14. Januar 2010 – Falk Richter über nachtkritik.de
Egomässig abzappeln
23. Dezember 2009. Auf kultiversum.de schreibt Falk Richter in einem Blog, er suche "noch nach einer form"."Der blog, der chat. Ich kann das nicht. Auf nachtkritik bekomme ich mittlerweile einfach nur noch angst, wenn ich mir diese ganzen durchgeknallten pitbulls vorstelle, die da im forum rumkläffen." Er fragt, ob sich die MacherInnen von nachtkritik.de das so vorgestellt hätten: "jede diskussion wird verhindert durch ein paar frustrierte idioten, die sich mal luft verschaffen wollen und irgendwie reaktionär, dumm, panisch drauflosdreschen und da egomässig abzappeln. Der beruf des kritikers wird in einer völlig bizarren travestie vorgeführt: jeder darf hier mal der kleine goebbels sein." Es ginge nicht um Beschreibung und Analyse, sondern "einfach nur ums abkotzen". Vielleicht aber lerne man auch etwas daraus: "regisseure, seid gut zu euren praktikanten, denn sie schreiben nachts über euch auf nachtkritik.de im forum und kotzen ab und schütten die kotze eimerweise über euch und alles was ihr gemacht habt und machen werdet."
16. Januar 2010. "Wie jeder Theatermacher in dieser wilden, dunklen, dauervereisten Stadt klicke auch ich morgens natürlich als erstes auf die Seiten von nachtkritik.de und schaue, was wieder alles Tolles passiert ist." schreibt Falk Richter als Wort zum Wochenende in seinem Blog auf der Werbeplattform des Friedrich-Verlags kultiversum.de. "Die einzige Seite, um sich einen Diskursüberblick zu verschaffen. Die Nachtkritik Community hat es im Moment vor allem auf Andreas Kriegenburg abgesehen. Der wohnt übrigens im selben Haus wie ich und führt morgens immer seinen komplett überdimensionierten Hund durch den Schnee. (...) Wenn Nachtkritik so weiter bloggt, wird er vielleicht eines Morgens im Treppenhaus hängen und dann muss ich mich um diesen riesigen Hund kümmern. Der Hund ist aber so groß, der braucht große Räume und die sind teuer, da muss man schon so an die sechs Inszenierungen im Jahr raus hauen, um diesen Hund anständig bewirten zu können."
Mehr zu Falk Richter im nachtkritik-Archiv: Sie finden dort einen Lexikon-Eintrag mit Auflistung sämtlicher Nachtkritiken, u.a. zu Richters jüngster Schaubühnen-Inszenierung Trust vom Oktober 2009.
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Endlich ein Mutiger, der die Wahrheit ausspricht.
Diese Diskussionen gehen am Kern vorbei!
- Falk Richter sieht nur Hetzkampagnen auf Nachtkritik (dabei sind viele Threads überaus lesenswert; längst überwiegen die sinnvollen Kommentare)
- Kriegenburg suggeriert, dass "die Berliner Kritik" auf ihm herumtrete (dabei waren die Kritiken - auch hier auf Nachtkritik - überaus differenziert in der Beschreibung von Schwächen, wenn sie nicht ohnehin über die Schwächen hinweg lobten, das gab es schließlich auch)
- manch Kritiker darf sich allerdings schon fragen, ob er "den DT-Start" unter Khuon nicht zu pauschal abgeurteilt hat (immerhin gab es von Thalheimers "Puntila" über Gintersdorfers "7%Hamlet" bis hin zu Stemanns "Johanna" viel Relevantes, daneben etwa mit Kimmigs "Öl" zumindest reichlich Diskutables)
Ich wundere mich über Falk Richters Reaktion. Zumindest die Kritiken der Redaktion sind relativ seriös. Und dass in einem Internetforum - das betrifft die Kommentatoren - viel Ironie, etwas Zynismus und Humor dabei sind, liegt quasi auf der Hand.
Ich kann Richter beruhigen, denn ich habe einige Inszenierungen von ihm gesehen, "Drei Schwestern" und "Trust" sogar zweimal.
Selbstverständlich schreibt man in einem Printmedium ernsthafter und ambitionierter.
ich habe es schon einmal woanders gepostet und ich tu es jetzt auch wieder hier:
wenn eine schauspielerin, ein techniker, ein stadtverodneter, ein dramaturg oder wer auch immer, der nie offen seine meinung sagen kann, weil er rücksichten auf seinen/ihren job zu nehmen hat, hier mal anonym sagen kann, was sache ist, dann ist das doch super. anderswo gibt es dafür kein forum. es ist nun mal so, dass man auch in einer demokratie immer in abhängigkeiten steht. wer das leugnet, lügt sich in seine ich-bin-so-freigeistig-mir-kann-keiner-tasche. nur intendanten und leute, die nichts am theater zu tun haben, fordern klarnamen.
Keine Funken schlagen
ja, das kann man nicht ganz ausschließen, dass sich die leute nur luft machen. andererseits: schreiben alle leute mit klarnamen, verblasst das argument hinter dem namen - man schaut: ach, das ist der, deswegen muss der das sagen. und ein techniker der allen grund hat, einem regiesseur mal eine einzuschenken, weil der wirklich schwachsinn baut, würde weiter schön seine klappe halten.
wissen sie, es ist schön, wenn ein paar leute ihren echten namen verwenden. aber niemand sollte hier zu irgendetwas gezwungen werden. schauen sie doch mal auf kultiversum, wie da die debatten toben - irre. nur auf dem mond ist weniger los! aber dafür schreibt jeder mit echtem namen. wollen sie lieber das? dann gehen sie da hin. viel spaß! ich bleibe hier.
Die Nachtkritikkommentare findet Richter ja auch anziehend, ein echtes Interesse scheint durch seinen Zynismus hindurch. Weil diese Kommentare wie ungezogene Kinder eine Wahrheit über seine eigene, Falks Nacktheit verbreiten, oftmals nicht so klug wie er, nicht so verkopft, aber ihm an Unmittelbarkeit überlegen. Und, mein lieber Möchtegern-Richterchen, das darf ich dir versichern, es sind darunter viele Menschen, die wesentlich mehr leisten als du in deiner miesen Kunstklitsche mit deinen miesen Klischees!!! Aber vielleicht schlägt die Wut auf dich ja irgendwann mal um. denn, da hast du recht, wir müssen VOM ZUSCHAUEN WIEDER INS HANDELN KOMMEN. - So und jetzt verlaß ich den Computer und geh zurück in meine therapierte Beziehung.
Richter scheint das in die Tat umsetzen zu wollen, verfällt in eine Hyperaktivität und erhebt bei den Kommentatoren den Pauschalvorwurf der Nichtstuerei, des sinnlosen Verstreichenlassens von Zeit.
Wenn Richter jede Minute sinnvoll ausfüllen möchte, kann er auch ein Arrangement mit 123 wählen, wie auch immer sich das gestalten mag. Bei 123 liegt sicherlich noch ein Riemen aus der Vergangenheit in der Ecke. Mit dem kann man allerhand Dinge anstellen, Arbeit selbstverständlich, wie es eben in den "Drei Schwestern" heißt: Arbeit macht dich selbst frei.
(Der Spruch hat nichts mit den NS-Verbrechen zu tun.)
Für Richter kann ich nur hoffen, dass er wegen der Tschechow-Figuren nicht in eine amouröse Krise verfällt. Bei diesem Autor lieben sich immer die Falschen, d.h. sie leben in Vernunftehen und Zweckbündnissen, und die richtig Verliebten kommen nicht zusammen. Aber solch eine Verzweiflung kann auch in Arbeitswut umschlagen.
Es wäre immerhin zu begrüßen, wenn Sie mehr ins Theater gingen und nicht so viel herumtheoretisieren. Egal ob Herr Richter oder Herr P., wie Sie ihn nennen. Sie treiben sich auf etlichen Blog-Schauplätzen herum, vergessen aber dabei, ihre Sprachfähigkeit auszubauen und lassen jegliche Präzision in Wortkombinationen vermissen.
da ist sicher was wahres dran... hier gibt es wechselseitige abhängigkeiten und bedürfnisse. ist doch auch schön, dass sich nun über die plattformen hinweg zarte bänder entfalten.
das sollte ausgebaut werden. wann übernimmt nachtkritik kultiversum und falk richter?
Zu Nachtkritik.de: Bitte macht weiter so!!! Ich finde, jeder Hund hat da Recht nach seiner Fasson zu kläffen.
So ein chaotisches Gebell ist doch was Wunderbares. Endlich Basisdemokratie. Jeder Hund kann sich die Knochen rausfischen, die ihm munden und findet viel, woran er nie im Leben gedacht hätte.
Glücklicherweise scheint sich der Richterfalk ja selber auf die Schippe zu nehmen.