Die Diva sägt in der Dusche

von Wolfgang Behrens

Berlin, 16. Mai 2009. In diese Zweisamkeit hat sich die große Leere eingenistet. Sybel und Jack sitzen nebeneinander auf dem Boden und haben sich nichts zu sagen. Sie kennen sich bis zur Ödnis, und sie kennen keine Scham voreinander: die privaten Gesten der Körper – hier ein Kratzen, da ein Sichgehenlassen ("Diese bösen Gesten!", wie Sybel einmal ausruft) – sprechen ein deutliche Sprache. Sätze wie "Gib mir den Schlüssel!" münden in kleine absurde Kämpfe um nichts. Es hat sich ausgeliebt.

In der großen Leere hat sich die diese Zweisamkeit eingerichtet. Raimund Orfeo Voigt hat einen gleißend weißen Kasten auf die Bühne des Berliner Ensembles gebaut, ein blindes schwarzes Fenster an der Rückwand, ein schmuck- und trostloser Heizkörper darunter, nur ein einsames Telefon möbliert hier das Nichts: eine Wohnung, fertig zum Bezug. Oder fertig zum Auszug. Jedenfalls ohne Geschichte, ohne Gesicht. Man könnte in diesem Setting vielleicht ein die Nerven blank legendes Kammerspiel erwarten, doch was sich entwickelt ist ein Kastenspiel. Denn der weiße Kasten gebiert Ungeheuer. Albert Ostermaier hat gemeinsam mit Andrea Breth und ihrem Ensemble ein Stück entwickelt, das die Ungeheuer entbinden soll, die auf dem Grund der erloschenen Beziehung von Sybel und Jack schlummern.

Plünderer am Symbolvorrat

In "Blaue Spiegel" fantasiert und albträumt sich das Paar, das das Lieben verlernte, seine Fremdheiten und Gefährdungen, seine Abgründe und Dämonen neu herbei. Und so hält denn – säuberlich von Blacks getrennt – ein surrealer Bilderreigen Einzug in den weißen Kasten, der jeglicher Erzähllogik eine Absage erteilt. Und weil die Welt der Märchen einen so exklusiven Vorrat an unter- und vorbewusster Symbolik bereithält, wird der auch ausgiebig geplündert.

In Sybels Träumen geistert Jack denn auch als eine Mischung aus Blaubart (Jack trägt nämlich eine leuchtend blaue Hose) und großem bösen Wolf herum. Lauernd, schmierig, mit glucksend dreckigem Lachen nähert sich Wolfgang Michael als Jack seinen Opfern: ein krächzende Lieder singendes Rotkäppchen mit weißer Kappe ist darunter (Larissa Fuchs), eine enervierend und reichlich überflüssigerweise Hessisch sprechende Unschuld vom Lande (Laura Tratnik) und sogar die mondän-laszive Mutter Sybels (Elisabeth Orth). Jack besitzt in diesen Traumbildern das, was ihm in der tristen Realität abzugehen scheint: eine unberechenbare Virilität, die jedoch eine riskante Nähe zum hemmungslosen Sadismus unterhält.

Kirchhoff klirrt ...

In Jacks Fantasien und Albdrücken wiederum spuckt der weiße Kasten Blutrünstiges aus – hinter einem Duschvorhang steht Sybel an einer Badewanne und zersägt Menschenleiber: "Du bist doch mein Ein und Alles, du blöder Sack!" Ein Bild wie aus einem japanischen Horrorfilm, aseptisch und klar. Corinna Kirchhoff als Sybel lässt ihre Stimme klirren und meckern, virtuos errichtet sie um ihre Figur eine um Zerbrechlichkeit buhlende Aura von Kälte und Unnahbarkeit.

Diese ins Tiefenpsychologische zielenden Verrätselungen des Abends verlieren jedoch schnell ihren Sog – allzu offensichtlich betteln sie um Entschlüsselung. Ostermaiers Text präsentiert sich gar zu oft als andeutungsselige Ansammlung von Bedeutungshubereien, Freud'sche Fehlleistungen werden ambitiös ausgebreitet, die Märchenmotivik wird bis ins Platteste hinein strapaziert: "Mama, warum liegt Schneewittchen in einem gläsernen Sarg?" "Damit man sie besser sehen kann." Achje, daran wird man aber lange kauen.

... Michael puhlt zwischen den Zehen

Einige Male kehrt die Aufführung wieder auf die einfache Realitätsebene von Sybel und Jack zurück. Dann schnurrt das Traumspiel auf Kammerspielmaß zusammen – und es sind das wohl doch die besten Szenen, auch wenn hier der Boulevard bereits unübersehbar um die Ecke lugt. Da will Sybel ihren Jack in grotesker und verzweifelter Lockung zu neuen Ufern der liebenden Selbsterfahrung zwingen, während er schließlich – ganz der alte Muffel – einen Socken auszieht und über eine Unregelmäßigkeit an seinem Zeh sinniert. Das ist fein und mit bösem Witz inszeniert, dann aber geht die Reise auch schon wieder in Richtung Unterbewusstsein, schon regieren wieder Werwölfe und Müllsäcke mit Leichenteilen.

Ab und an übrigens entschwindet die Rückwand des weißen Kastens und gibt nach hinten den Blick in eine gangartige Flucht frei. Ein Erdhaufen ist da zu sehen, in dem die Protagonisten wühlen und graben. Doch leider graben sie nicht tief.

 

Blaue Spiegel (UA)
von Albert Ostermaier
Regie: Andrea Breth, Bühne: Raimund Orfeo Voigt, Kostüme: Françoise Clavel, Musik: Bert Wrede, Licht: Ulrich Eh.
Mit: Larissa Fuchs, Corinna Kirchhoff, Wolfgang Michael, Elisabeth Orth, Laura Tratnik.

www.berliner-ensemble.de

 

Mehr zu Andrea Breth: zuletzt wurde Breths Dostojewski-Inszenierung Verbrechen und Strafe bei den Salzburger Festspielen 2008 besprochen.

 

Kritikenrundschau

Vieles von Albert Ostermaiers neuem Stück und seiner Inszenierung durch Andrea Breth am Berliner Ensemble findet Hartmut Krug (Schriftversion), der sich als erster Kritiker auf Deutschlandradio (16.5.) zu Wort meldete (Radioversion), "einschläfernd, wichtigtuerisch und entbehrlich". Andrea Breth inszeniere keine eindeutige Geschichte, sie stelle "Phantasien" aus. Ihre Aufführung bestehe aus einer "unendlichen Folge von Szenensplittern, von poetisch bedeutungshuberisch aufgeladenen surrealen Klein- und Kleinstszenen voller Märchen-, Mythen- und Traumanspielungen". Es gebe eine "Fülle von Anspielungen und Bedeutungen, die sich im Laufe des zweistündigen Abends verdichten, aber nicht immer erschließen". Der Autor sehe das Theater "als einen Spiegel, der im Vertrauten das Fremde und im Fremden das Vertraute erkennen lässt", und seine Regisseurin tue alles, "damit der Spiegel für den Zuschauer undeutlich bleibt oder blind wird". Die "inszenatorische Kunstfertigkeit der Inszenierung", die "unentwegt Metaphysik" behaupte und "verborgene tiefere Bedeutungen" anpeile, gebe dem "Nichtgeschehen in keinem Augenblick soghafte Bilder- oder Bedeutungskraft", sondern wirke "mit ihrer auf dem Kunsthandwerkstablett dargebotenen Verschmocktheit geradezu einschläfernd". "Was Autor und Regisseur den Rotkäppchen- und Schneewittchenmärchen oder der Blaubart-Geschichte hinzu formulieren, ist so wichtigtuerisch wie entbehrlich."

Gerhard Stadelmaier in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (18.5.) wusste offenbar schon vor der Premiere, dass er diesen neuen Regiestreich von Andrea Breth gut besprechen würde. Aber wie erklär ich's dem Leser? Das klingt dann so: "Und schon haben beide gleichsam eine Leiter angelegt: ans ganz anders Fabulöse, an die Lufthaken spielerischer Willkür und phantastischer Einbildung, zu der sie sich versteigen, in ein Reich, in dem sie ins buchstäblich Blaue hineinblitzen, -spitzeln, -witzeln, -taumeln." Schön. Aber was soll es bedeuten? Stadelmaier erkärt, dass "Blaue Spiegel" kein Drama sei, stattdessen: "Blaublitzlichter; Nachtmahrsketche; Skizzen eines Albtraummärchens." Und "wenn ein Drama - dann höchstens eines zwischen den Sprossen der Leiter, auf der Sybel und Jack ins Blaue klettern". Es handele sich um eine "Albtraumkomödie der Eheflüchtigen", aber eine "Albtraumtragödie der Kinderlosen, die noch in ihren Phantasmen die Kinder vernichten, die sie gar nicht haben". Naturgemäß "Komödie und Tragödie in einem". Corinna Kirchhoff und Wolfgang Michael spielten das "derart aufgedreht und lebenskunstecht, als habe ein Strindberg sein Eheschlachthaus im Boulevard-Café eines Feydeau zur Untermiete".

In der Neuen Zürcher Zeitung (18.5.) schreibt Barbara Villiger Heilig, auch sie ein Mitglied der Fraktion der Unbedingten, die jeden Schmarren der Andrea Breth noch gut finden würde: Bis zur Premiere habe kein Stücktext vorgelegen. Trotzdem sei alles "so leicht verständlich wie schwer verdaulich". Andrea Breth und Albert Ostermaier begäben sich bei ihrer schon vierten Zusammenarbeit "gemeinsam auf eine Grabung in den Tiefen des kaum formulierbaren Ungesagten". Statt Text gebe es "Subtext", wenn gesprochen werde, dann im Traum. "Verbotene Gedanken, verdrängte Erinnerungen, gefährliche Wünsche" drängten "aber allenthalben als Gespenster in den Raum". Corinna Kirchhoff gehe gelegentlich "wie ein Bulldozer" auf Wolfgang Michael los, "obwohl sie kreischt, sie sei 'sooo zerbrechlich' ". Andere Male schrecke sie auf und rede starren Blicks mit piepsender Kinderstimme. "Kinder in Gestalt von Erwachsenen". Es handele sich, schreibt Villiger Heilig, um einen "heiklen Gang übers hohe Seil des Theaters" und mehr davon als zwei Stunden "wäre eindeutig zu viel". Denn: Andrea Breth lasse jene "rohe Impulsivität und wüste Direktheit ungehemmt explodieren, die sie sonst in Schiller, Goethe, Kleist oder Tschechow verpackte". Jetzt, Villiger Heilig läuft zu großer Form auf, schneide sie "schonungslos ins menschliche Wesen hinein", zerre hervor, was sie finde, werfe es uns "mit expressionistischem Gestus hin oder friert es zu surrealen Rätseln ein". Ostermaier biete ein "3D-Puzzle an mit Märchenteilen, Sagenfragmenten, Vexierbildern, Kinderversen, die sich gegenseitig spiegeln, übereinanderschieben, verhaken und dabei sicht- und hörbar machen, was unter dem Firnis des zivilisierten Bewusstseins brodelt: Brutalität, Grausamkeit, Gewalt, Trieb". Dank dem Rückgriff auf die Märchenwelt aber, könne die Regisseurin der "ungeordneten Materie verstörend fassbare Gestalt geben". Zugleich entrücke sie alles "in einen magischen Bereich, wo es einer eigenen Logik zu gehorchen scheint". "Den Stoff, aus dem die Albträume sind", verwandele "diese Theater-Alchemistin in Hartgold".

Ganz anders Christopher Schmidt in der Süddeutschen Zeitung (18.5.), der zunächst mitteilt, was er von Albert Ostermaiers Schreiben hält: "Albert Ostermaiers durchsichtige Literatur ( …) riecht nicht, sie schmeckt nicht, und sie macht einen nicht nass." Das, was das "geheimnisvolle Doppelwesen Ostermaier/Breth nun als Uraufführung auf die Bühne gebracht" habe, sei ein "Fall für den Theater-Psychiater". Die Dialoge wirkten "wie aus dem Vorabend-Fernsehen". Märchen seien "die Matrix des kollektiven Unbewussten", und die Aufführung scheue nicht davor zurück, "diesen abgeschmackten Freudianismus gläubig und platt zu bebildern". In rund vierzig, "durch Schwarzblenden getrennten Szenen, von denen einige nur wenige Sekunden dauern", locke Andrea Breth "die Ungeheuer, die der Schlaf der Vernunft gebiert, ins Licht". Doch die "Dramaturgie der Überbelichtung" finde nicht zu einem Erzählrhythmus, alles wirke "abgehackt". Krude wie kryptisch seien auch die Bühnenchiffren, all "die kunstgewerblichen Spukbilder der Inzest- und Gewaltphantasien" hätten etwas "zutiefst Privattherapeutisches". Die "schnellen Szenenwechsel" erlaubten es den Schauspielern nicht, "miteinander ins Spiel zu kommen; sie retten sich in die ironische Überzeichnung".

Sehr wahrscheinlich, vermutet Matthias Heine unfreundlich auf Welt Online (17. 5, 15:39 Uhr) handele es sich bei dieser Aufführung nur um das, "was man bereits nach einer unendlich langen ersten Viertelstunde ahnt: Innerkulturbetriebliche gegenseitige Hirnwichserei." Im Zentrum von "Blaue Spiegel", einem "Ehedrama mit Märchenmotiven", stünden zwei "tolle Schauspieler: Corinna Kirchhoff und Wolfgang Michael". Deren darstellerische Anstrengung sei enorm: Noch vor dem ersten Stück zusammenhängendem Text, hätten die beiden "bereits eine minutenlange, virtuose Orgie des Sich-beleidigt-Anschweigens und des Sich-gegenseitig-das-Wort-Abschneidens absolviert". Es sei, als "würde ein DJ-Ötzi-Song auf zwei Stradivaris gespielt". Ostermaiers Drama versuche, "seine Nichtigkeit hinter Rätseln und Symbolen zu verbergen". Ungeheuer sei "das Gewese mit dem Bühnenbild" und dazu suhle sich die Inszenierung in "Symbolfarbe": "Blaue Müllsäcke, in denen Leichenteile und Knochen entsorgt werden, die blaue Hose Jacks, blaue Papierschnipsel, die Sybel aus dem Mund fallen, und wenn Jack sich nicht dauernd mal wieder elektrisch rasieren würde, wäre wohl sein Bart blau." Aber eigentlich sei jeder Versuch der Erklärung doch "nur Überinterpretation, mit der man als Zuschauer seinem wachsenden Widerwillen einen Sinn unterlegen will".

Ziemlich ratlos zeigt sich auch Jürgen Otten in der Frankfurter Rundschau (18.5.), ihm schwirrte den Abend über "die Frage durch den Kopf, was hier Traum ist und was Wirklichkeit, was dieser Traum mit unserem Leben zu tun habe und vor allem: wie bedenkenswert er sein könnte". Die Grundkonstellation des Stückes, schreibt Otten, sei "überschaubar". Ein Ehepaar, beide Anfang fünfzig, habe sich auseinander gelebt, die Ehe sei nurmehr "ein Torso". Der Mann scheine nur noch an seinen Hypochondrien und anderen Obsessionen interessiert. Die Frau wehre sich dagegen, "indem sie Phantasmen züchtet". "Für eine Kommunikation nicht eben die günstigsten Voraussetzungen." "Blaue Spiegel" sei kein gutes Theaterstück, es sei "eine Ansammlung von Floskeln und ungeordneten Gedankenflügen". Und es sei der "gleichermaßen verkrampfte wie leichtsinnig vertane Versuch, psychotische Zustände innerhalb einer Beziehung (einer Gesellschaft?) im Legendenton zu beschreiben". Die Szenen mutierten zu "Karikaturen, ja zu vulgärpsychologisch aufgeladenen Anagrammen". Warum bemüht man Blaubart, fragt Jürgen Otten einigermaßen entnervt, wenn man nur sagen wolle, dass es in einer (schlechten) Ehe nur noch darauf ankommt, wer die Schlüssel einsteckt, wenn es zum "Italiener an der Kreuzung" geht?

Corinna Kirchhoff und Wolfgang Michael erzählt Ulrich Seidler in der Berliner Zeitung (18.5.), sitzen in einem leeren weißen Raum mit dem Rücken am Heizkörper und lassen "virtuos jeden Dialog nach dem ersten mit Überwindung, Anstrengung und Ekel hervorgebrachten halben Wort in sich zusammensacken". Eigentlich findet Seidler könnte jetzt der Vorhang fallen. Tut er aber nicht und es dauert zwei Stunden, bis die beiden gemerkt haben, "dass sie das Zerfleischungsgespräch genauso gut beim Essen, also ohne uns Zuschauer, fortsetzen können". Ein Schlüssel ist in der Aufführung wichtig, erzählt Seidler, er passe zu den Schlössern von "verschiedenen Märchen", zum Beispiel bei Charles Perraults "Blaubart", bei "Fitschers Vogel" oder "Das Mordschloss" von den Brüdern Grimm, außerdem Rotkäppchen, Die sieben Geißlein, Däumelinchen, Froschkönig, Dornröschen. Auftauchen in "voller Symboltracht" würden weiterhin: "die Farben Rot und Blau, der Wolfspelz, das Blut, glitschige kalte Wasserbewohner wie Krebse und Frösche." All dies würde in "blitzlichthellen und -kurzen Bildern zwischen den beiden Eheleuten abgehandelt". Und die Schauspieler wüssten dabei "immer, was sie tun". Das ist aber auch schon alles, was Ulrich Seidler positiv zu berichten hat.

In der anderen großen, seriösen Berliner Zeitung Der Tagesspiegel verschärft Andreas Schäfer die Kritik bis zur Abrechnung: "Wenn das Publikum vorab einen Blick in Albert Ostermaiers Stück 'Blaue Spiegel' hätte werfen können", mutmaßt er, "hätte die von Andrea Breth eingerichtete Uraufführung vermutlich vor halb leeren Rängen stattgefunden." "Blaue Spiegel" sei ein "dramatisches Nichts", überzogen mit einem "fetten, möchtegern-romantischen Anspielungslack". Schon das erste Bild sei schief. "Denn das Schweigen ist keineswegs zermürbt, kleinmütig, verzweifelt, wie es dem trostlos engen Raum angemessen wäre, sondern im Gegenteil hochgradig rhetorisch, geziert, ein divenhaftes Altbauschweigen, gewissermaßen stuckverziert." Irgendwann rufe Corinna Kirchhoff: "Ja, das Schweigen im Walde!" – "womit der Abend, noch bevor er sich aus dem Zellophan des Klischees befreit hat, schon auf die bedeutungshuberische zweite Ebene flüchtet". Die "Grundkonstellation – eine verzweifelte Frau ist mit einem notorischen Frauenverschlinger zusammen" – werde "in ungefähr fünfzig, manchmal nur Sekunden kurzen, hochaufgeladenen Szenen bebildert", die gern "poetisch und rätselhaft" wären, aber bloß "einen schier unerträglichen Bombast" produzierten. Das Ganze könne nicht funktionieren, weil etwas erst dann "unheimlich in die Normalität einbrechen und dort seine bedrohliche Wirkung entfalten" kann, wenn die Normalität vorher, zumindest kurz, als solche glaubhaft geworden sei. Darüberhinaus zeige Ostermaier keine Figuren, sondern "Abziehbilder". "Du, ich kann das nicht." Einmal dieser Satz hätte genügt.

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Kommentare  
Blaue Spiegel: sooo langweilig
Es ist seltsam, da wird eine offensichtlich unfertige Autorenarbeit als künstlerisch gewollt verkauft. Ostermaier hat lose Ideen aneinandergereiht, aber keine Handlung gefunden. Breth macht daraus eine Kunstanstrengung, bei welcher die Hilflosigkeit als Kunst verkauft wird. Das ist nicht unbedingt ärgerlich, weil häufig, aber es ist sooo langweilig. Wenn nichts mehr "echt" ist, dann ist alles genauso Illusion und der Abend wurde so zu (m)einer Traumreise, einer Reise zu den "echten" Theatermomenten, wo Liebe noch Liebe ist, und ein Schlüssel ein Schlüssel.
Blaue Spiegel: wie hält sich Ostermaier?
Ostermaier liefert nie mehr als unfertige Arbeiten, die werden immer als Kunstanstrengung verkauft, es scheitert immer kläglich - seit zwanzig Jahren, regelmäßig auf den großen Bühnen erster Häuser. Wie macht der das? Wie hält der sich? Wer vermarktet ihn? Will ich auch, ich will den Ruhm und das Geld.
Blaue Spiegel Kritikenschau: Tendenziös
Ich habe die Inszenierung nicht gesehen, aber eine so tendenziöse Zusammenfassung von Kritiken, bei der jede positive Stimme offenbar lächerlich gemacht werden muss (ein ziemliches Zeichen von Schwäche der eigenen Meinung, finde ich) führt sich selbst ad absurdum. Wenn auch noch die Kritiken-Rundschau zur Abrechnung werden muss, hat das mehr von einer Privatauseinandersetzung, weniger von seriöser Berichterstattung.
Blaue Spiegel: Hyperion spricht
Essen gehen, nahezu täglich, Essen gehen und trinken mit der hiesigen Feuilletonage, und das nahezu seit 15 Jahren. Fetter sind sie dadurch geworden, die da zu Tische sitzen, fetter und trotzdem hat es immer noch gerade dazu gereicht, ein Stüfchen höher zu klettern. Von da oben winken sie den Intendanten herab und wollen ihnen zu verstehen geben, dass sie auch einmal, dort oben, wo es besonders gut schmeckt, ihr Dasein fristen könnten ... ein herrliches Gemälde!
Blaue Spiegel Kritiken: ja, tendenziös
Sehe ich genauso.
Blaue Spiegel Kritiken: der Redakteur antwortet
Lieber treuer Kommentator J.S., liebe/r S.,
diese Auseinandersetzung bin ich gerne bereit zu führen. Mich nervt es an, dass einzelne Kritiker ihre Lieblinge gut schreiben, egal, was die an künstlerischen Ergebnissen jeweils vorlegen. Und, das können Sie mir, der ich hier seit zwei Jahren an diesen Kritikenrundschauen sitze, glauben, Gerhard Stadelmaier und Barbara Villiger Heilig finden alles gut, was Andrea Breth produziert. Sie retten auch, was wohlmöglich nicht mehr zu retten ist. Natürlich geht es dabei um die Politik der Ästhetik. Welches Theater will ich durchsetzen? Welche Ästhetiken, Spielweisen, literarischen Auffassungen will ich sehen. Die einzelnen Ergebnisse aber, über die der Leser, die Leserin doch unterrichtet werden will, geraten bei derartiger Kampfkritik außer Sicht. Das machen vielleicht andere Kritiker mit ihren Lieblingen auch, dann ist das genauso doof.
Ich habe hier heute einmal die Stimmen zu "Blauer Spiegel" in der Anmoderation jeweils etwas polemischer zusammengefasst, habe mir auch erlaubt einmal dazwischen zu sprechen, um den aus meiner Sicht Skandal deutlich zu machen. Denn an der schlechten Nachricht aus dem Staate Dänemark ist nicht unbedingt, Sie wissen es ja, der Bote schuld, der diese Nachricht überbringt.
Außerdem, wer hat gesagt, dass nachtkritik.de sich immer wie ein Kätzlein, Spätzlein, Blödi seiner eigenen Meinung enthalten müsse? Aber dessen ungeachtet seien Sie getrost, wir werden trotzdem fürderhin, wie bisher immer üblich, nach bestem Wissen und Gewissen objektiv zusammenfassen.
Mit Grüßen
nikolaus merck
Blaue Spiegel Kritiken: es gibt keine objektive Wahrheit
Ihre Argumentation geht davon aus, dass es eine objektive Wahrheit über ein Stück gibt. Denn nur dann kann man davon sprechen, KritikerInnen würden etwas "retten, was nicht mehr zu retten ist". Denn ob ein Stück "zu retten ist" entscheidet wohl jeder Kritiker, jeder Zuseher für sich selbst. Oder entscheiden Sie das? Oder die Mehrheit der Kritiker, gegen die man dann nicht anderer Meinung sein darf? Auch bei einem Werk, das einhellig verrissen wird, kann es doch tatsächlich sein, dass ein Kritiker das - entgegen allen anderen - gut findet. Oder finden Sie das so abwegig? Ich für meinen Teil nicht; zumindest saß ich auch schon in einhellig verrissenen Aufführungen, die ich dann ganz großartig fand - entgegen allen anderen (und ohne etwas "retten" zu wollen). Und nur zum Schluss: Natürlich soll nachtkritik sich nicht seiner Meinung enthalten. Ich bin mir nur nicht sicher, ob die Kritiken-Rundschau der richtige Ort ist ... (hier, finde ich, sollte man schon die Stärke besitzen, auch Meinungen, die man komplett abwegig findet, bestehen zu lassen)
Blaue Spiegel Kritiken: die fürchterliche politische Kritik
Sie haben natürlich völlig Recht. Gibt's ja nicht die objektive Wahrheit über die Aufführung oder das Erlebnis der Aufführung. Nein, ich entscheide das auch nicht. Auch nicht die Mehrheit der Kritiker. aber Sie sagen nichts zu meinem Punkt. Glauben Sie nicht, dass es diese "politische Kritik" gibt? und finden Sie das nicht auch fürchterlich? Wenn man richtig merkt, wie da aus ganz anderen Gründen als solchen, die sich in der Aufführung finden ließen, geschrieben und, ja, fabuliert wird?
Sie haben außerdem natürlich Recht, wenn Sie sich fragen, ob die Kritikenrundschauen der Ort für Meinung sind. Ich habe ja schon versprochen, dass wir uns künftig wieder zurückhalten werden an diesem Platz.
Gruß
nikolaus merck
Blaue Spiegel Kritiken: politische Kritiken entspringen Überzeu
Doch, natürlich kenne ich das - und verstehe auch jeden Ärger darüber. Andererseits entspringen ja auch solche "politischen Kritiken" der jeweiligen Überzeugung, welcher Regisseur / welche Regisseurin zu unterstützendes Theater macht. Von solchen Überlegungen ist niemand frei, denke ich - bei fast allen Kritikern kann man doch so ungefähr einschätzen, welche Aufführung eher positiv, welche eher negativ bewertet werden wird (oft schon vor der Premiere). Das ist einerseits ärgerlich, andererseits ist ja auch der "normale" Besucher nicht anders: Auch ich etwa sehe Aufführungen von RegisseurInnen die ich schätze sicherlich schon mal positiver, als Aufführungen von RegisseurInnen, deren Theaterverständnis ich nicht teile. Insofern ist eine gewollt "politische Kritik", die eine Aufführung schön redet, eben nicht immer von einer wirklich ehrlichen positiven Kritik auf Grund einer Art "rosaroten Aufführungsbrille" zu trennen.
Blaue Spiegel Kritiken: gelöster Jubel?
es ist wirklich nur geil, wie stadelmaier politik macht, man erkennt es an den letzten beiden worten seiner kritik: "gelöster jubel." so ein unsinn. der applaus war höchst endenwollend, wurde nur mühsam noch etwas länger angefacht von einigen be-leuten und angehörigen, die zum teil zum schlussapplaus erst hereinströmten. und beim auftritt von ostermaier und breth verstummten auch die wenigen "gelösten" juchzer der clacque. das ist gezielte desinformation, die herr stadelmaier da betreibt.
Blaue Spiegel Kritiken: jede Kritik ist politisch
S.g. Herr Merck,
meiner persönlichen Ansicht nach ist - selbstverständlich, möchte ich sagen - so gut wie jede Kritik "politisch", da jeder Kritiker bestimmte ästhetische/dramaturgische/etc. Konzepte bevorzugt, oft mit einem Ballast an Vergleichsproduktionen (Autor, Stück, Regie, Darsteller, etc. betreffend) und daher mit bestimmten Erwartungshaltungen in eine konkrete Aufführung geht;

Sie allerdings tun so, als wäre Ihnen dies im vorliegenden Fall erstmals aufgefallen und müßte daher besonders ausgestellt werden. Allerdings sind Ihre polemisch-kritischen Anmerkungen auch nichts anderes als "politische Kritik", bloß aus einer anderen Ecke. Woher nehmen Sie also das Recht zu behaupten, daß "aus ganz anderen Gründen als solchen, die sich in der Aufführung finden ließen" diese Kritik ausgefallen ist, wie sie eben dasteht?

Ich war in "Blaue Spiegel", gerade die von Ihnen in Zweifel gezogenen Rezensionen geben die Eindrücke, welche ich selber im Verlauf des Abends gewonnen habe, besonders treffend wieder... Somit könnte ich mit demselben Recht wie Sie den anderslautenden Kritiken "politische Kritik" (eben gegen derartige ästhetische/dramaturgische Konzepte) vorwerfen... Tue ich aber nicht, weil ich mir der Tatsache bewußt bin, daß es nicht nur "objektive Kritik" (denn nicht einmal über die Beherrschung oder Nicht-Beherrschung des Handwerks herrscht oft Einigkeit) nicht gibt, sondern daß jedes "Urteil" über ein künstlerisches Produkt eine bestimmte Position bezieht und damit ex- oder implizit "politisch" ist.

MfG,
M.-T. Sch.
Blaue Spiegel Kritiken: überraschend Luft und Frische
Ich finde das mutig und überraschend, daß Herr Merck sich so offen zu seinen Kollegen und deren Voreingenommenheit äußert. Das bringt Luft und Frische in den teilweise mafiösen Kritikerbetrieb, wo die Lieblinge, mit denen man oft auch privat gut kann, schöngeschrieben werden. (Da geht es ja nur im besten Fall um die blinde Verteidigung einer Ästhetik.)
Man kann sich schon fragen, warum ein Autor wie Ostermaier so überschätzt wird. Dafür sind auch manche Kritiker verantwortlich.
Deshalb ist die Nachtkritik-Seite oft so lesenswert, weil die Karten hier nicht so langweilig verteilt sind wie z.B. in Theater Heute oder Theater der Zeit.
Großartige Ehrlichkeit! Ich danke Ihnen, Herr Merck!
Blaue Spegel: a bisserl Wien an die Spree
Machen wir es kurz: Das Stück war der letzte Sch(...) .Frau Breth, bitte nicht Berlin nutzen für so etwas. Auch der Hauptstädter hat irgendwann die Schnauze voll von Pseudo-Kunst-Kitsch. Bringens ruhig a bisserl Wien an die Spree..
Blaue Spiegel Kritiken: die Ehre des Kritikerberufes
"Ein Autor geht Essen und die Regisseurin Baden", frei nach einem wirklich guten Autor. Aber wo bleibt der Kritiker? Er sollte sich von dem Tisch fernhalten, die Augen öffnen und die Aufführung mit einer dem Abend entsprechenden Energie und Konzentration beurteilen.
Herr Merck hat seinem Beruf alle Ehre gemacht und dabei ist es am unwichtigsten ob es "gefallen" hat oder nicht. Herr Merck hat das beschrieben, was ich gesehen habe. Der Herr Kritiker von der FAZ hat GElöst mit ERlöst verwechselt, kann ja mal passieren.
Blaue Spiegel Kritiken: wurde gejubelt?
ja, was heißt "gelöster jubel"? verbirgt g.s. dahinter was? oder wurde wirklich gejubelt?
Blaue Spiegel Kritiken: das Prinzip Boulevard
was "gelöster Jubel" heißt? ganz einfach: G.S. hat gelöst gejubelt. Er sagt das über sich - und tut aber so, dass alle so gejubelt hätten. Oder nein: er unterstellt, dass - wer den Abend verstanden, begriffen etc. hat - gelöst jubeln muss. Das heißt das. Und das heißt: er vermischt hier auf zwar sehr subtile, aber problematische Weise zwei Dinge: die Objektivität des Jubels (der nicht gelöst war) mit seiner subjektiven Einschätzung (er kann ja gern gelöst jubeln, wenn er dieses Theater bejubeln mag), er tut also so, als sei das Subjektive eine verbindliche Objektivität. Und das ist genau das, was der Boulevard macht, am besten die Bild, sie machts halt nur nicht so subtil.
Blaue Spiegel Kritiken: bloginifizierte Print-Faker
dann ist er ein Lügner, der G.S. ist ja wirklich heftig! der ist schon infiziert von dem Kommentarwesen hier. G.S., der erste bloginfizierte print-faker.
Blaue Spiegel Kritiken: rührend ehrliches Erheben
Lieber Herr Merck,
ihre kleinen Kommentare zur FAZ und NZZ-Kritik haben so etwas peinlich oberschlaues.
Jeder, der Kritiken schreibt,macht natürlich Politik und wenn Herr Stadelmeier bestimmten Regisseuren(Gosch) nachreist, um sie immer und immer wieder zu verreißen und anderen(Barbara Frey), um sie immer und immer wieder zu erheben, so tut er das ja fast schon mit rührender Ehrlichkeit.
Seine Kritik heute früh in der FAZ hat mir nun ziemlich aus dem Herzen gesprochen. Leider muß man sagen, so sehr man sich immer wieder über ihn ärgert: Er ist einer der intelligenteren, vor allen Dingen präzisen deutschen Kritiker. Und Andrea Breth ist vermutlich eine der letzten genauen,präzisen,intelligenten Regisseure einer Theatertradition,die mit ihr aussterben wird. Leider sind die meisten Kritiker der Komplexität ihres Blickes nicht gewachsen. (komischerweise viele Zuschauer schon)Ich fand diese BLAUE SPIEGEL Arbeit das großartigstem, was ich seit langem am Theater gesehen habe.Die Schauspieler improvisieren etwa die Hälfte des Textes jeden Abend neu-das ist eine unglaubliche Leistung und ein unglaublicher Mut.
Davon träumt das Theater seit Jahrzehnten.
Und von Improvisationen des Niveaus von Corinna Kirchhoff und Wolfgang Michael hat man gar nicht zu träumen gewagt.
Die Bilder des Stückes, die Überlagerungen von Realität,Phantasien, Fiktionen, Träumen -auch ein uralter Theaterwunsch-ich habe es noch nie mit so leichter Hand inszeniert gesehen.
Es wäre so schön, wenn Kritiker,die von einem Abend überfordert sind, einfach schweigen könnten.
Blaue Spiegel Kritiken: es wurde gelöst gejubelt
Übrigens: Es wurde gejubelt. Ich habe zum Beispiel gejubelt. Ich gehöre auch zu keiner Claque, bin niemandem verwandt oder verschwägert-das ist doch alles lächerlich und habe vieleLeute hinterher gesprochen,die ähnlich ge-und nicht erlöst waren.
Was für ein Haß gegen den Autor(,von dem ich nicht weiß,ob er ein gutes Stück geschrieben hat), gegen die Regisseurin(,fürdie wir einfach dankbar sein müssen,weil sie ein aussterbendes Handwerk noch beherrscht: die (Un)tiefen von Menschen zu erzählen und aus den Schauspielern zu locken und gegen die Schauspieler,die einfach Atem beraubend waren.Ja, das war anstrengend
Blaue Spiegel: welche Dynastie des Spitzenklöppelns?
@ christian w. : aber was soll denn das sein, was irgend wann mit der breth ausgestorben sein soll? das ist ja nett, dass sie gleich hinterher mit der Improvisation kommen. aber das ist Ihnen sicher nur unterlaufen, und ich nehme an, Sie meinen etwas anderes. Also, was ist das? reden Sie sich da denn nicht irgendwas schön. ist die breth ne kortnerschülerin, und war der ein unmittelbarer nachfahre von josef kainz? welche dynastie des spitzenklöppelns schwebt Ihnen denn da vor, wenn Sie von handwerk reden?
Blaue Spiegel: verrückter Zorn gegen Qualität
Nicht nur Dynastien sterben aus, Auch Handwerke.Was diese Regisseurin mit Spitzenklöppelei zu tun haben soll, weiß ich nicht.Das ist einfach blinde Polemik.
Es gab tatsächlich vor einem halben Jahrhundert einen ähnlichen Zorn gegen Kortner.
Ein verrücktes Phänomen: Dieser Zorn gegen Qualität.
Vielleicht gelingt es Ihnen mal,einer Probe von Frau Breth beizuwohnen und dann einer von -sagen wir mal- Sebastian Hertmann in Leipzig. An dem Unterschied können Sie merken, was ich meine.
Ja,es ist verrückt: In dieser unglaublich gut gebauten Aufführung ist dann so viel Raum für ungeheuerliche Improvisationen.
Blaue Spiegel: Jubel? Fades Geklatsche
Wer meint, am Premierenabend wurde gejubelt, hat leider noch nie Jubel im Theater gehört. Mag daran liegen, dass diejenigen nur zu Stücken von A.O. gehen, da wird vielleicht generell nicht so viel gejubelt. Aber wenn dieses fade Geklatsche Jubel gewesen sein soll, dann bin ich wohl auch mit der Definition von "Jubel" überfordert. Mit dem Stück war ich auch sehr gerne überfordert, denn vielleicht ist es besser, nicht jedes Zeugs verstehen. Wenn Kritiker oder versprengte Fans mir sagen müssen, dass das Stück toll war, ich es aber nur nicht verstanden habe... gerne, hält mich aber nicht davon ab, wieder hinzugehen, aber das nä Mal bleibe ich nicht so ruhig. P.S.: gibt es Peinlicheres als eine Inszenierung, die Mitarbeiter nötig hat, die nach der Vorstellung auf die unbesetzten Sitze strömen, um der nicht mitverfolgten Premiere zuzujubeln und -jauchzen?
Blaue Spiegel: Kritiker und ihr Empfinden
G. S., lieber uffe, ist aber nicht der einzige, der so tut, als sei das Subjektive eine verbindliche Objektivität. Auch andere Kritiker machen ihr eigenes Empfinden zum Maßstab. So schrieb z. B. Christine Dössel, Thomas Oberender habe in Salzburg großen Erfolg, obwohl dies etliche Andere, als Beispiele seien genannt: ein Kritiker des Deutschlandradio, G. S. und ein Kritiker der österreichische "Presse", nicht so sahen. Auch jene Kritiker, die sich über Schlingensiefs "Kirche der Angst" begeisterten, schreiben z. T. nach wie vor, Schlingensief sei auf dem Theatertreffen gefeiert worden, obwohl der mäßige Applaus nicht dafür spricht. Diese Kritiker verallgemeinern doch genauso und auch dies sind nur zwei Beispiele von vielen.
Interessant finde ich, nebenbei bemerkt, die Aussage von Herrn Steinebrunner, Mitarbeiter hätten freie Plätze besetzt um der Premiere zuzujubeln. Schon vom Augsburger ABC-Festival hieß es ja, es seien enorm viele Freikarten vergeben worden. Auch da wurden wohl Jublelperser gebraucht, nur hat es nichts genützt. Während damals freilich ein beträchtlicher Teil der Feuilletonisten sich für Ostermaier und sein Festival einsetzte, scheint die Ostermaier-Begeisterung nun auch bei den meisten von ihnen vorbei zu sein.
Blaue Spiegel: Rundschau unter Niveau
Das "wir" bei Nachtkritik ist doch auch schon unseriöse Journalistik und tendenziös, das "wir" evoziert einen Konsens und ein Gemeinschaftsgefühl im Diskurs, den es gar nicht gibt. Kritiker werden eingeladen, die reichen Häuser zahlen ihnen Hotel, Fahrt und Essen. Das ist bekannt. Anstatt gegen diesen politischen Tendenzjournalismus (auf der anderen Seite Leute wie Pollesch PR Texter Laudenbach) zu stehen, machen sie genau das gleiche. Unterstellungen, hämische Zynismen gegen Regie, Autor und Kritikerkollegen und das auf einer objektiv daherkommenden Kritikenrundschau. Das kann es doch auch nicht sein und ist unter ihrem Niveau Herr Merck.
Blaue Spiegel Kritiken: keine Unterstellungen, bitte
Sehr geehrter Herr Kerr,
ich möchte doch drum bitten, nicht alles zu vermengen. Es gibt bei uns keine redaktionell zu verantwortenden "Unterstellungen, hämische Zynismen" gegen Regisseure oder Autoren oder Schauspieler.
Ich habe in der Kritikenrundschau kommentiert, ganz gegen unsere bisherige und auch zukünftige Praxis, weil mir die theaterpolitisch instrumentalisierte Kritik der genannten KollegInnen, die ich seit zwei Jahren beobachte, auf die Nerven geht. Diese KollegInnen sind doch eigentlich seriöse, hoch qualifizierte, vorbildhafte Journalisten, es ist mir ein Rätsel, wie sie es mit sich vereinbaren können, sich als derart plumpe, natürlich nicht als Stilisten plump, Propagandisten ihnen genehmer Theaterformen zu gebärden.
Ich verstehe auch nicht, wieso Sie einen Unterschied machen, zwischen der geforderten Kritik an anderen Kollegen und der von mir geäußerten. Warum geht das Eine, das Andere aber nicht?
Ein Letztes: natürlich bezahlen Theater den Kritikern Reisen, Unterkunft etc. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass nachtkritik.de es eigens und unübersehbar ausweist, wenn irgendwelche Geld- oder geldwerten Leistungen von Theatern oder anderer Seite in Anspruch genommen wird. Wir versuchen das grundsätzlich zu vermeiden. Was uns bisher auch, bis auf einmal gelungen ist. Also bitte, keine haltlosen Unterstellungen. Das "Wir" bei nachtkritik bezieht sich genau auf das Wir der KorrespondentInnen und der Redaktion. Es ist selbstredend - Sie können ja die unübersehbar unterschiedlichen Haltungen lesend erkennen - ein kleines, sich gegenseitig ermutigendes, ein wenig ironisches Wir.
Gruß
nikolaus merck
Blaue Spiegel: nicht kleinkariert
Ich möchte jetzt nicht kleinkariert erscheinen, aber müßte es nicht korrekt heißen: JournalistInnen, StilistInnen, PropagandistInnen? Wenn schon Gender, dann richtig. Danke!
Blaue Spiegel Kritiken: etc?
Herr Merck, Sie schreiben, dass Theater "natürlich" Kritikern "Reisen, Unterkunft etc." zahlen. Ist das tatsächlich wahr? Und was bitte ist in diesem Fall "etc."?

Lieber Fragesteller,
etc. war Blödsinn. Ich erzähle davon, was ich selbst kenne. Manche Theater, die möchten, dass Ihre Arbeit gesehen wird, machen KritikerInnen
das Angebot, die Unterkunft für sie zu besorgen und zu zahlen. Seltener die Reisekosten. Ganz üblich ist es, dass KritikerInnen ihre Hotelzimmer über das Theater buchen, wenn sie von außerhalb anreisen. Diese Zimmer zahlen die KritikerInnen selbst, die Theater bekommen spezielle Konditionen, die Zimmer kosten weniger als für Tagesgäste.
Es gibt auch Einladungen zu Festivals, etwa den Salzburger Festspielen, wo dann Reisekosten von dort gastierenden Theatern übernommen werden, für KritikerInnen, die die Arbeit beschreiben und am Heimatort von bekannt machen.
Bevor Sie sich jetzt aber empören, bedenken Sie bitte zweierlei: zum einen wird das Gros der Thetrberichterstattung von freien Kritikern übernommen, dennen die redaktionen keinerlei Reisekosten bezahlen und die wirklich miserabel entlohnt werden. Zeilengeld. Zum Anderen sind diese korrumpierenden Praktiken in Deutschland sehr verbreitet. In der Industrie ist derlei gang und gäbe.
Gruß
nikolaus merck
Blaue Spiegel Kritiken: in Brasilien
Es gibt keinen Grund zur Empörung, wohl aber zur Kritik:

1. Der Vergleich mit der Industrie hinkt; die setzt eigene Gelder ein, bei den Theatern sind es Subventionen, die - wenn man den Theatern glauben darf - eigentlich viel zu knapp sind.

2. Es gibt Auswüchse, die so in der Industrie nicht möglich sind. Als Schlingensief in Brasilien eine Opfer inszenierte, wurde, mit deutschen Geldern, ein ganzes Heer von Kritikern eingeflogen. Natürlich haben die nach Deutschland euphorische Rezensionen geschickt, natürlich wollten sie alle beim nächsten Mal wieder dabei sein (davon lebt der Mann bis heute). Aber die Kritiken haben der Oper in Brasilien nicht einen zusätzlichen Zuschauer beschert, eine Kosten-/Nutzenrechnung findet, weil es Steuergelder sind, von vornherein nicht statt - das ist Korruption pur.

3. Auch von den Kritikern selbst wird beklagt, dass das Theater zu oft nur für Kritiker statt findet (Uraufführungen, Mode-Regisseure etc.). Aber wenn Theater sich eine Scheinöffentlichkeit einfach kaufen könnnen - und es ist eine Scheinöffentlichkeit, denn überregionale Kritiken werden nachweislich fast nur vom Theaterbetrieb wahrgenommen -, driftet das Theater vollends ab in Autismus und Irrelevanz.

Zur Zeit werden überall Verhaltenskodexe von Managern, Bankern, Politikern gefordert. Wäre es nicht an der Zeit für einen Verhaltenskodex der Theater?
Blaue Spiegel Kritiken: mit Leichen gepflastert
nunja. und es geht um menschen, die da beleidigt und angegriffen werden. alles theater. haha. und das ist: mit den leichen derer gepflastert, die der betrieb nicht wollte, die er ausgespuckt, lächerlich gemacht, vernichtet hat. alles theater. jaja. es geht nicht um fahrkosten. es geht um leben und tod.
Blaue Spiegel Kritiken: wo leben wir?
Nr. 28
Glauben Sie vielleicht, die Industrie wird nicht subventioniert? In welcher Welt leben Sie eigentlich?
Blaue Spiegel Kritiken: es geht um Glaubwürdigkeit
Schade, weit weg vom Thema sind die Unterstellungen, Kritiker wären gesponsorte Autoren. Glaubwürdigkeit einer Premierenbeschreibung, darum geht es, wenn die erlebte Jubelstärke so stark von der beschriebenen abweicht, dann kann es eigentlich nur einen Grund geben: der Autor ist nicht in der Lage das "Erlebte" zu beschreiben. Damit hat er seine Aufgabe nicht erfüllt, ob mit bezahlten Gürkchen oder ohne.
Blaue Spiegel Kritiken: Jubel und die Zu-kurz-Gekommenen
Ich verstehe nicht, was die Diskussion um „Korruption“ von Kritikern mit der Aufführung „Blaue Spiegel“ zu tun hat. Denn die Premiere wurde ja ausschließlich von festangestellten Kritikern der großen überrregionalen Tageszeitungen besprochen, die alle einen Reiseetat haben. Also dürften derartige Faktoren die Kritiken weder zum Guten noch zum Bösen beeinflusst haben.

Jubel hat nie irgendetwas mit der Qualität der Aufführung zu tun. Man braucht gar keine bezahlte Claque – jeder weiß doch, das in den Premieren viele Freunde der Künstler sitzen. Ein besonders lauter Jubler, der in „Blaue Spiegel“ neben mir saß, outete sich auch ungefragt als Freund einer der beiden jüngeren Schauspielerinnen

Den größten Jubel habe ich bei meinen beiden furchtbarsten Theatererlebnissen gehört: Bei Heribert Sasses Inszenierung „Richard III.“ , mit der er seinerzeit seine Intendanz im Schlosspark-Theater eröffnete, und bei Brigitte Grothums Brecht-Uraufführung „David“. Da wurde gekreischt wie besoffen.

Ich bin gespannt, wieviele Leute noch in der dritten oder vierten Vorstellung von „Blaue Spiegel“ sitzen werden, wenn auch der letzte Künstlerkumpel es gesehen hat.

Das Schlingensief heute noch von den „Kritiken“ seiner Inszenierung in Manaus zehrt, ist Schwachsinn. Erstens waren die gar nicht so doll. Zweitens waren es meistens gar keine Kritiken, sondern Erlebnisreportagen. Und wer Schlingensief vorher nicht mochte, hat sich auch davon wohl kaum beeinflussen lassen.

Außerdem wüsste ich gerne, welche „Kritiker“ geschrieben haben sollen, „Eine Kirche der Angst“ sei in Berlin gefeiert worden. Alle großen Zeitungen hatten doch bereits die Premiere in Duisburg im September besprochen und deshalb haben sie, bis auf ein paar Berliner Lokalblätter, jetzt gar keine Kritiken mehr geschrieben. Richtig ist allerdings, dass es einen entsprechenden dpa-Bericht gab, den viele Zeitungen als Meldung gedruckt haben. Nur hat das nichts mit den Kritikern zu tun.

Wenn die Feuilletonisten Ostermaiers ABC-Festival anders berurteilten haben als sein neuestes Theaterstück, dann kann das dreierlei bedeuten: Entweder machen sie doch nicht immerzu Politik. Oder sie wissen sehr wohl zu unterscheiden zwischen dem Festivalorganisator Ostermaier und dem Dramatiker Ostermaier. Oder über das Festival haben eben nicht die selben Leute geschrieben wie jetzt über das Stück, und weil es keine mafiöse Instanz gibt, die die Meinungsmache im Feuilleton steuert, kamen sie zu unterschiedlichen Urteilen.

Im Übrigen finde ich es immer wieder lustig, wie sich hier die Zu-kurz-Gekommenen und vom Theaterbetrieb übersehenen über Leute aufregen, die im Gegensatz zu ihnen Erfolg haben (Kritiker oder Künstler).
Blaue Spiegel Kritiken: das Problem heißt Intransparenz
Sie haben ja recht. Aber das Problem heißt Intransparenz. Ich kann als Leser nicht erkennen, ob das Theater dem Kritiker eine Brasilienreise oder ein tolles Hotel oder einfach gar nichts bezahlt hat. Wir wissen auch, wie viel Zeit und Aufwand in den Theatern betrieben wird, nur um Fachkritiker ins Theater zu locken - auf Kosten von Inhalt und Publikum, das ist Korruption, die geht tiefer als eine einzelne Hotelrechnung und begünstigt natürlich große Häuser, die sich den Spaß leisten können. Deshalb ist die Idee eines Verhaltenskodexes nicht abwegig: Kritiker kriegen von Theatern kein Geld, Punkt. Würden nicht alle Seiten an Glaubwürdigkeit gewinnen?
Kritiker: Jammern über Großzeitungs-Kritiker
Natürlich wäre so ein Verhaltenskodex wunderbar. Aber er würde gar nicht viel ändern, weil die Kritiker der großen Medien (und nur über die wird hier doch regelmäßig gejammert) sich ohnehin dran halten. Die haben es nicht nötig, sich ein 60-Euro-Hotel (von solchen Dimensionen reden wir hier) sponsern zu lassen. Und sie werden einen Stadelmaier, Schmidt etc. auch nicht mit der verlockenden Aussicht auf eine Übernachtung nach Kassel oder Gera locken. Das zieht allenfalls bei den kleinen Bauchladenkritikern, die für Provinzzeitungen schreiben und die selbst hier niemand zur Kenntnis nimmt. Schauen Sie doch mal, wer z. B. auf Kosten der EU zum Europäischen Theaterpreis nach Polen geflogen ist - das waren doch nur Rentner und die 2. Liga. Die verantwortlichen Redakteure der überregionalen Medien haben für so etwas gar keine Zeit. Im übrigen haben die Polen-Reisenden die ganze Theaterpreis-Veranstaltung dann trotz Einladung alle in die Tonne getreten.

Wieso der Aufwand, den die Theater betreiben, um Kritiker anzulocken, auf Kosten von Inhalt und Publikum gehen soll, habe ich nicht ganz begriffen. Meinen Sie die Sucht nach Erstaufführungen und großen Namen? Aber dem würde man mit Ihrem "Verhaltenskodex" ja auch nicht beikommen.

Lieber Embonpoint,
Sie täuschen sich was die Adressaten der Angebote der Theater anlangt. Da geht es nicht nur um Bauchladenkritiker.
merck
Blaue Spiegel Kritiker: liest jemand Korrektur?
Vielleicht müßte man sich mit der Benrather Linie und der zweiten Lautverschiebung beschäftigen, um festzustellen, warum es neben Meier auch Mayer, Meyer, Maier und Mair etc. gibt. Kaum einer weiß, woran das liegt. Es gibt halt unendlich viele Meiereien, auch im Theater, verschärft wird das Ganze dann noch durch Prä- und Suffixe, bis man verzweifelt "Mensch Meier" ausrufen möchte.
Jedenfalls sind der arme Schaubühnenintendant Ostermeier und der noch ärmere Autor Ostermaier tatsächlich zwei völlig verschiedene Personen, beide aus Bayern (gelegentlich auch Baiern geschrieben), aber der eine ist blond und stark und der andere dunkel und stark, um wenigstens kurz die augenfälligsten Unterschiede zu markieren.
Liest bei Nachtkritik vor der Veröffentlichung eigentlich keiner Korrektur?

Hallo Mensch Meier,
wir lesen alles Korrektur, natürlich, aber mitunter passieren uns dennoch Fehler. Allein, wo steht hier etwas von einem Ostermeier, wenn Ostermaier gemeint ist?
Grüße,
Dirk Pilz
Blaue Spiegel: Meier aus dem Elfenbeinturm
Mensch Meier, aus welchem Elfenbeiturm sind Sie denn hervor gekrochen. Da geht es hier nun schon seit Tagen um die Frage, ob nachtkritik nicht vielleicht zu viel redaktionellen Aufwand betreibt, wenn nun auch noch die Kritiken der anderen korrigiert werden. Und jetzt kommen sie...
Blaue Spiegel: alles gekauft
Ein früherer Eintrag zur Thematik "gekaufte Kritiker" wurde hier nicht reingestellt? Warum nicht, weil er das Kind beim Namen genannt hat? Also etwas keimfreier, damit es klingt wie eine harmlose Denunziation: Es ist stadtbekannt, dass sich ein stadtbekannter dpa-Mann in Berlin damit brüstet, sehr eng mit Christoph Schlingensief befreundet zu sein und ihm seine Arbeiten, egal welche, schon vor den Premieren schönschreibt. dpa versendet sich so hübsch. Damit es aber nicht wie reines Bashing klingt: Es sind doch gerade die Großkritiker, die sich, bei aller zur Schau getragenen Unabhängigkeit, doch sehr gerne von den großen Theatermachern pudern lassen. Man nehme nur mal das Einknicken von Eva Behrendt ggü. Claus "schminkt mir meinen Weinrüssel weg!" Peymann bei der insgesamt peinlichen Jurysitzung zur Verleihung des tt-Theaterpreises. Oder nehmt den neunmalklugen Herrn Michalzik, der sich heute in der FR schon mal die läppische "Who is who"-Burgtheater-Spielzeit schön geschrieben hat, um dann zu Rezensionszwecken auch im Sacher zu landen! Fazit: Der Theatertod droht längst nicht mehr durch die Theater. Er droht durch die sattgefressenen Großkritiker, die sich nach VW-Manier durch die Theaterlandschaft hofieren lassen. Gute Nacht!
Blaue Spiegel: Ostermaier mit a
Beitrag 32 schwadroniert darüber, daß Thomas O. und Albert O. die gleiche Person sind, was aber Quark ist und von niemandem korrigiert wird. So kommt Unsinn in die Welt, bester Pilz.


Mensch Meier, da haben Sie recht!, ein ärgerlicher Fehler, der aber flugs korrigiert wurde.
Herzlich,
Dirk Pilz
Blaue Spiegel: Deshalb brauchen wir Nachtkritik
Bei aller anonymen Polemik, bei mancher Unsachlichkeit und Übertreibung, bei allen doofen "Ihrseidjanurneidisch"-Kommentaren: Wo wäre so eine machtkritische Diskussion möglich, wenn nicht auf der Nachtkritikseite. Kaum würden sich die einschlägigen Printblätter auf diese Selbstinfragestellung einlassen. Denn es ist sehr richtig: Das Theaterelend ist auch ein Elend der Kritik und die beginnt bei den beschriebenen Formen der Korruption, bei den tendenziösen Kritiken à la Laudenbach und Stadelmeier.
Zu den machtkritischen Kommentaren gehören z.B. auch die hier erschienenen Kommentare zur Einladung von "Alle Toten fliegen hoch" zum Berliner Theatertreffen. Ein offensichtlicher Skandal, für den die Jurymitglieder sich schämen müssten, aber im Print wird das ignoriert.
Deshalb brauchen wir die Nachtkritik.
Blaue Spiegel: Genug des Hochmuts!
Stimme "Machtkritik der Nachtkritik" voll und ganz zu! Das eigentlich Schlimme war ja, daß man die eigene Meinung am vergangenen Samstag ausgerechnet vom unsäglichen Peymann vertreten sehen mußte: Der Kritikerhype um Schlingensief eine Farce, die (Nicht-)Einladung von Marthalers Waldhaus durch die Kritikerjury purer Snobismus, die Einladung Meyerhoffs pures Burgtheater-Pushing. Das ganze wird noch getoppt durch das frank und freie Statement vom Überall-Schreiberling und tt-Juroren Stefan Keim, der in der "Deutschen Bühne" den unglaublichen Satz über die Theater abseits von Berlin, Wien, Hamburg, München sinngemäß sagte: Ganz unabhängig von ihrer Qualität, die Provinz interessiert nicht. Genug des Hochmuts! Ich warte auf den Fall.
Blaue Spiegel: wer ist die Schönste im Land?
Kann man nicht vielleicht aus Michalziks Worten über das Burgtheater einen ironischen Unterton herauslesen? Die Burg hat zwar all die Leute die im Medien- und Festivalzirkus groß angepriesen werden, das heißt aber noch lange nicht, dass dabei große Kunst herauskommt. Michalzik fragt ja nicht, wer die Beste, sondern die Schönste im Land ist.
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