Schokoladen-Intendant mit Becker

von Shirin Sojitrawalla

Frankfurt, 22. April 2009, 11 Uhr. In der Panoramabar des Theaters sind die Tische ordentlich gedeckt, aufreizend einsame Tulpen stehen parat, daneben Brezelnaschwerk sowie Wasser, Cola, Bionade. Und Schokolade: "Reese's". Orangefarbene Verpackung, gelber Schnörkelschriftzug. Nettogewicht: 42 Gramm. 0% Vitamin A. 0% Vitamin C. 230 Kalorien. © The Hershey Company. Wir reißen das Ding auf: zwei überdimensionierte Pralinen. Wir beißen rein: ekelsüße Erdnussbutterpaste von Milchschokolade umzingelt.

Gehaltvoller dann der Auftritt Oliver Reeses, designierter Intendant des Schauspiel Frankfurt. Mit beinahe kindlicher Freude, auf jeden Fall aber ansteckender Begeisterung stellt er Team und Programm vor. Erregungsvokabeln wie "sensationell", "fantastisch", "genial" oder schlicht "toll" flankieren seine Werbung für sich und seine erste Spielzeit.

Und was gibt's Neues? Ein verdammt cooles Spielzeitheft. Schwarz und weiß und groß (DIN-A4). Das Bockenheimer Depot wird wieder reguläre Spielstätte des Schauspiels. Neu hinzu kommt die "Box" im Foyer. Aus dem Kleinen Haus werden Kammerspiele. Neue Stühle. Im Kleinen Haus, pardon, den Kammerspielen welche mit schicken Ledersitzen. Kinder- und Jugendtheater. Constanze Becker. "Das weiße Album" der Beatles als Stück. Paul Austers "Stadt aus Glas" als Stück. Heines "Deutschland. Ein Wintermärchen" als Stück. "Die Pest" von Albert Camus als Stück. "Romeo und Julia" im Zelt zur Fussball-WM 2010. Los geht's am 1. Oktober mit dem Antikendoppel "Ödipus/Antigone". Regie: Michael Thalheimer. Am nächsten Tag dann "Cabaret". Wir freuen uns drauf und schmeißen die Schokolade schnell fort.

www.reeses.com

www.schauspielfrankfurt.de/spielzeit0910/

Hier geht's zum neuen Ensemble und dem Spielplan 2009/2010.

Kommentare  
Lauter Neustarts: Dimiter müllert weiter
Derweil in Berlin... Kriegenburg eröffnet die Spielzeit mit dem Herz der Finsterniß und inszeniert auch sonst alles, außer wenn Kimmig mal wieder nen Schiller raushaut. Bösch darf mit dem Golden Vließ ans große Haus, Thalheimer macht die Nibelungen und das Thalia-Ensemble heißt jetzt DT-Ensemble. Außer Mirko Kreibich, bei dem ist es umgekehrt. Außerdem muss Jette Steckel immer zwischen Hamburg und Berlin pendeln. Dafür kann sie im Oktober schon mal bei Jörinde in den DT-Kammerspielen spicken wie sie den Tom Wait'schen Woyzeck so inszenieren soll. Das dt-Logo ist jetzt rund, das Spielzeitheft unaufregend und der Dimiter müllert weiter vor sich hin.
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