Ende der Experimentierfreude

Leipzig, 20./21. Juni 2010. Verschiedenen Medienberichten zufolge steht die Experimentierbühne des Leipziger Centraltheaters vor der Schließung. Am Mittwoch habe Kulturbürgermeister Michael Faber (parteilos, auf Vorschlag der Linken in das Amt gewählt) im Rahmen der Stadtratsitzung erklärt, aus Kostengründen die Skala schließen zu wollen, berichtet die Leipziger Internetzeitung (18.6.2010). Für das Jahr 2013 ist die Eröffnung eines Neubaus für eine Studiobühne in der Bosestraße geplant. Eine Interimsspielstätte soll es dem Bericht zufolge nicht geben.

In einer Pressemitteilung des Centraltheaters heißt es, dieser Vorschlag komme sehr überraschend. Das Vorhaben sei ohnehin "nicht praktikabel und als schlichte Maßnahme zur Haushaltskonsolidierung gänzlich ungeeignet". Zudem widerspreche der Vorschlag "ganz grundsätzlich der Gesamtkonzeption des Hauses und wird als massiver Eingriff in dieselbe abgelehnt", Intendant Sebastian Hartmann habe diese Ablehnung in einem Schreiben an den Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, Burkhard Jung (SPD), sowie die Fraktionsvorsitzenden des Stadtrates unmissverständlich zum Ausdruck gebracht.

Inzwischen publizierte der "Freundeskreis Schauspiel Leipzig" eine Petition mit der Aufforderung, sich einer Schließung der Skala zu widersetzen; die Spielstätte führe durch ihre künstlerische Experimentierfreude und Vielgestalt vor allem ein junges Publikum an das Theater heran.

Am 21.6. zitiert die Leipziger Internet-Zeitung Skadi Jennike, die kulturpolitische Sprecherin der Leipziger Linken: Die Petition des Freundeskreises beschreibe die Funktion der Skala treffend, werde "der Sachlage jedoch nur sehr einseitig gerecht. Denn es geht keineswegs primär um eine endgültige Schließung der Skala, sondern um die Eröffnung einer neuen Spielstätte für diese Bühne." Überlegt wird, die Skala – derzeit in einem offenbar sanierungsbedürftigen Gebäude in der Gottschedstraße untergebracht – temporär in die Räume der Diskothek Schauhaus umzusiedeln, die bisher in der Bosestraße Mieter des Leipziger Schauspiels war, zum Jahresende aber den Mietvertrag gekündigt hat. Jennike weist darauf hin, dass Centraltheater-Intendant Sebastian Hartmann und sein Verwaltungsdirektor diesen Vorschlag seit Beginn der laufenden Spielzeit kennen und ihn selbst "als mögliche Option angeführt" hätten. "Die Empörung, die aus dem Brief des Intendanten an den OBM dem Leser entgegenschlägt (und der nicht mit persönlichen Diffamierungen spart), ist für mich vor diesem Hintergrund sehr überraschend und scheint mir etwas angestrengt."

(Leipziger Internet-Zeitung / sle / ape)

 

Auf nachtkritik.de wurden die Inszenierungen in der Leipziger Skala mehrfach ausgiebig diskutiert, so zum Beispiel Hunger nach Knut Hamsun, inszeniert von Pernille Skansar, oder Lars von Triers Idioten in der Regie von Martin Laberenz.


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