Ob du gehst oder bleibst, das ändert nichts

von Simone Kaempf

Berlin, 10. Oktober 2009. Es gibt kein Festhalten. Nicht in den Tanzszenen, wenn Arme in ausholenden Gesten zugreifen und die Körper der anderen doch nur für Momente halten können, bevor sie sich entwinden und wieder entgleiten. Nicht in den Texten von Falk Richter, wo der Satz "Lass uns einfach alles so lassen, wie es ist" immer dann die Runde macht, wenn eine Beziehung nur noch Fiktion ist, sich der Status quo also längst verändert hat.

Aber auch der Apparat drumherum ist als Realität nicht mehr festzuklopfen. Kay zum Beispiel fantasiert sich auf eine Taxifahrt durch Paris, wo eine Videoinstallation ihn einerseits an eine Norwegenreise mit einer Jugendliebe erinnert und andererseits Fragen an eine ungewisse Zukunft aufwirft: Erlebt er jetzt den Zusammenbruch des Systems, so wie er es bisher kannte, oder taucht die Krise in zyklischen Abständen als Naturgesetz immer wieder auf?

Choreographie der Zerreißprobe

Dieser Kay (Kay Bartholomäus Schulze) erzählt in "Trust" seine Geschichte nicht selbst. Er sitzt in einem Sessel mit dem Laptop auf den Knien und lauscht staunend-verstört seiner Geschichte, die der Schauspieler Stefan Stern vorne an der Rampe ins Publikum schleudert, vielleicht gerade erst erfindet, mit sehr viel Grimassen und Überbetonungen; aber vor allem mit einer überraschenden Selbstironie, die Richters extrovertiertem und doch so ernstem Reden über Selbstauflösung und Nihilismus eine wohltuende Tonlage gibt.

Aber nicht nur das: Die niederländische Choreographin Anouk van Dijk erschafft die wichtige tänzerische Doppelung mit ihrer speziellen Bewegungstechnik, die immer an den Gliedern zu zerren scheint. Sie selbst, drei Mitglieder ihrer Compagnie und fünf Schaubühnenschauspieler agieren wechselnd auf der Bühne. Wenn der Text halb nihilistisch, halb orientierungslos ansetzt, dass es nichts ändern würde, ob man geht oder bleibt, sich berührt oder nicht, sich anschaut oder nicht, den anderen anruft oder nicht, dann offenbart die Choreographie die Zerreißprobe, die darin steckt.

Materialsammlung der Maßlosigkeiten

Oft tanzt van Dijk allein auf der Bühne. Mit sich windendem Körper, als ob an den Armen und Beinen unterschiedliche Kräfte wirkten, die schnelle Richtungswechsel provozieren. Wenn sich die Paare tänzerisch finden, dominiert das Annähern, Einknäueln und aneinander Abgleiten, das offen hält, woher diese Kräfte eigentlich stammen: gesellschaftlich von außen angetragen oder doch von innen herausgeboxt?

Beides hakt sich in Falk Richters "Trust" unter. Sein Text ist Materialsammlung und Textfläche. Den unterschiedlichen Stimmen sind verschiedene Arten der Maßlosigkeit zuzuordnen. Eine Frau hat die Autos ihres Freundes verschenkt, seine Millionen verloren, sein Haus verkauft. Ein verlassener Mann sitzt Tag für Tag vor dem Fenster. Das Mädchen wiederum, das von ihren Eltern vernachlässigt wurde, allein zurückgelassen in einem Hotelzimmer in Shanghai, ist aus Rache Fondsmanagerin geworden, "Sprengmeisterin" nennt sie das, damit alles in die Luft fliegt. Und auch von der RAF ist die Rede, die jetzt in "Vierter Generation" in den Führungsetagen das gehasste System effizient und nachhaltig untergehen lässt.

Die kalte Schönheit des Macbooks

Klingt alles ins Absurde übertrieben, aber in Kombination mit dem Tanz gewinnt die Idee einer zerstörerischen Kraft, die im Inneren das Prinzip Mensch ausmacht, etwas klaustrophob Überhöhtes, das in den Bann zieht. Denn die Körper erzählen in ihrer ganz eigenen Sprache, welche Kräfte in ihnen walten. Malte Beckenbach sorgt am Musikcomputer und an den Instrumenten für wechselnden Bühnensound. Er war schon vor zehn Jahren am DJ-Pult dabei, als Falk Richter und Anouk van Dijk in Nothing Hurts zum ersten Mal zusammenarbeiteten.

Die Clubatmosphäre von damals sieht jetzt um einiges schicker aus, ist aber auch voll kalter Schönheit: der DJ nutzt ein Macbook, ein Stahlgestänge ist im Bühnenhintergrund aufgebaut, schwarze Sofas und Clubsessel stehen auf der Bühne. Anfangs rutschen die sieben Schauspieler und Tänzer von den Sesseln auf den Boden, rappeln sich wieder hoch, straucheln und sacken wieder zusammen, kriechen langsam über den Boden vorwärts, bis sich alle als Kollektivkörper auf dem großen Sofa verknäulen und verhaken. Die Beats treiben sie, immer geht es einen Schritt vor, dann zieht sie etwas wieder zurück.

Therapeutischer Schreiworkshop und existentieller Schmerz

Zwischendurch steuert die Energie auf einen Kulminationspunkt zu: die Schimpf- und Sehnsuchtstiraden der Schauspieler werden lauter, die Beats werden drängender, bis es nicht mehr schneller geht und die Musik schlagartig abbricht. Kay spricht jetzt davon, wie es war, alleingelassen die Stille zu spüren. Aber das Bild, dass hier jemand am Boden ist, vervollständigt wieder einer der Tänzer, der sich am Boden wälzt und um die eigene Achse dreht.

Der Abend wechselt immer wieder die Stimmungslage. Manchmal überlappen sich Tanz und Schauspiel in harten Schnitten, dann fließt alles ineinander. Mal sitzen die Spieler auf Stühlen in einem therapeutischen Schreiworkshop, in dem das Imitieren von Hundegebell nicht gelingen will. Von diesen Stühlen gleiten sie auch herunter, ziehen sich wieder hoch, um doch wieder zu straucheln. Eine Kraft treibt sie, und in der steckt auch ein existenzieller Schmerz, dem die Verbindung aus Tanz und Schauspiel berührend Ausdruck verleiht. "Unser System basiert im Kern darauf, virtuelle Werte zu schaffen und reale Werte zu verbrennen", heißt es einmal in Richters Text. Die Tanzszenen bleiben immer abstrakt genug, auch solche Assoziationen zuzulassen.

 

Trust (UA)
Ein Projekt von Falk Richter und Anouk van Dijk
Regie und Choreographie: Falk Richter und Anouk van Dijk
Bühne: Katrin Hoffmann, Kostüme: Daniela Selig, Musik: Malte Beckenbach, Dramaturgie: Jens Hillje. Mit: Peter Cseri, Anouk van Dijk, Lea Draeger, Jack Gallagher, Vincent Redetzki, Judith Rosmair, Kay Bartholomäus Schulze, Stefan Stern, Nina Wollny, Musiker: Malte Beckenbach.

www.schaubuehne.de


Mehr lesen? Kritiken zu weiteren Falk Richter-Aufführungen an der Berliner Schaubühne finden Sie hier: Kabale und Liebe vom Dezember 2008, Der Kirschgarten vom Januar 2008, Im Ausnahmezustand vom November 2007.

 

{denvideo http://www.youtube.com/watch?v=8dcsqz02jf8}

 

Kritikenrundschau

"Was ist denn das? Ein kleines Kunststück!", freut sich Andreas Schäfer im Tagesspiegel (12.10.). Falk Richter und Anouk van Dijk gelinge mit "Trust" eben "jene Quadratur des Inszenierungskreises", um die sich die Ostermeier-Schaubühne so fleißig bemühe. "Einerseits hip zu sein und andererseits – sagt man das noch? – kritisch." Wobei das eine und das andere "nur mithilfe konzeptioneller Gewalt" zusammen gehe. Der Abend über Verschränkung und Zusammenbruch von Finanz- und Beziehungssystemen sei "unterhaltend", gewähre "blitzartige Einblicke in die Undurchsichtigkeit komplexer Prozesse" und spiele "virtuos groteske Paarsituationen" durch. Die Texte erinnern Schäfer dabei "nicht nur entfernt an die Texte René Polleschs". "Dass die Auflösung aller Sicherheiten und Werte (im Geldsinn des Wortes) (...) auch spürbar wird", liege vor allem an den Tänzern und der mittanzenden Choreografin. Sie sorgten "für eine spielerische Leichtigkeit" und fänden "eine treffende Darstellungsbalance zwischen roboterhafter Getriebenheit, gefühlstauber Erstarrung und ungerichteter, expressiver Wut". Normal 0 0 1 219 1253 10 2 1538 11.1282 0 21 0 0

Kapitalismuskritik als Revue "mit motivisch locker verknüpften zynischen Stand-ups und Sketchen sowie psycho-illustrativen Tanzeinlagen", hat Ulrich Seidler von der Berliner Zeitung (12.10.) gesehen. Das "Nummernprogramm" puste sich "zwischendurch zum supercoolen, perfekt getimten, sauber durchagitierten Kunsthappeningprodukt auf. Substanz einzufordern, wenn es um die platzenden virtuellen Werte der Finanz- und Wirtschaftskrise geht und um beziehungsgestörte moderne Bürgerseelen, das hieße das Thema nicht verstanden zu haben". "Trust" sei "ein streckenweise unterhaltsamer Theaterabend solcher Art, wie René Pollesch sie erfunden hat – nur eben als schicke Anklage, ohne Polleschs fröhlich überfordernde Ideenfülle und den selbstzerfleischenden, würgenden Galgenhumor". Auch van Dijks "Tanzeinlagen zu pseudolyrischen Sprechmantras" bringen für Seidler "keinen inhaltlichen Mehrwert", sondern erweitere lediglich Richters "kapitalismuskritische Produktpalette und erschließt neue Vertriebswege".

Die "intelligente, ästhetisch bestechende, streckenweise sehr unterhaltsame Stimmen- und Körperperformance" von Richter/van Dijk stürze sich "auf die Absurditäten der finanzwirtschaftlichen Blasenbildung" und schlüge aus ihnen "aberwitzige Funken", schreibt hingegen Anne Peter in der tageszeitung (12.10.). Ausgelotet werde "der kollektive Zustand einer Generation von karrieristischen Hyperindividualisten, die außerhalb ihrer von Geld dominierten Arbeitswelt keine Erfahrungen mehr machen". Richters Text schraube sich in den besten Momenten "zur beißenden Satire hoch, knüpft Floskelkaskaden oder leistet sich sprachlich so manchen Pollesch-Anflug". Der "waghalsige" Kurzschluss von der "Verantwortungslosigkeit von Finanzjongleuren" mit derjenigen "heutiger Beziehungsphobiker" überzeuge, weil er "manchen Aha-Effekt bereithält – was bei Bossen und Bankern anstandslos hingenommen wird, würde im privaten Rahmen sofort zum Eklat führen". Die Tänzerarrangements mit ihren "Bildern des Haltsuchens und Fallengelassen-Werdens, des Hinschlidderns und Balanceverlierens" wirke auf das "zuletzt oftmals in oberflächlicher Coolness steckenbleibende Richter-Theater wie der reinste Adrenalinschock".

"So sehr sie sich mühen, sie kriegen es nicht zu fassen und sie kriegen einander nicht zu fassen. Es gibt keinen Halt", beschreibt Katrin Pauly in der Berliner Morgenpost (12.10.) die Körper auf der Bühne. Die Untersuchung der Frage, was "der substanzielle Vertrauensverlust mit den erschöpften Menschen und ihren Beziehungen" anstelle, sei "grandios gelungen als eine Art von Gegenwartsdramatik, die punktgenau in ihrer Zeit sitzt, und zwar indem sie darauf wartet und drängt, dass genau diese Zeit bald vorbei sein möge". Richter inszeniere seinen Text zusammen mit van Dijk "dicht und intensiv, mit einer großen Ruhe, die einen wie ein beunruhigender Sog erfasst". Hier laufe "das Vage, das Angedeutete, das Mögliche (...) zu großer Form auf. Beziehungen im Konjunktiv". Dieser Abend entbehre "im besten Sinne jeglicher Substanz, und selten war Substanzlosigkeit im Theater so sinnvoll und so substanziell zu spüren".

Peter Michalzik in der Frankfurter Rundschau (13.10.) indessen ist beglückt. Falk Richter wirke mit dieser Inszenierung "wie von sich selbst befreit, gereift, gewachsen". Wobei es auch an Anouk van Dijk liegen können, deren Choreographie Richters Text auffange, kommentiere und weiterspinne. Während sonst an seinen Dramen störe, dass sie eben keine seien, sondern nur eine Zusammenfügung "langer Loops", funktioniere "Trust" als "Zustandsbeschreibung" ganz "wunderbar". Die Absurdität der gesellschaftlichen und zwischenmenschlichen Verhältnisse sowie des eigenen Verhaltens rückt Michalzik hier ganz nahe ("Man fragt sich, warum wir nicht wirklich den nächstbesten Finanzhai zusammenschlagen und stattdessen FDP wählen."). – "'I used to want to change the world and now I´m just caring about parking place.' Falk Richter lässt den Selbstwiderspruch zu, daraus brechen dann diese verdrehten Bewegungen, irren Textschleifen und steilen Dialogkurven hervor, manchmal kommt er damit René Polleschs Theaterwirbeln sehr nah, aber das macht nichts."

Wie Falk Richter und Anouk van Dijk die beiden Bedeutungsebenen des Wortes "Trust" verschränken und dabei die Marktmechanismen des globalen Kapitalismus und die Erschütterungen durch die Finanzkrise auf die private Beziehungsebene herunterbrichen, das hat "ein enormes Witz- und Wutpotenzial", befindet auch Christine Dössel (Süddeutsche Zeitung, 14.10.). "Und obwohl hier, was ungemein befreiend wirkt, gehörig Dampf abgelassen, Zorn rausgelassen, Kapitalismuskritik geübt wird, ist der Abend dennoch von einer grundtiefen Traurigkeit getragen, dem Gefühl heilloser Einsamkeit und Vereinzelung in einer Welt, die aus den Angeln geraten, in der jede Sicherheit abhanden gekommen ist." Das Zusammenspiel zwischen den Schauspielern und van Dijks Tänzern funktioniere dabei "wunderbar". Denn "der Tanz formt, illustriert und komplettiert Richters Texfläche, welche umgekehrt in der Brüchigkeit und Skizzenhaftigkeit, mit der sie von sich fremd gewordenen Menschen erzählt, aber auch in ihrem oft lyrischen Fluss, den Tanz geradezu herausfordert, Körperlichkeit einfordert". Es zeige sich "dieses existentielle Verlustgefühl in einer markt- und konsumorientierten Welt, ausgedrückt in Sätzen, wie sie auch das hysterische Diskurstheater von René Pollesch bestimmen, dem Falk Richter in seiner Kapitalismus- und Gefühlsökonomiekritik sehr nahe ist".

 

Kommentare  
Trust in Berlin: es fehlt Vertrauen
Man muss hier an dieser Stelle mal anmerken, dass Frau van Dijk großartig getanzt hat!
Und Falk Richters Texte, die sich mit Zwischenmenschlichkeit auseinandersetzen, sind nach wie vor grandios und aktuell! Allerdings fehlt ihnen allzu oft die Zuversicht, das Vertrauen in eine gesunde Beziehungsfähigkeit des Menschen. Man möchte schliesslich auch mal einen kleinen Lichtblick haben, wenn man sich abends mehrere Stunden ins Theater setzt...
Überholt und langweilig an diesen Texten finde ich inzwischen die Bearbeitung des Themas Finanzkrise, Börsencrash, etc.!
Trust in Berlin: Differenz in der Sprache der Makler
@ René Links: Da muss ich mich jetzt aber doch einklinken. Denn "die Zuversicht, das Vertrauen in eine gesunde Beziehungsfähigkeit", wie Sie schreiben, existiert ja nicht im luftleeren Raum, sondern ist immer in einen ökonomisch-politischen Kontext eingebunden. Der Zusammenbruch des Systems des globalen Finanzkapitalismus im letzten Herbst hat gezeigt, wie störanfällig diese sich vermeintlich immer wieder selbst regulierenden Systeme sind. Denn die reine instrumentelle Vernunft, welche einem solchen Systemdenken zugrundeliegt, lässt die Emotionen der menschlichen Subjekte völlig unberücksichtigt. So verweisen Falk Richter und Anouk van Dijk auch auf die Differenz zwischen der Sprache der Börsenmakler und Finanzmanager, welche sich immer mehr ins Abstrakte und Virtuelle verliert, und den menschlichen Körpern, auf welche sich diese Sprachkonstruktionen auswirken. Gleichwohl, das Körperliche ist unberechenbar. Im Tanz zeigt sich das, wo die Sprache nicht mehr heranreicht. Wird der Markt dereguliert, deregulieren sich auch die Emotionen, welche der Selbstkontrolle unterworfen werden müssen, um das reibungslose Funktionieren des ökonomisch-politischen Systems zu gewährleisten. Bloß, was tun, wenn das Vertrauen weg ist? Wenn die Skepsis gegenüber dem Immer-so-weitermachen immer größer wird? Es geht hier nicht nur um das Vertrauen in die Einhaltung der Spielregeln von Wirtschaft und Politik, sondern auch und zugleich um das Vertrauen in die Einhaltung der Spielregeln in zwischenmenschlichen Beziehungen. In beiden Sphären wirkt das Prinzip des Hire and Fire. Lebenspartner werden wie Aktien gekauft und wieder abgestoßen. Das Leben verschiebt sich zunehmend ins Virtuelle, vom Immobilienfonds bis zu Elite-Partner und facebook. Was nicht mehr funktioniert, das bricht zusammen. Wobei die Banken durch den Staat gerettet werden. Und wer rettet die Menschen? Die erhöhte Anzahl der Selbstmorde unter Angestellten in Frankreich sind nur ein Anzeichen für die Fehlentwicklung des sich möglicherweise bereits selbst zerstörenden finanzkapitalistischen Systems. Für den Ausweg daraus gibt es keine einfachen Lösungen, vielmehr bleibt das der individuellen Entscheidung jedes einzelnen überlassen. Vielleicht könnte man danach fragen, was eine (politische) Gemeinschaft eigentlich zusammenhält. Was wirklich Vertrauen schafft. Es geht um das Zwischen-den-Subjekten, um Kommunikation und Konfrontation von Argumenten und Interessen, auf die Stichworte gebracht: Um Selbstsorge und Fürsorge für den Anderen. Die Liebe nur zu predigen, aber ansonsten nichts am System verändern zu wollen, das erscheint mir doch ein wenig naiv. Denn Veränderung braucht Gefühle, das leidenschaftliche Eintreten für eine Sache. Nur beten, oh Gott!, dass es besser werden möge, das reicht nicht. Hier läuft etwas grundlegend falsch - "Wrong!" nach Depeche Mode.
Trust in Berlin: Musik so laut
ich gehe weniger gerne ins Theater seit die Musik so laut geworden ist. Obwohl mich das beim Tanz nicht so stört. Ich mag die Bewegungen, sie sind so toll und bewundernswert, so ansteckend, die Sprache nicht, die ist oft so didaktisch und langweilig - am liebsten sind mir unterhaltende Szenen in denen Missverständnisse eine Rolle spielen.
Trust in Berlin: keine neuen Erkenntnisse
Was? Lebenspartner werden "generell" wie Aktien gekauft und wieder abgestoßen?? Diese Parallelisierung ist nahezu unmenschlich, boshaft und gottlos!
Zum Glück gibt es das nicht in allen gesellschaftlichen Bereichen und Schichten. Jedenfalls habe ich es nicht so kennen gelernt, und Leute, die ich kenne, ebensowenig...
Ich finde, es an der Zeit ist, dass Theatermacher nicht nur gesellschaftskapitalistisch kritisieren, spiegeln und anschliessend ihr Fazit einfach auf persönliche Beziehungsmodelle übertragen. Das ist inzwischen zu wenig, vor allem bringt es keine NEUEN Erkenntnisse!!
Ausserdem kommt man aus dem kapitalistischen System sowieso nicht heraus, weil es eben da ist und man darin leben muß, ob man will oder nicht. Und gerade deshalb sollte man positiver denken und versuchen, etwas neues zu schaffen; vielleicht sogar andere Modelle des Miteinander auf der Bühne zu entwerfen, die neue Möglichkeiten eröffnen!
Trust in Berlin: Punkt der Verzweiflung
richtig, der kapitalismus in uns braucht einen neuer exorzismus - die leichte bewegung, das tänzeln, schrittweise heraustreten und dann eine drehung und hinaus bist du im zirkel der neuerungen der wilden vorformenden gewissheit, luft und laune, da kommt dann jede existenz an den punkt der verzweiflung und schraubt sich hinaus ins neu!
Trust in Berlin: die materiellen Bedingungen des Lebens
@ René Links: Vielleicht habe ich das missverständlich formuliert. Es geht hier nicht um Generalisierung oder Universalisierung. Nein, Falk Richter beschreibt nicht das Überzeitliche des humanistischen Ideals, welches über die materiellen Bedingungen des Lebens gottgleich hinwegsieht. Er bezieht sich ganz klar auf das Leben der (oberen) Mittelschichten. Deren Lebenserfahrung war vor der Finanzkrise von Sicherheiten geprägt, die immer schon nur scheinbare Sicherheiten waren. Unsere Art zu leben ist viel tiefgreifender vom Tauschmittel des Geldes geprägt, als das banale Alltagsverständnis wahrhaben möchte. Da wird eine Differenz der feinen Unterschiede geschaffen, von der Kleidung bis hin zur Wohnzimmereinrichtung, um sich - polemisch formuliert - vom "Elend der Anderen" abzugrenzen. Doch plötzlich sind all diese Mittelständler selbst betroffen, auch wenn es ihnen natürlich immer noch viel besser geht als "dem Elend". Mit dem Zusammenbruch der globalen Finanzsysteme wird auch das darauf aufbauende kulturelle Wertesystem der Mittelschichten grundlegend in Frage gestellt. Durch das Platzen der virtuellen Blase entsteht eine Leere, die mit neuer Substanz gefüllt werden muss. Habe ich meinen Lebenspartner vielleicht nicht auch deswegen geliebt, weil er mir mein kostspieliges Leben finanzieren konnte? Und auch "im Großen" könnte man sich fragen: Geht es hier noch um Ethik oder schon um Profit? Zufällig las ich gestern in der "Süddeutschen Zeitung" einen Artikel zum Thema "Banken werden zu Drückerkolonnen". Da werden Finanzberater gezwungen, ein bestimmtes Produkt zu verkaufen, um möglichst hohe Gewinnmargen einzufahren. Mit dem beworbenen Beratungsbedürfnis des Kunden hat das nichts mehr zu tun. Diese Mitarbeiter werden krank, weil sie psychisch unter Druck gesetzt werden, etwas auf Teufel komm raus zu verkaufen, auch wenn es den Kunden schadet.
Vor diesem Hintergrund des "Großen im Kleinen" und umgekehrt könnte man sich jetzt fragen: Geht es nicht auch um die Überwindung dieser diffusen Angst, welche durch Finanz- bzw. persönliche Krisen ausgelöst wird? Die Rettung des wirtschaftlichen Kreislaufs durch Konsumanreize (zum Beispiel über die Schaffung einer Abwrackprämie) ist für den Zusammenhalt einer (politischen) Gemeinschaft ein eher wenig geeignetes Mittel. Jetzt haben wir so ein neues Auto, aber was machen wir jetzt damit? Dieses Navigationssystem bringt mich irgendwie immer ans Ziel, aber wo ist jetzt nochmal mein Zuhause? Das Herauskommen aus diesem Topf des depressiven Stillstands ist möglich, und darauf verweisen die Körper der Tänzer. Da existieren verborgene Kräfte und Energien, die mobilisiert werden können. Das leibt und lebt und bewegt sich! Gebt dem grassierenden Pessimismus bzw. dem ängstlichen Bewahren des übrig gebliebenen Besitzes keine Chance! Im Leben geht es nicht nur um Geld. Ja genau, auch bei Falk Richter ist es eben nicht der "abstrakte Kapitalismus", der wieder mal an allem Schuld ist, sondern der Kapitalismus in uns.
Trust in Berlin: was Kafka sagt
Kafka über über den Kapitalismus: "(...) ein System von Abhängigkeiten, (...) Alles ist abhängig alles ist gefesselt. Kapitalismus ist ein Zustand der Welt und der Seele."
Trust in Berlin: Beziehungen und Vereinbarungen
@ Reiner: Entschuldigen Sie, dass ich mich hier nochmal einmische, aber wie lassen sich denn Kafka und "Trust" Ihrer Meinung nach in ein Verhältnis zueinander setzen? In meiner Lesart geht es bei Kafka um die Mechanisierung, Bürokratisierung und Rationalisierung der Produktionsverhältnisse und somit um das Thema der Entfremdung des menschlichen Subjekts. Bei Falk Richter dagegen geht es um die Kredit- und Kapitalökonomie, das heisst um das Grundthema der Spekulation. Das Geschäft der Hedgefonds, welches spekulative Geschäfte mit spekulativen Geschäften versichert, lässt sich somit eher mit dem Pokerspiel vergleichen als mit der klassischen Tauschökonomie zu Kafkas Zeiten.
Nach Joseph Vogl steht im Zentrum der heutigen Kreditökonomie das "Prinzip eines uneingelösten Versprechens; die Zirkulation wird durch die Wucherung einer uneinholbaren Schuld in Gang gehalten." Dieses Prinzip des uneingelösten Versprechens lässt sich ohne Zweifel auch in partnerschaftlichen Beziehungen beobachten. Denn diese basieren auf einem Vertrauensvorschuss, welcher jederzeit gebrochen werden kann. Falk Richter schreibt dazu im Material zum Stück: "Ein System, das der andere dadurch in Ungleichgewicht bringt, dass er sich an keine Vereinbarung hält." Und wie erlangt man nun das Vertrauen zurück? Dafür hat Falk Richter eben gerade kein Universalrezept. Hier werden keine radikalen Umsturzversionen oder Gegenentwürfe von der Bühne herab propagiert, und das ist auch gut so. Denn die alten RAF-Lösungen sind doch inzwischen ziemlich unoriginell geworden. Heute zerstört sich der Kapitalimus schon von ganz allein. Dazu eine Passage aus dem Stück: "[...] und unser Taxifahrer verwickelt uns in ein Gespräch darüber, ob der ehemalige Vorstandschef wohl dasselbe Motiv im Sinn hatte, wie damals die jungen Akteure der RAF, die einen großen Brandanschlag gegen dasselbe Warenhaus planten, der aber nicht annähernd so erfolgreich war wie das geschickt eingefädelte und von langer Hand geplante Zerstörungsprojekt des Vorstandschefs, der, wie unser Taxifahrer weiß, die konzerneigenen Immobilien zu Ramschpreisen an einen Fond verkaufte, der ihm selbst gehörte, und dieselben Immobilien vom Konzern zu komplett überhöhten Preisen zurückmieten ließ, so dass der Konzern in der Folge ausblutete, während die so geschickt umgelenkten Geldströme wirklich dirket auf sein eigenes Konto flossen und er, verhofft oder unverhofft, wer weiß das schon so genau, einen weitaus größeren Beitrag zum Zusammenbruch des sogenannten 'Schweinesystems' geleistet hat, als die RAF es jemals zu träumen gewagt hätte."
Trust in Berlin: sinnfreie Zitate
Jeanne, Sie müssen keine Ahnung von Politik, Kapitalismus etc. haben, niemand muss das. Aber hier sinnfrei Zitate zu allem und jedem zu samplen, bringt niemandem etwas. Und Sie tun auch den Stücken und Autoren, für die Sie hier werben, keinen Gefallen, sorry.
Trust in Berlin: das Gängelband der Sinnsicherung
ich finde die zitate auch blöd, weil die nix mit kunst zu tun haben, das ist so seminarkram, im seminar plastisch schön, aber für theater quark mit soße, nich weil theater nicht was mit denken zu tun hat, aber es geht um andere kräfte, die die ganz andere dimensionen meinen, die weniger ein gequatsche meinen, in dem sich der jeweilige weltsinn in ein netz hängt, als mit jenen dimensionen des erlebens die das sinnnetzgequatsche aufheben, die verständliche vorstellung sich mit gequatsch die welt in ein zur intepretation handhabbares gebilde zu verwandeln bleibt nett und am gängelband der quälenden sinnsicherung, super schade für das theater.
Trust in Berlin: Meta-Zitat
"Zitate ersetzen eigene Gedanken." (Lou van Burg)
Trust in Berlin: Zitieren ist Technik
Huibuh, was ist denn hier los? Kann schon sein, vielleicht hab ich wirklich keine Ahnung von dieser wildgewordenen virtuellen Kapital- und Kreditökonomie. Aber wer hat das schon? Vielleicht gehts genau darum. Dieser Börsenmakler- und Finanzmanagerquark ist eine wahnsinnig abstrakte Sprache, die sich von den realen Werten des Lebens bereits vollständig abgekoppelt hat. Trotzdem müsste sich eigentlich jeder daran versuchen, dieses System in Ansätzen zu verstehen. Ja, ich habe mich, wie unschwer zu erkennen ist, am Artikel "Die voranlaufende Verpfändung der Zeit. Ein ungebändigter Ereignissturm in der Mitte unserer Gesellschaften: Warum die Finanzmärkte prinzipiell instabil sind" von Joseph Vogl aus der "Süddeutschen Zeitung" abgearbeitet. Zudem ist das Zitieren nicht mit dem Vorurteil der sinnfreien oder unlebendigen Wissenschaft zu verwechseln. Denn - yeah, hier kommt ein weiteres Zitat! - auch Blumfeld wussten, was man mit dem Verfahren des Zitierens alles anstellen kann: "Und 'Lesen' meint hier 'Denken' // Mit anderem Verstand // Indem / in dem man liest, Gedanken sucht und findet // Die dann zitiert verbindet, das ist Technik // Und wer sie nutzt macht sich verdächtig // Wird unberechtigt Ladendieb genannt. // So wird ein Zeichensprecher Schwerverbrecher // So wird Gebrauchsgegenstand // Zwingend Mordinstrument." (Sing Sing)
Trust in Berlin: erdrückend
@Jeanne: "Regeln und Vereinbarungen werden nicht mehr eingehalten, weil die Interessenlage sich verändert hat..."...ok, so steht es in seinem Material.
Aber er leitet gleich zu Beginn ein mit: "Suche ohne Vertrauen", das heisst, es wird gleich vorweggenommen, dass kein Vertrauen (in den Menschen) besteht und dass man auch keines erwarten kann (fehlende Zuversicht und Hoffnung auf Veränderung - Fehlanzeige). Dieser Ansatz ist erdrückend und hat mich verletzt, als ich begann, den Text im Programmheft zu lesen.
Ich glaube, wenn von Anfang an tiefes Misstrauen besteht, sind die Aussichten, Vertrauen zu erlangen, äusserst gering.
Und wie will man dieses Stück einem etwa 14 jährigen, sehr jungen Menschen nahe bringen? Wie will man ihn darauf vorbereiten, wie auf das Leben vorbereiten, was er noch vor sich hat? Soll man da besser nicht reingehen, wenn man jung ist?
Trust in Berlin: Leben ist kein parfümiertes Liebesgedicht
@ Lisa Links: Warum "erdrückend"? Vielleicht empfindet ein Jugendlicher es ja auch als befreiend, dass hier auch mal das thematisiert wird, was in vielen Paar- und Familienbeziehungen eben gerade nicht kommuniziert, sondern verdrängt wird, um dem selbstgesetzten Anspruch des "humanistischen Ideals" zu genügen und das eigene Leben nicht in Frage stellen zu müssen. Ich weiss nicht, wie alt Sie sind, aber fragen Sie doch mal einen Jugendlichen von 14 Jahren zum Thema Vertrauensverlust. Ich bin mir sicher, der kann Ihnen viel mehr dazu erzählen - inklusive des daraus erwachsenden Schmerzes, welcher hier über die körperliche Bewegung spürbar gemacht wird - als Ihnen möglicherweise lieb ist. Es geht hier doch gerade darum zu hinterfragen, warum im Privaten wie im Politischen immer wieder dieses Totschlagargument zu hören ist: "Lass uns einfach alles so lassen, wie es ist. Es ist zu kompliziert, das jetzt alles zu ändern." Ist es wirklich zu kompliziert oder fehlt nur der Wille zum Umdenken? Wie übrigens auch in der Politik, Stichwort: Schattenetat bzw. Schwarze Kasse der schwarz-gelben Koalition.
Ich höre auch lieber Lovesongs, keine Frage, aber wenn Sie Jugendlichen nur diese eine heile Welt vorspiegeln, dann werden die Ihnen möglicherweise auch einen Vogel zeigen. Denn das Leben ist nicht so rosig wie ein parfümiertes Liebesgedicht. Ausserdem machen sich Falk Richters Figuren am Ende auch selbst lächerlich, in ihrem alleinigen Glauben an das Geld. Wer am Ende bloß festellen kann, dass sein Auto immer ankommt, der kann einem eigentlich nur Leid tun. Das Navigationssystem bringt ihn immer ans Ziel. Es ist alles so sicher, wenn man Geld hat. Aber ein erfülltes Leben garantiert das noch lange nicht.
Wenn Sie mehr Spaß wollen, dann gehen Sie in Pollesch' "Cinecitta Apertà". Bei Pollesch zeigt sich, dass Unterhaltung und Denkstromanstöße sich nicht zwangsläufig ausschließen müssen. Aber auch aus einem Zustand der Depression, der Angst und des Vertrauensverlusts heraus, wie bei Falk Richter, können ungeahnte emotionale Energien erwachsen. Ob die für den Zusammenhalt einer (politischen) Gemeinschaft so förderlich sind, das steht in "Trust" auf dem Spiel. Zitat aus dem Material: "Dieses andere Wesen, was sich dort Leben verschafft, ist stärker als dieses ängstliche, enttäuschte, jammernde Ich, es hat Kraft, es hat Intelligenz, und es hat einen Willen. Es sagt: Hab keine Angst, lass dich nicht kaputt machen. Es sagt: Es ist Krieg, und du passt jetzt mal besser auf dich auf und lässt dich nicht von jeder Handgranate treffen, du Idiot, REISS DICH ZUSAMMEN, schlag zurück, [...]." Kann man auf einer solchen Basis von Angst und Pessimus eine (politische) Gemeinschaft aufbauen? Ilija Trojanow und Juli Zeh schreiben dazu: "Ein ins Bockshorn gejagter Bürger ist nicht 'mündig' und wird sich nicht als freier, aufgeklärter, selbstbewußter Mensch an politischen Prozessen beteiligen. Angst war seit jeher ein Druckmittel, in Religionen etwa, die mit Fegefeuer und Höllenqualen drohen, um den Einzelnen zum stummen Ertragen seiner Benachteiligungen zu bringen. Angst ist das wichtigste Intsrument von Diktaturen, die ihre Bevölkerung terrorisieren, um Ausbeutungsverhältnisse zu stabilisieren. Wo Angst zum Mittel der Politik wird, stimmt etwas nicht."
Trust in Berlin: Angst erzeugt Gegenangst
Wir leben hier weder in einer Diktatur, noch werden Handgranaten geworfen! Oder wollen das nur künstlerische Bilder sein, die Emotionen verstärken sollen? Leben Sie mal einige Jahre in einem anderen Land um den Vergleich anzustellen, wie sozial abgesichert wir hier leben, und dass wir uns hier alle selbst verrückt machen,...
Angst erzeugt Gegenangst, (Gewalt^Gegengewalt). Aber sollte man aus diesem Kreis nicht mal ein Stück weit herauskommen? Sind das nicht permanent verhinderte Existenzen, die unseren Horizont blockieren und unsere Phantasie ruinieren?? Es geht nicht um parfümierte Liebesgedichte oder eine Vorstellung vom schmerzfreien Leben. Es geht um das "Dazwischen", um eine gewisse Ausgewogenheit. Und die hat Herr Pollesch tatsächlich hinbekommen, obwohl diese kleine Gruppe, die pausenlos schwierige semi-philosophische Texte zum Besten gibt, auch verhindert und irgendwie in sich gefangen wirkt.
Trust in Berlin: Ausgewogenheit kann man nicht fordern
@ Lisa Links: Juli Zehs Vergleich zu Diktaturen ist mit voller Absicht polemisch, um die Wirkung von Angst auf eine demokratisch organisierte Gesellschaft zu verdeutlichen. Ebenso sind die Handgranaten im Text von Falk Richter zugleich ironisch und mit vollem Ernst gemeint - um zu verdeutlichen, wie, ja, wie verrückt einen diese Situation machen kann. Diese Situation, dass Ungerechtigkeit und Vertrauensbruch nicht aufgeklärt werden, und dass immer einfach so weitergemacht wird wie bisher. Gibt es überhaupt noch eine Gesellschaft oder ist diese bereits vollständig im ökonomistischen Effizienzdenken aufgegangen? Gibt es noch sowas wie Solidarität und Gemeinsinn oder rennen hier alle nur noch dem Geld bzw. ihren eigenen Interessen hinterher? Das Geld wird immer weniger gebraucht, um es zum Beispiel tatsächlich für kulturelle, soziale und ökologische Projekte zu verwenden, sondern es wird hauptsächlich in alle Arten von Investmentfonds gesteckt, um es "arbeiten" zu lassen. Man muss den Ausnahmezustand zeigen, um ihn besser verstehen zu können.
Pollesch arbeitet ähnlich, aber anders in der Formulierung des Textes bzw. in der Art des Spiels. Trotzdem, der Diskurs ist derselbe. Es geht um Folgendes: "Stimmt das denn: 'Dadurch dass der Einzelne egoistisch nur seine eigenen Interessen verfolgt, fördert er das Wohl der Gesellschaft nachhaltiger, als wenn er wirklich beabsichtigte, sich für das Wohl der Anderen einzusetzen.' Stimmt das denn?" ("Tal der fliegenden Messer", René Pollesch)
Ausgewogenheit kann man nicht fordern, denn die Unausgewogenheit steckt in jedem menschlichen Subjekt. Und davon erzählen uns vor allem die Körper - bei Richter und bei Pollesch. Da ist niemand "verhindert und irgendwie in sich gefangen". Die brechen aus!
Trust in Berlin: nur mit Negativmüll beschossen
liebe jeanne, das ist alles gut erklärt und nicht neu!
die frage ist nur, ob man sich dem wirklich öffnen will, wenn man nur mit negativmüll beschossen wird.
Trust in Berlin: klingt wie Atommüll
@ manuel berg: Na, gehen Sie doch erstmal rein, bevor Sie etwas als "Negativmüll" bezeichnen. Das klingt ja wie "Atommüll". Aber um Sie schon vorher beruhigen zu können, Falk Richter spielt sehr gut mit dem rhetorischen Mittel der Ironie. Das heisst, es gibt so einige Szenen, die mir die Lachtränen in die Augen getrieben haben, zum Beispiel der "Vortrag" von Stefan Stern, die "fliegende Judith" oder die von Lea Dräger gespielte It-Girl-Fondsmanagerin-Sprengmeisterin im quietschgelben Designerkleid mit schwarzem Gürtel, die verzweifelt versucht, ihrem langweiligen Paris-Hilton-like-Erbinnen-Leben einen Sinn zu geben. Zitat: "Ich kann doch nicht immer, wenn ich wütend bin und mir was nicht passt, ein Che Guevara T-Shirt kaufen und damit die Straße auf und ab laufen. Das reicht nicht mehr, um meine Ziele durchzusetzen."
Und ausserdem, ich persönlich verlier eher die Lust mich zu öffnen, wenn ich nur mit Positivmüll beschossen werde. Zu diesem Thema der "Errettung der modernen Seele" gibts im Programmheft einen sehr interessanten Textauszug von Eva Illouz. Zitat: "Scham, Wut, Schuld, verletzte Ehre, Bewunderung sind durchweg Gefühle, die durch einen moralischen Gehalt und eine substantielle Vorstellung von Bezeichnungen definiert sind, und genau diese Gefühle sind zunehmend zu Zeichen emotionaler Unreife oder emotionaler Funktionsstörungen gemacht worden. Was statt dessen verlangt wird, ist die Fähigkeit, Gefühle zu kontrollieren und die Regeln der Kommunikation mit einer großen Vielfalt von anderen Akteuren zu beherrschen [...] Während die Erfahrung von Leid ein kulturelles System früher vor grundsätzliche Legitimationsprobleme stellte, hat sich das Leid in der zeitgenössischen therapeutischen Weltsicht in ein von Experten der Seele zu managendes Problem verwandelt. Die quälende Frage nach der Verteilung des Leids - warum leiden die Unschuldigen, während die Bösen gedeihen? -, diese Theodizeefrage, die die Weltreligionen und die modernen Gesellschaftsutopien umgetrieben hat, ist von einem Diskurs, der das Leid als Folge schlecht verwalteter Gefühle oder einer dysfunktionalen Seele oder sogar als notwendige Phase der emotionalen Entwicklung betrachtet, auf eine noch nie dagewesene Banalität reduziert worden."
Trust in Berlin: die gleiche Langeweile
man muss hier nur lesen und es überkommt einen die gleiche Langeweile wie in der Aufführung. Naheliegend. Vielleicht. Richter und Pollesch haben einfach gar nichts miteinander zu tun. Der Eine versteht was vom Theater der Andere nicht.
Trust in Berlin: zu wenig Balance
@Jeanne: Die Leute haben die Aufführung gesehen, sonst würden sie hier nicht schreiben.
Es gab nur wenige, zu wenige Momente (und "lustige" Momente zählen nicht unbedingt dazu) bei denen ein "öffnen" möglich war, wo die "Balance" gestimmt hat. Zu den stärksten Szenen gehörte zweifellos die, als Judith "schwebte" und gleichzeitig eine direkte Verbindung mit den Texten und Musik zustande kam. Es geht nicht nur um humorvolle Szenen als Kontrast zum Qualvollen, das ist zu banal!! Sondern es darum, eine gewisse Stimmigkeit innerhalb eines Arrangements (Ausgewogenheit/Balance aller Mittel) hinzubekommen.
Trust in Berlin: befördert breites Grinsen
@ engelbert: Wenn Sie unbedingt darauf hinaus wollen: Ja, auch ich finde Pollesch immer noch differenzierter, was die Formulierung seiner Texte und den Spielrhythmus seiner Inszenierungen angeht. Trotzdem, mir hat "Trust" gefallen!
@ Lisa Links: Es gibt bei nachtkritik zweifellos auch Leute, die "einfach so" schreiben, ohne die Aufführungen gesehen zu haben. Vielleicht, um einfach mal generell ihren Frust abzulassen. Und "qualvoll" war "Trust" für mich nicht. Im Gegenteil, ich hab mich selbst darüber gewundert, aber ich bin anscheinend so breit grinsend aus dem Saal gekommen, dass meine Kollegin mich gefragt hat, obs wirklich so komisch war. Und darauf konnte ich nur antworten: "Ja, komisch UND traurig. Und es war nicht 'Das Leben der Anderen'."
Trust in Berlin: dasselbe Kaliber wie "Unter Eis"
@ engelbert: Ich würde Sie gern noch fragen, ob es eigentlich sinnvoll ist, einen Regisseur mit einem anderen zu vergleichen. Es ist doch zwangsläufig so, dass jeder seine eigenen Themen in seiner eigenen Form(ulierung) bearbeitet. Meines Erachtens kann man die Inszenierungen eines Regisseurs daher auch nur mit dessen eigenen, vorangegangenen Inszenierungen vergleichen. Diesbezüglich hat "Trust" für mich dasselbe Kaliber wie "Unter Eis", welches meines Erachtens eine der besten Inszenierungen von Falk Richter war bzw. ist. Wie begründen Sie denn Ihr Geschmacksurteil? Zeugt es nicht von einer Art unreifer Hybris, wenn Sie nur sagen, dass Richter "nichts vom Theater versteht"? Würde ein professioneller Kritiker so persönlich abkanzelnd schreiben? Ich jedenfalls würde mir nicht anmaßen, es auf diese Art besser wissen zu wollen. Vielmehr stelle ich mir meine eigenen Fragen in Bezug auf meine eigene Wahrnehmung.
Trust in Berlin: Vergleichen muss sein
@22. Ohne mich in diesen Kennerstreit über die Qualitäten von Pollesch und Richter einmischen zu wollen, aber natürlich muss man gelegentlich den Vergleich zwischen Regisseuren suchen (gerade wenn sie so ähnliche Themen bearbeiten). Wenn Sie wissen wollen, ob Michael Ballack für die Nationalmannschaft taugt, lohnt es ja auch nicht, seine vorangegangenen Spiele ins Kalkül zu ziehen. Da müssen Sie ihn schon an Özil, Frings oder Rohlfes messen.
Trust in Berlin: Fußballerische Finessen
@ Respektvoll: Ach wirklich? Sie würden also sagen, dass man einen Fussballspieler nicht aufgrund seiner vorangegangenen Leistung beurteilt? Aber er kann doch überhaupt erst auf dieser Basis mit anderen Fussballspielern verglichen werden, oder nicht?
Trust in Berlin: Polleschs Sexappeal
klar, klingt schroff, aber umgekehrt ist es mindestens so schroff, die beiden Regisseure und Autoren in eine so innige Beziehung zu setzen. Für mich klingt es einfach so, als ob der bemühte Falk Richter durch Vergleiche mit Rene Pollesch etwas vom dessen Sexappeal abbekommen soll, und das ist nun mal Quatsch, denn den hat sein steif belehrendes Zeug einfach nicht.
Trust in Berlin: Werkschau vs. Regisseurs-Tableau
@ Jeanne d'Arc: Ich bezog mich nur auf Ihre Frage, "ob es eigentlich sinnvoll ist, einen Regisseur mit einem anderen zu vergleichen." Natürlich ist es das, anders könnten Sie gar keine Maßstäbe zur Bewertung künstlerischen Schaffens ausbilden.
Die Frage, wie es sich mit einer Werkbiographie verhält, ist gegenüber der Tableau-Schau deutlich nachgeordnet. Sie interessiert erst, wenn Sie (für sich, für Ihre Interessensgruppe) geklärt haben, ob es sich um einen relevanten Künstler handelt.
Im Übrigen schauen Sie bei Fußballern weitaus mehr auf die aktuelle Leistung als bei Künstlern, bei denen das bisherige Werk oder das daraus abzuleitende künftige Potential ungleich bedeutsamer sind. Deshalb ist der verdienstvollste Spieler der Nuller Jahre unseres Jahrhunderts, Torsten Frings, kein Nationalkader mehr. Während wir z.B. auf Frank Castorf weiter hoffen dürfen.
Trust in Berlin: Kunst soll Kommunikation in Gang setzen
@ engelbert: Oh Gott, ja, das hätte ich beinahe vergessen, dass es bei der Beurteilung der künstlerischen Arbeit von Regisseuren allein um deren SEXappeal geht. Ist klar.
@ Respektvoll: Ihr Vergleich mit dem Fussball beginnt zu hinken, finden Sie nicht auch? Zudem kann ich Ihre Argumentation in Bezug auf das Theater nicht nachvollziehen. Bei Castorf ist dessen bisheriges Werk also relevant. Und bei Richter nicht? Letztlich begründen Sie Ihr Urteil doch wohl auch auf der Basis der Kantischen Analyse des Schönen. Dieses ist nach Jacques Rancière "dasjenige, das zugleich der begrifflichen Bestimmung wie der Verlockung der konsumierbaren Güter widersteht." Meines Erachtens kann der Maßstab von Kunst daher nur der sein, ob sie Kommunikationen in Gang setzt.
Trust in Berlin: Kommunikation im Theater
und worüber läuft die Kommunikation im Theater? Über der SEXapeal, der Aufführungen, bleibt klar!
Trust in Berlin: RWF über alles?
Ja genau, engelbert, jetzt hat es auch deine Volksmusikseele verstanden! Es geht eben nicht immer wieder nur um diesen einen Namen: Rainer Werner Fassbinder.
Trust in Berlin: zur Zugabe
natürlich nicht, die Zugabe kommt nicht ohne Applaus zustande, deshalb muss sie aber doch gearbeitet sein, nicht bloß hingeworfen.
Trust in Berlin: Konzentration muss sein
wie meinen Sie denn dieses "der Sexapeal?", das kling an der Stelle so dämlich, das es schon wieder lustig klingt. Nur gehört das aber bestimmt nicht zu einer Debatte, wie der, die hier geführt wird. Ich will nicht kritisieren, aber doch mal Mahnen. Konzentration beim Schreiben muss sein.
Trust in Berlin: stolz aufs Durchhalten
Es gab gar keine Zugabe. Ich fand es trotzdem nicht so schlecht, im Ganzen gesehen vielleicht doch zu lang, aber das gefällt mir hin und wieder auch. Beim Fernsehen halte ich nie so lange durch, aber im Theater, wo du nicht wegkommst, bist du am Ende doch stolz, das du es bis zum Schluss geschafft hast, aber wenn jetzt noch eine Zugabe gekommen wäre, dann hätte ich aufgegeben.
Trust in Berlin: länger proben bitte
nein, so schlecht war "trust" nicht. wahrscheinlich hätte falk richter daran länger proben, und die guten ideen zu einem flüssigen ganzen verarbeiten müssen. das ist anstrengend, schwer und harte arbeit...
Trust in Berlin: Ideen flüssig machen
genau das denke ich auch, mehr Arbeit und die Ideen besser verarbeiten.@ Illona von Trapp, liebe Illona, es tut mir leid, dass ich da so geschludert und mich etwas blamiert habe, hoffe aber in der Sache weniger zu befremden, das Vergnügen aber sei Ihnen gegönnt. Will versuchen mich zu bessern. Auch ich muss eben meine guten Ideen flüssiger hinbekommen und mich einfach mehr anstrengen.
Trust in Berlin: differenziert
@ engelbert: Zugabe? Na, dafür gehn Sie mal lieber zurück zu Dieter Bohlen, mit dem haben Sie ja bereits einmal zusammengearbeitet.
@ Sarah: "Ein flüssiges Ganzes"? Was genau meinst du damit? Ein geschlossenes ideologisches Weltbild? Da arbeitet Falk Richter aber differenzierter. Schonmal was von Konstruktivismus bzw. Dekonstruktion gehört?
Trust in Berlin: performative Events zum Thema Vertrauen
nein, nichts flüssiges, nichts ganzes ... das war ja nun genau das aufregende und herausragende, dass hier einzelne performative events zum thema vertrauen und krise und leben heute gezeigt wurden und es eher um unterschiedliche intensitäten alte geht, die aufeinander treffen oder einander ablösen - und sexy fand ich das nun ehrlich gesagt sehr - aber das nur am rande.
Trust in Berlin: Und was machst du so?
das muss auf der Zunge zergehen, performative events zum thema vertrauen und kriese, das ist klar sexy! was hast du gestern so gemacht? naja ich habe mir einen sexy performativen event über vertrauen und krise angesehen - ich auch! easy listening ist richtig geil. finde ich auch, und was machst du heute so?
Trust in Berlin: Sexyness erhellt nur kurz
also mir geht es so, das sich so ein Phrase von der Sexyness des Theaters, wirklich nur ein Mal benutzen lässt, dann ist sie vorbei und wertlos, sie erhellt nur eine Sekunde lang. Jetzt möchte ich doch von Engelbert wissen, welche Volksmusik er bevorzugt? Gewöhnlichem kommt gerade im theatralen Zusammenhang besondere Bedeutung zu. Die gröbste und einfachste, eingängigste und stumpfste Musik offenbart dabei genau so viel, wie eine hochverfeinerte Volksweise. Dieser Aspekt wurde in der Aufführung ja nicht sensibel genug behandelt, vielleicht können Sie Aufschluss geben. !?
Trust in Berlin: Vertrauen und Krise
das ging aber schnell, dann doch noch rasch die Korrektur: Engelbert, wollten sie sich nicht etwas mehr Mühe geben? Krise. Ist ganz einfach: Vertrauen und Krise…
Trust in Berlin: jedem Tierchen sein Plaisierchen
@ engelbert: Es geht hier nicht um die Theatralität von Musikaufführungen. Wenn Sie sich mit Rammstein, Mick Jagger oder Volksmusik beschäftigen wollen, dann tun Sie das. Kein Problem. Jedem Tierchen sein Plaisirchen. Aber das gehört hier nun wirklich nicht hin. Hier geht es um die Thematik Sprache und Diskurs gegenüber Tanz und Bewegung im Raum.
Trust in Berlin: Was für Musik?
wieso, ich habe doch nie von irgendeiner volksmusik gesprochen, was soll das denn jetzt - aber wenn wir schon dabei sind, ich fasse den begriff zu eng um ihn mit allem und jedem in Verbindung zu bringen. Aber wie nennen wir denn nun die musik zu der so hübsch diskursiv getanzt wurde?
Trust in Berlin: Bewegt euren Hintern!
Kennen Sie Depeche Mode? Das ist nicht Easy Listening, das ist New Wave! Ansonsten wars elektronische Musik (Malte Beckenbach), also genau das, was geschlechtsreife Großstädter so hören, wenn sie völig fertig und apathisch in Ledersofalounges abhängen und ihren Pseudo-Luxusleben-Weltschmerz im Champagner ertränken. Aber mit Depeche Mode kommt die Befreiung: "Wrong!" Bewegt euern Hintern! Tanzt den.. - na ja, vielleicht auch lieber nicht.
Trust in Berlin: die geschlechtsreife Stadtbevölkerung
also, das nennt sich volksmusik?, gut haben wir doch ein volk von geschlechtsreifen großstädtern (besonders hier in unserem schönen berlin - da kommen sie ja von weit her um sich frei zu tanzen, in der weltberühmten clubszene) - einverstanden. hat nicht carl craig mit moritz von oswald den vogel abgeschossen als sie ein paar klassiker neu eingespielt haben, natürlich unter dem aspekt von krise&vertrauen ein nicht ganz so befreiendes unternehmen, zeigt aber auch die verbundenheit mit der geschlechtsreifen stadtbevölkerung.
Trust in Berlin: Misstrauen & Behagen
Was ist nun schon wieder Los hier, wer hat jetzt nun den Quark angefangen, Engelbert, Sie mögen keine Volksmusik ? - gut, dann ist das also kein Thema mehr. Aber Frau Jeanne d'Arc, gefällt elektronische Musik und besonders die der Aufführung, aber vielleicht antwortet sie dann auf meine Frage, wäre da nicht mehr drin gewesen, ich meine, der Reichtum der elektronischen Musik hielt sich doch in Grenzen, wobei doch der Tanz unmittelbar von der Musik lebt. Misstrauen&Behagen, das wäre eine Alternative. Es klingt schon gleich viel spannender, gefährlicher, unberechenbarer.
Trust in Berlin: irrationale Angst
@ engelbert: Okay, keine Ahnung, was du damit sagen willst, aber ich würde dir sofort Recht geben, dass du hier der Elektro-Experte bist. Ich kenn gerade mal die Sven Väth-Zitate "Gude Laune Alda!" und "The Message is Feierei Alda!". Bloß, in "Trust" gehts eben nicht mehr um "God is a DJ", sondern um die (medial geschürte) Angst der (oberen) Mittelschichten vor dem Abstieg. Da ist es vollkommen egal, ob die Krise zyklisch ist oder nicht. Die haben einfach eine irrationale Angst, ihren einmal erreichten Status nicht mehr halten zu können. Und wenn sie nicht depressiv werden, dann drehn sie durch. Das Problem daran ist: Die drehn sich nur noch um sich selbst und interessieren sich überhaupt nicht mehr für die Gesamtgesellschaft. Die kämpfen nur noch für ihren eigenen "Stand" - diese Luxuspartygesellschaft aus beispielsweise Hamburg-Blankenese. Und manche kommen von diesem Ego-Trip einfach nicht mehr runter.
Trust in Berlin: FDP Ressentiments
ich glaube, engelbert ist einfach so ein wahnsinnig nerviger fdp heini, der sich hierher verirrt hat und unglaublich viel schrott reden muss. er hat ganz offensichtlich trust nicht gesehen, alles, was er hier schreibt, geht komplett an der aufführung vorbei, hat nichts mit ihr zu tun. das ist irgendein seltsames ressentiment, das engelbertchen treibt. entweder er ist ein frustrierter praktikant, den falk richter mal rausgeschmissen hat oder er ist wirklich von der fdp und erträgt diese auseinandersetzung mit der frage nach widerstand nicht, die dieses stück prägt. in jedem fall aber nervt er sehr (oder ist er der rush limbaugh der pollesch anhänger?)
Trust in Berlin: Angebote am Tellerrand
ja - das heißt also, der zum glück noch diskursive und aber schon depressions-, weil abstiegsgefährdete mittelständler wird hoffentlich gast im theater und erkennt, moment mal, gebe ich nicht ein gequälte lächerliche figur ab, wenn ich so um mich selbst kreise, mache ich mich lieber hier im verantwortungsrelevanten raum locker und drehe eine selbstbefreiungspirouette? erkenne den missstand und handele! nur, wie sehen denn die relevanten angebote der tellerrandüberschreitung aus?
Trust in Berlin: die Mittelschicht erkennt sich wieder
@ Illona von Trapp: Die Musik ist hier nicht nur Illustration des Tanzes, sondern ein eigenständiges theatrales Mittel. Ebenso der Tanz. Der würde auch ohne Musik funktionieren. Denn beim Tanz geht es vor allem um die BEWEGUNG IM RAUM, welche im Hier und Jetzt allererst etwas hervorbringt bzw. über den Vollzug der Bewegung etwas Neues entstehen lässt. Im Gegensatz zum sprachlichen Diskurs, welcher immer nur REPRÄSENTIERT und wiederholt, eröffnet der Tanz neue Möglichkeitsräume im Sinne einer Gegenwarts- und Zukunftsorientierung. Auf diese Weise wird der Lagerkoller der Shock Doctrine entgrenzt, wonach jede (medial geschürte) Krise letztlich am Besten dazu geeignet sei, den Widerstand gegen eine sozial ungerechte Politik zu lähmen und den Kurs einer rein wirtschaftsorientierten Politik weiter in die Höhe zu treiben.
@ engelbert: Ja genau, Sie haben es erfasst, da gehn Sie jetzt also ins Theater und werden plötzlich verunsichert. Sie sind es gewohnt, auf der Bühne immer nur das Leben bzw. das Elend der Anderen zu sehen und sich in der Differenz zu Ihrem eigenen Leben zu spiegeln. Das schafft Ihnen gute Laune und beste Unterhaltung. Aber oh Gott, hier geht es um das, was bisher noch nicht als Problem auf dem Theater markiert wurde, nämlich um Ihr eigenes Leben bzw. das Leben der Mittelschichten. Sie sind verstört und fragen sich, was das eigentlich soll? Sollen Sie nun einfach alles so lassen wie es ist? Auch Sie spüren womöglich, dass das nicht alles gewesen sein kann, immer nur dem Geld hinterhergerannt zu sein. Die Blase ist geplatzt, und jetzt hat Ihr Leben plötzlich keinen monetären Wert mehr. Vielleicht haben Sie auch in Ihrer Partnerschaft dieses diskursive Konzept von Romantik mit Liebe verwechselt. Vielleicht dachten Sie, dass eine Frau Sie nur aufgrund ihres erreichten gesellschaftlichen Status liebt, dass Sie sich diese Liebe also verdienen müssen. Sie konnten ihr viel bieten und bekamen als Gegenwert die (gekaufte) Liebe - klingt beinahe wie Prostitution. Eines Tages verlässt diese Frau Sie von eben auf jetzt, und erst da merken Sie, dass sie Sie möglicherweise nie wirklich geliebt hat, sondern nur Ihr Geld. Das war der unsichtbare Pakt, auf dem Ihre Paarbeziehung beruhte. Plötzlich bricht für Sie eine Welt zusammen. Auch Sie müssen jetzt über Ihren Tellerrand hinausschauen und Ihren Anteil an der Krise erkennen. Bloß, natürlich fällt Ihnen das schwer, weil Sie diese Frage nach Veränderung bisher immer nur an andere delegiert haben, wo es doch um Ihre Mitverantwortung ging. Politik heisst eben nicht nur Machterhaltung, sondern HALTUNG! Pirouetten dreht man im Ballett, "Trust" ist zeitgenössischer Tanz. Und der ist nicht nur dazu da, das Bestehende im schönen Schein des sterbenden Spitzentanzschwans zu konservieren, sondern neu durchzustarten. Dafür gibt keine einfachen Endlösungen, das haben Sie völlig richtig erkannt. Hier muss jedEr seinen eigenen Kopf anstrengen und Argumente finden. Was also schlagen Sie vor? Am Ende ist das bei Ihnen alles nur Rhetorik und sie wollen gar nichts verändern? Genau darum gehts.
Trust in Berlin: Falk Westerwelle?
also ich finde, dass falk richter eigentlich der genuine fdp-künstler ist. seine inszenierungen erinnern doch meist stark an westerwelles schuhsohle mit den 18%, die er einst so dekorativ in die kamera hielt, damit noch der letzte depp sein anliegen mitbekam. gut, richter hat sich jetzt anouk van dijk als quantenspringerin geholt. aber westerwelle hat ja jetzt auch angela merkel.
Trust in Berlin: innere Parteibücher
Hilfe, was ist hier schon wieder passiert, ich muss mich immer wieder erschrecken lassen, von den fatalen Wendungen, die das Theater in ein unvorteilhaftes Licht rücken. Also ist die Musik einfach kein Gegenstand mehr. Gut. Lieber Engelbert, auch Sie üben sich in diesem flatterhaften Gebaren. Thema nehmen, Thema weglegen. Und dann, sind sie wirklich ein FDP Heini, war nicht gerade nebenan so anrührend die Rede vom verbesserten Sozialverhalten? Wird damit nicht eine Partei, und werden auch sie als Person, dadurch nicht gekränkt? Denn das war wohl eindeutig abwertend gemeint. Zurück, zurück. Seien sie ruhig bei der FDP, es wäre ja noch schöner, wenn Freunde einer Bundestagspartei keine Akzeptanz mehr im Theater genießen würden. Wir mögen keine FDP-Mitglieder /Sympathisanten, denn die sind nicht würdig unsere Aufführungen in richtiger Weise zu betrachten. Aber bitte, wie stehen sie denn nun zu Misstrauen&Behagen. Sie sind doch Betroffener! Sie scheinen eine Frohnatur zu sein und dennoch schwappt ihnen solches Misstrauen entgegen. Vielleicht mögen sie es ja beschimpft zu werden? Bringen sie doch mal ihr Parteibuch ins Theater mit, auch wenn es nicht von der FDP ist. Haben sie ein Parteibuch? In TRUST, geht es ja auch um unsere inneren Parteibücher…aber ich will jetzt nicht plappern.
Trust in Berlin: Wenn's gar keine Krise gibt?
@jeanne: das ist doch oberflächlicher pollesch nachsprech. was ist, wenn ich als zuschauer nicht mittelschicht bin ? was ist wenn ich dem mediengequacke von krise gar nicht glaube ? was ist, wenn es gar keine krise gibt ? was ist, wenn cechov diese gänzliche unpolitische haltung vor 100 jahren schon durchdekliniert hat ? was ist, wenn prostitution das älteste und die ehe das zweitälteste gewerbe der welt sind ? was ist, wenn sie eigentlich nur floskeln der individuellen leistungsgesellschaft wiederkauen ? was ist, wenn pollesch der prototyp des system künstlers ist ?
Trust in Berlin: Entgrenzungssegen der Schaubühne
hm, das ist es eben, da wird ein pappkammerad erfunden um ihn mit großer geste zu erlegen. die losung heißt: du sollst dich befreien und wir haben genau die unterscheidungsmittel, die dir sagen, ob du schon zu den befreiten gehörst oder ob du noch an dir heftig arbeiten musst. das verfahren hat ja auch die kirche lange mit viel erfolg ausgeübt. aber die kirche von falk richter ist einfach nicht wirklich einladend und ausserdem ist die vorstellung erst mal mich und viele meiner mitmenschen als mit einem freiheitsdefizit ausgestattete zu betrachten, denen mit den entgrenzugssegnungen der schaubühne aufzuhelfen sei, bloß lächerlich.
Trust in Berlin: Aufführung, nicht Person
@ 49.: Wissen Sie, was ich komisch finde? Neulich hab ich jemanden sagen gehört, dass Pollesch ja auch nicht nur bei den sogenannten "Intellektuellen" gut ankommt, sondern eben auch bei jedem Depp - also Mainstream. Und deswegen würde ich sagen, dass immer nur die Argumente für oder gegen eine Aufführung zählen und nicht der Pauschalangriff auf eine Person. Ausserdem überlassen Sie sonst wieder nur alles dem hier: "Only a crisis / actual or perceived / produces real change." (Milton Friedman)
Trust in Berlin: nach der Krise ist vor der Krise
@ artaud: Ja, das ist es doch gerade, nach der Krise ist vor der Krise. Denn die Krise steckt im System selbst bzw. in den menschlichen Subjekten, welche sich innerhalb dieses System verorten müssen. Toll, wenn Sie nicht aus der Mittelschicht kommen und trotzdem ins Theater gehn! Da können Sie dann endlich auch mal umgekehrt den Zoo der Mittelständler beobachten, wo Sie sonst immer nur den Chor der Arbeitslosen sehen durften. Im Ernst, der Großteil der Theaterbesucher kommt meines Erachtens doch immer noch aus der sogenannten "bürgerlichen Mittelschicht". Und ob die jetzt eigentlich noch (politischer) Bürger sind oder schon der neue Adel, also die sich von allen sozialen Belangen abgrenzende und nur noch den eigenen Besitzstand wahrende höfische Gesellschaft, das könnte man sich hier zum Beispiel fragen. Klar, das ist schon ein wenig polemisch, aber manchmal muss man einfach übertreiben, um "die Wahrheit" deutlich zu machen. Richtig super finde ich übrigens Ihre Aussage über die "Ehe als zweitältestes Gewerbe der Welt", das lässt tief blicken. Oder Sie wollen nur spielen.
@ engelbert: Aber das meine ich doch gerade. Die protestantische Ethik sagt, du musst dir die Gnade verdienen. Und auch in einer Krise muss die Wiedererlangung des (zu befragenden!) dauerhaften Glückszustands legitimiert sein, und zwar über die therapeutische Bearbeitung des eigenen Lebens. Hier geht es um den Gegensatz von Sprache und Körper, und im Körper sitzt der Schmerz, und der will raus!
Schließlich, meines Erachtens spielt "Trust" mit diesem Widerspruch, vor dem jedEr einzelne angesichts einer Krise hier steht: Weitermachen oder (radikale) Veränderung? Vielleicht ist diese übliche radikale Befreiungsrhetorik (siehe "Vierte Generation RAF") ja gar nicht mehr so originell bzw. irgendwie aus der Zeit gefallen. Vielleicht ist aber auch dieses "Durchhalten und Aussitzen wollen" nicht sehr originell.
Trust in Berlin: einfach ein sehr guter Abend
um mal etwas die hysterie hier rauszunehmen: ich fand trust einfach einen sehr guten abend und würde gerne mehr solche abende sehen. ich kann diesem hass hier nicht so ganz folgen. engelberts gemüt ist ja heftigst in wallung geraten. soll er sich doch freuen, fühlt er vielleicht mal wieder was.
Trust in Berlin: defizitärer Schmu
ja, genau wegen dieses unsinns ist dieses theater ja so langweilig wie eine protestantische predigt. das macht nichts für die, die solcher art bearbeitung bedürfen, aber sie sollten sich jedenfalls nicht wundern, wenn anderen, die dieses art defizitären schmuhs nicht mitempfinden wollen, eingeschlafene füße bekommen - wenn nicht noch mehr einschläft - kann nur sagen :viel glück und freude an der selbstbearbeitung - die schaubühne ist ja ein ort wo sich das super ansehen läßt, die fortschritte im sich frei machen, genießt es!
Trust in Berlin: bloß gelangweilt
süß wie sehr sich um mein wohl gesorgt wird, nicht allein der großen befreiung wegen, auch von hysterie und hass geplagt, werde ich auch parteien zugeordnet, gelte als negativ. werde bald zum fall. dabei habe ich mich nur gelangweilt.leute cool bleiben. ich will niemandem die freude verderben, jeder dem dieser abend zusagte hat doch bekommen was er wollte und ich will es ihm auch nicht weg nehmen.
Trust in Berlin: Mach doch mal Yoga
lieber engelbert, der abend scheint ja dann doch einne enormen eindruck bei dir hinterlassen zu haben. was du hier alles auffahren musst, um deinen erschütterungen herr zu werden, ist schon krass. läufst du auch zwischendurch mal amok in grundschulen oder prügelst irgendwelche opis in der ubahn in münchen zu tode? mach doch mal yoga oder so, das gibts doch im prenzlauer berg an jeder ecke und das beruhigt ungemein.
Trust in Berlin: Dank fürs Loskotzen-Dürfen
leute. cool bleiben. ich gehe nie ins theater. ich schreib nur drüber. ich war einmal bei pollesch. das fand ich toll, weil die da so toll party machen. ich will auch so toll party machen, aber mich läd nie jemand ein. deshalb sitz ich nachts immer in diesem forum und schreib mir den frust über mein leben von der seele. ich kann auch nichts wirklich substantielles über eine aufführung sagen. ich kann nur persönlich beleidigen. aber dafür ist dieses forum ja da: man soll seinen persönlichen hass rausschreiben, man soll personen attackieren, man soll sich in jedem fall nicht für die sache intersssieren, man soll standpunkte und parolen rausgeben, egal, wie unsinnig die sind. das ist der ganze spass hier. ich finde es auch immer ganz wichtig, küntsler zu attackieren. denen soll all mein hass gelten, all meine unzufriedenheit soll sich da entladen. und ich danke nachtkritik.de, dass ich das hier immer und immer wieder machen darf, ich darf hier einfach tagelang rauskotzen ohne sinn und verstand und morgens kann ich das dann lesen und das ist dann fast so als wäre ich selbst ein echter kritiker. einer von den großen. einer, der auch loskotzen darf und alle haben angst vor dem. ich will auch, dass leute angst vor mir haben. das beruhigt mich. ich sitze auch gerne unbekleidet vorm spiegel und schau mich einfach an. das ist sehr schön. sehr schön ist das. das ist alles sehr sehr schön.
an Mama
was ist dir? was begreifst du als auffahren? welche erschütterung? woher diese bestürzenden gewaltphantasien - mama, du kennst mich, du weißt wie sehr mir die welt ein garten ist, du kennst meine launen, meine trauer und die verstecke meiner kiselsteine, wie kommst du auf solche gedanken? hast du mich nicht damals angemeldet, erinnere dich, der fußballverein… yoga, ja, du bist gut darin, ich auch, aber, ich spiele lieber in einer mannschaft, das rennen, der schweiß, die anstrengung das weißt du auch, und auf ein mal solche töne?
Trust in Berlin: Versuch, Unterschiede zu markieren
gehts noch? hass, attacke, rauskotzen - wo denn? ein kleiner versuch unterschiede zu markieren und peng, wird so getan als wäre eine böswillige horde in wohnstube gestürzt. einfach noch mal nachlesen und sich abregen.
Trust in Berlin: bloß Versuch, einen Skandal zu erzaubern
Leute, das ist schrecklich. Hier wird versucht, aus einer Aufführung ein Skandal zu zaubern, die das nicht hergibt. Ja, das machen Künstler in diesem Forum, aber der Schuss geht immer nach hinten los. Man merkt einfach, dass da Leute nachts am Computer sitzen und verzweifelt versuchen, eine Produktion hochzupushen.
Trust in Berlin: aus purer Weiterschreiblust
@ Zuschauer: Um das in meinem Fall klarzustellen: Mir hat diese Inszenierung bereits vom ersten Eindruck her einfach nur gut gefallen. Und dann bekomme ich einfach Lust, daran weiterzuschreiben, an diesem Aufführungstext. Es geht mir nicht ums Hochpushen oder Runtermachen. Mit Marketingstrategien und Medienpartnerschaften kenn ich mich nicht aus. Will ich auch gar nicht. Punkt.
Trust in Berlin: Jeanne nur scheinnaiv?
Mit Verlaub, werte/r Jeanne d'Arc. Wer Robert Misk u.a. liest, dem lass ich solch einen scheinnaiven Satz nicht durchgehen: "Mit Marketingstrategien und Medienpartnerschaften kenn ich mich nicht aus."
Trust in Berlin: Wissen schützt vor Unrecht nicht
@ Leser: Nicht scheinnaiv, sondern höchstens gezwungenermaßen naiv. Robert Misik gelesen zu haben, das verschafft leider noch lange keinen Einblick in den wahren Ablauf verborgener Prozesse. Wissen schützt vor Unrecht nicht. Im Großen wie im Kleinen. Kein Finanzökonom soll mir weismachen können, er habe von dem bevorstehenden Crash nichts gewusst. Und trotzdem wurde der Kreditluftballon immer weiter aufgeblasen, bis er - oh Wunder - plötzlich zerplatzte.
@ engelbert: Wer sind Sie, mm? Ihre Schreibweise erinnert mich doch sehr an die Worte des jungen Unternehmensberaters Aurelius Glasenapp aus "Unter Eis". Zitat: "[...] und unsere Autos fahren herum und kaufen den Sonnenschein, singen Lieder über das Glück und die Freiheit und die Liebe, laufen Hand in Hand mit dem Herrn Jesus durch den Fernsehapparat und klatschen für den Weltfrieden, das wird so schon sein, so schön, so schön alles hier [...]."
Trust in Berlin: die Marke "Trust"
Werte/r Jeanne d'Arc, bleiben sie doch bitte mal konkret, anstatt auf's Große und Ganze auszuweichen und damit doch auch gehörige Gemeinplätze zu produzieren. Um den Finanzcrash ging es eben gar nicht. Die Frage war, ob Ihr Schreiben hier als Teil einer Marketingstrategie funktioniert.
Fakt ist, dass man hier seit Tagen mit der Marke "Trust" konfrontiert wird, an prominenter Stelle, in einem der prominentesten Theatermedien.
Ich will Sie nicht persönlich angehen und fordere auch gar keine Stellungnahme. Aber wenn Sie sich schon zu der Frage äußern, dann ist mir das lapidare "mit Marketingstrategien kenn ich mich nicht aus" durchaus etwas zu wenig. Und der anschließende Schmus mit der Finankrise ist ärgerlich. Bitte: Bleiben Sie konkret.
Trust in Berlin: einiges einzuwenden
Moment, liebe Jeanne, man kann hier auch nicht jegliche Kritik wegreden! Ich hatte bei "Trust" auch einiges einzuwenden....siehe oben...Jeder darf hier seine Meinung sagen, ohne Personen persönlich anzugreifen!!
Trust in Berlin: Plädoyer für Ko-Habitation
@ Leser: Ich kann es nur noch einmal wiederholen: Ich schreibe hier nicht aus Gründen des Marketing. Ja, es ist tatsächlich meine eigene Haltung. Sie dürfen mir aber auch gern das Gegenteil unterstellen, wenn es Ihnen dann besser geht.
@ Lisa Links: Kritik wegreden? Heisst das nicht umgekehrt, dass du letztlich nur deine Sicht als die richtige betrachtest? In Bezug auf Inszenierungen gibt es aber kein "richtig" oder "falsch". So wie ich dir deine Perspektive lasse - habe ich dich jemals daran gehindert, deine Gegenposition weiter zu verteidigen? -, müsstest du eigentlich umgekehrt auch soviel Respekt aubringen, mir meine Perspektive zu lassen. Habe gerade im Feuilleton einen Satz von Judith Butler zu ihrem Konzept der "Ko-Habitation" gelesen, den ich hier mal zitieren möchte, weil er so gut passt: "Wir können uns die, mit denen wir zusammenleben, nicht aussuchen; wir müssen diesen nicht auf Wahl begründeten Charakter des pluralistischen Zusammenlebens aktiv erhalten." Es geht darum zu versuchen, den anderen in seiner Andersartigkeit zu verstehen. Es kann nicht darum gehen, jemandem die eigene Haltung aufdrängen zu wollen.
Trust in Berlin: Fettaugen gereizter Reaktion
Mir geht das so, dass ich das nicht als eine Marketingstrategie betrachten kann, welcher Markt soll das denn sein, der hier seine blühenden Geschäfte treibt? Ein Skandal ist die Aufführung ja sicher nicht, ich glaube das könnte niemand mit dem besten Willen herbeischreiben. Der Abend hat seine hübschen Seiten und seine verlorenen - skandalös ist vielleicht die Art wie hier Schreibende mit nicht lobender Meinung, insbesondere Schreibende, die die Ansichten lobender Schreiber in Frage stellen, hier auf eine schulhofreife Weise diffamiert werden, denn das spiegelt natürlich auch negativ auf die Aufführung zurück; deren Parteiträger zu einer wenig rede&denkvergnüglich eingestellten Splittergruppe mutieren, und ihr Freiheitscredo so natürlich nur blass wispert. Da gefällt mir dann doch wieder: Misstrauen&Behagen. Kaum einer liest genau, kaum einer läßt sich länger als ein paar wenige Zeilen umfassenden post auf den Anderen ein. Wie Fettaugen schwimmt die gereizte Reaktion oben, aber keiner will die Suppe löffeln. Das gilt auch für sie Engelbert, obwohl ich mich immer um eine Antwort von ihnen bemühe verweigern sie diese beharrlich.
Trust in Berlin: Suppe ohne Argumente
@ Illona von Trapp: Sie haben vollkommen Recht, der Abend will sicher keinen Skandal bzw. wieder nur diesen langweiligen Reiz-Reaktions-Mechanismus von Provokation und Empörung auslösen. Zudem würde ich Ihnen vorschlagen, Ihre Parole "Misstrauen & Behagen" mit ein wenig mehr inhaltlicher Argumentation in Bezug auf die Inszenierung zu unterfüttern. Damit würden Sie den Anderdenkenden wenigstens eine Chance geben, Ihre Position zu verstehen. So produzieren Sie wieder nur Ablehnung, die aus einem Unverständnis heraus erwächst. Aber vielleicht wollen Sie ja auch gehasst werden. Das wäre dann allerdings wirklich traurig, dieses trotzige und möglicherweise aus einer fehlgeleiteten Erziehung heraus abzuleitende: "Nein, meine Suppe ess ich nicht!"
Trust in Berlin: Forum für Reaktionskünste
naja, illona, ich gebe zu, zwar dankbar für ihre korrekturen zu sein, aber was sie eigentlich genau von mir erfragen habe ich noch nicht so recht verstanden, also musste ich mir jetzt mal die mühe machen und alle ihre einträge noch mal lesen, wobei mir klar wurde, das es hier wirklich nur um diese schnell vergänglichen beiträge gehen kann - sie erzeugen ein eigenes medium in dem so eine art selbstdarstellung betrieben werden kann, erleichtert durch anreize von außen, auf die man nur irgendwie nur zu reagieren braucht. folgenhaftes wohnt hier nur insofern, als die einzelnen schreibenden, also auch sie und ich, sich in ihren reaktionskünsten üben. mit der aufführung von falk richter hat das nix zu tun. ich diskutiere meine eindrücke selten, denn es sind meine eindrücke und ich denke wenn sie mir gut getan haben dann reicht das aus. etwas anderes ist es allerdings mit dem gerede zu irgendwelchen eindrücken, da erwache ich tatsächlich. ich empfinde eine so abgrundtiefe differenz zwischen den arbeiten von pollesch (den ich schätze) und denen von falk richter(der ein braver mann ist), und das ist wenn sie so wollen hier mein thema, das es mich reizt, solcher hier suggerierten gleich oder ähnlichsetzung zu widersprechen. daraus resultiete dann der rest. es ist etwas ungerecht dem aufführungspost von trust diese ererörteung miteingepflanz zu haben, aber es ist auch wieder nicht so verwerflich, dass ich mir darüber gedanken machen müsste. was misstrauen und behagen angeht, bin ich ganz ihrer meinung und auch in dingen der musik liebe ich extreme (dazu gehört sicher nicht rammstein).
Trust in Berlin: Belehrungsmanie
Meine Liebe Jeanne d'Arc, ich weiß nicht ob ihnen deutlich ist, das sie hier in einem Ton schreiben, der mich an dunkle Zeiten erinnert, vielleicht würde ihnen eine Stelle in einem Erziehungshaus gut anstehen, denn ihre immer belehrungswillige Art trägt manische Züge. Zum Glück bin ich erwachsen (und geschlechtsreif) und kann mit einem lächelnden Auge darüber hinwegsehen, aber wir sitzen hier nicht in einer Klasse, nein,nein und sie sind nicht die Lehrerin. Deuten sie mich wie sie mögen, diese, ihre Suppe esse ich tatsächlich nicht.
Trust in Berlin: Personalisierung der Politik
@ engelbert: Wissen Sie was? Ich mag sie beide - Pollesch UND Richter! Oh Gott, ist das jetzt verwerflich?! Oh Gott, und ausserdem wollte ich noch fragen, warum Politik und Kapitalismuskritik heute eigentlich so stark personalisiert werden. Sind doch alles nur Menschen, oder? Ja, aber nicht wie Lieschen Müller jetzt wieder denkt. Denn ich würde sagen, die Grenze zwischen Gut und Böse verläuft innerhalb des Menschen, nicht zwischen den Menschen. Das heisst, wenn Politik und Kapitalismuskritik nur noch am Image von Personen festgemacht werden, ohne deren argumentative Positionen wirklich differenziert zu betrachten und zu hinterfragen, dann ist das einfach nur platt ideologisch.
@ Illona von Trapp: Oh Gott, bloß das nicht! Ich als Lehrerin?! Oh Gott, ich bin ja nun wirklich kein gutes Vorbild für die von Grund auf lieben und braven Kleinen. Viel zu spontan, impulsiv, exzessiv, radikal. Viel zu viel Emotion.
Trust in Berlin: Empfindungen zwischen den Zeilen
Lieber Engelbert, ich kann ihnen gar nicht sagen wie sehr es mich freut, dass sie mich endlich erhört haben, wie nett und zart sie mir antworten konnten ist beinahe hinreißend. Jetzt verstehe ich sie auch viel besser. Wir wagen uns hier ja schon ein wenig hinaus. Obwohl Sie da viel weiter denken als ich. Ehrlich gesagt, mir ist es ein wenig gleichgültig warum so viele hier schreiben, und was das alles zu bedeuten hat, und wer das liest, und was daraus noch werden kann. Sie haben recht, mit ihrer Vermutung das es nur kurze Beiträge sind, die kurz auf etwas geschriebenes reagieren und nie wirklich etwas ausführlich zur Sprache kommt. Aber ist es nicht doch so, das hier durch die Zeilen auch Empfindungen vibrieren. Das ist was mich fasziniert. Und dann der Maskenball, ich fühle mich hier gleich wie in Italien, wir haben alle so schöne Namen und jeder ist dem anderen ein Geheimnis, ja, wir wissen, wir dürfen uns Geheimnis bleiben. Die, die draußen in der Welt mit ihrem Namen schreiben sind ja gefangen in Ihrer Identität. Wir aber sind hier frei. Mich wundert wie wenig das richtig ausgenutzt wird. Misstrauen&Behagen, nicht wahr?
Trust in Berlin: who is who
Es geht immer weiter mit der Personenvermarktung!
Also ist davon auszugehen, dass die betreffenden Regisseure hier schreiben als: Jeanne ist F. Richter und Engelbert als Pollesch.
Trust in Berlin: who is who II
Das hättest du wohl gerne, daß die hier schreiben. Bist du etwa Dirk Pilz?
Trust in Berlin: Grenzverschmelzung
@ Lisa Müller: Ich bin Falk Richter? Hmmm, also das finde ich jetzt irgendwie richtig kosmisch, diese Annahme. Und dieser Vorwurf der Werbung für eine Person, das ist eine ganz alte und billige Masche, um jemandem den Wind aus den Segeln zu nehmen bzw. ihn zu delegitimieren. Ich setze mich mit der Inszenierung von Falk Richter auseinander. Vielleicht ist die mir dabei aber auch irgendwie ins Blut übergegangen, kann schon sein. Das fließt so ineinander, das Ende der Grenzen oder so.
Trust in Berlin: ich bin Falk Richter
Entschuldigung, aber ich bin Falk Richter und ich verbitte mir jede Verwechslung! Ich gebe mir nicht ohne Grund Mühe in allem kenntlich zu sein.
Trust in Berlin: wenn jeder ich ist
Wenn hier jeder schreiben kann, daß er ich ist, dann kann man auch gleich die Anführungszeichen weglassen.
Trust in Berlin: Gegenöffentlichkeit oder Entsolidarisierung?
@ Louis Mueller: Stimmt, auch das thematisiert "Trust". Dass die Kommunikation zwischen Menschen aktuell zum Großteil virtuell abläuft. Schafft das Internet nun eine Art Gegenöffentlichkeit, wie früher noch der klassische Feuilleton-Intellektuelle? Oder trägt es nur weiter zur Individualisierung, Entsolidarisierung und Entdemokratisierung der politischen Gemeinschaft bei? Es war und ist ja auch immer schon ein Medium staatlicher Kontrolle - die ersten Computer wurden im politisch-militärischen Bereich und nicht zum Privatgebrauch verwendet. Zudem eröffnet das Internet eine weitere Tür zur Ökonomisierung der Privatsphäre - Datenmissbrauch zur Steigerung des wirtschaftlichen Profits.
Trust in Berlin: Frage nach Radiomoderator
@ 46., fischer: Was ich Sie gern noch fragen würde, wie kommen Sie eigentlich auf diesen Radiomoderator? Hat das etwas mit Judith zu tun, die in "Trust" diesen "You need more.."-Song singt? More drugs or more LOVE? Rush Limbaugh ist ja vor allem durch seine Oxycontin-Sucht medial auffällig geworden.
Trust in Berlin: noch mal nachhaken
@ 46., fischer: Da Sie mir bisher leider noch nicht auf meine Frage geantwortet haben, würde ich gern noch einmal nachhaken, was Sie mit dem "Rush Limbaugh" der Pollesch-Anhänger meinten. Geht es hier um das Thema der "Medienpartnerschaften"? Und inwiefern ist der Radio-Einpeitscher Rush Limbaugh mit Pollesch in Verbindung zu bringen? Ist Ersterer doch den amerikanischen neuen Rechten zuzuordnen. Einem Bündnis von Politikern und Medienschaffenden, welches Obamas Reformpläne sabotiert und stattdessen paranoid-apokalyptische Untergangsversionen eines wahlweise heraufziehenden Kommunismus oder Nationalsozialismus entwirft. Das ist doch nicht Pollesch, oder?
Trust in Berlin: Hinweis
An alle, die es interessiert. Anja Dürrschmidt hat in der aktuellen "Theater der Zeit" (12/2009, H.12) eine meines Erachtens sehr gute und zutreffende Kritik zu "Trust" geschrieben. Titel: "Gebellt wird später".
Trust in Berlin: noch ein Hinweis
Dann teilen Sie doch bitte mal ein paar zutreffende Gedanken aus diesem Text mit. Anja Dürschmidt hat ein Buch über Falk Richter gemacht, oder?
Trust in Berlin: ein Hinweis auf den Hinweis
@ 84.: Na und? Warum soll sie nicht ein Buch über Falk Richter machen? Corinna Brocher macht ja auch ständig Bücher über Pollesch.
Zur Kritik: Anja Dürrschmidt beschreibt, wie Falk Richter die Wechselwirkung zwischen wirtschaftlicher und privater Stagnation und Resignation "in sehr wirklichkeitsnaher Überhöhung" analysiert. Neben dem entlarvenden "Lachen über das Groteske der Krise" stelle er zugleich ein feines "Gefühl für das, was verloren wurde" heraus. Er befrage damit unser westliches Modell des Kapitalismus, welches sich möglicherweise bereits selbst überholt habe und uns nun vor die Entscheidung stelle, welche Konsequenzen wir daraus zu ziehen bereit sind. Ob wir unsere "ganze Wut auf dieses Schweinesystem mit seinen Scheißbankern und scheiß wertlosen Fonds in ein aggressives Bellen hineinlegen" oder ob "es uns doch noch immer zu gut geht", Zitat Richter: "Lass uns einfach alles so lassen, wie es ist / Es ist zu kompliziert, das jetzt alles zu ändern / Lass uns nicht alles durcheinander bringen / Es hat so lange gedauert das hier jetzt alles". Dazu choreographiere Anouk van Dijk einen "sensiblen Tanz der Unmöglichkeit von Gemeinschaft", denn "einer bricht immer weg, wird zur vagen Größe, macht die Beziehung instabil".
Richters/van Dijks Trust: wunderschön
Ein wunderschöner Abend.
Richters/van Dijks Trust: wie Schülertheater
Die Inszenierung ist eine einzige Enttäuschung. Habe mich sehr an Schülertheater erinnert gefühlt. Zu keiner Zeit den Eindruck gehabt, dass das Stück der hochbrisanten Problematik gerecht wird. Sehr belanglose Phrasen, die über die tagesjournalistischen Markt- und populärwissenschaftlichen Beziehungsanalysen nicht hinausgehen.
Ausdruckslose Darsteller, die mich zu keinem Zeitpunkt überzeugt haben. Was hätten bloß René Pollesch und Sasha Waltz aus diesem Stoff gemacht...
Richters/van Dijks Trust: hinterhergehechelter Lifestyle
Aufgehübschter Schmonz. Besonders Richters Texte sind sagenhaft schwach. Den ARD-Tagesthemen mit ironischem Gestus hinterherhecheln? Was soll das? Das ist Lifestyle. Theater für den selbstgefälligen Mitte-Bürger. Nichts weiter.
Falk Richters Trust: van Dijk liefert die Bilder zur Krise
Trust ist der Versuch eines Kommentars, ja, einer Analyse, wenn beides droht, in Platitüden, in Binsenweisheiten zu erstarren. Der Kapitalismus, die Finanzkrise, der Zusammenbruch der Mittelschicht: all das ist zu Tode analysiert, behauptet, herbeigeschworen worden. Trust liefert die Bilder zur Krise. Richters Text ist Steinbruch, der von van Dijk illustriert, intensiviert, aber auch punktuell aufgehoben wird. Die Tänzer winden sich wie die Darsteller, wie auch die Sprache, die zu Worthülsen wird, deren Bedeutung sie längst verlassen hat. Man muss der zugegeben pessimistischen, ja fatalistischen Analyse nicht zustimmen, um ihr Stringenz zu attestieren. Trust ist Bewegung, im Tanz, im Spiel, in der Sprache, aber es ist eine ziellose Bewegung, die Bedeutung sucht und nicht findet, eine verzweifelte, die Boden sicht, wo keiner mehr ist. Eine Verbindung aus Tanz- und Sprechtheater, die mehr ist als die Summe ihrer Teile. Ein intensiver, intelligenter und zum Nachdenken anregender Theaterabend.

http://stage-and-screen.blogspot.com/
Richters und van Dijks Trust: Danke dafür
dies ist einer der intelligentesten und sinnlichsten abende, die ich seit jahren in berlin erleben durfte - danke dafür!!
Richters und van Dijks Trust: im Selbstmitleidskokon
@ Prospero: Ihr folgender Satz trifft es meines Erachtens sehr gut auf den Punkt: "Die Tänzer winden sich wie die Darsteller, wie auch die Sprache, die zu Worthülsen wird, deren Bedeutung sie längst verlassen hat."
Das Einzige, was hier noch Bewegung schafft bzw. schaffen könnte, das ist der Tanz oder das Bellen als Metapher für eine leidenschaftlich artikulierte und doch zugleich ziellose Wut, weil die Gegner heute eben auch nicht mehr so leicht auszumachen sind wie noch zu Zeiten der 68er-Bewegung.
Die Worthülsen der "Beziehungsgespräche", die da geführt werden, fokussieren auf die Unmöglichkeit der sprachlichen Verständigung, insofern das Gespräch nicht mehr dialogisch, sondern nur noch monologisch geführt wird: Diese Paarmonaden spinnen sich in eine Art Selbstmitleidskokon ein. Fazit: Mehr SubsTanz oder: Music makes the people come together. Perhaps perhaps perhaps.
Richters und van Dijks Trust: zu gewollt kritisch
mir hat es nicht gefallen, leider doch sehr banal und darin wenig interessant. zu meinem Bedauern, denn ich mag Tanz ungeheuer gerne. und auch vor Banalität fürchte ich mich normal nicht, im Gegenteil, aber das war doch schon sehr gewollt kritisch, so kritisch zum Abnicken und dafür ist doch ein Abend viel zu kostbar, als das ich ihn mit so was verbringen will. auch war's irgendwie larmoyant und unangenehm eitel. aber macht nichts. judith rosmair war süß, wie so durch die Luft flog, das wars dann aber auch schon.
Richters und van Dijks Trust: fehlt beim Theatertreffen
ein toller abend! tolle texte, performer. zusammenspiel zwischen tanz und schauspiel habe ich seit pina bausch so nie mehr gesehen! schade, dass das nicht zum theatertreffen eingeladen wurde. da würde es hingehören! danke speziell an stefan stern: der RAF monolg! bravo!
Richters und van Dijks Trust: Sehnsucht nach Anerkennung
@93 ich finde den RAF-Monolog eher etwas für eine Kabarett Sendung, also, der ist genau dieser Abnicklogik folgend verfasst und zieht einen Vergleich, der sagen will, die zerstörerische Wirkung der Finanzbranche ist terroristischer als linke Terroristen. Aber solche Scherze dann auch noch zu betanzen ist doch nicht wirklich kraftvoll. Und ich frage mich, warum - wenn einem was gefällt und ich kann sehr gut verstehen, warum so ein Abend gefällt und ich finde es auch sehr in Ordnung, das es solche Abende gibt, für Menschen, die sich vom Theater solche Botschaften tanzen lassen wollen, aber wozu diesen Genuss noch durch eine Bestätigung abrunden, in Form von einer Einladung zum Theatertreffen. Der Wunsch, das ausgerechnet das, was einem selber gefällt, auch noch durch die Würdigung von Kritikern in höhere Bedeutung zu verwandeln, ist doch eigentlich ein wenig spießig. Im Seminar haben wir uns sehr amüsiert über die Sehnsucht nach öffentlicher Anerkennung, gerade in Verbindung mit getanzter, witziger und sentimentaler Gesellschaftskritik.
Richters und van Dijks Trust: was für ein Seminar?
@ 94

Liebe susi !

Ich lese jetzt zum wiederholten Male etwas von Ihrem
Seminar !
Bitte, empfinden Sie das nicht als aufdringlich, aber können Sie ein wenig umreißen, was das so für ein Seminar ist: Theaterwissenschaft wohl nicht, Ihre Freundinnen, schrieben Sie, fänden Ihren Theater-Brecht-Tick garnicht so dolle; auch las ich das sehr gerne mit den Pollesch-Spielerinnen, daß Sie dann fast versucht sind, selbst eine Schauspielschule ...: oder
sind Sie letztlich irgendwie doch in einer solchen oder
in einem Theater-Seminar einer bekannten Drogeriekette, die das forciert(e) mit dem Theater
(wie ich, wiederum irgendwo, aufschnappte)... ??

Geht mir jedenfalls jetzt schon so, daß Ihre Aussagen zu "Trust", welches ich nicht sah, einen weiteren Wink gaben, wie ich mir das so vorstellen darf/muß/... :
"Bemerkenswert" als Kriterium stimmt für "betanzt"
dann allerdings wieder ganz gut (seit wann heißt das
eigentlich "bemerkenswert" ?, ich fand dazu nur im
Th-Jahrbuch 1993 jene Stelle, wo die Volksbühne Theater des Jahres geworden war und die Rede ging von den bemerkenswertesten, nicht besten Inszenierungen ??).

Der Rest ist "Harald Schmidt" ??? Liebe Grüße, Ihr
strolch
Richters und van Dijks Trust: die gute alte Strategie
@ susi: So einfach ist das alles nicht. Oder besser: Ich hab das ganz anders wahrgenommen. Da wird kein simpler Vergleich gezogen, sondern da werden Widersprüche der gesellschaftlich-politischen in Verschaltung mit der biographisch-individuellen Entwicklung aufgezeigt.
Im heutigen Kontext gibt es vielleicht nicht nur die eine Strategie, sich in guter alter antikapitalistischer Manier gegen das in den 70ern bzw. von der RAF so bezeichnete "Schweinesystem" zu stellen. Ja. Genau. Damals hat die RAF als Zeichen ihres Protests gegen Konsum und Kapital noch Kaufhäuser in Brand gesetzt. Und heute demonstrieren die Mitarbeiter dieser Kaufhäuser für die Erhaltung ihrer Arbeitsplätze und gegen Ihren Vorstandschef, der sich - platt formuliert - einfach mal verspekuliert bzw. sich zugunsten der persönlichen Bereicherung in dubiose Fondsgeschäfte verstrickt hat. Zitat siehe oben in Nr. 8.
Auch könnte man heute zum Beispiel darüber diskutieren - was jetzt in TRUST nicht vorkommt -, ob das Brechtsche Diktum der Gründung einer Bank (gegenüber dem Einbruch in eine Bank) heute möglicherweise gar nicht mehr das kritische Thema ist, sondern vielmehr die Rettung einer Bank auf Kosten des demokratischen Gemeinwohls.
Schließlich, warum du hier immer wieder auf dein "Seminar" verweisen musst, das ist hier die Frage. Denn das wirkt ein wenig seltsam-naiv und macht auch eher den Anschein, als könntest du ohne das Seminar gar nicht eigenständig denken. Vielleicht ist das aber auch einfach nur ein Missverständnis. Dann würde mich zumindest interessieren, welches Seminar du eigentlich meinst. Worum geht es da thematisch?
Richters und van Dijks Trust: Middelhoff & die RAF
@susi und jeanne: es geht darum, dass der manager des kaufhauses des westens KaDeWe tatsächlich das geschafft hat, was die RAF jahrelang versucht hat: das KaDeWe zum Zusammenbruch zu bringen. Die reale Gefahr des Anschlages geht also heute von der Machtzentrale des Systems selbst aus, nicht mehr von terroristischen Vereinigungen. middelhoff hat dem KaDeWe mehr geschadet, als die RAF es sich jemals zu träumen gewagt hat. Davon handelt TRUST: Von den verlagerungen der machtverhältnisse / von der frage danach, was widerstand ist und wie er aussehen könnte und wie körper aussehen, aus denen sich das politische zurückgezogen hat, die keine idee mehr für ein anderes leben haben, die sich in einem fortwährenden zustand der erschöpfung befinden und die den aktuellen enormen geldumverteilungen die als rettungsschirme oder rettungsfonds ettikierte umverteilungen in bislang ungekannter milliardenhöhe tatenlos zuschauen, da sie keine werkzeuge mehr haben, sich politisch zu verhalten, einzumischen, demokratisch aktiv zu handeln. siehe hierzu auch: alain ehrenberg / lars distelhorst / eva illouz / wolfgang fritz haug/ oder eben falk richter / anouk van dijk
Richters und van Dijks Trust: Kopf erheben
@ peter: Ja. Vollkommen d'accord. Ebendarum ging es mir doch auch. Es geht darum, die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft auf ihre gesamtgesellschaftliche Verantwortung hinzuweisen. Denn es liegt nicht nur am abstrakten "System", welches sich - wenn wir nicht die Notbremse ziehen - irgendwann von ganz allein zerstören wird. Es liegt zugleich an den Menschen, welche dieses System gestaltend verändern können oder es eben nicht mehr können. Die Erschöpfung ist ein Problem. Dazu Wolfgang Engler im Programmheft zur "Heiligen Johanna der Schlachthöfe" und in Bezug auf Büchners "Woyzeck" (auch wenn das eigentlich nicht in diesen thread gehört): "Menschen wie der trostlose Protagonist des Dramas erdulden selbst an sich unerträgliche Umstände, weil es ihnen schon viel zu schlecht geht, weil sie außerstande sind, den Kopf auch nur einen Zentimeter über die moralische Schwelle zu heben." Und was machen wir mit diesen Menschen? Das ist nochmal was anderes als die untergangsfatalistischen und börsenabgestürzten Mittelschichtler und Berghainpartypeople aus Richters "TRUST", oder? Da gehts um den guten alten Begriff der "Solidarität", oder?
Trust, Berlin: Disko im nächsten Dorf
Hab's am 22.12. gesehen und frage mich nun, was dieses selbstverliebte Designer-Theater über Mittelschichtler im Finanzkrisen-Burnout eigentlich soll. Soll ich jetzt heulen oder was? Nee, da halte ich mich lieber an die Ansage der Wendland-Demoleiterin gegen den Castor-Transport in Nikolaus Geyrhalters "Abendland": "Die, die nur fürs Tanzen gekommen sind, suchen sich eine Disko im nächsten Ort, alle anderen auf die Schiene, bitte."
Leserkritik: Trust, Schaubühne
Wiederaufnahme an der Schaubühne am 21. Mai 2016:

Rückblickend wirkt diese Inszenierung wie eine wichtige Entwicklungsetappe von Falk Richter. Die Krisensymptome unserer Gesellschaft verhandelte er schon damals in elegant choreographierten Szenen, die weiten Raum für Assoziationen lassen. Diesem Abend fehlt aber noch die künstlerische Reife von „Never forever“, das er 2013 mit Nir de Volff an der Schaubühne entwickelte (ausführliche Kritik zu „Never Forever“ hier). Dort verhandelte Falk Richter die Krise des modernen Großstädters auf höherem Niveau: mit stärkeren Dialogen (vor allem von Ilse Ritter, Regine Zimmermann und Tilmann Strauß) und noch variantenreicherer Körpersprache der Tanz-Compagnie um Florian Bilbao. Auch der Witz ist in seinem aktuelleren Werk „Never forever“ subtiler.

Es lohnt sich deshalb, beide Inszenierungen zu sehen und zu studieren, wie sich ein Künstler weiterentwickelt und mit den Themen ringt, die ihn umtreiben.

Komplette Kritik: https://daskulturblog.com/2016/05/22/trust-falk-richter-an-der-schaubuehne-wiederaufnahme/
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