Presseschau vom 18. Mai 2010 – Portrait von Karin Beier in der taz
Überzeugungstäterin?
Von Alexander Haas erfahren wir zunächst allerlei Wissenswertes zu Stil und Moden. Über Beiers Handschuhtracht, ihre punkige Frisur, ihre Art zu gehen ("stramm"). Aber wir erfahren auch, dass die Stadt Köln offenbar dabei ist, ihre nächste Dummheit vorzubereiten. Denn eigentlich sollte die Verlängerung des Vertrages von Karin Beier über das Jahr 2012 hinaus reine Formsache sein. Inzwischen aber hat sich die 44-Jährige nicht als die brave Maus erwiesen, die die Herren der Stadt wohlmöglich in ihr sahen.
Wesentlich Beier und ihrem unnachgiebigen Eintreten für die Renovierung des alten Schauspielhauses ist es zu verdanken, dass Köln vor dem nutzlosen Neubau eines Theaters und damit der unausweichlich nächsten Millionenpleite bewahrt wurde. Doch die Herren an den Behördenspitzen danken es ihr nicht. Beier selbst würde wohl gerne in ihrer Heimatstadt bleiben; Alexander Haas schreibt zur Lage der Vertragsgespräche: "In trockenen Tüchern ist aber noch nichts." [Und wenn Köln glaubt, wir Theaterinteressierten würden eine Beendigung der Intendanz Beier, die die Stadt erst wieder zurückbrachte in den Kreis der ernstzunehmenden Spielhäuser, einfach hinnehmen, na, dann werden die ihr blaues Wunder erleben. - Schönen Gruß jnm].
Künstlerisch betritt die Shakespearianerin Beier in der nächsten Saison Neuland. Zum Saisonauftakt wird sie das neue Stück Elfriede Jelineks "Ein Sturz", über den Einsturz des Kölner Stadtarchivs, mit dem ebenfalls neuen "Im Bus" und dem älteren "Das Werk" montieren. Davor, berichtet Haas, hat die tapfere Beier Muffensausen. Denn eigentlich, schreibt er, lägen Beier Jelineks figur- und psychologiefreie Textflächen nicht: "Für mich ist es Neuland, mit so einer intellektuellen Kälte umzugehen." Von Dienstag bis Donnerstag gastiert Beiers Kölner Inszenierung Die Schmutzigen, die Hässlichen und die Gemeinen beim Berliner Theatertreffen.
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