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Proteste gegen Pläne der Stadt Wuppertal gehen weiter
Paket des Grauens
23. November 2009. Die Proteste gegen die Spar- und Zerrüttungspläne der Stadt Wuppertal gehen weiter. Die Süddeutsche Zeitung schreibt, erst 2002 hätten bundesweite Proteste von KünstlerInnen die Renovierung des denkmalgeschützten Wuppertaler Schauspielhauses erzwungen, das nun bis 2012 anstatt wiederhergestellt, geschlossen werden soll. Die Kulturdezernenten der theatertragenden Kommunen in Nordrhein-Westfalen schlagen eine Bestandsgarantie für die Theater vor. Holk Freytag, früherer Chef des Wuppertaler Theaters und derzeit Vorsitzender der Intendantengruppe des Bühnenvereins, fordert die Entschuldung der Kommunen durch den Bund.
In der Süddeutschen Zeitung (23.11.) schreibt Anne Linsel über das "Paket des Grauens", das in Wuppertal geschnürt wird, um die Stadt vor dem Bankrott zu retten. Jährlich 80 Mio Euro will die Stadt bis 2014 sparen, vor allem die Kultur sei betroffen. Wenn der Zuschuss für Oper und Schauspiel der Wuppertaler Bühnen wie vorgesehen von bisher 10,9 Millionen Euro um zwei Millionen Euro gekürzt würde, bedeute dies das Ende des Repertoire und Ensemblebetriebes auch in der Oper, zitiert die Autorin den Wuppertaler Schauspieldirektor Christian von Treskow. Der "rechnete vor", dass mit der Etat-Kürzung für die Bühnen "überhaupt kein Theater mehr in Wuppertal möglich sein wird".
Die Stadt Wuppertal plant, das denkmalgeschützte Schauspielhaus, dessen Renovierung 2002 nach heftigen Protesten der damals von Pina Bausch angeführten Theaterszene beschlossen worden war, 2012 zu schließen. Schon jetzt arbeite das Wuppertaler Schauspielensemble nur noch mit 13 fest angestellten Schauspielern, Schauspielstudenten aus Essen und Bochum ergänzen die jeweiligen Spielensembles.
Während die Kulturdezernenten der 20 theatertragenden Städte in Nordrhein-Westfalen einen "Bestandspakt" für die Theater zwischen den Städten und dem Land angeregt haben, fordert die Intendantengruppe im Deutschen Bühnenverein, laut dem Internetportal Der Westen (23.11.) "eine Entschuldung der Kommunen" durch den Bund.
In einem offenen Brief an den Wuppertaler Oberbürgermeister Peter Jung schreibt der frühere Wuppertaler und Dresdener Intendant Holk Freytag, die Nachricht von der beabsichtigten Schließung des Schauspielhauses habe "nicht nur die Theaterleute der Bundesrepublik schockiert". Niemand unterschätze die "dramatische wirtschaftliche Situation der Stadt Wuppertal", doch das "vorgelegte Konsolidierungsprogramm" lege einen Zustand offen, "der das Gemeinwesen der Republik gefährdet". Die "Finanz- und Steuerpolitik insbesondere des Bundes" nehme billigend in Kauf, dass die Städte, die "Garanten einer lebendigen Demokratie", "verwahrlosen". Daher sei es "dringend geboten, den Kommunen zukommen zu lassen, was den Banken scheinbar problemlos gewährt wurde: die Entschuldung". Nur so könne die "kulturelle Infrastruktur" gerettet werden.
(jnm)
Weitere Informationen zu aktuellen Sparplänen und der Debatte um die finanzielle Situation der Theater und Künstler finden Sie im nachtkritik-krisometer.
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Die Theater sind nicht die Ersten die leiden müssen, und werden nicht die Letzten sein. Und ich denke, Sie haben genug Phantasie für mich, um sich vorzustellen, dass ich den Begriff "Produkt" nur provozierend benutzte. Profitökonomische Motive interessieren mich einen "Dreck" mit Verlaub. Fühlen Sie sich bitte nicht angegriffen liebe Jeanne, ich denke nur, die verbleibenden Gelder wären in anderen Betriebs- und Wirtschaftsformen besser angelegt, an deren Ende hoffentlich wirklich gesellschaftsrelevantes Theater herauskäme und nicht eine Überlebenstropf für Hinfälliges.
@ödön.. ...und nicht ursächlich von dem aktuellen Spielplan her. Jedoch die reine Aufzählung von Produktionen nützt hier gar nicht. Was hat dieser Hacks zur aktuellen Krise zu sagen? Wäre die richtige Frage.
Offensichtlich hat sich ja noch kein nennenswerter Widerstand gegen die Kürzungen bei den Zuschauern geregt. Warum? Die Frage habe ich wohl eher gestellt.
Ich fasse mich kurz, eine neue Betriebsform, ähnlich der Truppe von der verstorbenen Pina Bausch scheint mir unausweichlich. Und da ich tatsächlich einige Zeit die Wuppertaler Häuser besuchte, füge ich noch hinzu: Ich habe mich immer gewundert, dass in ein und dem selben Haus das Schauspiel gegen das Tanztheater immer so deutlich abfiel. Ich lebte und arbeitete in der direkten Nähe zu dieser Tanztruppe, und mir war auch immer klar, dass ihre andere Arbeitsweise, ihre andere Organsisationsstruktur einen wesentlichen Teil ihres Erfolgs ausmachte. Immer wunderte es mich, warum nicht auch das Schauspiel endlich zu einer internationalen Besetzung überging. Es sind soviele verschiedene Nationen in dieser Region vertreten, und sie dokumentierten sich kaum im Schauspiel, obwohl Frau Bausch und ihre Truppe den Beweiß lebte, dass es für solche, die nationalen Grenzen in der Besetzung überschreitenden Sichtweisen ein Publikum in Wuppertal gibt. - Ich denke schon, verzeihen sie mir, dem Wuppertaler Schauspiel kann man häufig einen rückständigen Anstrich leicht nachsagen, gemessen an den auch strukturellen Leistungen des Tanztheaters im selben Haus.
Zu Ihrer Information: Das Tanztheater Pina Bausch hat keine andere, "schlankere" Produktionsstruktur, sondern nutzt gleichermaßen die Kostüm- und Dekorationswerkstätten, sowie Teile der bühnentechnischen Abteilungen der Wuppertaler Bühnen GmbH. Und... rückständig? Wie bitte? Was meinen Sie damit? Wann "besuchten" Sie zum letzten Mal das Schauspielhaus? Geben Sie sich bitte zu erkennen. Ihre Art der (uninformierten) Fundamentalkritik müssen Sie unbedingt durch Aufgabe Ihrer Anonymität beglaubigen!
Und es wäre nur höflich, wenn Sie auf zentrale Fragen auch Antworten würden. Halten Sie einen Strukturwandel für verantwortbar ? Ja oder nein...und ich sage Ihnen noch einmal vor den Kopf: Mit 8.9 Millinen Euro kann man eine Spielzeit gestalten, wenn man sich für eine neue Struktur stark macht.
Offensichtlich sitzen Sie weder mit ihren "Kritikern" noch mit ihren "Bürgern/Zuschauern" in einem Boot. In der Stadt Wuppertal ist die Krise angekommen. Nun erreicht sie auch ihr Haus. Wie wollen Sie reagieren ? In dem Sie mich oder andere beschimpfen. - Was für eine Art von Befriedigung ist das, wenn Sie hier Einzelne als "neoliberal" vorführen wollen ? Nur weil sie sich mit der Situation in Wuppertal in einem demokratischen Medium auseinandersetzen wollen. - Belehren Sie mich ruhig. Das halt ich gerne für Sie aus. Mich schützt meine Anonymität. Aber kommen Sie bitte endlich auf den Punkt und bauen nicht weiterhin Nebenschauplätze auf. Schon Ihre Umgangsformen sind rückständig. Wie mag da erst Ihr Theater aussehen. Pardon.
(Liebe/r 123,
vielleicht könnten Sie selbst Ihre Umgangsformen in diesem Forum überdenken? Niemand hat Sie hier beschimpft, schon gar nicht Christian von Treskow, der sich sehr sachlich mit allen Vorwürfen und Fragen auseinandersetzt und seine Position darlegt.
Davon, dass er sich "sperrt", kann doch gar keine Rede sein - im Gegenteil! Er stellt er sich ja nicht zuletzt in diesem Forum der Diskussion, noch dazu als einer der wenigen, die hier freiwillig mit Klarnamen zeichnen.
Und einige Ihrer Fragen hat Christian von Teskow auch bereits beantwortet, nämlich dass auch die Tanzsparte langfristig betroffen wäre: "Auf lange Sicht bedeutet das Sparkonzept das Aus für alle Sparten", sagte er gegenüber Regine Müller, wie Sie in ihrem Text nachlesen können.
Vielleicht könnten Sie im Gegenzug ja mal genauer erläutern, wie Sie sich den "Strukturwandel" und die "neuen Strukturen" genau vorstellen? Was schlagen Sie vor, mit welchen Maßnahmen man als betroffener Schauspielintendant auf die Krise reagieren sollte?
Sie schlagen eine "andere Personaldecke" vor, wollen die Künstlerverträge schützen und plädieren für ein "'ausgeglichenes' Verhältniss zwischen Künstlern und anderen Mitarbeitern".
Vielleicht werden Sie einfach selbst ein wenig konkreter, wie ein Theaterleiter Ihrer Meinung nach die "Gesetzmäßigkeiten der Krise (...) als längst überfälligen Strukturwandel rechtzeitig umsetzen" sollten? Wie funktioniert denn die von Ihnen favorisierte Betriebsform der Bausch-Truppe genau - vielleicht könnten Sie das für alle Leser ja mal ausführen?
Mit der Bitte um eine sachlicher geführte Debatte und mit freundlichen Grüßen,
Anne Peter / Redaktion)
Liebe Grüße.
Vorschläge zu hinterfragen und die weitere Vernetzung zu erarbeiten. Hier besteht bei Interesse auch schon die Möglichkeit, an Alternativvorschlägen, z.B. zu einer Schließung des Schauspielhauses, zu arbeiten. Weitere Informationen hier: http://www.nord-stadt.de/node/1655
Mein erster konkreter Vorschlag ist: Versuchen Sie mindesten 2- 3 Millionen aus dem Sanierungstopf "rüberzuschaffen" in den aktuellen Etat. So gewinnen Sie ein ganzes Jahr Zeit, um Feldarbeit zu betreiben, wie Sie den Sparplan erträglicher gestalten könnten. Diese Krise kann ja nicht ewig dauern, denn die Menschen lieben es nicht zu darben. Auch glaube ich nicht, das geschlossene Häuser zwingend nie wieder eröffnet werden. Dann dürfte ja nach dem 2. Weltkrieg, ich verfluche diesen Vergleich, kein Haus mehr neu errichtet worden sein. Schreiten Sie mutig voran, und arbeiten Sie auf Zeit...(ebenso schrecklich, ich weiß)...und fürchten sie sich nicht davor den ein oder anderen Tarifvertrag durch Zeitverträge zu ersetzen; und wahrhaft heldenhaft wäre, wenn es Ihnen gelingen würde noch einige NV-Solo Verträge hinzu zugewinnen.