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Operation am offenen Herzen Tschechows

von Christian Rakow

Berlin, 27. Februar 2010. Ihre Morgengymnastik sieht fast wie Animationssport im All-Inclusive-Hotel aus. Der Doktor zählt auf Russisch Schrittfolgen an; und hinter ihm her wogt das Grüppchen Nervenkranker gleich müden Wohlstandsurlaubern: Einen Step nach links, die Ärmchen hoch und vorwärts durch den leeren, klinisch weißen Bühnenraum.

Diese Irren im Krankenzimmer Nr. 6 erscheinen uns seltsam vertraut. Die Mutter mit dem traurigen Charme der abgekämpften Primadonna (Almut Zilcher); der tragikomische Vater, dem vielleicht Jobsorgen ein wenig Haar und Hirn zerstrubbelt haben (Wolfram Koch). Oder der Sohn, ein fahriger Langzeitstudent im ausgeblichenen T-Shirt (Andreas Döhler), und die Tochter, ein herzensgutes Nervenbündel, das von einem längst vergessenen Bräutigam am Altar stehen gelassen wurde (Katrin Wichmann). Neben ihnen tapst wortkarg der Großvater im zerschlissenen Frack (Harald Baumgartner).

Zusammengekehrte Reste versunkener Biografien

Nein, diese Insassen der Nervenheilanstalt sind keine Fremden. Es sind die derzeit best bekannten Figuren auf unseren Gegenwartsbühnen, die Tschechowschen Sehnsuchts- und Verlustfiguren. Wenn sie ihren Mund öffnen, ertönen häppchenweise Highlights aus den großen Dramen. Es ist ein echtes Ratespiel für Kenner: Hier entpuppt sich Almut Zilcher als Gutsbesitzerin Ranjewskaja, die ihren Kirschgarten beklagt. Dort vertröstet Andreas Döhler als philosophierender Arzt Astrow aus "Onkel Wanja" seine Kummergefährten auf fernes Glück und Fortschritt der Menschheit in zweihundert Jahren. Wir sehen die berühmten theatralen Identifikationsfiguren als Wahnsinnige, die die Reste ihrer versunkenen Biographien zusammenkehren.

Regisseur Dimiter Gotscheff hat sich also nicht begnügt mit Tschechows kleiner Erzählung "Krankenzimmer Nr. 6" (von 1892), in der ein Psychiater zum Patienten seiner eigenen Anstalt wird, weil er inmitten dumpfer Hinterwäldler abseits des reformfähigen Russlands mental kapituliert. Vielmehr hat Gotscheff, mithilfe einer Spielfassung von Ivan Panteleev, die gesamte Enzyklopädie des Dichters aktiviert und den diagnostischen Blick des Arztes Anton Tschechow konsequent mit seiner Poetik kurzgeschlossen.

Suchscheinwerfer als futuristische Schlingpflanzen

Den Clou dieses Verfahrens legt Samuel Finzi als gutmütig labiler Onkeldoktortyp schon zu Beginn offen: "Heute gießt man Geisteskranken kein kaltes Wasser mehr auf den Kopf und steckt sie nicht mehr in die Zwangsjacke; man behandelt sie menschlich und veranstaltet für sie, wie man in den Zeitungen schreibt, sogar Theatervorstellungen." Im Ansatz wird eine nahezu Foucaultsche Analyse der Psychiatrie entworfen: Das rationale, humanistische Denken und die mit ihr verschwisterte realistische Theaterkunst formieren sich, indem sie das Kranke markieren und aussondern. Folgerichtig übernimmt Margit Bendokat sowohl eine jugendlich frische Rolle als Erzählerin als auch das Ordnungspersonal und, in unseren Reihen stehend, die Anstaltskommission, die den Arzt als Wahnsinnigen einweist. Denn in der Klinik entscheidet sich, was als irre eingeschlossen gehört, und was als großes menschliches Leidensvermögen erzählerisch nach draußen, in Kunst und Alltag, gelangen darf.

Der Kern dieser psychopathologischen Selbstreflexion liegt bereits in Tschechows Erzählung vor. Gotscheff und Panteleev haben sie als Kritik der realistischen Bühnenkunst hellsichtig weiterentwickelt, wenn sie die derzeit empathiefähigsten Theaterfiguren vom Schlage eines Wanja oder Astrow an ihren Ursprung in der Klinik zurückverweisen. Bühnenbildnerin Katrin Brack steuert dazu eine imposante Überwachungsästhetik bei. Wie futuristische Schlingpflanzen werden riesige Suchscheinwerfer vom Schnürboden herabgelassen und leuchten das durchweg grandiose, in sich gekehrte, reduzierte Spiel des Ensembles in jedem Detail aus.

Im kalten Glanz des OP-Lichts

Und dennoch hat der Abend etwas seltsam Manieriertes, droht sein kaum zweistündiges Experiment immer wieder in Brillanz zu erstarren. Wieso? Wie mit einem Skalpell hat Gotscheff alle Regungen zwischen den Figuren weggeschnitten und eine Ansammlung von menschlichen Monaden übrig behalten. Wo die lebendigen Situationen zwischen den Figuren aber fehlen, da gerinnen berühmte Tschechowsätze zu Pathosformeln, die man mit spitzen Fingern und Lächeln in den Mundwinkeln von sich weg halten muss: "Das ist doch kein Leben!"

"Wozu?", lautet die Lieblingsfrage des Stückes. Gotscheff streicht alle bei Tschechow subtil ausgebreiteten sozialen Kontexte der Klinik (Anstaltsregularien, Ökonomie, Bildungsdiskurse etc.) – und verliert so letztlich die analytische Perspektive. "Moral und Logik haben hier nichts zu suchen", bekundet Finzis Arzt unterschwellig leutselig. "Alles hängt von einem Zufall ab. Wer eingesperrt ist, der sitzt, und wer nicht eingesperrt ist, geht spazieren, das ist alles." Mit kühler Virtuosität wird peu à peu ein blinder Fatalismus zurechtpräpariert. Wir sind potenziell krank, jeden kann es erwischen, die Anstalt fragt nicht nach Gründen. Nun gut. Nachts sind alle Katzen grau.

Bei Michael Thalheimer, der hier wie ein Seelenverwandter erscheint, würde man in solcherart entkernten Klassikeraufführungen mit expressivem Pathos eingeholt, auf dass uns das ewige, menschliche Leiden schüttele. Gotscheff wählt demgegenüber den Weg Becketts: in die distanzierte, heitere, absurd-existenzialistische Resignation. Er hat fraglos eine große Operation am offenen Herzen Tschechows vorgenommen. Überlebt hat der Patient auch. Ob das neue, auf Schritt gebrachte Organ für größere Sprünge in die Wirklichkeit taugt, ist im kalten Glanze des OP-Lichts nicht die Frage. Bravorufe gab es für den Chirurgen Gotscheff und seine Mannschaft bei der Premiere jedenfalls.

 

Krankenzimmer Nr. 6
Nach Anton Tschechow, Deutsch von Peter Urban, Fassung von Ivan Panteleev
Regie: Dimiter Gotscheff, Bühne und Kostüme: Katrin Brack, Musik: Philipp Haagen, Dramaturgie: Claus Caesar. Mit: Harald Baumgartner, Margit Bendokat, Andreas Döhler, Samuel Finzi, Philipp Haagen, Wolfram Koch, Katrin Wichmann, Almut Zilcher.

www.deutschestheater.de

 

Mehr über den Regisseur Dimiter Gotscheff im entsprechenden Lexikon-Eintrag, wo es auch Links zu anderen Inszenierungen gibt, für die Katrin Brack die Bühne entwarf – wie etwa Alfred Jarrys Ubukönig an der Berliner Volksbühne oder Büchners Leonce und Lena am Thalia Theater in Hamburg.

 

Kritikenrundschau

Auf der Webseite der Berliner Zeitung Der Tagesspiegel (28.2.2010) freut sich Christine Wahl über Gotscheffs "grandiose Inszenierung" und Ivan Panteleevs "hochintelligente Stückfassung". Der Clou an diesem Abend bestünde darin, dass sämtliche Patienten Figuren aus anderen Tschechow-Stücken oder -Erzählungen seien, all die an "fehladressierten Lieben" und "schiefgegangenen Lebensplänen" leidenden Figuren, "mit denen wir uns so unglaublich gern identifizieren". Doch Gotscheffs Inszenierung lasse "keine kuscheligen Vereinnahmungsschlupflöcher". Das "erstklassige Ensemble" verweigere mit "präzisem Minimalismus jedwede voreilige Kumpanei", jeder sei "im 'Krankenzimmer Nr. 6' mit sich und seiner Neurose allein". Samuel Finzi und Wolfram Koch seien "gewohnt großartig", "unglaublich" aber auch wie "kitschfrei" etwa der Verlust des Sohnes immer wieder aus Almut Zilcher hervorbreche. Oder die "Pathosfreiheit" von Andreas Döhlers Bericht von der Insel Sachalin, in dem er eine Massenhinrichtung kapituliere. Margit Bendokat gebe die Wärterin Nikita als "stilechte Alptraumfigur von Horrorfilm-Gnaden". Gotscheffs "kluger Tschechow-Kommentar" stelle im Deutschen Theater eine "ideale perspektivische Ergänzung" zu Jürgen Goschs Tschechow-Inszenierungen dar.

In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (28.2.2010) schreibt Julia Encke: Schon beim Anblick von Katrin Bracks "dynamischen Sehnsuchts-, Angst- und Kontrollbildes" aus riesigen "Aufmerksamkeit- und Suchscheinwerfern" sei man mit dem Deutschen Theater, dessen "letzte Premieren einen etwas ratlos zurückließen", vollkommen versöhnt. Gotscheff inszeniere eine "Allegorie über Überwachen und Strafen", indem er die "historische Verankerung" von Tschechows kleinem Roman "sanft" zurückdränge, jeden Naturalismus vermeide, dafür aber "wie immer" großes "Schauspielertheater" zeige: mit Samuel Finzi, "dem die Qual seiner Existenz" das Gesicht verzerre; mit Wolfram Koch als "philosophischem Gegenpart" und Margit Bendokat als Erzählerin, die die "Textzitate mit (...) verschmitzten Tschechow-Lächeln" unterlege.

Der Abend gebe zwar vor, die Tschechow-Erzählung "Krankenzimmer Nr. 6" zu erzählen, doch bald entscheide Gotscheff sich "für eine tieftümelnde Best-Of-Tschechow-Show, eine Schnitzeljagd durch die Dramen", schreibt Tobi Müller in der Frankfurter Rundschau (1.3.2010). Darin spiele Margit Bendokat "die einzige interessante Figur", sei "die brutale Wächterin wie die heimliche Dichterin". Meist böten die Anstalts-Insassen allerdings "zusammenhanglos Rollen-Fragmente aus irgendeinem Tschechow-Klassiker dar" – doch auch "Schauspieler dieses Kalibers" stünden "in kurzen Hosen da, wenn sie Fitzelchen als Weltliteratur verkaufen müssen". Man sample sich durch Tschechows Dramen, und "es wird nichts ausgelassen", "außer der eigentlichen Erzählung". Von deren Konflikt blieben nur "ein paar Sätze und ein paar Bilder. Die sind gut, aber von der Länge eines Trailers." "Den Kern der Erzählung, die halbphilosophische Erörterung des Leidens, in eine Kunstreflexion zu verwandeln , scheint die Absicht dieser aufwändigen Vermeidung zu sein, in der Psychiatriepatienten sich als Schauspieler entpuppen." "Gotscheff ist ausgerechnet mit diesem harten Text weich geworden. Ein Text, der ohne die Melancholie der Unabänderlichkeit auskommt, der sonst so viele Tschechow-Stücke grundiert."

"Ach, diese Irren da unten. Mit einem langen, nicht unfreundlichen, aber doch abschätzigen Blick über die Goldrandlesebrille hinweg hat Samuel Finzi das Publikum pathologisiert." Das feiere die Gotscheff-Premiere, so Ulrich Seidler in der Berliner Zeitung (1.3.2010), entsprechen mit "irrsinnigem Jubel". Dem Regisseur sei da "ein edles Gedankentheaterschmuckstück" gelungen, indem Bendokats Nikita "die brutale Ordnungshüterin dieses vollautomatischen Irrenknastes" abgibt – "Diese stumpfsinnige Psychopathin verkörpert das Normale." Gotscheff kümmere sich kaum um die in der Erzählung enthaltene Sozialkritik, sondern fasse "die Frage nach der Grenze zwischen dem Normalen und dem Verrückten poetologisch und erweitert sie zur der Frage nach der Grenze zwischen Leben und Spielen" – "Wer würde nicht lieber Tschechow-Spielen, um der realen Nikita-Normalität zu entkommen?" Alle auf der Bühne seien "immer auch Spielermenschen, die auf eigenen Wunsch aus der Wirklichkeit gesperrt wurden und ihr Dasein in der Gotscheff-Anstalt genießen, im Wissen um die Traurigkeit des Daseins". Man könne Gotscheff – wie auch Gosch – "vorwerfen, dass sie sich mit ihrem Theater aus der Wirklichkeit in die Ästhetik zurückziehen. Man kann sich aber auch bei ihnen bedanken, dass sie einen für das eine oder andere Stündchen mitnehmen".

Tschechows traurige, packende Geschichte lasse sich "mit Hilfe der stets hinreißenden Margit Bendokat und anderer vorzüglicher Darsteller (...) sachgerecht in Fantasiewirklichkeit voller leiser Schreckensbilder transponieren", findet Ulrich Weinzierl von der Welt (1.3.2010). Auch das Suchscheinwerfer-Bühnenbild überzeugt: "Das Rieseninsekt eines keineswegs therapeutischen Regimes von Überwachen und Strafen hat 1000 Augen". Der Einfall, aus den Insassen "lauter alte Bekannte" zu machen, sei bloß auf dem Papier ein reizender Einfall: "Soirée im Kopf von Anton Pawlowitsch!" Dessen "schwerste Neurotiker, resignierte Sehnsuchtsgestalten, Lebensuntergänger unter sich, weggesperrt in ihrem Existenzkerker". Doch "die Fülle der Zitate verwirrt mit Tschechow nicht besonders Vertraute, die Übrigen werden durch das heitere Figurenraten unziemlich abgelenkt. Rätselrallyes für Insider sind im Theater fehl am Platz." Viele szenische Details, auch die "musikalische Sprachbehandlung" glückten tadellos, "doch das Ganze entwickelt zu wenig Sog. Und alsbald fängt man sich zu ärgern an: über die Hybris, die der poetischen Kraft des Originals misstraut und es zur Zutat für eine Eigenschöpfung degradiert."

Irene Bazinger freut sich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (2.3.2010) über ein "helles, heiteres Narrenspiel". Die Aufführung sei "wie eine dezente Abfolge von Therapiesitzungen angelegt", bei denen die Patienten "still ermuntert" würden, "sich in egal welcher Form zu öffnen und etwas von sich mitzuteilen". Während dabei "bald ihre Obsessionen aufbrechen und sie wirr durcheinander über ihre jeweiligen Ticks sprechen", senke sich "ein ganzer Schwarm von unterschiedlich großen Scheinwerfern auf die leere Bühne herab". Die Bühnenbildnerin Katrin Brack bringe "mit diesem Himmel aus lauter Technik, der den Unglücklichen fast auf den Kopf fällt, ein wichtiges Element des Theaters, das Licht, in Verbindung zu den Überwachungskameras etwa in Gefängnissen". In einem "blitzblanken Tollhaus" zeige das "ausgezeichnete Ensemble mit Vergnügen und Verve Tschechows Erniedrigte und Beleidigte". "Neu sind Tschechows Betrachtungen zum inneren wie äußeren Gesundheitssystem zwar nicht mehr, aber in der charmant souveränen Inszenierung von Dimiter Gotscheff als hohe Kunst mit Herzblut sehenswert umgesetzt."

 

Kommentare  
Gotscheffs Krankenzimmer: Gelungen! Danke.
Gut , dass es A.T. gibt.Ein wahrlich vielfältiges Aufkommen von diversen Sentenzen - beginnend von einem Bühnenbild das den Geist ( Irren) beleuchtet ( blendet) , Schauspielern die den Spiegel des kranken / oder doch nur des eingebildeten Kranken wecken( Horn/Zilcher : fein und laut," Dr."Finzi manchmal etwas"überfordert". verhaltener Beifall (?) , schade . Gelungen! Danke
Gotscheffs Krankenzimmer: den Bravorufen anschließen
Möchte mich den Bravorufen anschließen. Der Abend war wohltuend ruhig und dicht inszeniert nach dem vielen aufgeregten Gezappel in der letzten Zeit. Eine Bühne von allem bedeutungsschwangeren Gerümpel befreit, die endlich wieder durch Schauspieler ausgefüllt wird. Der Text kommt so ganz zur Geltung, er ist der Hauptakteur des Abends. Dank an Dimiter Gotscheff und das Ensemble.
Gotscheffs Krankenzimmer: Eitel, grauenhaft
Was für ein verbrämter Kitsch. Eitel. Selbstgefällig. Grauenhaft.
Gotscheffs Krankenzimmer: Beleidigung psychisch Kranker
eine beleidigung für psychisch kranke. ignoriert das leid, dass damit verbunden ist. blutleeres kunstgewerbe. die scheinwerfer runterlassen, gähn... hosen runterlassen wäre besser gewesen.
Gotscheffs Krankenzimmer: fließende Grenzen
@ Irene
Wer beleidigt hier Ihrer Meinung nach psychisch Kranke? Tschechow mit seinem Text oder Gotscheff mit seiner Inszenierung. Ich glaube da haben Sie was missverstanden. Das war sicher nicht die Absicht beider. Hier geht es eher darum, wie fließend manchmal die Grenzen zwischen dem angeblich Normalen und dem Wahnsinn sind und der Wahrnehmung des Unnormalen in der so normalen Gesellschaft. Hat der psychisch Kranke ein Recht sich zu äußern? Sind seine Äußerungen wirklich oder Hirngespinnste? Das wird heute natürlich ganz anders beantwortet als noch zu Tschechows Zeiten. Ich bin kein Psychologe, aber ich denke Gotscheff ist es gelungen den Text in die heutige Zeit zu holen, ohne die Gefühle von tatsächlich psychisch Kranken zu verletzen.
Gotscheffs Krankenzimmer: die Geister von Gosch & Beckett
Tschechow ist "in". Ob Gotscheff, Thalheimer oder der viel zu früh verstorbene Jürgen Gosch: An Tschechow kommt das deutschsprachige Theater derzeit nicht vorbei. Ein Theater der Krise, der Theater des Stillstands und des bevorstehenden Endes. Und doch ist ein anderer "Endzeitler" der andere, heimliche dominierende Geist dieser Spielzeit: Samuel Beckett. Hat zunächst Thalheimer aus Brechts (ein anderer derzeitiger "In"-Autor - welches Theater hat seine Johanne in dieser Spielzeit eigentlich nicht inszeniert?) Puntila einen Hamm oder Pozzo gemacht, inszeniert Gotscheff jetzt Tschechow als Endspiel.

Die zugrundeliegende Erzählung ist nur der Rahmen, Gotscheff präsentiert eine geschlossene Gesellschaft des Tschechowchen Figuren-Universums, gestrandet in einer letzten Enklave einer endzeitlichen Welt. Das Irre, andere, ausgestoßene wird zum drinnen, die Welt zum Draußen. Aber ist da überhaupt noch was oder sind die zunehmend eingeschlossenen allein? Und ist es überhaupt wichtig?

Noch ein Beckettsches Element: Es findet keine Handlung mehr statt, ja keine Interaktion. Wie die körperlosen Köpfe in Becketts Play ergehen sie sich in Monologen, einen Austausch gibt es nur noch rudimentär, zum nde erstirbt er ganz. Das wäre pessimistisch und doch nur ein konsequentes Zu-Ende-Erzählen der Tschechowschen Welt. Und doch ist nicht alles verloren: Die Tschechowsche Ironie und Gotscheffs leiser Humor, der von Beckett und Müller stammt, sind noch da und mit ihnen so etwas wie Hoffnung?

Eine spannende Inszenierung, die handwerklich und dramaturgisch nahezu perfekt und schauspielerisch atemberaubend ist und die trotzdem nie wirklich berührt.
Gotscheffs Krankenzimmer: erste Tschechow-Müdigkeit
Zweifelsohne ein solide inszeniertes Stück, unterhaltsam und manchmal sogar recht nah am Text der Erzählung - doch in Begeisterung bin ich nicht ausgebrochen. Die Bendokat, die die Schwächen von "Öl" aufgewertet hat, blieb diesmal etwas blass. Hervorragend war diesmal Almut Zilcher und gut wie immer das Duo Koch/Finzi. Leider fehlte der letzte Kick, eine Ahnung von Größe im Leiden.
Letztlich war das Personal der "Perser" auf der Bühne inklusive einiger personaler Abrundungen, weil Tschechow nun einmal 5 Leidende ins Krankenzimmer zwang. Die Schauspieler + Tschechow: kein Wunder, dass Christine Wahl und Lautenbach wie erwartet in stille Ovationen ausbrachen, denen sie dann in ihre Kritiken Luft verschafften.
Schon nach "Onkel Wanja" dachte ich: glänzend inszeniert und gespielt, aber allmählich habe ich diesen Tschechow etwas über. Nun, die Berliner sind anscheinend unersättlich - wann stellen sich die ersten Anzeichen von Tschechow-Müdigkeit ein?
Krankenzimmer Nr. 6 am DT: Hoffentlich nie
Ich hoffe nie. Zumindest nicht bis es echte Alternativen am Deutschen Theater gibt.
Gotscheffs Krankenzimmer: kalte Inszenierung
Also Gotscheff ignoriert das Leid, das hat mich immer schon bei ihm gestört. Viel zu leicht kommt er zu einer
leeren Künstlichkeit, mit Virtuosität. Ist er ein bedeutender
Regisseur? Als solcher wird er ja genannt. Die Textarbeit war schon immer besonders gut. Ist diese Kälte der Inszenierung notwendig? um Gefühle von psychisch Kranken nicht zu verletzen? Theater und die
sachliche Praxis der Behandlung psychisch Kranker.
Wozu perfekte kalte Inszenierungen, die nicht berühren? um der eigentlichen Problematik zu entgehen
und sich (und den Zuschauer) aus wirklichen Krankenzimmern herauszuhalten?
Gotscheffs Krankenzimmer: die ideale Personalunion
Ich lese - und es ist immer das selbe:
Die Hybris, die der poetischen Kraft des Originals misstraut
und es zur Zutat für eine Eigenschöpfung degradiert. . .
Das machen doch jetzt fast alle heutigen Regisseure.
So kommt es darauf an - gelingt das Eigene oder gelingt
es nicht? Misslingt die Arbeit des Regisseurs, geht man
lieber zum Original wieder zurück und macht sich seine
eigenen Vorstellungen, als ein unsichtbares, imaginäres
Theater.
Künstler sind - zugegebener Maßen - selbstgefällig und
eitel - also auch Regisseure, die sich über den Dichter
stellen: Dichtende Spielleiter, welche Texte verwenden,
die sie selbst nicht geschrieben haben.
Die Schau und das Spektakel ist das Wichtigste.
Die Welt des Theaters und die Welt des Dichters sind
eigentlich verschiedene Welten.
Gut wenn der Theaterdichter sich mit dem Theater
irgendwie verbinden kann.
Ideal wäre: Theaterdichter, Spielleiter, Schauspieler -
in einer Person vereint.
Shakespeare, Goethe, Moliere - aber das ist ja alles bekannt . . .
Gotscheffs Krankenzimmer: wunderbare Textcollage
@ Hanke
Dimiter Gotscheff hat hier doch eine wunderbare Textcollage geschaffen, die Tschechow eher noch verdeutlicht, als ihn schwächt. Gotscheff pfropft nichts auf, was da nicht schon drin wäre. Wenn sie sagen, er ignoriere das Leid psychisch Kranker, muss ich sagen das zu beschreiben war schon nicht das Interesse von Tschechow, sondern eine philosophische Bestandsaufnahme der russischen Gesellschaft über das Bild einer gestörten Welt im Kleinen, eben einer Nervenheilanstalt.
Dieses von Ihnen so bevorzugte Ideal der Personalunion von Dichter, Regisseur und Schauspieler möchte ich lieber nicht haben, dann darin liegt eher die Gefahr des Eitlen.


DIE EITLEN

Dies aber ist meine andere Menschen-Klugheit: ich schone die Eitlen mehr als die Stolzen.
Ist nicht verletzte Eitelkeit die Mutter aller Trauerspiele?
Wo aber Stolz verletzt wird, da wächst wohl etwas Besseres noch, als Stolz ist.
Damit das Leben gut anzuschaun sei, muß sein Spiel gut gespielt werden: dazu aber bedarf es guter Schauspieler.
Gute Schauspieler fand ich alle Eitlen - sie spielen und wollen, daß ihnen gern zugeschaut werde - all ihr Geist ist bei diesem Willen.
Sie führen sich auf, sie erfinden sich; in ihrer Nähe liebe ich's, dem Leben zuzuschaun - es heilt von der Schwermut.
Darum schone ich die Eitlen, weil sie mir Arzt sind meiner Schwermut und mich am Menschen festhalten als an einem Schauspiele.
Und dann - wer ermißt am Eitlen die ganze Tiefe seiner Bescheidenheit! Ich bin ihm gut und mitleidig ob seiner Bescheidenheit.
Von euch will er seinen Glauben an sich lernen; er nährt sich an euren Blicken, er frißt das Lob aus euren Händen. Euren Lügen glaubt er noch, wenn ihr gut über ihn lügt: denn im Tiefsten seufzt sein Herz: "Was bin ich!"
Und wenn das die rechte Tugend ist, die nicht um sich selber weiß: nun, der Eitle weiß nicht um seine Bescheidenheit!

aus "Also sprach Zarathustra" (Friedrich Nietzsche)
Gotscheffs Krankenzimmer: apropos Tschechow + Nietzsche
Ich muss gestehen, dass ich die Aufführung nicht kenne.
Ich habe nur über sie gelesen. Ich kenne Gotscheff sehr
wenig, nur die wunderbare Aufführung "Die Möwe" , Köln,
1993, dann "Woyzeck" aus dem selben Jahr, der mir
überladen vorkam, mit Regieeinfällen. Teile von "Fräulein
Julie" (TV). Wenn das "Krankenzimmer 6" so ist wie sie sagen,
dann kann ich mich beruhigt an Gotscheffs "Möwe" erinnern, die
eine besondere persönliche Rolle in meinem Leben spielte, auch in meiner Entwicklung als Künstler.
Ich bin gewissermaßen beruhigt, dass Tschechow eher
verdeutlicht wurde als geschwächt, denn Tschechow
liegt mir seit frühen, frühesten Jahren sehr am Herzen.
Also ignoriert Gotscheff nicht das Leid, und die Aufführung ist keine Beleidigung für psychisch Kranke -
Übrigens kenne ich Nietzsches Werk ganz gut - ich wusste gar nicht, dass man Teile davon hier bringen
kann (ich bin neu in der Nachtkritik). So kann ich also
ohne weiteres Nietzsche länger zitieren. Nur hat Nietzsche im
Laufe seines Lebens sehr Unterschiedliches und auch
Widersprüchliches, zu vorher, früher Geschriebenes ausgesagt - wie auch immer, ich werde versuchen, später, wenn ich mehr Zeit habe, darüber etwas zu
schreiben.
Der "Zarathustra", den er selbst für sein größtes Werk,
seine tiefste Dichtung hielt, halte ich als Dichtung (nicht die darin enthaltenen philosophischen Gedanken),
von ihm weit überschätzt, und ich hatte immer Mühe
das Werk zu lesen und ALS DICHTUNG ganz ernst zu
nehmen. Das selbe (oder ein ähnliches) Urteil fand ich später bei Thomas
Mann über Nietzsches berühmtestes Werk.
Und doch könnte ich sagen, dass ich ein großer Bewunderer Nietzsches bin, der Einfluss seines Denkens
auf mein Leben ist sicherlich weitgehend.
Zum Schluss: Nietzsche war sehr eitel. Ich denke da an einen seiner letzten Briefe an seine Mutter -(war es der letzte?)
oder an Teile seines Werkes "Warum ich so klug bin" zum Beispiel usw. . . .
Gotscheffs Krankenzimmer: fast im Paradies
Ich bin stolz genug für ein unbedingtes incognito -
selbst in erträglichen Verhältnissen: ziemlich unbekannt,
doch geduldet, halb verwechselt fühle ich mich fast wie im
Paradiese.
Ich bin, der "bescheidene Prinz", die Hoheit, die inkognito reist (durch Nachtkritiken z.B.) -
leutselig zu verstehen gebend, dass da im Hintergrund
etwas Überirdisches waltet und wartet.
Ich bin durch das (beinahe, nicht völlige) ausschließliche Zusammensein mit idealischen Bildern
und Vorgängen, so reizbar geworden, dass ich im Verkehr mit dem jetzigen, heutigen, zeitnahen Menschen unglaublich leide und entbehre.

Und jetzt will ich ein Geheimnis verraten, das kein Geheimnis ist:
Es ist ja gar nicht Eitelkeit bei Nietzsche,
sondern Größenwahn.
Gotscheffs Krankenzimmer: über den Lehrtrieb
Um des Ruhmes willen - so täuscht Nietzsche sich selbst wieder, habe er keine einzige Zeile geschrieben, aber sein
Lehrtrieb sei stark, und insofern braucht er Ruhm, um
Schüler anzuziehen.
Mein Lehrtrieb (Hankes Lehrtrieb) ist nicht stark.
Ich finde es unterhaltsam, wenn Jüngere die Älteren
belehren wollen aus Mangel an Lebenserfahrung und
Vertiefung, oberflächlich, rhetorisch-intellektuell.
Die Regisseure des deutschen Regie-Theaters, versuchen uns die Größen des Welttheaters zu lehren
und bei-zu-bringen. Sie HABEN einen starken Lehrtrieb -
berechtigt oder nicht - wie viele Jahrzehnte geht das
schon so? und kein Ende ist abzusehen auf den deutschen Bühnen.
Österreich ist eine Komödie, die größte Komödie, die es gibt, größer noch als die Komödien Shakespeares . . .
So ungefähr sagte es Thomas Bernhard in
"Ich gehe mit Peymann eine Hose kaufen . . . usw."
also in diesem Sinne . . .
Gotscheffs Krankenzimmer: es braucht einen Nietzsche-Thread
@ Hanke
Nietzsche und Größenwahn, was für eine neue Erkenntnis, mein lieber kleiner Prinz. Einen Nietzsche-Thread gibt es leider zur Zeit nicht auf Nachtkritik, aber das kann ja noch kommen, bei Rene Pollesch steht so was ja in Aussicht. Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik mit dionysischen Schöpfungsenergien, oder was da sonst noch so aus Nietzsche rauszuholen ist.
Jetzt bezeichnen Sie sich ja selbst als Künstler, ihre Motivation ist mir aber nicht ganz klar. Wen meinen Sie im Speziellen als Lehrer und von welchen Schülern sprechen Sie? Ich hoffe Sie haben mit dem Verweis auf die große Weltkomödie Österreich nicht Claus Peymann im Sinn. Der hat es übrigens bis jetzt nicht geschafft den ganzen Shakespeare an einem Abend aufzuführen.
Irgendwie habe ich gerade das Gefühl einer feindlichen Übernahme der Nachtkritik-Seite durch das BE beizuwohnen, kleiner Scherz am Rande. Aber seit auch Hermann Beil hier rumpostet und Robert Wilson in höchsten Tönen gelobt wird, halte ich ja alles für möglich.

„Die großen Leute sind entschieden sehr verwunderlich, stellte er auf seiner Reise fest.“
Der kleine Prinz, Antoine de Saint-Exupéry

In diesem Sinne Bon Voyage.
Gotscheffs Krankenzimmer: u n b e d i n g t e s incognito
Der Nietzsche Text:
Ich bin stolz genug für ein u n b e d i n g t e s
incognito, selbst in ärmlichen Verhältnissen:
aber h a l b geehrt, h a l b geduldet, h a l b verwechselt fühle ich mich wie in der Hölle - d a z u bin ich n i c h t "stolz genug".

Ich bin, der "bescheidene Prinz", die Hoheit, die
inkognito reist, leutselig zu verstehen gebend, dass da im Hintergrund etwas Überirdisches waltet und wartet.

Ich bin durch das ausschließliche Zusammensein mit
idealischen Bildern und Vorgängen so reizbar geworden, dass ich im Verkehr mit den jetzigen Menschen unglaublich leide und entbehre.

Ich habe also durch meine respektlosen Änderungen, ein wenig modernes Theater gemacht. Einen etwas anderen Text.
Übrigens verreise ich tatsächlich.
Wie konnten Sie das wissen?
Gotscheffs Krankenzimmer: das Glück gutsitzender Hosen
Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen. Ich hatte das nicht mehr im Gedächtnis. Es ist mir wirklich peinlich . . . Da können Sie sehen, wie ungebildet ich bin.
Gestern habe ich mir die drei Dramolette gekauft - nach so vielen Jahren. Ich konnte Thomas Bernhard, als er noch lebte, im größten Kaffeehaus dieser Stadt (die meine Heimatstadt ist) manchmal beobachten. Er saß unerkannt an einem der Tische, in Begleitung dieser älteren Frau, und las in riesigen Tageszeitungen. Aufgeregt flüsterte ich dann dem
Oberkellner Fischer zu: Der Thomas Bernhard ist hier! Thomas Bernhard ist anwesend!
Der Oberkellner Fischer aber machte sich nichts daraus. Auch sonst war nicht zu bemerken, dass man dem Dichter nur einige Aufmerksamkeit schenkte - wenn ich meinen Erinnerungen trauen darf . . .
Eine passende Hose kann glücklicher machen als alles
andere - der erste Satz den Peymann sagt.
Eine Komödie ist Österreich eine ungeheuerliche Komödie wie wenn sie ein Ausbund von Shakespeare
geschrieben hätte. Ein Ungeheuer an Komödie also doch WAR Österreich damals und ungeheuerlich.
Übrigens war Österreich 1985 für mich persönlich tatsächlich die "tollste Komödie von allen" .
Ich erinnere mich ganz deutlich daran, dass ich das dachte, als ich den Text von Bernhard das erste Mal las. Ich lebte damals vollkommen als ein "Prinz Vogelfrei" (der Name ist von Nietzsche ausgeliehen).
Aber zurück zu Gotscheff und zum Krankenzimmer.
Also Beckett ist spürbar in dieser Inszenierung.
Ist der Einfluss Schopenhauers auf das Werk Samuel
Becketts sehr bekannt? Schopenhauer als der erste, frühe Lehrmeister Nietzsches.
Womit wir wieder bei Friedrich Nietzsche wären. Nur hat er den dunklen Pessimismus Schopenhauers ins Gegenteil gekehrt, zu seiner berühmten Lebensbejahung - ich könnte auch sagen WILLE ZUR MACHT:
Thomas Mann zieht eine Linie von Schopenhauer über
Nietzsche zu Sigmund Freud. - Ich selbst habe Schopenhauer-Lektüre gemieden und mich mit der
Psychoanalyse Freuds herumgeschlagen . . .
Das ist schon lange her . . .
Gotscheffs Krankenzimmer: Überwindung des Schmerzes
@ Hanke
Schopenhauer hat viele Künstler beeinflusst. Der Weg über die Kunst das schmerzvolle Dasein zu überwinden wird von ihm beschrieben, womit wir auch wieder bei Jelinek und Bernhard und sicher auch bei Tschechow sind. Was Nietzsche betrifft, hat er Schopenhauers Moralbegriff abgelehnt und bewundert in ihm nur noch den kritischen Denker, der die Daseinsfrage stellt. Mit den anderen Thesen von Nietzsche kann ich zugegeben nicht sehr viel anfangen. Dieser Wille zur Macht ist viel fehl interpretiert worden, wenn man ihn als Gestaltungswillen in der Gesellschaft übersetzt dann ja, aber alles andere ist doch meist mythisch verquast. Künstlern hat das nun wiederum auch sehr interessiert und es gibt immer wieder Theaterleute die sich mit Nietzsche auseinander gesetzt haben, wie zum Beispiel Einar Schleef mit seiner Nietzsche-Trilogie oder dem Ecce-homo-Monolog.
Was vielleicht Schopenhauer und Nietzsche verbindet, ist der Atheismus oder zumindest die Abkehr vom Christentum und die Beschäftigung mit anderen Lehren wie dem Buddhismus. Das kommt sicher aus der Beschäftigung Schopenhauers mit Platon und seiner Unsterblichkeit der Seele.
Was nun wiederum Sigmund Freud betrifft, so kann man vielleicht sagen, dass er Schopenhauers und Nietzsches Thesen von der Triebhaftigkeit des Willens in die Psychoanalyse übernommen hat und damit die Einbeziehung der Sexualität in die Psyche vollzog.
Hier könnte man nun wieder ihr gestriges Theatererlebnis "Über Tiere" mit einbeziehen. Dazu aber vielleicht später.
Jelineks Über Tiere. Meditationes Hankini
Es kann nicht anders sein. Die Inszenierung von Über Tiere an diesem kleinen Theater hier, kann nur von einem deutschen Regisseur unternommen worden sein.(ich habe noch nicht nachgeforscht)
Bei einer weniger geglückten österreichischen Inszenierung (es ist ja sicherlich kein leichtes Unterfangen dieses Stück der Elfriede Jelinek auf die Bühne zu bringen) wäre ich sicherlich in einer Art Krankenzimmer 6 gelandet und hätte nicht leicht daraus ausbrechen können, denn ich verlasse nur ungern ein Theater während der Vorstellung - das Ganze soll ja gesehen werden.
Ich bin auch von schlechten Aufführungen in der Vergangenheit geprägt, die Themen in dieser Richtung behandelten und das österreichische Krankenhaus 6 (ich meine Krankenzimmer 6 und habe unabsichtlich Krankenhaus 6 hingeschrieben) im Theater und in der Wirklichkeit waren unerträglich gewesen. Der Gang aus der Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft in der Provinz. Das Theater, dieses Theater in dieser Stadt hat mich von Kindesbeinen an
begleitet bis heute. Natürlich gab es früher Jahre, da bin ich viel nach Wien gefahren, um Aufführungen am Burgtheater, Volkstheater usw. zu sehen, aber das ist doch jetzt viele Jahre her - vielleicht sollte ich wieder beginnen damit (ich bin kein großer Liebhaber der alten Dame Wien gewesen - ich muss die Großstadt Wien richtig erwischen und bei gutem Wetter - das traurige, melancholische Wien bei Schlechtwetter wirft
mich mit Sicherheit in eine Depression, ein, zwei Tage und ich muss sehen dass ich fortkomme - aber vielleicht wird das jetzt anders sein, es könnte ja sein . . . großes Theater in Wien!)
Ich bin ja glücklich und begeistert, dass ich dieses Stück in dieser gelungen Inszenierung sehen konnte - es war eine befreiende Begegnung mit Elfriede Jelinek, die erste theatralische (natürlich kenne ich das "Sportstück" in der Fernsehübertragung und es war ja auch großartig
gemacht. Mit dem Lesen der Romane Jelinkes hatte ich immer große Schwierigkeiten und in ihre Theaterstücke und Theater-Texte habe ich nur immer so hineingeschaut. Jetzt lese ich den Über Tiere-Text ganz langsam und lasse ihn auf mich einwirken . . .) Ja, ich hatte immer gedacht (wie viele Österreicher auch, glaube ich) - die Jelinek, die ist zu viel Krankenzimmer 6 - aber ist Elfriede Jelinek von uns zu trennen?
Gotscheffs Krankenzimmer: die Möwe 1993, eine Begegnung
Damit das Leben gut anzuschaun sei, muß sein Spiel
gut gespielt werden: Dazu aber bedarf es guter Schauspieler (Nietzsche).
Wurde bis hier her gut gespielt? Ist dieses Ganze gut
anzuschauen, und ist es nicht auch unterhaltsam?
Ich wollte mit achtzehn Jahren Schauspieler werden
und versuchte in Heidelberg, im damaligen "Studio Haller" bei Frau Irene Haller mich als ein solcher auszubilden. Aber ich eignete mich nicht zum Schauspieler (ich bin vor Zuschauern, vor einer Menge Leute, extrem schüchtern, und komme unweigerlich
in die schlimmsten Peinlichkeiten)
Ich bin der Sohn einer Schauspielerin. Der Familien-Roman (Drama) wurde als Spiel nicht gut gespielt -
das heißt - vielleicht sogar ausgezeichnet gut gespielt,
aber, das Krankenzimmer 6 war nicht abzuwenden . . .
Gotscheffs "Möwe" 1993 - was für ein Ereignis für mich!
was für eine Begegnung!
Ich war ja selbst Kostja (Konstantin Trepljow) gewesen,
und meine "Nina" wollte auch eine berühmte Schauspielerin werden. Sie hat im Gegensatz zur Nina
in Tschechows Stück, Karriere gemacht und ich hatte
nicht Selbstmord begangen, wie der arme Trepljow.
(wie wunderbar Gotscheff Samuel Finzi am Schluss des
Stückes nur den Zeigefinger an die Schläfe setzen, mit der Stimme den Schuss nachahmen lässt -
vor lauter unglücklicher Liebe, verletzter Eitelkeit,
möchte man sich erschießen, tut es aber nicht -
Kunst, Theater-Kunst, Schauspieler-Kunst:
Überhöhung des Spiels Leben, und eventuell sogar seine
"Verklärung" - ich habe also Gotscheff und Tschechow
viel Entscheidendes für mich zu verdanken.
(Frage an die Redaktion: Wo kann man TV-Aufzeichnungen von Gotscheff-Inszenierungen erwerben?)
Herr Stefan, vielen Dank für Ihre bisherige Wegbegleitung und Gespräch, Hinweise und Anregungen.
Gotscheffs Krankenzimmer: DVD- und Buch-Tipp
@ Hanke
Schön das sie sich noch mal melden. Hatte etwas Sorgen nach Ihrem letzten Schrei. Ich hoffe Sie nehmen mir den Schmerzensmann nicht übel.
Zu Dimiter Gotscheff gibt es eine DVD ZDF(2008) von seiner Woyzeck-Inszenierung in Düsseldorf von 1994, gefunden auf einer Liste des Goetheinstituts. Hier der Link: http://www.goethe.de/ins/hu/bud/pro/Bibliothek/DVD-Liste.pdf ; (siehe Seite 13)
Wo es die DVD gibt, weiß ich leider auch nicht. Sonst gibt es glaube ich eher nichts zu Gotscheff. Viel Spaß beim Suchen.
Hier noch ein interessantes Buch von Bettina Schültke und Peter Staatsmann (Hrsg.) „Das Schweigen des Theaters: Der Regisseur Dimiter Gotscheff“.
Zitat: „Lustig ist Gotscheff nie, komisch nur manchmal, grotesk fast immer.“
Gotscheffs Krankenzimmer: liegt ganz auf meiner Linie
Vielen Dank Herr Stefan, sehr liebenswürdig.
Das Buch hatte ich schon gekannt, doch noch nicht gekauft. Ein wenig besorgt wegen den alten "Möwe"-Erinnerungen, aber Sie geben mir (wie schon so oft)
Antrieb und die Freiheit weiterzugehen - zu lange bin ich immer wieder in Vergangenes, lange Zurückliegendes
eingetaucht . . .
Ich habe auf Video "Die Möwe" und den "Woyzek" von damals. Woyzek ist schon auch eine unglaubliche starke
Aufführung - beinahe fast zu viel. Für mich ist Gotscheff der vielleicht stärkste deutsche(bulgarische)
Regisseur - er liegt ganz auf meiner Linie und die Möwe-
Aufführung war etwas ganz Neues für mich damals.
Vielleicht sollte ich einmal versuchen eine seiner Premieren zu sehen. Ich war schon ewig lange nicht mehr in Deutschland. Ich habe es nicht ganz leicht mit
den Deutschen, und mit den Österreichern schon gar nicht. Ich bin ein "schlechter" Österreicher, bin früher viel in der Welt herum gekommen, und wollte Österreich
fern bleiben und im Ausland leben. Ich war international
orientiert, sprach gern die englische Sprache - aber die
Deutsche Sprache brauche ich (Goethe sagt im "Faust",
lässt Faust sagen: ... in mein g e l i e b t e s Deutsch
übertragen) Nein, ohne diese Sprache kann ich auf die
Dauer nicht sein, nie könnte ich wie Beckett in einer fremden Sprache schreiben (oder doch? beinahe hätte ich eine schottische Tänzerin geheiratet).
Vielen Dank. Ich werde mir das Gotscheff Buch kaufen,
um ihn besser kennen zu lernen . . .
Gotscheffs Krankenzimmer: Hanke gewidmet
krankenzimmer sex
schoppen hauer

wieder der schattenhund
wieder der schattenschlund
der hund
anbetungsunwürdig
vor nicht zweifelvater leere
zweifelhafte lehre
anipresorp und soporta
erlöschend und langsam

langsamer in der ferne
unlängstvieh
die gleichen und ungleichen sätze, gesetze
und ungleitend geschwätze
umlängst dies frauenharr reizte
unlängst dies frauenhaar beizte
das auf den ebenen sanne
bei langen langen vergewaltigungen
ungleich das langsamere gedicht
fromm jenseits des grabes
die alten stimmen
nach ei nander

biss in die hölle
himmel und erde
erd und himmel
faulend gewimmel

(hank(e) gehwittmeet der mich auf die idee pracht-tee)
Gotscheffs Krankenzimmer: Trixis Beckett
und nun das gedicht von samuel beckett:

bis in die höhle himmel und erde
und nacheinander die alten stimmen
von jenseits des grabes
und langsam das gleiche licht
das auf den ebenen ennas bei langen vergewaltigungen
unlängst das frauenhaar beizte
und die gleichen gesetze
wie unlängst
und langsam in der ferne erlöschend
proserpina und atropos
anbetungswürdig vor zweifelhafter leere
wieder der schattenschlund


vielen dank
Gotscheffs Krankenzimmer: pauschaler Anwurf
hier gehts ja zu wie in den vorrunden von dsds!
Gotscheffs Krankenzimmer: Hinweise
@ hankearkadijpfingstochsewennauchvoneigenerhandgeschlachtet --da man hier schon verse ihnen zueignet, lassen sie mich etwas konkreter werden und sie auf den 3. juni verweisen, dann wird es am thalia hh den "Iwanow" von gotscheff geben als gastspiel und im febr.11 soll "Antigone" sophokles/hölderlin premiere haben.von kiel nicht so weit, von wien schon...aber der wein im c.n. kann warten.
Krankenzimmer Nr. 6: wie Beckett raus kommt
trixi hat das sauber hingekriegt und doch auch unsauber
da sieht man mal wieder was in so einem text von beckett drin ist
und was da rauskommen kann
ein bisschen mehr zeit hätte sie schon darauf verwenden können denk ich vielleicht wird mal eine selbständige poetin aus ihr
krankenzimmer sex und gotscheffs krankenzimmer 6
schopenhauer
nietzsche SIEG-mund freud
beckett ist für unsre zeit immer noch maßgebend
Krankenzimmer Nr. 6: Danke für den Hinweis
vielen Dank ungeschlachteter Pfingstochse
Hamburg wäre schon schön und "Iwanow" von Gotscheff dort
kenne Hamburg von früher, ich mag die Stadt sehr
Bier wird dort den "Heurigen" ersetzen
vielen Dank für den Hinweis bester Arkadij
Krankenzimmer Nr. 6 – interpassive Einladung
@ P.P. und Hanke

- Lieber P.P. !

Pane, ich habe mich (auch im "Off") sehr über Ihren Hinweis gefreut bezüglich des
"Iwanow" von Gotscheff in Hamburg (und versuche, diesen Termin wahrnehmen zu können: Kartenkauf etc., werde -soweit möglich- von mir hören lassen), muß allerdings andererseits jetzt auf einige "Ungereimtheiten" eingehen:
"Hanke", denke ich, sitzt in Wien, und ich, so ist es desmeist und auch jetzt wieder,
sitze in Kiel: Ich wollte schon den Verfassernamen "Plötzlich Belgrad" (in Anspielung
auf "Klingt falsch ...") wählen, aber mit den Namen gedenke ich aus meiner bisherigen nachtkritik de.-Erfahrung hinaus nunmehr weniger "spielerisch" umzugehen: es bleibt jetzt bei Arkladij Zarthäuser: P.P., ich weiß nicht, wieso Sie auf die "identität" von Hanke und mir gekommen sind, bzw. wie ernst Sie das so ge-
schrieben haben, mag sein, "Flohbär" hat mit seiner Monoschachassoziation dazu
beigetragen ...: Seien Sie also versichert, Sie haben in Ihrem Beitrag zwei
Personen angesprochen, Herrn Hanke (in Wien wohl) und eben mich, und ich fühle mich jetzt auch nicht gleich "interpassiv ausgeladen" bezüglich unseres Treffens im CN (Herr Hanke muß das garnicht unbedingt kennen ...), möglicherweise sollte Herr Hanke aber die "interpassive Einladung" beherzigen, wäre nicht übel !

-Lieber Hanke !

Ich begrüße dergleichen Entwicklungen, die zu Treffen führen, gemeinsam ins Theater und/oder dann Essen/Trinken zu gehen, ja - das ist ua. das, worauf mein "Persönliches" hier und da abzielt; andererseits scheint eine solche Absicht mich schon an den Rand einer "narzißtischen Persönlichkeitsstörung" zu verorten, wie
ich kürzlich lesen konnte (... ohne Angabe von Allerlei dazu, warum dergleichen
oder ähnlich oder anders "Gestörte" hier denn nicht posten sollten; wird hier gegen eine -diesmal mißliebige- Minderheit vorgegangen ?, wird hier insgeheim versucht, eher eine Art "Masse", eine sonst vielleicht "schweigende Mehrheit" von den Threads abzuschrecken ??, ...???).
Bedenken Sie aber bitte, daß sowohl wir beide jetzt von Dritten verwechselt bzw. in-
eins "gedacht" werden als auch, daß Ihnen jetzt, in einer mir überaus sympathischen Weise, von P.P. geschrieben wurde (unter Bezugnahme auf ein mögliches Treffen von P.P. und mir im "Casa Nostra", einem Italiener in der Langen Reihe unweit vom Deutschen Schauspielhaus in Hamburg ...). Der Dank für den Hinweis gebührt
also P.P., so wie P.Ps. Zeilen Ihnen gebühren, denn auf Sie wurde ja allerlei Reim
gemacht (worauf sich P.P. ja bezog).
Falls Ihr Weg dann aber doch einmal nach HH führen sollte, wäre ich froh, davon
Kenntnis zu erhalten: wer weiß, vielleicht sind wird dereinst zu dritt im "Casa Nostra".

Ihrer beider Arkadij Zarthäuser

Nachtrag:

Ich kenne die Gotscheff-Inszenierung des "Iwanow" von der Fernsehaufzeichnung her, die davon zum Theatertreffen seinerzeit gemacht wurde und kann diese auch nur wärmstens empfehlen, auf die Gefahr hin, daß "man" mir jetzt die Karte vor der Nase wegkauft ... .
Gotscheff und Finzi arbeiten schon seit Jahren sehr intensiv an Tschechow, was Finzi einmal unter dem Stichwort "reduziertes Tschechowspiel" gefaßt hat ..., aber es ist mitnichten nur Finzi, der mich in dieser Inszenierung überzeugte:
Milan Peschels "Ein Bauer bleibt ein Bauer, ? bleibt ein Bauer !?" und Alexander
Simons "Ich bin Arzt !!!", Sir Henry, Purzelbäume, Wolfram Koch, Kartenspieler,
Minichmayrs Schwanensang, das "Aaaberrr die Zinsen" der Generalin und und und:
ja, das möchte ich liebend gerne noch einmal auf der Bühne erleben und möglicherweise dann meinen "prätendierten Tschechowschwerpunkt" wieder auf-
leben lassen, der mich zunächst aber eher im neuen Lübecker "Kirschgarten", der vergangenes Wochenende "raus" ist, sehen "will" irgendwie ..
Krankenzimmer Nr. 6: Hanke, geb. in Linz, ahnt was und spricht über Die Möwe 1993
So also kann das gehen in Nachtkritiken.
Ich hab mich erkundigt, ich bekomme leicht einen Flug von Wien nach
Hamburg für wenig Geld zum Termin (3.Juni), war aber noch nicht fest entschlossen und sicher in der Richtung was zu unternehmen - wie das einen eben so bewegt. Aber irgendwie bemerkte ich, dass zu diesem Zeitpunkt dort im Norden in dieser besonderen Stadt, für mich (zuerst einmal) etwas los sein könnte. Im Zusammenhang mit dem
Theater habe ich immer (früher nicht immer) Begegnungen und Ereignisse, scheinbare Zufälle (meine Theaterfamilie und Hintergrund - könnte man sagen,habe ich Theaterblut?)
Ich bin Linzer und nicht Wiener und kann mir ein Wiener-sein gar nicht vorstellen. Wo aber kann man in Österreich leben, in welcher Stadt? Also Wien ist klar, - Salzburg, nein, kenne ich etwas - ich
wohne auch am Wolfgangsee - aber ein besonderer kleiner See ganz in der Nähe ist der Eibensee . . . also gut zurück, zurück - Minichmayr kommt aus Pasching, ganz in der Nähe von Linz, und sie ist doch eine starke Kraft an deutschen und österreichischen Theatern, ich habe sie noch nie auf der Bühne gesehen, ich fahre kaum nach Wien . . . also kann es sein, dass man keine Karten mehr
bekommt für das Gastspiel in Hamburg - ich muss das morgen alles erledigen, und Sie Herr Arkadij Zarthäuser haben mir die Entscheidung, ob ich nach Hamburg komme oder nicht, aus der Hand genommen - interpassive Einladung finde ich gut: ein Wink des Schicksals, oder gar ein Wink der (Theater)-Götter. Ein Hineinwinken in eine Begebenheit vielleicht, so wie mein Über Tiere-
Erlebnis kürzlich (ich hatte mir vorher nicht all-zu-viel-gedacht).
Wenn man mir etwas wegkauft, dann soll dieses Theater eben für mich nicht sein und es gibt später sicherlich Gelegenheit Gotscheff-Theater zu sehen. Wer ist der geheimnisvolle PP? Ich hatte PP übersehen und dachte und bemerkte nur Ihren alten Namen.
Ja, ich bin Schachspieler und spiele oft gegen Computerprogramme.
Ein mögliches Treffen mit Kommentar-Schreibern ist mir (ich weiß nicht wann), in der letzten Zeit in den Sinn gekommen, ich wurde
gewissermaßen davon angeflogen. Dieses Schreiben in der Nachtkritik, ist ja neu für mich, und auffallend war der sofortige Kontakt mit
Ihnen Arkadij Zarthäuser und später dann, mit Verzögerung Herr Stefan. Wer ist PP ? Sehr sympathisch seine Zuwendung. Ich bin also
wie aus dem Boden gewachsen (wie es einmal hieß), und jetzt der geheimnisvolle Unbekannte - also morgen, morgen will zusehn, dass was wird mit Hamburg, wenn nicht, ist es auch recht. Ich habe Tschechow immer anders gesehen auf dem Theater, und dann Gotscheff "Die Möwe" 1993 im TV (ich kannte das Stück nicht, sonst ziemlich alles von Tschechow), und es war - so merkwürdig das auch klingen mag - mein eigenes Leben als der schreibende Sohn einer Schauspielerin usw. . .Finzis Darstellung - ich habe nie dergleichen vorher gesehen und ich kann ihn in dieser Rolle als Konstantin mit keinem anderen Schauspieler vergleichen, beinahe so wie das Spiegelbild eines Teils meiner Seele . . .
(ich hoffe, das ist zumutbar, was ich hier schreibe . . .)
Krankenzimmer Nr. 6: österreichische Arbeiten
Ich muss gestehen, dass ich "Iwanow" von Tschechow, für eines der schwächeren Stücke des Russen halte, oder, es liegt mir nicht.
Beinahe habe ich einen Widerwillen gegen die Geschichte.
So überlege ich: Hamburg oder nicht Hamburg. Vielleicht kann ich Finzi und Minichmayr einmal woanders sehen. Auch Krankenzimmer 6 zieht mich nicht sehr an. Ich warte, bis ich etwas passendes von Gotscheff finde. Schade dass ich seine Arbeiten in Österreich übersehen habe.
Krankenzimmer Nr. 6: GotscheffTschechowGoloMann+Fußball
@ Hanke

Lieber Hanke !

Entschuldigen Sie meine "mißtrauische Wendung" im Jelinek-Thread, nur es ist halt schon so, daß hier bei nachtkritik de. allerlei Merkwürdigkeiten vor sich gehen, teilweise auch solche, die den Terminus "Kleine Welt" (Flohbär), das Weltliche selbst mitunter !, ernstlich in Zweifel ziehen, nicht nur im Negativen (siehe den
Dr. Allwissend "Ich armer Krebs" ...)!
Keinem von uns können, ich bediene mich wieder bei der Schachanalogie, zumal die Züge jetzt wieder gezählt werden, war das vorhin schon so ? und ich übersah das ?? (ich übersehe so vieles,
fast auch schon wieder "Falsche Bewegung", andere Sachen fallen dann wieder ins Auge, zB. daß im Theaterverführer Michalziks bei einer Aufzählung von Schauspielerinnen und Schauspielern Sylvie
Rohrer zweimal genannt wird ...), können die Züge vorgeschrieben werden, die sie/er zu machen hat: dennoch ist mitunter nahezu enttäuschend, wenn Dinge unterbleiben, die ich anstandshalber
für geboten halte. So wäre beispielsweise ganz freundlich und angebracht, denke ich, seitens LSDUs und seitens Stefans gewesen, Flohbär darüber in Kenntnis zu setzen, daß ich mitnichten der Einzige war, der sich explizit gegen die "Postinghäufigkeitszählerei" mitsamt ihrer nicht themenbezogenen (zumeist !) Ableger ausgesprochen hat: dieses Mal war es jedenfalls nicht Nietzsche, der mit Säbel nackt im Regen stand !!
Bei anderen Gelegenheiten unterbleiben "Antworten", oder jemand verfolgt zumindestens alles Andere als die hegelsche Maxime, einen
"Gegner" bei seinen Stärken zu nehmen - das gilt keineswegs nur für ausbleibende Sachen mir gegenüber; das ist dann mehr oder weniger ärgerlich, freilich nicht zu ändern, weniger enttäuschend.
Die Nichtklarstellung unserer Nicht-Identität, lieber Hanke, fällt in eine andere, dritte Kategorie: ich war und bin einfach nur erstaunt.
Bin allerdings auch erstaunt über Ihren "Sinneswandel": HH und Iwanow wären schön, Iwanow eigentlich aber doch nicht, und HH: To be or not to be - vielleicht sollten "wir" diesbezüglich eher den gleichnamigen Thalia-Abend wahrnehmen, nach Jahren einmal wieder selbst auftreten: mein Auftritt im Studententheater in Kiel ist jetzt etwa 4 Jahre her ... .
Wohlgemerkt ich kann den "Iwanow" der Volksbühnenfassung nach, der gotscheffschen (Gotscheff und Tschechow sind ja fast Anagramme zudem, um wieder ein bißchen Esoterik -...), nur empfehlen: die Theatertreffennominierung ging für mich wie auch im Stuttgarter Fall ("Platonow") vollauf in Ordnung: Hier Nebel, dort ein Zug,
auch fast wie beim Schach.
War jedenfalls ganz spannend, Ihrem "Studio Haller" ein wenig nachzuspüren; die "Chefin" dort schreibt auch noch Kinderbücher und war in der "Möwe" einst die Mascha, also nicht Nina ...; das Arkadina-Thema , Arkadina, au weia, Pardon ! - ich kann es nicht ändern, haben Sie ja gewissermaßen im Jelinek-Thread etwas formalisiert.
Vorhin am Minetti-Platz beim Kieler Schauspielhaus ging dazu dann kurz eine kleine Galerie durch meinen Kopf: Brecht - Minetti -
Rudolph , so die Familien halt, wie auch im Goethe-Institut-Artikel dazu ("Familie und Theater - Vereinbar ??"): eine Gleichförmigkeit der "Problematik", überhaupt eine solche, ist da keineswegs in jedem Fall evident bzw. bekannt oder herauszuspüren.
Allerdings bietet die Familie Mann da geradezu ein Muster für allerlei "Phänomenologie", bishin zum Stigmathema schon qua Namen: Golo ... - kein Regen jetzt in Kiel !!
Fulhamburg gleich: Soll ausscheiden der HSV, ehrlich, hätten zumindestens dem Trainer seine Titelchance nicht zerstören sollen:
- aber das ist ein anderes Thema mit beredten Vorgängern: Saftig und Bayer Leverkusen: Kündigung vor dem Pokalfinale !!
Mio Abfindung ??? Geld ist nicht Alles ..
Krankenzimmer Nr. 6: HeinerMüller für ArkadiHanke
für arkadihanke: die nacht der langen messer fragt wer wen.
ich bin der eine und der andere ich.
einer zuviel. wer zieht durch wen den strich.
Krankenzimmer Nr. 6: über Irene Haller
Jetzt ist es an mir zu staunen. Ich höre etwas mir völlig Unbekanntes, wieder "Die Möwe", das Stück, das die Mitte meines Daseins v o l l e n d e t getroffen hatte, denn der Inhalt dieser "Komödie" von Tschechow war mir bis zur Übertragung im TV 1993 völlig unbekannt, alle anderen Stücke von ihm aber nicht. -
Über Irene Haller: Sie war also nicht Nina, sondern Mascha - Sie wissen nicht, was dieser Umstand für mich bedeutet, nicht bezüglich Irene Haller, sondern bezüglich Nietzsches: Wer weiß, wer Ariadne ist - (ich zitiere sicherlich ungenau, alle meine Nietzsche-Bücher sind am Wolfgangsee, Sankt Gilgen, und nicht hier. Wer weiß, wer m e i n e Ariadne ist - meine Ariadne ist Mascha und Nina zugleich - wie lange ist Irene Haller, die Leiterin des "Studio Haller" schon tot? Sie ist sehr sehr alt geworden, habe ich gelesen und ich habe ihr viel zu verdanken. Der einzige deutsche Mensch, den ich wirklich besser kennen lernte, eine Schauspielerin und Schauspiellehrerin (war sie nicht auch Sängerin gewesen?) - Neu ist auch: Irene Haller schrieb Kinderbücher. - Ich muss zusehen, dass ich sie zu Gesicht bekomme - meine Gedanken gehen zurück in jene Zeit, die meine Heidelberger-Zeit war, mein Leben in Deutschland - ich hätte länger bei Frau Haller aushalten sollen, es war nur ein Jahr - aber ich musste hinaus in die Welt(ganz schön altmodisch jetzt formuliert), fort vom Österreichischen und Deutschen -und lebte für zwei-ein-halb Jahre in Australien . . . was zog und brachte mich zurück? - die deutsche Kultur, also auch die österreichische . . .
vielen Dank Arkadij, ich bin Ihnen sehr verbunden - ich sollte mir eine Gotscheff-Vorstellung in Berlin anschauen.
Ich war noch nie in Berlin. Was könnte es für mich dort geben - mein Lebensroman und Drama - doch ach, ein Schauspiel bloß . . .
eine Fortsetzung? - Ariadne? Worüber man nicht reden kann, soll man schweigen . . .
Krankenzimmer Nr. 6: Studio Haller + Fußball
at Hanke

Sorry, lieber Hanke, ich hätte wohl (auch) schweigen sollen, so muß ich aber meinen Vorsatz wieder etwas schleifen: nur für Sie im Grunde und eben wegen der Ariadne-Nina-Mascha-Geschichte !
Ich bin versehentlich auf die Seite der Schauspielerin Carola Wegerle gestoßen, die wohl für das Studio Haller gearbeitet hat, und ich habe sie fälschlicherweise zur Chefin von dat Janze jemacht, vielleicht sah mir das auch zu schnell nach "Chefin" aus, aber dazu möglicherweise in der nächsten Spielzeit !
Jedenfalls ist in Frau Wegerles Vita angegeben, daß sie die Mascha gespielt hat ! Ich bitte Sie, mir diesen Fehler zu entschuldigen, ich muß das richtige Googeln wohl erst lernen: was ich allein an Hankes in Linz fand: allerhand. Wenn ich Zimmer oder einen Arzt suche, um mich Krankenzimmer 6 wieder anzunähren, in Linz: ein Hanke findet sich allemal..

at Peter Pan

Sollten Sie ein ehrliches Interesse an einem Casa-Nostra-Treffen haben: ich werde versuchen, meine Karte für den 3.6. zu lösen für den Volksbühnentschechow in HH.
Sie könnten mich dann recht leicht am Cottbus-Trikot erkennen und ggfls. ansprechen: denke nicht, daß da so viele FCE-Leute mit ihren Sachen kommen. Ansonsten gehen Sie mit einem anderen
FCE-"Fan" speisen, Sie wissen ja offenbar in Sachen 1 plus 1 gleich 1 ("Nostalghia" ... von Tarkowski fällt mir dazu ein: Strich durch
durch Feuer ersetzt ???) bestens Bescheid: Einer ist ein Narr, zwei eine neue Menschheit ??!.

Heute ist nicht alle Tage: Allen einen schönen Spielzeitverlauf !!

Ihr AZ

(Lieber Arkadij und liebe andere Abschweifungsfreudige,
bitte kommen Sie doch wieder im engeren Sinne zum Thema zurück, also zu Gotscheff und Tschechow oder was immer erkennbar mit deren "Krankenzimmer Nr. 6" am Deutschen Theater zu tun hat.
Andernfalls kann es sein, dass Ihre Beiträge hier nicht mehr freigeschaltet werden.
Beste Grüße,
Anne Peter / Redaktion)
Krankenzimmer Nr. 6: interessante "Fälle"
was da erkennbar ist:
AZ und hanke tauschen über gotscheffs krankenzimmer 6 private nachrichten (briefe) aus
wie weit sind sie privat in tschechows krankenzimmer stationiert
(damit will ich nicht sagen, dass ich sie für krank halte)
ich tippe auf gotscheff und auf das deutsche theater berlin
ob sie sich doch noch am 3.6. begegnen werden
dazu noch die geschichte von tschechows "iwanow"
was soll man sich zu zarthäuser und hanke denken
die redaktion hat ihnen bisher erstaunlich viel raum eingeräumt
warum eigentlich
weil sie interessante "fälle" sind
also doch wieder krankenzimmer 6
ariadne (nietzsches zuneigung zu wagners cosima vielleicht), mascha/nina die "möwe"
die alten stimmen, biss in die hölle (weiter oben: trixi)
Krankenzimmer Nr. 6: Liebe ist abschweifungsfreudig
es gibt einen linzer künstler, der sich manchmal auch hanke nennt
oder von manchen so genannt wird
das ist aber nicht sein richtiger name
jacqueline kornmüller und almut zilcher
1993 "die Möwe"
nina/mascha

für zarthäuser
es ist ein zartes gebäude
eine verjährte liebesgeschichte?
im krankenzimmer 6 ?
liebe ist gern abschweifungsfreudig
Krankenzimmer Nr. 6: Hanke und Linz
hanke kommt mir vor wie moritz bleibtreu in elementarteilchen (film).
am schluss ist er glücklich mit der verstorbenen geliebten, die für ihn noch wirklichkeit ist.
moritz bleibtreu, sohn der schauspielerin monica bleibtreu, seine urgoßtante hedwig bleibtreu ist geboren in linz

was hockt hanke dort in linz
wo`s nie beginnz
soll er sich doch krankenzimmer 6
in berlin anschaun
Krankenzimmer Nr. 6: Vierteilung erlaubt
in linz wurden noch weitaus bedenklichere Personen geboren. linz ist ein großes krankenzimmer. (...)
ich finde nachtkritik dufte. hier kann man sich so schön vierteilen. vier pseudonyme erfinden und dann mit sich selbt reden. und sich auch selbst loben, wenn das sonst keiner mehr tut. das baut auf. ich kann über alles mitreden. in linz habe ich schon drei theaterstücke gesehen.
Krankenzimmer Nr. 6: Verliebte und Verrückte
Verliebte und Verrückte
Sind beide von so brausendem Gehirn,
so bildungsreicher Phantasie, die wahrnimmt,
was nie die kühlere Vernunft begreift.
Wahnwitzige Poeten und Verliebte
bestehen aus Einbildung.
(Ein Sommernachtstraum)
Krankenzimmer Nr. 6: Der Fall Tschechow
Oder so: Tschechow als Fall !

Gerade zu seinem 150. immer wieder erneut die Frage, was an Anton Tschechow bis zum heutigen Tage so fesselt, was ihn so hiesig und heutig erscheinen läßt, ob in der April-TdZ (samt Krankenzimmer-Nr. 6-"Sonderteil"), ob im "blog-spot" Prosperos oder im Michalzik-Artikel vom Goethe-Institut.

Inszenierungen suchen, versuchen auch:

Das nimmt sich dann gelegentlich aus wie die Suche nach dem Coca-Cola-Rezept, der Weltformel oder wie "man" so Gold spinnt.
Eine gewisse Gefahr: Tschechow wird so tatsächlich zum Fall, er wird zum Konzentrat seiner Figurenentwürfe und kann darüber kaum anders als Verschwinden (wie es durch Finzi am "Iwanow" demonstriert wurde, aber auch für den Arzt aus "Krankenzimmer Nr. 6" konstatiert wird (von Gunnar Decker, TdZ April)): Will sagen:
Tschechow braucht Zeit, räumt jeder seiner Figuren Zeit ein, und diese Zeit hat mindestens soviele Kapitel für jede Einzelne Person wie Tschechow Figuren auftreten läßt: Die Strahlen jeder Person scheinen geradezu prismatisch gebrochen zu werden durch jede andere Figur, und die Sonne ist in dem einen Stück der Onkel, in dem anderen die Generalin, der Student etc., die drei Schwestern, der Arzt, der Bauer: in Krankenzimmer Nr. 6 nun keine Sonne, anderes Licht, aber gleich fast so viele Sonnen wie sonst Figuren ??!
Das Personal erscheint dabei ziemlich konstant, was teilweise zu der Aussage bewog, Tschechow habe immer dasselbe Stück variiert; auf der Seite des Centraltheaters zum "Kirschgarten" Hartmanns
ist das exemplarisch nachzulesen. Hartmann läßt dann auch gewissermaßen das "Prisma" folgen, bricht jede Figur durch die andere, läßt jede von jedem spielen gewissermaßen, irgendwie zu der Einsicht führend, daß Menschen nicht nur Lichtgestalten sind und daß "Zeit lassen" bei Tschechow anders geht als bei Hartmann, wobei Hartmann sich eben die Zeit nimmt, irgendwie in der Ahnung wohl, daß Tschechow Zeit läßt (ja, ich denke, es gehört bewußt zu Hartmanns "Kirschgarten", daß er lang ist, daß das Publikum quasi mit dem Garten zusammenfällt, und daß offenbar auch -im übertragenden Sinne- Bäume (Zuschauer) gefällt werden: Hartmann überprüft und quält, Willkür ist seine Inszenierung nicht, aber Tschechow !!? Ja, qua Tschechow !
Das "Tschechow-Geheimnis" scheint er nicht zu treffen, wenngleich auch er, wie die Wahl-Kritik auch zu "Krankenzimmer" schreibt, unserer "Liebe zum Tschechowpersonal" konsequent einen Riegel vorschiebt, unserer Vorliebe oder unserem "romantischen Glotzen".
Ja: jene Liebe zu all diesen immer wieder an einander vorbei Redenden, wie es heißt, Liebe zu ihren Lebensversuchen: versäumt erst ein Leben, so scheint es hindurch, daß es so situativ, so intensiv, so miteinander wie bei Tschechow nicht versucht (!) hat.

Versucht , verflucht !

Denn die Assoziation "Arzt"/Versuchsanordnungen schwingt bei Tschechow immer mit: Als Arzt Poet, als Poet Arzt oder ähnlich !
(Shiwago ???)

Ein anderes Verfahren als das in dieser Spielzeit von Hartmann vorgeführte läßt alle "Prismenstrahlen", die eine Figur je bei Tschechow geworfen hat, auf den Typus der Grundfigur zurückstrahlen als Bündel, als Reduktionsversuch: Wirft Tschechows Personal etwas ab für eine Phänomenologie von Personen in Richtung einer Typologie und liegt darin schon der ganze Reiz ??
So in etwa könnte die Frage dazu lauten.
Insofern verwundert es auch nicht, wenn die "Strahlenbündel" in "Krankenzimmer Nr. 6" sich selbst wiederum vor wirklichem Licht "bewähren" (und gerade der Körper, der bei Hartmann eher in den Vordergrund gerückt war im Grunde, wirft jetzt dunkel das Bild des Inkommensurablen: wirft Schatten) oder eben den Eindruck eines bloßen Tschechow-Samples erzeugen mögen, der eben -ähnlich wie bei Hartmann darauf verweist-, daß weder der Bruch eines jeden durch jeden körperlich als auch geradezu lichtgemäß als Tschechow-Reduktionsangebote hinreichen: zu diesen Angeboten selbst aber sehe ich allen Anlaß und daher die Versuche in dieser Spielzeit, die ich nannte, in dieser Hinsicht positiv: zumindestens der Anlage nach.
Ich denke, daß bei Hartmann leider letztlich der Vorgang des Brechens aller durch alle sich immer mehr verwirrte, Krankenzimmer Nr. 6 muß ich in dieser Hinsicht noch sehen, nur wollte ich, wie Anne Peter zurecht einfordert, an dieser Stelle so rein garnichts zu Tschechow und meinen (Vor-)Überlegungen dazu verlauten lassen, zumal sich die "Threadsituation" bislang nicht unbedingt verbessert hat ...; andererseits muß ich um Nachsicht bitten: Ich hatte mich ganz ernsthaft im "Zurück-zum-Thema"-Sinne geäußert im Jelinek-Thread, nicht um einige Stunden später das selbst wieder zu mißachten ! Ich schrieb "Hanke" etwas Unrichtiges: das wollte ich korrigieren. Ich sah in diesem Zuge noch die Möglichkeit, das Treffen in HH zu einem Gotscheff/Tschechow anzusprechen: Es ging dabei nicht um Fußball, ich wollte nur keine Rose tragen oder Ähnliches !! Also, nochmals: Bitte um Nachsicht !. Beste Grüße AZ
Tschechows Krankenzimmer Nr.6: Tschechowiensae
Trauer um weggetanes Leben.



Mascha, warum gehen Sie eigentlich immer in Schwarz?

Aus Trauer um mein weggetanes Leben. Ich bin unglücklich.

Warum? Ich verstehe das nicht. Sie sind gesund, und Ihr Vater
ist zwar nicht reich, aber doch nicht unvermögend.
Da habe ich es um einiges schwerer als Sie. Ich bekomme alles
in allem dreiundzwanzig Rubel im Monat, und davon geht noch etwas
für die Altersversorgung weg, und trotzdem trage ich keine Trauer.

Um das Geld ist es mir nicht zu tun. Auch ein Armer kann glücklich sein.

In der Theorie, ja, aber in der Praxis sieht es so aus:
ich, meine Mutter, zwei Schwestern und das Brüderchen:
für alle zusammen das lumpige Gehalt von dreiundzwanzig Rubel.
Man muß doch essen und trinken? Und Tee und Zucker braucht man,
und Tabak doch auch? Da heißt es, sich nach der Decke strecken.

Bald fängst die Vorstellung an.

(für alle die, die Tee, Zucker, Tabak brauchen, und sich deshalb
nach der Decke strecken müssen)
Krankenzimmer Nr. 6 – o hamlelt, sprich nicht mehr!
vielleicht ist es doch mascha, die den jungen konstantin liebt, der aber liebt nina, die ihn wiederliebt, aber den erfolgsautor trigorin bewundert und ihm verfällt, so wie sie
schauspielerin werden will, und stürme von begeisterung möchte sie ernten . . .
armer konstantin, sohn einer berühmten schauspielerin - kein glück hat er mit seinem ersten stück
die mutter: o hamlet, sprich nicht mehr! du kehrst die augen recht
ins innere mir, da seh ich flecken, tief und schwarz gefärbt,
die nicht von farbe lassen!
und ihr hamlet-sohn: nein, zu leben im schweiß und brodem
eines eklen betts?
ich liebe dieses stück von tschechow
der arzt tschechow ist in dorn wieder zu erkennen
der dichter in trepljow und trigorin
also sehr autobiografisch?
jedenfalls fließen in diese figuren, der erfolgreiche schriftsteller und der erfolglose junge dichter tschechows erfahren mit ein
Krankenzimmer Nr. 6: Tschechow-Zitat
Krankenzimmer Sexualität und Tschechow.
Tschechow war mit einer Schauspielerin verheiratet. Davor, vor seiner Heirat, äußerte er sich oft sehr kritisch über Frauen. Thomas Mann
sagt sogar über ihn (Tschechow), habe nie den sexuellen Rausch erfahren und kennen gelernt . . .

Ich denke zurück an meine "Möwe"-Situation damals, und die Ablehnung meines ersten Stücks, durch meine "Möwe", einem Mädchen
das eine berühmte Schauspielerin werden wollte, ganz gleich der Nina in Tschechows "Komödie".
Krankenzimmer 6-ualität (verdrängte, versetzte) und Konstantin Trepljow:
Wenn er selber etwas vorträgt, leuchten seine Augen, und sein Gesicht wird bleich. Er hat eine so schöne, traurige Stimme -
und seine Art - ganz wie ein DI-chter!

Konstantin Trepljow kann die Ablehnung seiner geliebten "Möwe"
Nina nicht ertragen und erschießt sich am Ende des Stücks.
Die "Möwe", die ich kennen gelernt habe, ist eine erfolgreiche Schauspielerin geworden, im Gegensatz zur Nina im Stück, ich hatte mir die tödliche Waffe nicht
an die Schläfe gesetzt und schreibe immer noch . . .
So hat sich alles in ein Gutes gekehrt. Hoffentlich sind alle Akteure des alten Dramas glücklich geworden, glücklich so wie ich, der ich malen und schreiben kann wie ich will, unabhängig von der Gunst des Puplikums, Verlagen, Galeristen - unabhängig vom THEATER-betrieb
und dem ganzen Theater, das man um das Theater und die Literatur macht.
Krankenzimmer Nr. 6: Ich haben einen Film gesehen
Ich habe in meiner Jugend einen russischen Film gesehen.
Tschechow (ein Schauspieler) tritt in diesem Film selbst auf und
erzählt die Geschichte eines Arztes, die man dann als Film sieht.
Dieser Arzt wird als junger Mensch gezeigt, der sich in ein Mädchen verliebt, welche Schauspielerin werden will. Dieses junge Mädchen
führt den angehenden Arzt an der Nase herum, bestellt ihn zu einem
Stelldichein (ist es ein Friedhof?) und erscheint selbst nicht. Lacht über den nicht-gut-aussehenden Burschen, der dazu noch schüchtern ist. Sie fährt fort, in die Großstadt, um Schauspielerin
zu werden, der junge Mann bleibt verzweifelt zurück, studiert und
wird schließlich Arzt in seiner kleinen Heimatstadt. Jahre vergehen, der Arzt ist dick geworden, ein Routinier in seinem Fach,
und er zählt das Geld, das ihm die Patienten geben - nur noch Geld
scheint ihn zu interessieren, er ist Junggeselle geblieben und lebt nur für sich . . .
Eines Tages erscheint seine Jugendliebe in seiner Praxis. Sie ist -
eine vollkommen erfolglose Schauspielerin geworden und vom Theater abgegangen. Ihre Ehe ist gescheitert und nun ist sie zurückgekehrt
um den Junggesellen,den ältlich wirkenden Arzt wieder für sich zu interessieren und ihn wieder zurück zu gewinnen. Doch der müde Landarzt reagiert nicht, sein Gesicht bleibt unbewegt - keine neuerwachte Liebe
regt sich in seinem Herzen.
Man sieht ihn, wie er mit müden Schritten und Bewegungen geht, sein eingenommenes Geld zählt und es in ein Kästchen tut.
Ende der Geschichte.
Tschechow tritt wieder auf und spricht zu den Zuschauern über die Liebe, wie wichtig sie wäre im Leben der Menschen - und jetzt weiß ich nicht mehr, was er über den Arzt und die Schauspielerin und deren verschollener Liebe sagte -
Krankenzimmer Nr. 6: Peter Pan Syndrom
Lieber Stefan
Sie erwähnen weiter oben Peter Pan, und es ist tatsächlich so, dass
ich seit Kindesbeinen an, als ich den Film zum ersten Mal sah -
phasenweise starke Identifikations-Phantasien hatte, besonders wenn ich mich wieder einmal in eine "Wendy" verschaut hatte . . .
Es gibt aber auch ein sogenanntes "Peter Pan - Syndrom" (der Junge,
der nicht erwachsen werden wollte).
Manche Künstler haben auch etwas "Kindliches" in ihrem Wesen, und
Kunst kann ja auch glückhaft (nicht in der radikalen Moderne) zu einem "Spiel" werden. . .

Krankenzimmer Nr. 6: Korrektur
Jetzt sehe ich gerade meinen Fehler:
Nicht Stefan, sondern Andreij - falsch -
Arkadij Zarthäuser hatte Peter Pan erwähnt . . .
Krankenzimmer Nr.6: eher Melancholiker
@ Hanke
Wenn Sie damit meinen, ab und zu wieder ein Schelm zu sein und Sachen zu machen, die man nur einem Kind verzeihen würde, oder für alles neugierig zu bleiben, dann möchte man hin und wieder auch mal Peter Pan sein. Ansonsten reizt mich nichts am ewig Kindlichen.
Dieses Kindliche im Künstler ist meiner Meinung auch so etwas Schelmisches. Für Tschechow trifft das aber nicht so zu, er ist eher Melancholiker, der aus der Tragik seiner Figuren eine komische Situation schafft. Die russische Seele eben, auch wenn das ein Klischee ist.
Krankenzimmer Nr. 6 – neue Patienten
Irrtümliches Schreiben meinerseits.
Bezüglich Tschechow würde mir Peter Pan niemals einfallen.
Die Melancholie des Russen ist nicht zu übersehen.
Ja, Schelm.
Gibt`s da nicht bei Goethe etwas über den Teufel und dem Schelm?
Ach nein - Schalk. Aber gleichviel.

Mephistopheles:
Schon gut! nur dauert es nicht lange.
Mir ist für meine Wette gar nicht bange.
Wenn ich zu meinem Zweck gelange,
erlaubt ihr mir Triumph aus voller Brust.
Staub soll er fressen, und mit Lust,
wie meine Muhme, die berühmte Schlange.
Der Herr:
Du darfst auch da nur frei erscheinen;
Ich habe deinesgleichen nie gehaßt.
Von allen Geistern, die verneinen,
ist mir der SCHALK am wenigsten zur Last.


Zuerst Schelm - dann später Schalk -
obgleich wir in unserem gewöhnlichen Verständnis,
den Teufel nicht so leicht mit dem Schalk gleichsetzen.
Aber es gibt ja auch ein Teufelchen . . .
Krankenzimmer Nr. 6: Tschechow ...
Tschechow ist wichtig.
Krankenzimmer Nr. 6: Goethes Stücke
@ Gotscheffs Krankenzimmer: die ideale Personalunion:

Goethe wusste, dass man sein(e) Stück(e) nicht inszenieren kann (Völlig unmöglich). Wer es dennoch versucht, scheitert sang und klanglos. (Herrlich, oder?) Schiller war ein anderes Kaliber - nämlich völlig uneigennützig.
Krankenzimmer Nr. 6: zusammen mit Gnomen und Zwergen
der oder die puca ist ein boshafter und zauberkräftiger aber relativ gar-nicht-so harmloser geist-kobold der zusammen mit gnomen + zwergen im untergrund lebt
Gotscheffs Krankenzimmer: Menschen in Tiergestalt
hin und wieder erscheint die PUCA (in hankes fall nicht DER puca)
menschen in form verschiedener tiergestalten
z.b. als hund oder pferd (oder als möwe im hanke-fall)
die bevorzugte erscheinungsform ist die eines schwarzen ponys
(hankes möwe ist in wirklichkeit vielleicht so ein schwarzes pony,
sie kann unmöglich blond sein)
unvorsichtige reisende (wie hanke einer ist in liebesangelegenheiten)
lädt die puca gern zu einem ritt auf ihrem rücken ein
der sich aber für den nichtsahnenden reisenden (in sachen liebe)
dann aber schnell als ein HORROR-TRIP über stock und stein und auch mal durch dornengestrüpp (romantischer halluzinations- liebe) entpuppt
meist wirft die puca ihren "gast" dann irgendwo im moor (der nachtkritik eventuell) ab und verschwindet unter schallendem
gelächter
krankenzimmeer sex oder cheks (hanke soll sich für keines von beiden entscheiden und bei seinen romantischen halluzinationen bleiben als dichter
rate ich ihm)
Gotscheffs Krankenzimmer: Subversion des Wissens
Mittlerweile empfinde ich die meisten der hier auf nachtkritik.de geposteten Kommentare als Beiträge zur Subversion des Wissens nach Foucault und Deleuze/Guattari. Möglicherweise machen sich hier zunehmend Anhänger der Antipsychiatriebewegung breit, um mit ihren wirren Sätzen jede Frage nach Sinn in der und über die Sprache zu zerstören. Oder: "Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache" (Ludwig Wittgenstein). Angesichts dessen würde ich mich über eine Rückkehr zu den Phänomenen sehr freuen. Vielleicht sollten wir uns einfach mal wieder fragen, wie ein Stuhl gefertigt wird. Das ist das Handwerkliche, welches sich zwischen selbstreferentieller Poesie und ökonomischer Zweckrationalität verorten lässt. Handwerk ist Gestaltung zum Zweck des Gebrauchs durch menschliche Subjekte im Hier und Jetzt. Alles andere ist wilde Spekulation.
Gotscheffs Krankenzimmer: Beauvoir-Zitat
Der Mensch ist ein sprachbegabtes Tier und wird sich immer durch das Wort verführen lassen...
Simone de Beauvoir
Gotscheffs Krankenzimmer: Verrückt spielen kann Spaß machen
Und ausserdem, wer weiss denn schon, ob sich die pathologisierten Hysterikerinnen in der Nervenheilanstalt von Charcot nicht bloß inszeniert haben? Verrückt spielen kann Spaß machen. Das Spiel ist das Subversive, weil es neue Möglichkeiten der Wahr-Nehmung, neue Vorstellungsräume erschaffen kann. Vielleicht geht man dann später nach der Vorstellung aus dem dt raus und alle vorher "Normalen" erscheinen einem plötzlich als verrückt, ausser die verrückten bzw. ver-rückenden Spieler auf der Bühne. Aber vielleicht werden auch einige "Normale" von denen auf der Bühne angesteckt. Und dann wirds richtig lustig, vor allem für die Ordnungs-Politik(er).
Krankenzimmer Nr. 6, Berlin: ein Jahr nach der Premiere
Krankenzimmer ein Jahr nach der Premiere: Ein selbstgefälliger, routiniert abgespielter Abend war das heute. Ein vorzügliches Ensemble ist sich seines Handwerks leider zu sicher. Habe den Schauspielern nicht ein Wort geglaubt.
Krankenzimmer Nr. 6, Berlin: eitle Schauspieler
Ich bin geschockt und habe heute bis auf die zwei juengeren Schauspieler nur grauenhaft eitle Schauspieler gesehen, die sich selbst so geil fanden, dass es mich angeekelt hat. Ein Abend ohne Rythmus und Fieberkurve, Theater feiert sich selbst im Theater, die Bendokat war das allerschlimmste seit langem. Unerträglich manieriert. Dank Andreas D. , wären Sie nicht im Ensemble gewesen, mir wäre jetzt noch schlecht.
Krankenzimmer Nr. 6, Berlin: eitle Schauspieler II
Kann nur zustimmen. Grauenerregend eitle Schauspieler! Das ist es was zu sehen ist und nichts anderes. Weder werden Kranke beleidigt, noch sehe ich fliesende Grenzen zwischen Wahnsinn und angeblicher Normalität. Nein, selbstgefällige Schauspieler, die absolut sicher sind an einer bedeutenden Sache mitzuwirken können den nahenden Schlussovationsapplaus kaum erwarten. Peinigend!
Krankenzimmer Nr. 6: Occupy DT
occupy DT ! schluß mit diesem kartelltheater !
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