert. Wenn Rimini 200 Leute hinschickt, ist das ja schön - aber wieso soll das politisches Theater sein? Rimini kann auch Zuschauer in die Kirche, zum Elternabend, ins Pornokino schicken - und dann? "Religiöser/familienfreundlicher/sexueller kann Theater nicht sein"?
Demokratisierung der Bühne: ist Joschkas Turnschuh
Das politische Laientheater von Rimini-Protokoll und Volker Löscch ist der Turnschuh Joschka Fischers, der ihn in den Krieg nach Jugoslawien geführt hat. Und zur affirmativen Kapitalismuskritik hat Pollesch das nötige gesagt.
Demokratisierung der Bühne: Ködern!!
Ködern - ein starkes Wort. Das hätte man hervorheben sollen.
Demokratisierung der Bühne: nicht gleichzusetzen
theater ist vieles, genauso wie musik vieles sein kann: oper, rock, straßenmusik, wenn nun ein opernkomponist mit südamerikanischen straßenmusikern wagners nibelungen neu komponiert, wäre das ne nette idee, aber niemand würde cecilia bartoli schlechter oder altmodischer einstufen als die polnische, russische oder südameirikanische straßenbrusttonsängerin, sondern jeder würde die jahrelang trainierte technik der bartoli schätzen und bewundern, das andere eben als "netten auflockernden" einfall in der routine einstufen...- im theater soll das plötzlich gehen: alte studierte schauspieler sind mit laientheater auf der straße oder sogar anzugträgern im büro gleichzusetzen, das ist zynisch der kunst gegenüber...das erinnert mich an kaisers neue kleider, oder an die siebzigerjahre-outings der performances, das ist kalter kaffee und kann nur von einem hochdotierten, völlig stadttheatergelangweilten, viel zu teuer subventionierten regiea... kommen, der NOCH nie mit hut straßentheater oder musik machen mußte, weil er nicht wußte, wie er mit hartz vier die kosten bestreiten soll, das, was rimini protokoll oder lösch und manchmal auch pollesch machen, ist wahrscheinlich gut gemeint, aber eigentlich auch schon wieder elitäre, total veraltete scheiße...weil propagandistisch und abgehoben...
Demokratisierung der Bühne: Löschs Suggestivfragen
die fragebögen von herrn lösch bestehen nahezu komplett aus suggestivfragen auf die eigentlich nur die vom regisseur gewünschte antwort gegeben werden kann. die antworten werden dann so zusammengesetzt das z.b. der eindruck entsteht alle dresdner seien nazis oder fühlten sich als weinerliche opfer der bombenangriffe.
herr lösch setzt auf diese weise nur seine eigenen vorurteile in szene. mit bürgermeinungen hat das kaum etwas zu tun. der chor besteht aus der selben klientel rampengeiler narzisten die sich auch in diversen talkshows und bei big brother dauer-outen.
Demokratisierung der Bühne: was soll das Genöle?
Die Rede klingt nicht gut, und stimmt auch in vieler Hinsicht nicht - erst wird so ein verallgemeinernder Vergleich zwischen Musik und Theater gezogen ( wer soll denn etwa die Bartoli-gleiche Darstellerin sein, die durch eine Laiendarstellerin zynisch in Misskredit gebracht würde), der gar nichts besagt und dann auf eine Behauptung hinausläuft die nur zum Inhalt hat, bestimmte Theatermacher zu beschimpfen. Was soll das? sowohl elitär, als auch total veraltete scheiße, besagt gar nichts, ausser, das es negativ wirken soll. Was das mit Propaganda zu tun hat, wird auch nicht klar. Welche Elite, welcher veraltete Scheiß? Propaganda für und gegen was? Was soll so ein Genöle eigentlich, das keinerlei Inhalt hat?
Demokratisierung der Bühne: Kritik angeblich neuer Formen
du kannst metaphern und vergleiche nicht in zusammenhang bringen...mein text hat durchaus inhalt..wenn du den nicht verstehst, kann ich dir auch nicht helfen...bartoli war ein PLATZHALTER (ich hätte auch einen männlichen sänger nehmen können) und der musikvergleich nur eine zurückweichende betrachtung für ein schauspieltheaterspezifisches problem...es hat nichts mit beschimpfung zu tun, sonden mit kritk an diesen fast zynischen versuchen, gewisser,sich hip fühlender regisseure, angeblich neue theaterformen zu finden, die erstens nicht neu sind und zweitens hilflose methoden, die eigene übersättigung an der arbeit und im künstlerischenbetrieb aufzulockern...was dazu führt, den angeblich unterstützten Bevölkerungsschichten nicht unbedingt "Gutes tun" oder wirkliche politisch und künstlerisch relevante Aussagen zu treffen,sondern einfach das eigene Image aufzubessern und die eigene künstlerische und gesellschaftliche Langeweile zu befriedigen..
Demokratisierung der Bühne: Groteske Vorwürfe
nein, das ist keine Kritik. Mal abgesehen davon, das es nicht leicht ist, die genannten in einen Topf zu werfen, ist die Unterstellung, das ihre Arbeiten im Wesentlichen von einem Sich-Hip-Fühlen können einerseits, einem Kampf gegen die Übersättigung am eigenen Tun anderseits und zuletzt auch der bloßen Imagepflege dienen soll einfach grotesk. Auch ist der Neuheitsanspruch überhaupt kein Thema, nie gehört, das einer von ihnen je sich als Erfinder von irgendetwas Neuem, das als besonders toll abzufeiern wäre dargestellt hätte- wo denn ? wie denn? Nicht das es solche Motive nicht auch gäbe, aber mit ihnen ließe sich das, was diese Theatermacher herstellen gerade nicht zur Vorstellung bringen, Irrtum und Scheitern inbegriffen. Ich finde solche Anfeindungen von Arbeiten einfach unschön und denke auch das die Behauptung die wirklich politisch und künstlerisch relevanten Aussagen seien der Bevölkerung durch diese Theatermacher vorenthalten worden, ist komplett lächerlich. Dazu müsste doch etwas über solche Aussagen und die Art und Weise wie sie auf einer Bühne lebendig werden durchscheinen. Sonst stellt sich der Eindruck her, die Schlaffheit und Niedrigkeit der Motive wird deshalb unterstellt, weil Vorstellungen von weiterreichenden gar nicht oder nur im völlig Verborgenen existieren...
Demokratisierung der Bühne: Pollesch hinterfragt Gutes Tun
@ Kunstheini: Ihre Argumentation trägt leider wirklich nicht. Auch in meiner Perspektive kritisieren Sie hier nur, um Ihre Wut darüber loszuwerden, dass Sie offenbar leider nicht Teil des subventionierten Betriebs sind. Ich kann das durchaus nachvollziehen, aber rechtfertigt das eine pauschale Aburteilung? Sie sollten sich zunächst einmal näher mit den genannten Künstlern befassen, bevor Sie diese an den Pranger stellen. In Bezug auf Pollesch liegen Sie meines Erachtens falsch. Zunächst einmal hat auch Pollesch eine Phase der Arbeitslosigkeit durchlaufen, und zwar nach seinem Schnellstart in den Betrieb noch während bzw. kurz nach dem Studium in Gießen. Und ja, Pollesch' Formen sind tatsächlich nicht neu, er wendet sich nämlich genau dagegen. Gegen das profitorientierte Prinzip der Warenproduktion von Immerneuem im Kontext des herrschenden Konsumkapitalismus. Weiterhin wird in Bezug auf Pollesch' Theater aktuell von der "neuen alten Künstlichkeit" gesprochen. Bettina Brandl-Risi schreibt dazu Folgendes: "Virtuosity serves as an indicator of a new artificiality and artistry in theater production, which is trying to preserve theater's significance and relevance in times of new media and the film industry, and in light of an ongoing theatralization of everyday life. [...] Virtuosity as an aesthetic concept can be traced back to the courtiers in the Italian Renaissance, who excelled in the arts and sciences as nonprofessionals - in the 'virtues', in the original sense of the word." Schließlich hinterfragt Pollesch das Konstrukt des "Gutes Tun" ganz bewusst, auch und gerade in Zusammenhang mit künstlerischen Produktionsprozessen. Wenn Sie unbedingt eine "politische Aussage" wollen, ist genau das seine Aussage. Sich der eigenen Widersprüche im System bewusst zu werden und diese auf der Bühne diskursfähig zu machen, darum gehts.
Demokratisierung der Bühne: falscher Absolutheitsanspruch
Die Tendenz der Demokratisierung von öffentlichen Foren wie dem Theater ist eine Tatsache. Man kann das gut oder schlecht finden. Aber im Theater macht ein Rudel Dramaturgen, Regisseure und Kritiker daraus "das neue Theater" mit einem Absolutsheitsanspruch, den sie selbst an den "alten Formen" immer kritisieren. Das Theater pfeift derzeit aus dem hinterletzten Loch, auch deshalb, weil sich der Glauben verbreitet hat, wenn man Theater spielt, darf man kein Theater mehr spielen. Ja, dem Theater wird von diesen Realomackern wie Lösch das Spielerische ausgetrieben, das Phantastische, die Illusion, ohne die es nicht sein kann. Übrigens hat es noch nie gereicht, "Leute schön zu kostümieren". Wenn Lösch Theater so sieht, dann hat er irgendwas verpaßt, nämlich fast alles.
Demokratisierung der Bühne: Kritik? Allgemeinplätze!
- "Hip fühlende Regisseure"?
- "Angeblich neue Theaterformen, die nicht neu sind"?
- "Eigene Übersättigung an der Arbeit"?
- "angeblich unterstützte Bevölkerungsschichten"?
- "Gutes tun"?
- "Aussagen treffen"?
- "eigene Langeweile befriedigen"?

Du sonderst hier Allgemeinplätze im großen Stil ab, verzichtest auf jede Argumentation oder Sachkenntnis und außerdem gelingt es dir nicht syntaktisch korrekte Sätze zu bilden (Zeile 6-11 wirr). ...
Demokratisierung der Bühne: Reisen bildet
@10. Ich empfehle dem Theaterfan mehr Reisen ins weiten Land oder Besuche des Berliner Ensembles. Dass jene Theaterformen, die das Theaterspiel und seine Konventionen selbst hinterfragen, sich en gros durchgesetzt hätten, kann man wohl kaum behaupten.
Demokratisierung der Bühne: Jeder darf mal
Dann hat uns Adrienne Braun wohl falsch informiert. Es ist doch aber in der Tat nicht von der Hand zu weisen, dass was auf dem Theater gezeigt wird, immer durchschnittlicher daherkommt. Jeder darf mal. Und das Selbstrefexive gehört jedenfalls zum guten Ton derer, die sich für fortschrittlich halten. Es gehört schon fast dazu, daß Figuren erklären, daß sie ja nur Figuren sind oder die Menschen hinter den Figuren hervorkommen mit ihren ach so spannenden Schauspielerpersönlichkeiten. Auch in der Provinz gehört das oft genug dazu. Siehe auch das neue deutsche Drama.
Demokratisierung der Bühne: ohne Unterboden
bin durchaus teil des subventionierten theaterbetriebes...
A) hip fühlende regisseure, das sind menschen, die die siebzigerjahre-politisches. performance, realo theater als von ihnen neu geschaffenen kunstformen verkaufen wie kaisers neue kleider
das sind regisseure, die mit ihrem linken auge auf ihre karriere schielen statt auf die auf der bühne agierenden schauspieler, die sich alle mühe geben, neue formen zu finden, was diese regisseure aber nicht interessiert, da es nicht so spektakulär ist, die kunst und den text z hinterfragen, sondern es ist zeitungs- und kritikkompatibler, zu daimler zu gehen...
b) diese regisseure sind oft müde, gut bezahlt, machen ihre experimente niemals idealistisch und unbezahlt, sondern immer im großen stil, damit es ja neue schlagzeilen gibt, eben so, wie ich jetzt schreibe...reißerisch-provokativ...eigentlich langweilig..
c) diese art des theaters ist nicht neu und nicht eigen, sondern sie suchen neue anregungen auf der straße statt in sich selbst oder in ihren schauspielern oder sogar im text..ja, das ist oft wirr und ohne unterboden..
Demokratisierung der Bühne: Form, Formeln, Straßenszenen
@ kunstheini:
Zu a): Lösch, Pollesch und Rimini Protokoll sollten grundsätzlich nicht miteinander verglichen werden. Gleichwohl suchen alle drei nach Formen, die sich auf die gelebten Leben einzelner Subjekte im 21. Jahrhundert beziehen und nicht auf eine in den 70ern des 20. Jahrhunderts vorherrschende universelle politische Ideologie - wobei Lösch der Form des Agitprop schon sehr nahe kommt. Sie persönlich scheinen ja ohnehin mehr von Andersens Märchen "Des Kaisers neue Kleider" fasziniert zu sein. Beziehen Sie sich damit auf Castorfs "Meine Schneekönigin" oder auf Rimini Protokolls "Karl Marx - Das Kapital, Erster Band"? Oder sehen Sie sich vielmehr selbst gern in der Rolle des unschuldigen kleinen Kindes, welches am Ende ausruft: "Aber er hat ja nichts an!" Entspricht dieser von Ihnen geforderte Entlarvungsgestus nicht genau der von Ihnen kritisierten obsoleten Praxis des Theaters der 70er? Und was genau meinen Sie mit "die Kunst und den Text hinterfragen"? Möglicherweise widersprechen Sie sich hier selbst. Erst sprechen Sie davon, dass die Schauspieler eigenständig zu einer Form finden sollten, dann geht es Ihnen doch wieder nur um allgemeine Kategorien wie "Kunst" und "Text". Ein Text/Kunst entsteht doch allererst aus einer verschärften Beobachtungsgabe bzw. einer Hinterfragung und Bearbeitung des eigenen Lebens heraus. In diesem Sinne verweisen vor allem Pollesch und Rimini Protokoll auf den Konstruktionscharakter der Realität als Text, welcher immer wieder umgeschrieben bzw. neu wahr-genommen und mit anderen Bedeutungen versehen werden kann. Betrachtet man, wie bei Rimini Protokoll, eine Aktionärsversammlung von Daimler als theatrale Inszenierung, kann das also durchaus eine Irritation der Realitätswahrnehmung nach sich ziehen. Nicht ohne Grund wird die aktuelle Finanzkrise mit dem Begriff einer "Blase" belegt. Die globalen Finanztransaktionen sind - wie auch das Theater - ein virtuelles und scheinhaftes Phänomen, welchem die realwirtschaftliche Grundlage fehlt. Der Begriff der Theatralität meint in diesem Zusammenhang die Theatralisierung des alltäglichen Lebens unter den Aspekten von Bewegung, Sprache und Wahrnehmung. Folglich geht es nicht mehr allein um Theater im abgeschlossenen Bühnenraum. Parallel dazu entwickeln sich andere Formen. Beides hat mit den subjektiven, gesellschaftlichen und globalen Lebensformen zu tun. Ändern sich diese, muss sich auch das Theater in je spezifischer Weise dazu verhalten. Die von Ihnen beschworene "Zeitungs- und Kritikkompatibilität" ist dagegen wohl eher nachgängig.
Zu b) Woher wissen Sie eigentlich so genau, wie diese Regisseure sich fühlen? Ist es denn so wichtig, wie sich einer fühlt? Meinetwegen können die alle müde, gut bezahlt und ohne Idealismus sein, das ist immer noch kein Argument für oder gegen gute Arbeit. Bei Pollesch wird das alles über seine Texte mitreflektiert: "Mich interessiert die Zauberformel, mit der ich all das wieder in eine gerechte Form von Ungerechtigkeit verwandeln kann. Ja, was wollen die denn? Was soll ich denn machen? Soll ich jetzt auch Elend darstellen? Aber das hab ich doch gar nicht, das Copyright am Elend. Das ist doch nur ein kulturelles Almosen." Schließlich werden sogenannte Schlagzeilen nur von einem vereinnahmenden und oberflächlichen Journalismus produziert, es gibt aber durchaus reflektierte Journalisten, welche sich nicht an den Klatsch und Tratsch aus dem Privatleben der Künstler halten, sondern an deren künstlerischen Prozessen interessiert sind.
Zu c): Wo sollten die genannten Regisseure ihre Anregungen denn sonst suchen, ausser auf der Straße? Das beste Beispiel dafür bietet doch Brechts Straßenszene. Dagegen ist das Geniekonzept des allein aus sich selbst heraus schaffenden Künstlers seit Beginn der Moderne um 1900 passé. Natürlich könnte man auch die Körper der Schauspieler auf den OP-Tisch der Anatomie legen und diese sezieren, um so an ihr Innerstes zu gelangen. Ich glaube aber, dass Kommunikation immer noch das am Häufigsten praktizierte Verfahren ist.
Demokratisierung der Bühne: Rückgriff auf Agitprop
ich rede hier von seele..
nicht vom verkauf der seelen
SIE reden von körper, den meine ich auch, aber nur mit inhalt sich auf der straße inspririeren lassen ist schon okay, aber man muß dann etwas eigenes schaffen, das sehe ich auf den bühnen, der oben miteinander "verglichenen" (nur als hausnummer angeführten) "regietalente" nicht woher ich weiß, wie sie sich fühlen? (das bleibt mein geheimnis :-)..) außerdem kann man aus einer theatervostellung sehr wohl "herausfiltern", wie sich der regisseur "fühlt" oder was für eine weltsicht er hat
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eine daimlerversammlung als theater darzustellen war schon im vergangenen zwanzigsten jahrhundert mode und ist somit im 21.jhdt altmodisch, es ist ein verzweifelter rückgriff auf eben agitprop, die performances der achtziger, auf die neunziger mit schlingensief, den frühen kusej, vielleicht sogar noch stemann..es ist langweilig und NICHTS neues...
brecht brachte mich schon immer zum GÄHNEN, weil er genauso halsabschneiderisch-propangandistisch wirkliches arbeiterleben angepriesen hat, dabei war er reich mit fünfzig gleichen anzügen im schrank und hat noch nie gebettelt, sondern seine frauen als sekretärinnen und ideengeberinnen benutzt, ein sozialer heuchler, der nur auf den ruhm achtet..dies kann man seinen stücke bis heute "anfühlen"...man bleibt nach deren "konsum" irgendwie "leer" zurück..reine unterhaltung und nicht das, was sie vorgeben zu sein: ein soziales reflektieren und politisches anprangern..im gegensatz zu hauptmann und auch horvath, vielleicht sogar marie-luise fleißer..dort wird etwas in einem "berührt", vielleicht, weil die autoren "ehrlicher" und ernsthafter bemüht waren und nicht auf erfolg und ruhm und besonderheit aus..und genau dieses ehrgeizig-schale gefühl bleibt bei lösch und rimini-protokoll..weniger oft bei pollesch,der durchaus ernstgemeinte-ehrliche ansätze hat, das kann ich "spüren", oder es kommt mir jedenfalls so vor...
Demokratisierung der Bühne: alles Theater, oder nicht?
@ kunstheini:
Ich freue mich, dass auch Sie bei Pollesch was "spüren" können, das geht mir genauso, wenn ich seine Texte lese und/oder höre.
Und dass Brecht gegenüber seinen tatsächlich nervig belehrenden und platt moralisierenden Stücken (ausser seinen frühen Stücken wie "Baal" oder "Trommeln in der Nacht" und seinen Lehrstücken) privat sowie im Umgang mit seinen MitarbeiterInnen wohl mehr einem die Produktionsverhältnisse steuernden und überwachenden Fabrikbesitzer gleichkam als einem sich solidarisierenden Ko-Produzenten, kann durchaus sein. Ich kenne Brecht jedoch nicht persönlich. Es ging mir hier wirklich nur um die Straßenszene, also um den Prozess, über welchen Theater entsteht. Da passiert ein Unfall, jemand beobachtet den und spielt den Unfallhergang sodann den Umstehenden bzw. der Polizei vor. Alles Theater, oder?!
Demokratisierung der Bühne: Johnny Credit
Hallo Jonny Cash, sagen Sie mal, was für einen Job (oder nicht Job?) muss man haben, um nachts auf Nachtkritik posten zu können? Nachtkritiker, Theatermacher, René Pollesch?
Demokratisierung der Bühne: für die Vielfältigkeit
Also, es ist nachgerade traurig immer dieses elende Gerede zu lesen - es bleibt immer bei diesem völlig unsinnigen, weil leeren Genörgel - Die Interessen und Aufmerksamkeiten sind vielfältig und lassen sich auf diese Weise einfach nicht hierarchisieren, wozu auch, was soll das bringen? Es wird so getan, als existiere da irgendwo ein sauberer, widerspruchsfreier, echter Theaterraum, in dem die reinen besseren Ereignisse sich zutrügen - nur erfahren wir hier über dessen Ort, dessen Praxis, Autoren, Stücke und Regisseure, Schauspieler, Zuschauer rein gar nichts, sonder müssen nur immer wieder diese lächerlichen falschen kleinkarierten Angstphantasien bestaunen, die scheinbar von völligem Desinteresse an den Aufmerksamkeiten und Leidenschaften anderer Theatermacher und Besucher geprägt ist. Es gibt diesen Alt Neu Konflikt gar nicht, wo denn? verdammt noch mal! Wenn Jahrelang zu jeder Daimler Hauptversammlung ein riesen Spektakel angekündigt wäre, und dazu immer mitgeteilt würde, heute zum ersten Mal, genial !neu! Theater bei Daimler, okay, dann könnte sich sagen lassen, mach mal halblang - aber so läuft es doch nicht, vielmehr gehört viel Leidenschaft und Herz dazu, auch Verstand und gewisses Verständnis der Materien um so etwas auf die Beine zu stellen, um zu erleben, was eine solche Erfahrung mit allen Beteiligten macht, das ist garantiert spannender als das was eine beleidigte Leberwurst mit ihrem Ressentiment in Bewegung bringen will. Ich denke, das muss einfach in Relation gesetzt werden.
Demokratisierung der Bühne: ich bins
Well, easy to answer, I'm the ghost(-writer) of Pollesch, Pilz and Co. and co-director in a very special case as well.
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