Presseschau vom 24. Januar 2010 – Interview auf Welt-Online mit Joachim Meyerhoff und Edgar Selge

Nicht gleich wieder zurück in dieses Verschlossene

"Es gab," sagt Meyerhoff auch im Gespräch mit Tobi Müller, "in den 90er-Jahren eine wichtige Zeit der Befreiung, als Leute wie Christoph Marthaler und Frank Castorf das Spiel nach vorne hin geöffnet haben und das Theater mitteilsamer und mitunter auch aggressiv wurde. Diese prägende Periode hat sich nun etwas erschöpft. Aber gerade deshalb müssen wir jetzt aufpassen, dass wir nicht gleich wieder zurück in dieses verschlossene, psychologische Theater flüchten und so spielen, als gäbe es kein Publikum im Parkett. Im Moment geht es um ein Spiel, das die Intensitäten zwischen den Schauspielern wieder stärker in den Blick nimmt. Denn gute Schauspieler sind für mich solche, die miteinander spielen. Ich sehe im Sprechtheater heute viele Schauspieler an der Bühnenrampe stehen, die im Grunde Arien singen."

Und Edgar Selge meint rückblickend auf seine Zeit als Schauspieler im Ensemble von Dieter Dorn seit den 80er Jahren: "Wenn ich meine Zeit damals bei Dorn vergleiche mit den aktuellen Arbeiten mit Jan Bosse, dann komme ich allerdings zu einem anderen Schluss als Sie: Dorn war wesentlich deutlicheres Regietheater. Meine Arbeiten mit Bosse sind ein absolutes Miteinander, wie ich es mir anders aber auch gar nicht mehr vorstellen kann. Alles entsteht heute aus der Kommunikation heraus, Regietheater oder Schauspielertheater, das trifft die Arbeit einfach nicht mehr."

 

 

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