Verpasste Anmeldefrist oder missbräuchliche Verweigerung?

Berlin, 13. August 2009. Rolf Hochhuth ist am Donnerstag vor dem Berliner Landgericht damit gescheitert, mit einer Einstweiligen Verfügung die Aufführung seines Stücks "Sommer 14 – Zur Vorgeschichte des Ersten Weltkriegs" in eigener Regie am Berliner Ensemble während der Theaterferien noch im August durchzusetzen.

Eine nähere Begründung des Gerichts lag zunächst nicht vor, meldet die Wiener Zeitung online, doch wurde während der Verhandlung die Ansicht des Richters deutlich, dass Hochhuth nicht alle vertraglichen Voraussetzungen für sein geplantes Gastspiel erfüllt habe. Der 78-jährige Dramatiker war selbst vor Gericht erschienen, Peymann ist wegen der Theaterferien noch in Urlaub.

Der Anwalt des Landes Berlin, Peter Raue, argumentierte, dass Hochhuth sein Projekt nicht vertragsgemäß angemeldet habe und außerdem im Theater in den Sommerferien dringend notwendige Umbauarbeiten stattfänden. Eine zuvor vom Richter vorgeschlagene gütliche Einigung war nicht zustande gekommen. So hatte die Gegenseite ihm die Probebühne des einstigen Brecht-Theaters für einen späteren Zeitpunkt angeboten.

"Ich will keine gütliche Lösung, ich will meinen Vertragspartner kündigen, weil er mich hängen lässt und sich nicht in der Lage sieht, mir die Schlüssel zu meinem Gebäude zu geben", sagte Hochhuth nach der Gerichtsverhandlung vor Journalisten. "Selbstverständlich erhalten die jetzt die fristlose Kündigung und die ist endgültig. Ich habe keine Lust, nächstes Jahr wieder den gleichen Zirkus mitzumachen."

Anwalt Raue sieht dagegen keinen Kündigungsgrund vorliegen, "wir haben den Vertrag nicht verletzt". Der Vertrag laufe bis Ende 2012 mit einer Option auf weitere 15 Jahre. "Herr Peymann freut sich stets, wenn Herr Hochhuth an seinem Haus im Sommer arbeiten will, aber er kann das nicht erst am vierten Tag nach dem Beginn der Sommerferien ordnungsgemäß anmelden."

Hochhuths Anwalt Uwe Lehmann-Brauns sieht das anders und meint, auch Bauarbeiten gäben dem Intendanten Peymann nicht das Recht, eine Hochhuth-Aufführung zu verhindern. Das BE sei sogar verpflichtet, das Theater am Bertolt-Brecht-Platz an drei Tagen im Oktober für eine Aufführung des "Stellvertreters" freizuhalten. Dies werde seit Jahren nicht erfüllt, meinte Lehmann-Brauns. Er wirft Peymann und dem Land Berlin eine "missbräuchliche Verweigerung" sowie eine "starrsinnige, unkooperative Haltung" gegenüber einem "78 Jahre alten und nicht unbekannten Schriftsteller" vor.

Der wiederum erklärte am Donnerstag kurzerhand per Presseerklärung "das Ende der Ära Peymann am Schiffbauerdamm". Die zehn Millionen Euro jährliche Subventionen könne der Berliner Senat künftig sparen, "weil am Schiffbauerdamm die Verlage Rowohlt und Suhrkamp das in Berlin längst überfällige 'Theater der Autoren' gründen werden". Eine Suhrkamp-Sprecherin habe zu dpa allerdings gesagt: "Davon kann keine Rede sein."

(sik)

 

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Kommentare  
Hochhuth unterliegt: Buh Claus, buh und nochmals buh
Mensch, Claus, was für ein reaktionärer Bonze ist aus dir geworden... 10 Millionen Euro jährliche Subventionen, dann vor Gericht nicht erscheinen, weil im "Urlaub", den Anwalt heucheln lassen "Herr P. freut sich, wenn Herr H. das Theater im Sommer nutzen möchte", aber leider, leider hat er die ordnungsgemässe Anmeldefrist nicht eingehalten. Was ist denn das für neobürokratisches Spiesser-Sesselgefurze?
Buh Claus, buh und nochmals buh!
Hochhuth unterliegt: H hats nicht anders verdient
toll, Claus, toll, Höflichkeit ist gut und richtig, ich komme so gerne in dein Theater, und dieser H hats nicht anders verdient !
Hochhuth unterliegt: Geruch in Berlin
Ja, das sind wirklich übelriechende Ausdünstungen, die die Blähungen der beiden älteren Herren verursachen. Wir waren vor 10 Tagen in Berlin zu Besuch, haben auch den Schiffbauerdamm besucht, und dort in der Nähe ein Bier getrunken. Weil dieser ekelerregende Gestank ab und zu herüberwehte, sind wir dann schnell wieder nach Wanne-Eickel aufgebrochen...Die Berliner müssen ganz schön was mitmachen!
Hochhuth unterliegt: Entgegenkommen oder Verhöhnung?
Peymann ist wohl juristisch im recht. Schade aber, dass man nicht wirklich das Gefühl hat, das BE gäbe sich Mühe, das Gesicht, eines wenn auch starrsinnig gewordenen, so doch verdienten alten Schriftstellers zu wahren. Es ist schwierig, ohne genaue Kenntnis des Ablaufes einzuschätzen, inwieweit die Bauarbeiten die Ablehnung wirklich begründen (motivieren werden sie letztere wohl nicht allein): das Angebot, die Probebühne für eine späteren Zeitpunkt zur Verfügung zu stellen, könnte ein Entgegenkommen gewesen sein, es könnte sich aber auch um eine hinterfotzige Verhöhnung Hochhuts handeln.
J. R.
Hochhuth unterliegt: zwei Bretter vor zwei Köpfen
Da kann ich Ihnen nur zustimmen, rein rechtlich sitzt Herr Peymann am längeren Hebel, was jedoch nicht bedeutet, dass er auch zwischen- oder mitmenschlich anständig handelt, das ist wohl auch nicht seine Absicht. Da es bei den Streithähnen um persönliche Differenzen und Machtdemonstation geht, ist wohl eher ihre letztere Vermutung der hinterhältigen Verhöhnung wahrscheinlich.
Der Klügere gibt nach, das funktioniert aber nur, wenn beide nicht gleichermaßen ein Brett vor dem Kopf haben... Gruß E.
Hochhuth unterliegt: Schmitz+Wowereit, euer Job!
Ich sehe hier auch ein klares Versagen der Berliner Kulturpolitik. Schmitz und Wowereit dürften da nicht einfach zusehen, sondern es wäre ihr Job, sich hier diskret um Lösungen zu bemühen. Aber wahrscheinlich finden die das Ganze auch noch lustig.
Hochhuth unterliegt: gratuliere!
na also, spitze, wie sollte es auch anders sein, unser geliebter k.p. ist, gott sei dank, auf der richtige strasse gefahren, mit dem richtigen wagen - skoda - er ist mein held, gratuliere !
Hochhuth unterliegt: mehr Respekt ist zu wünschen
Christian Klar wäre wohl leichter ins BE gelangt als Rolf Hochhuth. Ersterer erschien Claus Peymann wohl weniger bedrohlich und mußte von ihm nicht gedemütigt werden. Ohne Sympathie für Rolf Hochhuth hätte ich mir mehr Respekt von Claus Peymann für ihn gewünscht.
Hochhuth unterliegt: Herr H. ist willkommen
Herr H. ist jederzeit bei uns willkommen. Nach einer kurzen Probezeit können wir ihm sogar eine Führunsposition in unserem Kader anbieten, denn er bringt einige Qualitäten von Haus aus mit, die man in unserem Metier braucht.
Nicht nur eine läppische Praktikantenstelle, im nachhinein erweist es sich als richtige Entscheidung, dass der Christian damals nicht zum Peymann ging.
Das wäre seiner unwürdig, Genossen.
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