Mit Patenschaften wider die Krise

Hamburg, 15. Juli 2010. Im Interview mit Martin Eich in der Zeitung Die Welt (15.7.2010) bringt Sewan Latchinian, Intendant der Neuen Bühne Senftenberg mit einem Jahresetat von nur 4,5 Millionen Euro, beim Nachdenken über die finanzielle Misere der Theater ein Patenmodell ins Gespräch: "Mittelfristig wäre nachzudenken, ob die großen Häuser nicht im Rahmen einer Patenschaft kleine unterstützen wollen." So asozial es sei, "wie wenig Geld viele Theater und Schauspieler bekommen, so ungerecht hoch wirken auch Etats mancher Häuser oder Gagen einiger Darsteller. Es ist bemerkenswert, was gerade an kleinen und mittleren Theatern immer wieder an innovativen, ästhetisch und dramaturgisch hochwertigen Produktionen entsteht. Und doch erfahren diese Inszenierungen oft nicht genügend Aufmerksamkeit, auch weil andere, finanziell besser gestellte Häuser prominente Namen einkaufen."

Heftig kritisiert Latchinian die laufende Totspar-Debatte: "Die Beträge, die in Dessau, Wuppertal, Wilhelmshaven und Radebeul fast schon sportiv in die Diskussion gebracht wurden, sind fahrlässig - auch für die Demokratie. Die meisten Häuser müssten schließen, wenn sie auf solche Summen verzichten müssten." Kooperationen als Beitrag zum Sparen, etwa mit dem 35 Kilometer entfernten Theater Chemnitz, erteilt Latchinian eine Absage: "Kooperationen sind kein Allheilmittel und dienen der Politik oft als trojanisches Pferd, um strukturelle Veränderungen durchzusetzen. Der Kooperation folgt oft die Fusion, am Ende manchmal die Schließung. Jedes Theater hat seine eigene Geschichte, sein Profil, das erhaltenswert ist. Ein Publikum lässt sich nicht verpflanzen, sondern will sich mit seinem Ensemble identifizieren."

Das Interview in der Welt ist Teil einer Gegenüberstellung arm gegen reich. Im Gespräch mit Manuel Brug fragt Nikolaus Bachler, Intendant der Bayerischen Staatsoper in München und damit Herr über einen Etat von 86 Millionen Euro: "Wer bitte soll zum Sparen ins Theater gehen?" Bachler findet den Spar-Begriff deplaziert, "denn neben dem Produzieren von Kunst sparen wir ununterbrochen. Wir rechnen und kämpfen täglich. Seit mindestens zehn Jahren werden die Budgets weltweit nicht mehr erhöht, Tarifsteigerungen werden immer seltener ausgeglichen. Also geht es schon lange ans Eingemachte, egal ob wir ein reiches oder ein armes Theater sind." Von den reichen Theatern werde auch mehr erwartet: "Andere Ansprüche sind mit höheren Ausgaben und Fixkosten verbunden. Ähnlich wie beim Fußball zwischen Regionalliga und Champions League. Unser finanzieller Spielraum ist prozentual nicht so viel anders."

 

 

Kommentare  
Latchinians Patenmodell: fleckenfreies Profilchen geschmiedet
Die Armut, die Herr Latchinian in diesem Interview vertritt, ist vor allem die von Argumenten. Wenn man seine Gutmenschenantworten auf die platten und anhimmelnden Fragen so liest, dann ist er also der Meinung, daß es nicht sein kann, daß ein Großstadttheater höher subventioniert wird als kleine Theater. Große Bühnen müssten dafür einen Ausgleich leisten und gemein wäre doch auch, daß in Hamburg oder Berlin prominentere Darsteller für mehr Geld auf der Bühne ständen usf. Willkommen in der Wirklichkeit, Herr Latchinian! Und natürlich sind Ihre Produktionen durchweg "von Publikum und Feuilleton gleichermaßen gefeiert" (vielen Dank an den Interviewer für dermaßen suggestive Fragestellungen!), und natürlich ist das dann wieder "nicht nur, natürlich" keine "Frage des Geldes". Nein, nein. So schmiedet man sich sein fleckenfreies Profilchen zurecht und die Zeitung poliert willig ein Intendantenimage auf. Herr Bachler muß sich derweil mit der Rolle des Genußmenschen zufrieden geben, der den Hals nicht vollkriegt und mit seinen Intendanzen in Heuschreckenmanier über die großen Häuser herzieht, um sie platt zu machen. So einfach ist "Die Welt" in Senftenberg! Danke für dieses Sommerloch!
Latchinians Patenmodell: da geht doch was
@ 123
Ein echt unfairer Kommentar. Wie kommen sie darauf, dass L. der Meinung sei, es könne nicht sein, dass ein Großstadttheater höher subventioniert wird als kleine Theater?
L. deutet an, dass in manchen großen Theatern nicht so genau aufs Geld geschaut wird. Und? Ist das falsch? Dass in großen Theatern wie in München, Hamburg oder Wien (dort vor allem) mitunter Schauspieler lange Zeit "spazieren gehen". Warum also nicht über Patenschaften nachdenken, bei denen größere Häuser kleineren Theatern etwa Schauspieler "ausleihen"? Oder fest angestellte Regisseure mit großem "Namen"? So wie Herr Kriegenburg vor zwei (?) Jahren etwa in Magdeburg inszenierte, während er gleichzeitig Oberspielleiter in Hamburg war. Da geht doch was. Warum darf man nicht über derlei sprechen?
Und etwas Historisches am Rande: anfang der 50er Jahre, als die DDR-Behörden beschlossen, den Braunkohlekumpel etwas Hochkultur näher zu bringen gab es das schon einmal, diese Patenschaft, nämlich des Deutschen Theaters in Berlin mit dem damals neu aufzubauenden Theater in Senftenberg.
Latchinians Patenmodell: für solidarisches Anarbeiten gegen Sparzwänge
Genau, diese damalige Patenschaft wird sicherlich das Vorbild für Latchinians Anregung sein. Auch hat das Senftenberger Theater doch mit dem Theater Ansbach auch seit Jahren eine ähnliche Patenschaft. Also das geht schon in Ordnung was der Latchinian da meint. Ich kann da nix kritikwürdiges erkennen.
Aber das Patenschaftsding ist doch gar nicht Latchinians Hauptsache in dem lesenswerten Interview. Vielmehr plädiert er doch verbal (und wer mal in Senftenberg war, der weiss: auch tatkräftig) für lustvolles, ideenreiches und nicht unkritisches,aber solidarisches(auch der Theater untereinander) Anarbeiten gegen Sparzwänge und Krise.Das scheint mir sein Hauptrezept. Und das finde ich wohltuend, in dieser zynischen Zeit, in der es mir zu viele Leute mit Haltungen wie von 123 formuliert gibt.
Und näher als Bachlers Gerede von Championsleague und Regionalliga ist mir Latchinians Grundverständnis von Theater allemal.Denn für mich gibt es kein Championsleaguepublikum oder Regionalligapublikum, sondern nur ein Publikum - egal wo, und alle haben das gleiche Recht auf gutes Theater.
Latchinians Patenmodell: der übliche Verdacht
@ Katharina
Bei soviel Verständnis sitzen Sie nicht zufällig in Senftopf im Theater? Woher wissen Sie eigentlich, was gutes Theater ist? Klingt immer sehr seltsam, so eine inhaltlsfreie Plattitüde. Da setzt sich das Interview tatsächlich nahtlos in Ihnen fort. In dieser zynischen, bösen, bösen Zeit, aus der uns alle das Theater von Herrn Latchinian befreit. Ich kenne auch Inszenierungen von da, und fahre seitdem nicht mehr nach Senftenberg, Theater des Jahres anno dazumal hin oder her. Was Sie als "Patenschaft" hier zur weltengrößten Senfation stilisieren, heisst woanders einfach Koproduktion oder Gastspiel.

@ Strangler
Auch interessant, dass Sie wissen, was Latchinian weiß und was er andeutet. Teilen Sie sich mit Katharina dasselbe Büro in Senfhausen? Ihre Sehnsucht nach alten DDR-Modellen deckt sich jedenfals super mit Latchinians Selbstwahrnehmung als Retter der Theaterwitwen und Waisen, Verzeihung Weisen. Der fiese, fiese Bachler.
Latchinians Patenmodell: Entgegnung auf den Verdacht
Dass Latchinian so hämische,wohl auch neidische, geifernde Feinde zu haben scheint, macht ihn mir nur sympathischer. Ein Grund mehr mal wieder nach Senftenberg zu fahren.
Soviel dazu. Ich hab eigentlich Urlaub, und noch weniger Lust auf Primitivismen als sonst.
Aber zurück zu Sachlichkeit und Fakten:
Was ich über die damalige Patenschaft zwischen DT und Senftenberg weiss, war weit mehr als nur Koproduktion oder Gastspiel, war jahrelanger Austausch auf allen Ebenen (technisch,dramaturgisch, schauspielerisch, ausstatterisch, regielich), übrigens zum Nutzen beider Partner. Ich habe damals auch tolle Gastspiele aus Senftenberg hier in Berlin erlebt. Und mehrere Senftenberger Schauspieler sind dann auch an Berliner Bühnen engagiert worden.
Latchinians Patenmodell: muss von unten wachsen
Der Gedanke von Sewan Latchinian ist gar nicht so übel und auf jeden Fall nachdenkenswert. Nur kann das nicht von oben verordnet werden, sondern muss aus den Theatern selber kommen. Koproduktionen sind ein erster Schritt, das wird schon gelebt. Partnerschaften von großen Theatern mit Provinzbühnen sind durchaus begrüßenswert, wenn das keine Einbahnstraße bleibt. Vielleicht kommen die Großen dann auch mal aus ihrer Lethargie und Nabelschau raus. Zu Bachler muss man wirklich nichts mehr sagen, der soll mal lieber vor der eigenen Tür kehren. Er kann es sich offenbar leisten, die Stardirigenten wie die Hemden zu wechseln. Sparen ist also unsexy in München, na ja, die neue temporäre Oper auf dem Marstallplatz sieht ja ganz geil aus, aber wer geht denn da rein, wenn der Schlingensief mit seiner Oper erst mal weiter gezogen ist. Da der Bau ja transportabel ist, kann er jetzt den Zuschauern hinterher ziehen, oder dem Autohersteller und Mitfinanzier als Werbefläche dienen.
Latchinians Patenmodell: auf den Trabi laden
@Katharina: "hämisch, neidisch, geifernd, Feinde". eins haben sie noch vergessen: 42! laden sie sich ihren senftenbergwerbeklamauk mal schön auf den trabbi und fahren eine ehrenrunde ums nt, in memoriam hochpolitisches, kollektives, humanes ddr-theater. und wenn sie sich hier unter zweitem autorennamen schon selbst die steilvorlagen liefern, nicht ganz so erkennbar, please! vielen dank und schönen urlaub noch!
Latchinians Patenmodell: anonym in die Runde rotzen
@S... , wohin mit den überfälligen persönlichen Abrechnungen und dem reichen Schatz an unterirdischen Wortspielereien…? Ja genau, ab ins Internet, auf nachtkritik.de und den ganzen Frust mal anonym in die Runde rotzen, nicht wahr? Glückwunsch zu soviel Mut und vielen Dank für die fundierte und sachliche Kritik an der Senftenberger Bühne und ihrem Intendanten. Endlich haben alle was davon!
Latchinians Patenmodell: 123 ist ein Anderer
@123 . Ich mache (nochmals) darauf aufmerksam, der erste Kommentar stammt nicht von mir. Ich war nur einmal in meinem Leben in Senftenberg und das ist schon sehr lange her.

Bitte suchen Sie sich einen eigenen Namen. DAS KANN DOCH NICHT SO SCHWER SEIN.

Gruß

123
Latchinians Patenmodell: tief atmet das Sommerloch
ich mache mal darauf aufmerksam ( später vielleicht nochmals) auf die seite von senftenberg zu gehen, der rest erklärt sich - natürlich bräuchte herr latchinian noch mehr geld von größeren theatern, das brauchen alle "kleinen" - und dann würde er vielleicht den lear in eigenregie bieten können und lippi im kochstudio - und kostenlose fahrten nach lübben vetschau - endlich wie damals und endlich poetischer widerstand - wieder theater des jahres geeichte sache das - jetzt atmet tief das sommerloch - sommer wie senftenberg....bitte - alles gute aus den ferien liebe nachtkritik - freuen wir uns auf den unnachgiebigen kalten herbst
Latchinians Patenmodell: ein Loch, ein Krater, eine Wunde
In Eigenregie wird hier vor allem das vom Hauptkommentator herbeigeschriebene "Sommerloch" aufgeführt. Worum geht es in dieser Inszenierung? Um das oben zitierte Interview ganz offensichtlich nicht. Um Gutmenschen, Trabbis, die DDR und Lippi? Auf jeden Fall wohl um persönliche Ressentiments. Einst verliehen ein paar besonders helle Köpfe dem Intendanten Latchinian den Namen "Iwan, der Schreckliche". Gar schreckliches muss er in der Tat in jenen Köpfen hinterlassen haben, dass sie sich bis heute so engagiert an ihm abzuarbeiten versuchen – ein Loch, ein Krater gar, zumindest eine Wunde muss es gewesen sein. Der Rest erklärt sich.
Latchinians Patenmodell: Sommerloch und Provinzpossen
Irgendwie hat das Sommerloch auch die Redaktion von Nachtkritik fest im Griff. Dass es auch anders gehen könnte und immer noch genügend Meldungen mit Substanz in der Presse zu finden sind, erfährt man aber nur, wenn man das Spektrum etwas erweitert. Dann passiert einem auch nicht, das neuerliche Angriffe von Seiten der FAZ in einem Artikel von Jürgen Brokoff zum serbischen Nationalismus auf Peter Handke stattfinden und es darauf auch schon passende Erwiderungen seitens Hans-Dieter Schütt im Neuen Deutschland gibt oder ein Gespräch mit Dietmar Dath über Peter Hacks und dessen Neuauflage Der Maßgaben der Kunst. Schließlich ist das sogenannte Peter-Hacks-Revival sicher nicht nur dem Sommerloch entsprungen. Sich damit zu befassen scheint mir lohnender, als jeder Provinzposse, wenn sie im Zusammenhang mit Sewan Latchinians Forderung auch durchaus diskussionswürdig erscheinen mag, hinterher zu laufen.
Latchinians Patenmodell: keimfreies Interview
Hyperventilation ist doch Grundvoraussetzung für die Teilnahme an nachtkritik. Das Interview gibt gar nichts her, über das sich reden ließe. Aufregung ist auch nicht nötig. Ein Theaterintendant, der findet, er müßte mehr Licht kriegen und ein ihm willig zugeneigter Schriftsetzer nutzen die Theaterferien, um ihre Männerfreundschaft in ein keimfreies Interview zu gießen, das es sonst in kein Blättchen schaffen würde. Dieses Teamwork gibt es ja nicht zum ersten Mal. Mehr ist es nicht. Warum also mehr daraus machen?
Latchinians Patenmodell: Kommt endlich mal klar
Man liest dies alles so und denkt: Wacht doch endlich mal auf.

Wer baut schon um eine Gruppe Lyriker in Senftenberg ein Haus drum herum ? Haben dort die Bildhauer subventionierte Werkstätten und Ausstellungsräume mit fest angestelltem Personal, dass ihnen zuarbeitet ? Es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, warum nicht andere Kunstsparten ebenso gut und ebenso hoch subventioniert werden sollten, wie Schauspieler, Regisseure, Dramaturgen und Ausstatter. Aber eben diese Gruppe, die traditionell mit einer für andere Künstler unglaublichen Kontinuität subventioniert wird, jammert ebenso kontinuierlich.

Kommt endlich mal klar.

Genauso gut könnte man Schriftsteller, Tänzer, Poeten, Maler und Videokünstler mit festen Immobilien und Tarifverträgen dauerhaft versorgen und sie von dem Schlauch der Stipendien befreien.

Spürt ihr das gar nicht mehr ? Wie priviligiert Ihr seid ? Genießt eure Privilegien solange ihr sie noch habt, statt euch auch noch gegenseitig in die Pfanne zu hauen. Alle Häuser arbeiten finanziell an ihren Grenzen, egal wie hoch sie subventioniert sind, solange diese Strukturen so erhalten werden, wie sie jetzt sind. Wer soll denn da realistisch wem wirklich etwas abgegeben, ohne sich dabei selber zu gefährden ? Wir wissen, dass dies nicht funktioniert.

Warum sich dann mit solch unsinnigen Vorschlägen plagen ?

Sparen ist nicht nur für Theater unsexy. Dann spart eben nicht. Und schafft mehr Geld rein. Oder bewertet euer Geld anders. Denn es ist immer noch sehr viel. Ob es euch wirklich gut tut, so vor allen anderen Künsten bevorzugt zu werden, daran darf man ernsthaft zweifeln.
Latchinians Patenmodell: kleinmütige Verteilungskämpfe
@ 123: Und Sie sind jetzt bestimmt Lyriker und/oder Bildhauer, ansonsten müssten Sie diese Künste nicht gegen die Theaterkunst ausspielen, oder? "Wir" und "ihr", auch bei Ihnen lässt sich dieses Denken in Opposition und Konkurrenz zueinander finden: "Wacht doch endlich mal auf" und "Kommt endlich mal klar". Haben wir es hier eigentlich mit Spätpubertierenden oder mit erwachsenen Menschen zu tun? Es sind kleinmütige Verteilungskämpfe, und dabei müssten eigentlich alle Kunstschaffenden an einem Strang ziehen. Und aus dem Grund gefallen mir Äußerungen wie die folgende des Oberhausener Intendanten Peter Carp auch besser, welcher nicht jammert und Verschiebebahnhof spielt, sondern die wirklich wesentlichen Fragen stellt:
"Man muss sich immer wieder mal klarmachen, dass der Kulturetat nicht mehr als zwei Prozent vom Gesamthaushalt beträgt. Daran zu sparen ist ungefähr so, als wenn ein Privatmann mit 800.000 Euor Schulden beschließt, sein Zeitungsabo abzubestellen: Da wird man nicht reicher, aber dümmer." ("Theater Heute", Juli 2010)
Latchinians Patenmodell: Aufmerksamkeit, keine Aufregung
@ Frau Kurtz: Andere wiederum nutzen ihre Freizeit und geduldige Online-Foren für Behauptungen und Unterstellungen, die es aus gutem Grund erst recht in kein Blättchen schaffen würden. Es geht immer um Aufmerksamkeit. Mehr ist es nicht, oder? Kein Grund zur Aufregung.

"Getretener Quark wird breit, nicht stark."
(Der olle Goethe)
Latchinians Patenmodell: subventionsspezifische Inhalte und Ästhetiken
@505. Weder Lyriker noch Bildhauer...und ich gebe zu, dass ich einer Laune nachgegeben habe; aber trotzdem bleibt dies Argument der außergewöhnlichen Privilegien für Theatermenschen. Spätpubertät hin oder her, dieses Argument schaffen Sie so auch nicht aus der Welt.

Und es geht gar nicht um Konkurrenz und Opposition, sondern um eine gleiche Behandlung aller Künste und ihrer Künstler. Davon sind die Theaterleute immer noch durch erhebliche Privilegien ausgenommen.

Muss in München immer ein Sänger auf der Bühne stehen der im Weltvergleich bestehen kann ? Nein. Es könnte auch einfach ein Sänger sein, der in München beliebt ist und Publikum zieht.

Kann man ein Publikum tatsächlich nicht verpflanzen ? Oder andersherum: Will das Theater nur dies Publikum, dass sich nicht verpflanzen lassen will ? Was für eine Art Gemeinde soll das sein ? Die da immer weiter subventioniert werden muss ? Die Gemeinde der Halbintelektuellen und Rechtsanwälte, Zahnärzte und was weiß ich nicht noch was aus Senftenberg ? Die bestellen ihr Zeitungsabo auch nicht ab, wenn sie fast pleite sind. Wahrscheinlicher aber ist, dass sie ihre Zeitungen im Netz lesen und schon lange kein Abo mehr haben.

In dieser Theatergemeinde wird eben schon lange nicht mehr zeitgemäß debattiert. Carps Argument ist nostalgisch. Latchinians unverpflanzbares Publikum sentimental. Und damit habe ich ein Problem. Meinetwegen können die Theater mehr Geld bekommen, das bereitet ebenso wenig Sorgen, wie Kürzungen.

In Sorge gerate ich eher bei Ästhetiken und Inhalten, und die werden zuweilen auch durch jahrzehntelange Subventionen beschädigt und wirken wie auf einen subventionierten Betrieb eingerichtet. Und dieses Eingerichtet-Sein auf etwas, dass es im Rest der Gesellschaft kaum noch gibt, nämlich, ohne höhere Einnahmen trotzdem immer mehr Geld für sich zu verlangen als man tatsächlich mit dem Betrieb verdienen kann, führt auch zu subventionsspezifischen Inhalten und Ästhetiken. Da hält der Rahmen der Subventionen Bilder fest, die ohne sie keinen Bestand hätten. Dies ist immer gut, wenn eine Kunst im Aufblühen ist. In Zeiten des Niedergangs von Theater führt es zur Dekadenz.

Und deshalb hätte ich nichts dagegen, wenn der größte Teil der Theatersubventionen mal für ein paar Jahre auf andere Künste umverlegt würden. Ein eventuell erholsamer Schock für die Betriebe. Dann werden eben mal ein paar Häuser geschlossen. Wen kümmerts. Überall begegne ich arbeitslosen Schauspielern und Schauspielerinnen, die noch vor ein paar Jahren bei Stromberg in Hamburg spielten. Um die kümmert sich doch jetzt auch keiner, und sie hätten ebenso ein Recht auf subventionierte Stellen. Diese Gruppe ist doch wahrscheinlich schon längst größer als die derer mit einem festen Engagement. Und dann schauen sie erst einmal in die anderen Künste hinein.

Nein, ich habe keinen spätpubertären Anfall. Im Ganzen gesehen werden die Gelder stets ungerecht verteilt und deshalb bleibe ich dabei: Kommt endlich mal klar !!!

Und macht gute Theaterkunst. Echte Aufreger, die euch unabkömmlich machen.
Latchinians Patenmodell: Dekadenz-Vorwurf
@ 123: Oh nein, bitte nicht dieser unreflektierte und verallgemeinernde Dekadenz-Vorwurf. Was verstehen Sie unter "subventionsspezifischen Inhalten und Ästhetiken"? Wird das Theater jetzt vom "abstrakten Geld" gemacht? Oder nicht vielleicht doch immer noch von Menschen, welche (ob klein oder groß) auch begründen können, warum sie Theater machen bzw. warum sie es für die Verständigung einer politischen Gemeinschaft über sich selbst für notwendig halten. Wer die Schließung des Theaters fordert, der liebt es nicht (mehr), der hat aufgegeben, für es zu kämpfen.
Latchinians Patenmodell: luftiges Verhältnis zu Zahlen
Carp sagt: "Man muss sich immer wieder mal klarmachen, dass der Kulturetat nicht mehr als zwei Prozent vom Gesamthaushalt beträgt. Daran zu sparen ist ungefähr so, als wenn ein Privatmann mit 800.000 Euor Schulden beschließt, sein Zeitungsabo abzubestellen."
Die Rechnung stimmt - wenn man die Kosten eines Zeitungsabos mit 16.000 Euro veranschlagt. Theaterleute haben traditionell ein luftiges Verhältnis zu Zahlen, und deshalb machen sie in der Subventionsdebatte so eine unglückliche Figur. Sie verteidigen "Schutzräume", jammern über "kleinmütige Verteilungskämpfe"... Aber auf einer Theaterkarte liegen im Schnitt 130 Euro Subventionen. Der Tagessatz einer Kindergärtnerin, eines Krankenpflegers. Das ist der Verteilungskampf. Das ist die Sprache des Steuerzahlers. Des gewählten Politikers. Und so lange sich Theaterleute nicht bemühen, diese Sprache zu lernen und ernst zu nehmen, werden sie, jedes Jahr ein bisschen, nicht nur die Debatte, sondern auch die Subventionen selbst verlieren.
Latchinians Patenmodell: abscheuliches Image der ewig Klammen
@505. Oh doch genau dieser Dekadenz Vorwurf jetzt ! Und Skulpturen und Bilder, Photographien, Gedichte werden auch mit Geld gemacht. Das soziale Netz für Künste ist einfach zu hoch aufgehängt. Würde man es etwas tiefer hängen und noch mehr Bedürftige auffangen, würden die Kosten es einfach zerreissen und alles ging zu Boden.

Mir reichts. Eine ganze Spielzeit, ein Jahr um Geld diskutiert. Wie peinlich. Was für ein abscheuliches Image: Die, die immer Geld brauchen. Die ewig Klammen.

"Oh nein, bitte nicht..." rufen sie alle. "Gebt mehr."

Und ich sage: Was ! Es gibt kein Brot mehr. Dann sollen sie eben Kuchen essen. Diese armen hochsubventionierten Schwerenöter.

Das Ableben der Dekonstruktion ist dekadent. Dekadent, dekadent und nochmals dekadent...auch wenn sie sich 505 deshalb die ganze Nacht übergeben müssen.
Latchinians Patenmodell: der Namen bedienen
An "Der Sommerwind",
Ihre Unterstellung einer Unterstellung ist das Ergebnis Ihres Mangels an Information. Für den kann ich nichts. Würde ich unterstellen wollen, täte ich das hier nicht unter meinem Namen, sondern würde mich vielleicht "Der Sommerwind" nennen.

"Wer sich der alten Klassiker bedient, ist selten auf der Höh´ seiner Zeit."
(Auch Goethe, ein nicht ganz so oller.)
Latchinians Patenmodell: symbolisches Zahlenwerk
@ Autor: Schreiben Sie für das Theater? Wohl kaum, oder? Ihr Argument der falschen Berechnung ist in meinen Augen Erbsenzählerei. Denn diese Aussage ist natürlich symbolisch gemeint. Und zwar in dem Sinne, dass Kultur und Soziales nicht gegeneinander ausgespielt, sondern zusammengedacht werden müssen. In demselben Interview betont Carp übrigens einen ganz wesentlichen Aspekt für die fortbestehende Subventionierung der Theater, auch und gerade in sogenannten "strukturschwachen Regionen" wie im Ruhrgebiet. Zitat:
"Dazu kommen die anderen Funktionen, die die Theater in ihren Städten wahrnehmen, etwa die Theaterpädagogik, das Erschließen neuer Publikumsschichten. Was ja hier im Ruhrgebiet eine große Rolle spielt. Es gibt hier ja kaum ein stabiles Bildungsbürgertum, das per se ins Theater geht. Diese Arbeit geht nur direkt vor Ort."
Und weiter unten:
"Wenn man über Kultur nachdenkt, muss man darüber nachdenken, wie in 10, 15 Jahren die Städte aussehen sollen, in denen wir leben wollen. Wenn in einer Stadt wie Oberhausen die Kultur wegfällt, wird das ein Ghetto für Verlierer. Die schönen und 'besseren' Menschen leben dann in Düsseldorf oder Hannover. Aber so sollte unsere Demokratie nicht funktionieren. Man darf ja nicht dafür bestraft werden, dass man in Oberhausen aufwächst und nicht in der Landeshauptstadt."
Schließlich geht es meines Erachtens um die Relationen. Wenn man sich anschaut, mit wieviel Geld die Hypo Real Estate oder der griechische Staatshaushalt ("Europa!") "gerettet" werden, dann erscheint einem diese Debatte um Subventionskürzungen bzw. Einsparungen im Theaterbereich doch geradezu lächerlich, oder etwa nicht? Genau diese Widersprüche kann das Theater auf der Bühne thematisieren, und das tut es auch.
Latchinians Patenmodell: Dekonstruktion ungebrochen aktuell
@ 123: "Das Ableben (?) der Dekonstruktion ist dekadent." Haben Sie sich damit denn schon einmal eingehend auseinandergesetzt? Für mich ist nichts an der Dekonstruktion dekadent, und ich ahnte es ja schon: Ihnen geht es offenbar allein um die "falsche" Form der Ästhetik, und deswegen wollen Sie das Gegenwartstheater lieber gleich ganz abschaffen. Jedoch: Die Zeiten ändern sich, und die Kunst ist frei.
Zur ungebrochenen Aktualität von Derridas Verfahren der Dekonstruktion schreibt Klaus Englert in der SZ vom 19.7.:

"Dekonstruktion empfand er nicht als innerphilosophisches Verfahren, als geschlossenes System oder fest umrissene Methode. Vielmehr ging es darum, geduldig die quasi naturgegebenen Hierarchien und Ordnungen aufzuspüren, die sich in den Texten sedimentiert haben und dabei Denkwege außerhalb der etablierten begrifflichen Bezugssysteme zu bahnen. [...] Zweifellos hat ein derartiges Denken, das in jedem Totalisierungsbestreben die subkutanen Dissonanzen heraushört, seine Aktualität nicht verloren. [...] Selbst demokratisch gewählte Herrscher lassen sich vom Phantasma einer ungeteilten Souveränität leiten, die sie, wie beim pietistischen George W. Bush, durch eine vermeintlich göttliche Souveränität legitimiert sehen. [...] Gemäß dem Motto 'Keine Dekonstruktion ohne Demokratie, aber auch keine Demokratie ohne Dekonstruktion'. Jacques Derrida verstand sich wie Friedrich Nietzsche als 'Philosoph der Zukunft' und als 'Europäer von Übermorgen'. [...] Deswegen Derridas Vertrauen in die offene Struktur, das Unvorhersehbare, das Ereignis, das Unmögliche. Die 'Wagnis des Erkennenden' war ihr gemeinsames Motto. Nichts anderes meinte die amerikanische Feministin Judith Butler nach Derridas Tod: 'Jacques Derrida hielt die Praxis der Kritik lebendig, weil er verstanden hatte, dass sozialer und politischer Wandel ein unaufhörliches Projekt ist, ein Projekt, das mit dem Werden des Lebens selbst zusammenfällt."

Im Bereich des Theaters ist die Dekonstruktion meines Erachtens also ein unabdingbares Verfahren, und zwar in dem Sinne, dass das Theater sich in der Bearbeitung seiner Stoffe/Inhalte in Wechselwirkung mit dem jeweils aktuellen politisch-ökonomischen Kontext immer wieder neu verorten muss. Alles andere wäre museal.
Latchinians Patenmodell: Experiment, Publikumsgeschmack, Subvention
Wie ist denn die These mit den subventionsspezifischen Inhalten und Ästhetiken zu verstehen?
Es gibt zwei Möglichkeiten:
1. Da ohnehin das Geld fließt, kann hübsch herumexperimentiert und auch mal am Publikumsgeschmack vorbeigespielt werden.
2. Die Intendanten müssen auf ihre Geldgeber Rücksicht nehmen und für eine relativ hohe Auslastung ihrer Häuser sorgen, um zu beweisen, dass sich die Investitionen gelohnt haben und nicht für ästhetische Spielereien verpulvert werden. Diese Gegenleistung der Intendanten hat quasi zur Folge, dass ziemlich publikumswirksame Stücke gespielt werden, die Feinschmecker anziehen sollen, aber selbst von ästhetisch anspruchslosen Gelegenheitszuschauern und Canaillen goutiert werden können. Ein exemplarischer Intendantentypus dieser Prägung ist Peymann, der stets mit dem Blick auf Subventionen die hohen Besucherzahlen seines Hauses erwähnt, auch wenn er die Leser seiner Statements allmählich damit nervt und diesen Umstand mit markigen Sprüchen zu kompensieren bemüht ist. Wegen der permanenten Subventionsfrage ist aus jemand, der vielleicht zu einem kühnen Visionär bestimmt war, ein Buchhalter geworden. Die Intendanten der Zukunft sollten vielleicht zugleich gewiefte Schatzmeister sein und das Antichambrieren bei höheren Stellen lernen.
Latchinians Patenmodell: Theater importieren aus subventionsfreien Räumen
@ 505: Ihre Argumente sind ja richtig, und die von Carp auch. Aber Sie veröffentlichen Ihren Post in "Nachtkritik", Carp seinen Aufsatz in "Theater heute". Und das meine ich mit "Sprache". Die Theaterleute finden für ihre Sache keine Sprache, mit denen sie außer sich selbst irgendjemanden überzeugen. Deshalb ist Subventionstheater seit Jahren ein Rückzugsgefecht, und die schärfsten Waffen der Theater sind nicht ihr Gerede von Demokratie, Sozialem, Relevanz, sondern: nachgespielte Filme, Romane und Klassikerinszenierungen mit viel, viel Pop-Musik. Importe aus dem subventionsfreien Raum. Super-Widerspruch, thematisiert im Theater kein Mensch.
Latchinians Patenmodell: Sie dürfen sich schämen
@123: Herrlich! Bitte abendfüllend umschreiben und auf die Bühne damit!

@ Frau Kurtz: …"Ein Theaterintendant, der findet, er müßte mehr Licht kriegen und ein ihm willig zugeneigter Schriftsetzer nutzen die Theaterferien, um ihre Männerfreundschaft in ein keimfreies Interview zu gießen, das es sonst in kein Blättchen schaffen würde." Das basiert bitte auf welcher "Information"…? Ihr authentischer Namensbeweis in allen Ehren, Martina Kurtz, aber für diesen hilfsdemagogischen Quark dürfen Sie sich jetzt gerne ein wenig schämen gehen – und nicht noch breiter treten bitte – oder sich das nächste mal gleich "Katja Kessler" nennen.
Latchinians Patenschaftsmodell: nichts als Lobbyismus
So ein weichgespültes Retter-der-Theaternation-Interview lässt nur eine Frage offen: für wie dämlich hält man uns Leser und Theatergänger ? Iwan der Schreckliche und ein Journalist verabreden einen Plausch über ein vorgeschobenes Thema, das gar keins ist - popliges Theater-Patenschaftsmodell à la Ulbricht, Latchinian begräbt es in Sachen Chemnitz gleich selber - in dem der eine dankbare Vorschulfragen vom andern beantworten darf: "Ihre Produktionen werden von Publikum und Feuilleton gleichermaßen gefeiert. Keine Frage des Geldes?" - "Nicht nur, natürlich." Das nennt man wohl Lobbyismus (...), Nachtkritik kann damit die Rubrik „Witz des Monats“ eröffnen. Wirklich schrecklich. Eigentlich traurig.
Patenmodell und Kantinenstand: Milch wird sauer
An "Der Sommerwind",
Ihre Ausfälligkeiten und Ausfallerscheinungen lassen nur den Schluß zu, daß Sie womöglich noch mehr wissen als ich. Wer wie Sie über Quark nicht hinaus kommt, dem wird die Milch sauer. Auf dem Kantinenstand gehen die Goethe-Zitate schnell aus.

"Wer laut auf diesen Wegen tritt,
Der sollte lieber schleichen -
Schritt für Schritt."
(Goethe, schon wieder!)
Patenschaftsmodell und Goethe-Rezitation: Unterstellungen antworten auf Unterstellungen
Sollte ich hier fälschlicherweise den Eindruck erweckt haben, einen Goethe-Rezitations-Marathon anstoßen zu wollen, so tut es mir nachträglich leid. Dieser wäre aber sicher immer noch erträglicher als der Marathon, den wir eröffnen würden, sollten wir uns weiterhin darauf beschränken, durchsichtig motivierte Unterstellungen ausschließlich mit weiteren Unterstellungen zu verteidigen – auch wenn dies offenbar Ihre bevorzugte Form der Auseinandersetzung ist, Fr. Kurtz. Ich bin ganz sicher, auf diesem Niveau keimt noch einiges vor sich hin. Nun denn, auf zu weiteren Attacken gegen die Keimfreiheit! Und viel Spaß noch dabei.
Goethe-Rezitationszirkel: ... seit 100 Tsd. Jahren ...
Au ja, wir machen einen Goethe-Rezitationszirkel auf. Wie wäre es denn mit:

Da ist für mich nichts Neues zu erfahren,
Das kenn' ich schon seit hunderttausend Jahren.
Latchinians Patenmodell: Geschichtsblindheit
"Es ist ein einförmiges Ding um das Menschengeschlecht. Die meisten
verarbeiten den größten Teil der Zeit, um zu leben, und das Bißchen, das ihnen von Freiheit bleibt, ängstigt sie so, daß sie alle Mittel
aufsuchen, um es los zu werden." (Werther)

1. Es handelt sich bei der Stadt, etwa 35 Kilometer von Senftenberg entfernt, nicht um Chemnitz sondern um Cottbus (Chosebuz).

2. Ich stimme Stefan vollauf zu: dergleichen (wie Latchinian in dem für ihn sehr bequemen Interview... ersinnt) ist nichts für "Von-oben", es ist etwas, was Theaterleute sich aus gegenseitigem Interesse und Respekt heraus erarbeiten könnten wohlmöglich (123 erwähnte da einmal ein eher abschreckendes Beispiel zu Frankfurt (Oder) ...); und Hacks, Tschernikau oder Dath da geradezu wie Ostalgie und Neid zu handeln, ist blanker Unsinn, ja geschichtsblind (und ist so ein "Augenblick" nicht vor allem der Ort, wo persönliche Schichtung und Geschichte konvergieren, anheben bzw. setzen, selbstbewußt werden (mir erscheint der Begriff "mit Bedeutung aufladen" da auch ein wenig flapsig...)?, eine Geschichtsblindheit, die offenbar auch den "Handkestoff" betrifft und peinlich konserviert): Sagt "Schlingensief-Operndorf" und "Kustendorf" einmal zusammen, dann wird das vielleicht ein neuer Sommerstoff, aber so ??!

3. Schöne Grüße nach Wesenberg, wenn es der "Weiße See" ist, den ich im letzten August kennenlernte: unbedingt noch um eine Erfahrung mit dem Useriner See erweitern !!!
Latchinians Patenmodell: mit eigener Sprache argumentieren
@ Autor: Ich glaube nicht, dass es an der Sprache liegt. Im Gegenteil, wenn sich jetzt auch noch die Theatermacher an den vorherrschenden ökonomistischen Diskurs anpassen, dann geht gar nichts mehr. Ich würde sagen, dass das Theater nur auf der Grundlage weiterhin existieren kann und gesellschaftspolitisch relevant bleiben wird, insofern es mit seiner eigenen Sprache argumentiert, welche das ausschließliche Denken bzw. Umrechnen von "Werten" in Zahlen dekonstruiert - in ganz unterschiedlicher Form zu beobachten bei Nicolas Stemanns/Elfriede Jelineks "Kontrakten des Kaufmanns", bei diversen Pollesch-Inszenierungen, bei Falk Richters "Trust" oder Friederike Hellers "Der gute Mensch von Sezuan" usw. Und das sind übrigens alles keine Bearbeitungen von Filmen oder Romanen.
Latchinians Patenmodell: Diffamierung hat noch nie geholfen
An "Der Sommerwind",
Einträge wie Ihre sind leider darauf aus, Kommentare zu verleumden, die nicht Ihre Unkenntnis spiegeln. Nun, das ist zu wenig. Damit bewegen Sie sich auf dem Niveau des abgekarteten Interviews, daß Sie erfolglos verteidigen möchten. Diffamierung hat noch nie geholfen. Wie schon vor Ihrer ersten Erregung geschrieben: Hyperventilation ist Grundvoraussetzung für die Teilnahme an nachtkritik. Sie sind kein glänzendes, aber ein Beispiel dafür. Bei Ihrem nächsten Ausfall bitte ich doch freundlich um einen eigenen Gedanken. Ausformuliert und ausgeglichen, wenn Sie es können! Und wenn Sie sich schon so erregen, dann doch bitte unter Ihrem Namen. Ich würde mich freuen!
Latchinians Patenmodell: Fragen
"Es ist bemerkenswert, was gerade an kleinen und mittleren Theatern immer wieder an innovativen, ästhetisch und dramaturgisch hochwertigen Produktionen entsteht."

http://www.theater-senftenberg.de/de/spielplan/premieren-201011/schlechter-sex-1-3-mia-ming.html

Produktionen wie diese wahrscheinlich. Bloß, wo ist da die Vermittlung des Politischen und des Künstlerischen, wo ist da die Ästhetik, welche in sich politisch ist, wo ist da die gestaltende und verändernde Perspektive auf Gesellschaft und Kultur?
Latchinians Patenmodell: Nachrichten aus dem Sommerloch
@ Arkadij
Schön, dass sie mal wieder in meinem Blog gewildert haben. Ich bin ja nach der WM auch erst mal ins Sommerloch gefallen und nun endlich mit jeder Menge saurer Gurken wieder aufgetaucht, die noch an den Mann bzw die Frau zu bringen sind. Es handelt sich da übrigens um den Weißen See in Berlin-Weißensee, der sich sozusagen fast direkt vor meiner Haustür erstreckt und bei der Tropenhitze diesen Sommer zumindest etwas Kühlung bringt. Ob Latchinian nun Cottbus oder Chemnitz meint ist relativ egal, Senftenberg liegt günstig für beide Häuser an der Grenze zu Sachsen, Dresden wäre da auch eine Möglichkeit, Leipzig, Halle, Berlin alles keine riesigen Wege. Aus diesem regionalen Potenzial wird noch zu wenig gemacht. In Cottbus holt man sich lieber Johann Kresnik um im Herbst den 225. Geburtstag (was für ein merkwürdiges Jubiläum) von Fürst Pückler zu feiern. Das Projekt Pücklers Utopia dürfte so ziemlich unbekannt in der Region selber sein. Es hat am 30.10.10 im großen Haus des Staatstheaters Premiere. Gerade die Brandenburger Region hat so viel Geschichtliches zu bieten, das einem die Ideen eigentlich nicht ausgehen dürften, um Leute ins Theater zu bekommen und Geldquellen anzuzapfen, darin müssten Künstler heute einfach geübt sein. Nur darauf zu warten, dass die Subventionen immer weniger werden und sich dann zu beklagen, anstatt sich zusammen zu tun, kommt einer Aufgabe gleich.
Auch sich mit der DDR-Vergangenheit auseinander zu setzen, wäre eher angebracht, als sich an Pückler als Aushängeschild zu klammern. Aber man will wohl niemanden mit Ideologie aufgeladenen Personen wie Schernikau und Hacks belasten. Der Streit in Leipzig zeigt wie hart die Fronten da sind und auch das DT in Berlin wird sich warm anziehen müssen, wenn Kuttner und Kühnel sich an Hacks machen, sitzen die Verfechter des sozialistischen Klassikers schon in den Startlöchern. Es gibt aber durchaus andere wie Trolle, Müller, Brasch etc. oder Brecht selber. Gestern gab es übrigens in der ARD ein interessantes Portrait von Katharina Thalbach, sie wird nach langer Zeit wieder mit Brechts Im Dickicht der Städte im BE zu sehen sein. Sie ist übrigens auch in einer leider ein wenig dem Sommerloch zum Opfer gefallenen Ausstellung im Münchner Theatermuseum vertreten, eine unter vielen Theaterregisseurinnen, die dort in 4 Generationen vorgestellt werden. Sehr sehenswert und zu empfehlen.
„Regie-Frauen“ im Deutschen Theatermuseum München noch bis zum 29.08.10
Latchinians Patenmodell: mit der politisch-korrekten Keule
@ 505
Das Programm der Neuen Bühne Senftenberg ist doch recht ausgewogen. Sie können in der Provinz nicht stur politisch fahren, das macht auch keine große Bühne. Man kann die Leute die sich auch mal nur unterhalten wollen nicht außen vor lassen. Die DDR hatte mit Rudi Strahl einen begnadeten Lustspielautor, der Probleme zwischen den Zeilen angesprochen hat. Das braucht man heute nicht mehr, aber es wäre künstlerisch wesentlich wertvoller als die Leute immer mit der politisch korrekten Keule oder Zaunlatte zu traktieren. Das GlückAufFest hat dieses Jahr einen russischen Schwerpunkt, das passt immer gut zur Region. Sie müssen sich natürlich den Schlechten Sex als Beispiel raus picken. Wie kurzsichtig und durchschaubar Ihre Argumentation immer ist, Sie haben doch keine Ahnung.
Latchinians Patenmodell: Erholung dringend nötig
@ Janis_69

Vielen Dank besonders für deinen Beitrag, dem ich voll zustimme!

Warum ich hier "angezweifelt" werde, weiß ich nicht. Ist "123" ein Autorenname, die man nicht benutzen darf? Ich wünsche allen einen schönen Sommer! Wer solche Interviews produziert, scheint Erholung besonders dringend nötig zu haben.
Latchinians Patenmodell: über Ahnungen verhandeln
@23. Nein, ich habe mich noch nie eingehend mit etwas auseinandergesetzt, und schon gar nicht mit der Dekonstruktion; deshalb kann ich ihr Ende kaum erwarten. Und Gegenwartstheater hasse ich wie die Pest.

WAS DENKEN SIE EIGENTLICH ?

...das ich völlig bescheuert bin und bisher nur die Geschichte der Heinzelmännchen verfolgt habe ? Vielen Dank auch.

Eine Ära geht zu Ende. Sagen Sie mir lieber, was vor uns liegt, als mich für dumm zu verkaufen.

Ich weiß, dass sich wieder einmal alles ändern muss. Nur wie dies aussehen soll, kann ich höchstens ahnen. Über Ahnungen verhandele ich gerne mit Ihnen.
Latchinians Patenmodell: Name als Konzept
@37.

"123" ist mein Name und er steht mittlerweile für ein erweitertes Konzept. 100 Autorenstellen an den deutschen Theatern, Autoren, welche die Chance erhalten sollen über unsere ästhetische und inhaltliche Zukunft zu schreiben.

Erarbeiten sie sich bitte ein eigenes Image.

Gruß

123
Latchinians Patenmodell: zurück in die Zukunft
@ Stefan: Das Theater kann sich doch auf politisch-kritische Themen beziehen und ZUGLEICH unterhaltsam sein. Darum ging es mir. Und das hat bereits Brecht so formuliert. Warum bringt das Theater Senftenberg statt Mia Ming nicht zum Beispiel lieber Mae Wests Theaterstück "Sex" auf die Bühne? Das würde in meiner Perspektive mehr Widersprüche und Fragen eröffnen und damit AUCH das Denken anregen. Aber man kann sich natürlich auch an das Publikum anbiedern, indem man auf dessen reines Unterhaltungsbedürfnis abzielt. Kein Problem. Geht auch.
@ 123: Ich denke nichts ÜBER Sie und halte Sie auch nicht für bescheuert, zumal ich Sie gar nicht kenne. Ich habe lediglich nachgefragt. Gleichwohl würde ich sagen, dass die Dekonstruktion nicht vorbei ist, weil es gar keine Ära der Dekonstruktion gegeben hat. Das Denken in abgeschlossenen Epochen ist passé. Folglich würde ich auch nur ungern eine neue Ära ausrufen wollen, nach dem Motto "Zurück zum Illusionstheater!". Meines Erachtens können wir nicht mehr zurück, aber wir können zurück in die (offene) Zukunft.
Latchinians Patenmodell: Senftenberg vermochte zu punkten
@ Stefan

Ja, kurz nachdem ich es gepostet hatte, fiel mir das selbst auch ein:
Es gibt auch einen "Weißen See" in Berlin (Weißensee halt !!); da bin ich in Verlängerung der Greifswalder, die sich dann "umbenennt"
(siehe "Antonplatz"), freilich selbst schon gewesen.
"Gewildert", Stefan, wie das klingt !
Ich stimme Ihnen ja zu, ausdrücklich, daß in dieser Region, nicht
minder aber eigentlich in so ziemlich jeder anderen auch, auch in
Schleswig-Holstein, sehr viel mehr Bewegung drin ist ..., aber zur
Zeit ist es eben andererseits keineswegs egal, ob Kiel oder Lübeck gesagt wird oder gar Schwerin: Wenn es zu Neumünster, einem Bespielort des Landestheaters SH, hieße: Projekte zusammen mit
Kiel- dann könnte das in der Tat ein Fortschritt sein, währenddessen, um einen Vergleich zum Irrtum mit Chemnitz/Cottbus
anzustrengen, die Negativformulierung "Keine Kooperation von Neumünster und Schwerin" nur ratlos stimmen muß/müßte.
Naja, das mit dem Fürsten Pückler nehme ich den Cottbussern, offen
gestanden, nicht übel, zumal die Grenze von Brandenburg nach Sachsen, wie Bundesländer in Theaterdingen einen großen Unterschied machen können, auch das ist die Spielzeit 2009/2010,
geschweige denn Niederlausitz zur Oberlausitz, wer sagt schon
"Energie Cottbus" und "Lausitzfüchse Weißwasser": Vereine einer
Region ??!, qua Parkanlagen in Branitz und Bad Muskau, beide sind
schlichtweg zu empfehlen, an dieser Stelle vielleicht am durchlässigsten ist.

Verstehe LSDU, ist "505" jetzt wieder irgendein Hinweis, den ich hier in der Provinz nicht zu schätzen vermag, oder hat sie gerade ihre Startnummer für den diesjährigen Berlin-Marathon bekommen, an
dieser Stelle auch nicht: dieses zwanghafte Abheben auf diese eine Inszenierung !
Fakt ist, daß, wenn ich mit dem Zug von Spandau nach Cottbus reinkam, ich schon im Bahnhofsgebäude zuerst die Senftenberger
Theaterhinweise vernahm, wirklich jedes Mal wieder, dann erst die
Cottbus(s)er (des "Staatstheaters"), und Fakt ist auch, daß Senftenberg immer wieder zu punkten vermochte mit seinen Schwerpunkten (siehe Grabbe !!), seinen Außenprojekten (Faust);
das GlückAufFestival hat sich etabliert (und eröffnet im September
die Spielzeit in Senftenberg); seinerzeit wählten 5 KritikerInnen
die Neue Bühne zum "Theater des Jahres 2004/2005" (es waren 4 Theater, die sich den "Titel" teilten): Babara Burckhard "TheaterHeute", Gerhard Jörder "Die Zeit", Hartmut Krug "Deutschland Radio Kultur", Erika Stephan (Leipzig) und Reinhard
Wengierek "Die Welt".
Da drängt sich dann schon beinahe die Frage auf, ob diese KritikerInnen da gewissermaßen planmäßige Freundschaftsdienste geleistet haben seinerzeit, wenn man LSDU so lauscht, zumal Herr Latchinian ja auch im Th-Interview präsent war und ua. bereits dort
davon sprach, daß er zwei, drei Produktionen "kleinerer Theater" sehr wohl auf dem Berliner TT vermisse, ein Interview, in dem Armin Petras ein wenig "bremsend" auftrat, eher mit der Intention,
eben gerade nicht sich an der Bedeutungsproduktion der Großen zu beteiligen, die ihre Sackgassen hat; ironisch ersann er das "Losertreffen", keineswegs um die Provinz, die Petras sehr gut kennt !!, abzuwerten, es ging, denke ich, genau um dieses "Aus-den-Arbeitsprozessen-der-Theater-von-unten-her-Thema", das Sie, Stefan,
hier dankenswerterweise anführten: ich erinnere mich noch gut an die Interview-Stelle, in der es um die Frage von 6 FAZ- oder Zeitabos in Senftenberg ging ...: man würde freilich schon meinen Wohnort bei Kiel sehr unterschätzen, die kleinen Pückler-Famlien
und "Maurer-Kreise", und der ist kleiner als Senftenberg !, würde man das Zeitungsabo gerade dieser Blätter unter 6 veranschlagen, das weiß, hoffe ich, auch Petras: ich jedenfalls verteile bei der Post gelegentlich diese Blätter und kann es soweit ganz sachlich feststellen: es sind mehr Abos !!
Verwechseln Sie Weißwasser und Crimmitschau, lieber Stefan, und ich kann da für viel weniger Garantie geben. lg Ihr Arkadij
Latchinians Patenmodell: Zusatz und Kleinbürgerzeug
Zusatz:

Ach so, ich vergaß das: See und Senftenberg, Stefan, das paßt zudem
wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge: "Das Amphi" - Sommertheater
am Senftenberger See, 600 Sitzplätze, und warum eigentlich nicht
auch mal wieder eine "Pension Schöller" oder "Im Weissn Rössl" ???
Hab den Antoniadis aus "Die Spielwütigen" da noch recht gut im
Sinn, wie er sich bei einer Agentur bewirbt: "Im weißen Rössl..."-
singend: das hat er irgendwie so gemacht, daß der Text sogar bei mir sogleich hängengeblieben ist, und im Spaß sang ich dann irgendwann meiner Mutter beim Kuchen das, und sie war äußerst verblüfft, auf diesen Text bei mir zu stoßen und sang mit, was mich dann nicht minder verblüffte: es entspann sich daraus sogar ein kleines Theater- und Filmgespräch zwischen uns.
Klar, werden wieder hier einige die Nase rümpfen: Kleinbürgerzeug !!
Der/Die richtige "123" hat das schon einmal ganz treffend diagnostiziert: Das Theater findet seinen Weg !!.

Stefan, ich hatte damals von Kusturica und der FAMU gesprochen:
der Film, der mich an "Dolly Bell" von Kusturica erinnerte, heißt
offenbar nicht "Perlen auf dem Meeresgrunde", sondern es war "Sonne im Netz" von Stefan Uher: mit das Schönste, was ich jemals
verfilmt sah !!
Sollten Sie irgendwann einmal von einem Termin in Berlin hören, zu dem dieser Film gezeigt wird, lassen Sie sich dazu in Ihrem Blog vernehmen, ich werde gewiß weiterwildern : jetzt aber wieder ans Meer, zu den Seen !!
Latchinians Patenmodell: die Poesie der Sache
@ Arkadij Zarthäuser: Sie essen also mit Ihrer Mutter Kuchen. Wunderbar, dieses Muttersöhnchen- bzw- Ödipus-Outing. Und zu meinem Pseudonym 505, da muss man sich eben ein wenig in der zeitgenössischen Dramenproduktion eines Berliner Hausautors auskennen. "Es gibt genug Details, um zu begreifen. Präzisieren hieße die Poesie der Sache schädigen." (Artaud)
Latchinians Patenmodell: Entwicklung in Zeitabschnitten
@ 505. Gut, aber, und ich glaube wir entwickeln uns in Zeitabschnitten, das Ende der Ära der Dekonstruktion wird auf keinen Fall den Rückfall in das Illusionstheater bedeuten, solche Überlegungen sind eher von Ängsten gesteuert, empfinde ich häufig. Ahnungen, ein Gefühl für die Zukunft wäre ein neuer Antrieb, und selbstverständlich wird eine neue Ära die Erkenntnisse der vorangegangenen verwerten, so hoffe ich...
Latchinians Patenmodell: Stelle als Patenonkel
@ Arkadij
Jetzt wird auch noch ein Ödipus aus Ihnen gemacht und das nur wegen eines Liedes zu einem guten Stück Kuchen bei Muttern. Was es wohl bei 505 so zum Kaffee gibt? Wahrscheinlich dekonstruierte Donauwelle. Emir Kusturica dürften Sie verpasst haben, den gab es gestern nach der Wassermusik zum Thema Donau, allerdings mit „Schwarze Katze, weißer Kater". Vorher brassten die Gypsy Queens und Kings im Haus der Kulturen der Welt, eine echt schweißtreibende Angelegenheit, da wegen Unwetterwarnung nicht die luftigen Dachterrasse bespielt wurde. Zur Belohnung gab es erst in der Nacht Wasser für alle. Der Himmel öffnete endlich gnädig seine Schleusen. Wenn die Donauwelle dann die Spree wieder aufwärts geht, gibt es noch eine Polkanale im legendären Cottbuser Gladhouse vom 13.08.-14.08. Womit wir wieder bei sauren Gurken und der Lausitz angekommen sind, nach Senftenberg ist es da ja nicht mehr weit und 505 kann dann eine Stelle als Patenonkel oder –tante für die Spielplangestaltung der Neuen Bühne antreten. Das Rätsel um 505 dürfte ich gelöst haben, ich vermute ganz stark Falk Richter „Unter Glas“, S. 505, vielleicht zitiert uns I S was da steht.
@ 505
Habe ich jetzt bei der Nummern-Schnitzeljagd eigentlich etwas gewonnen, oder lag ich total falsch?
Latchinians Patenmodell: Schauspiel als Seiensweise
@ LSDU

Ach so: "Wenn der Ausnahmezustand mitten in der Gesellschaft haust ..."; also, das
muß "man" Ihnen lassen, an Herrn Richter haben Sie einen Narren gefressen, und dabei stimme ich Ihnen, ich meine es irgendwann von Ihnen so gelesen zu haben, ja sogar zu, was Hanswurst, den Harlekin, den Narren angeht.

Nun ja, ich habe eine Mutter, und Kuchen ist da auch manchmal im Spiel, aber was Sie da so hineinbringen: ich werde mich daraufhin noch einmal genauer befragen: vielen Dank für die Anregung:- Gelegenheit, Ihnen etwas in einem vergleichbaren Kontext darüber mitzuteilen mag sich finden oder nicht.

Ist ja ganz interessant, wie sich der Thread teilweise verschiebt hin zu den Fragen
nach der Entwicklung von zeitgenössischen Theaterformen: genau dorthin strebten
Teile der sogenannten Sommerloch-Artikel sowie der Leipziger Schmidt-Beitrag auf nachtkritik de. doch im Grunde auch, hin zu der Frage der Beziehung des Schauspiels zu den "anderen Künsten" mitsamt der historisch-institutionellen
Dimension ausgehend von der Subventionsfrage.

Nun ist bei Ihnen immer wieder von "Dekonstruktion" die Rede, wobei ich bezweifle,
daß hier in diesem Thread annährend konstruktive Vorstellungen davon herrschen, eine Diskussionsbasis gewissermaßen, wovon "wir" so reden bzw. schreiben, wenn zB. von "Kleinen Häusern" die Rede ist: Für einige sind das schon Häuser wie Dresden und Leipzig: Wenn das kleine Häuser sind, brauchen wir uns über das Verschwinden noch kleinerer Häuser nicht wundern: aber wie gut, daß die Entfernungen zu den Häusern von Senftenberg zB. nicht so groß sind: was Stefan sagte, kann ja ebensogut zynisch oder frei-nachdenklich gegen allerlei Häuser gerichtet werden, die aufgeweckte, mit den Produktionen sämtlicher Berliner Hausautoren auf Du und Du stehende Personen eigentlich noch nicht einmal mehr für klein halten, oder, LSDU 505, treibt es Sie je in die unmittelbare Berliner Nähe nach Senftenberg ??

Ja, die "Entwicklung in Zeitabschnitten, das Aufnehmen und Entwickeln des Vorhergehenden", was § 43 hier anmerkt: liegt soetwas nicht gerade irgendwie spürbar in der Luft, wenn wir uns die Inszenierungen zu "Ulrike Maria Stuart" aus
München und HH vor Augen rufen: betraf dort nicht die "Dekonstruktion" geradezu das ansonsten "Textfläche" Genannte, und wandte sich dies nicht explizit und dezidiert handlungsähnlichen Strukturen zu, die so gerade nicht ohne das Stadium der "Textfläche" entwickelbar gewesen wären ??

Es mag für die Poesie der Sache zunächst reichen, wenn ich hier nur anschneide, daß ich Schauspiel immer verstärkter geneigt bin gerade nicht auf "Kunstform" zu reduzieren, sondern als prinzipieller anzusehen: als Seinsweise..
Kunst ist nicht alltäglich, platt gesagt, das Schauspiel ist es merkwürdigerweise schon: jedenfalls empfinde ich das so.

Wie oft ist von "Sprechakten" die Rede (Performation) zum Beispiel: aber, das ist ja
einerseits Konvention und verankert im sensus communis, andererseits aber eben nichts weiter als "Theorie": Sprechakttheorie.
Es würde Austin etc. bestimmt Angst und Bange werden, wenn er manche Reduktion und Verhärtung miterleben müßte, die infolge sprachkritischer Erwägungen auf das gesamte, auch nicht theoriegeleitete (Regelfolgen, blind (Wittgenstein)) Leben ausgegriffen haben.

Ähnlich greift so eine Textfläche a la Jelinek, die Theaterform massivst befragend, nach der Bühne, auf der aber traditionellerweise in handlungsähnlichen Strukturen eher so etwas wie "Sprechakte" zB. befragt werden können qua der Personage dort auf der Bühne: also wehrt sich die Personage irgendwann gegen eine Form, die durch sie selbst erst befragbar erscheint bezogen auf nicht Theaterformales sondern alltägliches Leben: solche "emanzipativen Schritte" der Personage lassen sich des häufigeren vernehmen: einen Rückfall in illusionistische Spielformen bedeutet das schwerlich.
Latchinians Patenmodell: Dekonstruktion befreit das Denken
@ 123: Ja. Und ich würde präzisieren wollen, dass wir uns nicht in Zeitabschnitten entwickeln, sondern dass wir den Fluss bzw. den Prozess des Lebens in der Rückschau als Zeitabschnitt oder Zeit-Raum konstruieren.
Die Dekonstruktion würde ich nicht als Epoche bezeichnen, denn sie begründet ja keine eigene Schule (wie zum Beispiel die sogenannte "Frankfurter Schule"), sondern sie ist ein subversives Prinzip der Annäherung an Texte 'von innen her'. Der Akt der Dekonstruktion befreit das Denken aus gewohnten Grenzziehungen und Hierarchisierungen, welche oft genug zur Rechtfertigung des Hegemonieanspruchs einer Kultur, Klasse, Rasse oder eines Geschlechts über das andere mißbraucht wurden. Hinter diese Erkenntnis kommen wir nicht zurück. Aber nach vorn.
Latchinians Patenmodell: Sonderstatus Schauspiel
@ Stefan

Vielen Dank ! Habe Ihre Seite gelesen: "Der Wilderer Ödipus"- das ist ja schon wieder ganz nah dran am Riesen Grga aus dem Kusturica-
Film: LSDU hat immer wieder Rollen für mich parat; auf Falk Richter sind wir jetzt ja parallel gekommen, sogar auf "Seite 505": Gibt nun auch diese Textsammlungen zum zeitgenössischen Theater: da kommt das von LSDU so geschätzte "Im Ausnahmezustand" auch auf Seite 505, aber das scheint noch mit mehreren Richter-Sachen so zu gehen: Berlin-Marathonnummer hätte ich jetzt auch spannender gefunden, aber wer weiß: vielleicht bin ich ja beim kommenden Lauf zugegen, und ich kann das Feld mal mit Augenmerk auf "Nr. 505" mustern, ja, was aus dieser Läuferin, diesem Läufer so wird.
Danke auch für den Cottbus-Hinweis: werde den allerdings ebensowenig wahrnehmen können wie den Bregovic-Sonderzug von Budapest nach Pecs gegen Ende des Monates, obschon es sein könnte, daß ich meinen September-Urlaub noch einmal überdenke, um eine Bekannte in Kosice (Slowakei) zu besuchen: zur WM deutete ich das Slowakei-Thema ja schon an, jetzt höre ich schon die ersten Musikstücke zu Marek Hamsik (Googlesuche: Bregovic-Kosice) und plötzlich tut sich diese "Urlaubsgelegenheit" auf: aber das ist in der Tat "Privatkram".
Ich will damit nur sagen, daß ich die "Schrott-Theorie" aus "Arizona Dream" noch nicht ganz von den Hacken habe, Truman-Grga
läßt grüßen: "Jeden Tag in jeder Hinsicht Fortschritte".
Wäre herrlich, wenn Sie, lieber Stefan, bei "Sonne im Netz", welch ein Titel angesichts der Sommertage und unserer "Präsenz" im Netz,
am Ball blieben.

@ LSDU

Ich bin überzeugt, daß das "Theaterformen"-Thema in der kommenden Spielzeit konkretere Züge annehmen wird, und beinahe sogar darüberhinaus, daß wir uns zumindestens darüber einigen könnten, daß dergleichen auf nachtkritik de. mitnichten nur "hyperventiliert" wird, ein Eindruck der enstehen könnte freilich, wenn wir von Latchinian wieder unversehens bei der Theaterformen-
entwicklung ankommen.
Ich versuchte hier lediglich kurz anzudeuten, warum ich mich nicht wundere, daß das Schauspiel aus so unterschiedlichen Motiven und
Richtungen heraus kritisiert wird: nämlich ua., weil es sich nicht umstandslos einzureihen scheint in den Chor der anderen Künste: beinahe halt meine Behauptung, das Schauspiel verhalte sich als "praktische "Reflexion" seiner selbst (des Menschen)" zu den anderen Künsten ganz ähnlich wie die Philosophie zu den Wissenschaften: "Schauspiel" als Seinsweise neben Denken oder Handeln.
Ich wittere hier durchaus Möglichkeiten für eine Verteidigung des "Sonderstatus" bezüglich des Schauspiels im öffentlichen Förderungswesen: die Philosophie hat keineswegs mit geringeren "Rechtfertigungsproblemen" zu schaffen: sie wird immer Gründe hervorbringen, die "philosophisch befangen" bleiben, eine scheinbare Befangenheit als Befangenheit genommen, so als wäre "man" vom Körper nur befangen, nur weil das "Leib-Seele-Problem" sich vereinfachenden Zugriffen verweigert..
Latchinians Patenmodell: Ich bin kein Radio
Kleiner Zusatz:

Vermutlich ergibt ein weiter Google-Link: Kusturica/Richter ja "Pitbull-Terrier", jenen Song aus "Schwarze Katze, weißer Kater",
obschon "Google" ja auch die Richter aus dem Srbljanovicprozeß mit Kusturica aufrufen könnte (stelle Dir vor, Du schätzt zwei Künstler und sie stehen sich unversöhnlich vor Gericht gegenüber ..., das ist Jugoslawien-Kriegs-Slang pur, ebenso wie die von Peter Handke beschriebene
Demonstration mit Kusturica-Gesängen, auf der Demonstrationsgegenseite Kusturica selbst, oder das Polizisten-Dramolett: Handke und Srbljanovic klären Pariser Polizisten darüber auf, daß Serbien zu Europa oder besser halt doch nicht zu Europa gehört ...).

Dieses mal kein @ Stefan oder @ LSDU:
Ich mußte immer wieder die letzten Stunden an den Begriff "Empfänger" aus der Sprachtheorie denken: Als wäre der so locker gesichert-voraussetzbar !! Das hieße ja schon fast, einen Menschen hier als Mittel und nicht als Zweck an sich zu begreifen: ich bin kein Radio !!
Latchinians Patenmodell: wo die These einbricht
@ Stefan: Bei mir gibts nichts zum Kaffee. Ich habe eine starke Abneigung gegen dieses Zeremoniell am Nachmittag, gegen diese aus den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts herrührende Einteilung des Tages der traditionellen Hausfrau bzw. Kleinfamilie nach der Abfolge der Mahlzeiten. Ich mag Kuchen, aber am Liebsten vorm Schlafengehen. Und übrigens, Falk Richter war es nicht, wobei dessen Stück "Unter Eis" heisst und nicht "Unter Glas".
@ Arkadij Horbowsky: Mein Name ist nicht LSDU. Und übrigens, Ihre These vom Schauspiel als Seinsweise bricht an dem Punkt ein, wo Sie es mit Verbrechen, Kriegen und Katastrophen zu tun haben. Oder wollen Sie etwa behaupten, der 11. September 2001 sei bloß ein Schauspiel gewesen? Möglicherweise beziehen Sie sich hier aber auch auf Foucaults Diskurs von "Wahnsinn und Gesellschaft".
Latchinians Patenmodell: die Interpunktion der Zeit
@505. Keine Theorie kann uns von Hierachien befreien. Dies geht nur in der Praxis mit einer enormen Sinnlichkeit, die anders fühlt. - Im Nachhinein legen wie also Zeiträume fest ? Gar nichts tun wir. Die Zeit spielt mit uns. Ihre Interpunktion zu erahnen, ist reine Intuition. Die Zeiten zwischen einem klaren, intuitiven Erleben versuchen wir mit Bildung zu füllen. Das ist alles.
Latchinians Patenmodell: machtpolitische Ausschlachtung
@ 505

Seinsweise von Personen, kein Bezug zu Foucault intendiert !
Seinsweise wie Denken und Handeln: gibt auch Denken und Handeln weiterhin, davon bin ich überzeugt: trotz 9/11 oder 24/7 !!
Allerdings ist da in der Tat eine Menge inszenatorischer Gestus drin: sowohl bei der
Auswahl der Anschlagsziele als auch bei der machtpolitischen Ausschlachtung des Terroraktes..
Latchinians Patenmodell: erst in der Rückschau
@ 123: Es geht darum, in Bezug auf Realität zu denken. Und das ist nicht diese "enorme Sinnlichkeit", von der Sie sprechen. Vielmehr geht es um die Vorstellungen, welche wir uns von dem Anderen bzw. von dem Fremden und Unvertrauten machen, ohne es gleich wieder in die eigenen Kategorien des Wissens einzuordnen, womit ebendieser eigene Wissenshorizont potentiell in Frage gestellt werden kann. Das heisst, im und durch den Prozess des Lebens wird die Idee des Menschlichen geschaffen. Oder: Das, was wir im Hier und Jetzt erfahren, können wir erst in der Rückschau als gleichbleibend oder verändernd denken und bezeichnen.
Latchinians Patenmodell: Prozess der erfreulichen Entzauberung
@ Arkadij Horbowsky: Ja. Nicht intendiert, aber meines Erachtens mitzuberücksichtigen. Es geht nicht nur um die These einer Wiederverzauberung der Welt durch eine Ästhetik des Performativen. Ich schließe mich da gern meiner ehemaligen Professorin Dr. Doris Kolesch bzw. dem nachtkritik-Bericht von Elena Philipp zur Abschlusskonferenz "Performing the Future" des Forschungsprojekts "Kulturen des Performativen" im HdKdW vom 8. - 10.7. 2010 an:
"Die destruktiven Aspekte, wie sie sich etwa in sprachlichen Gewaltakten oder Folter manifestieren, fanden erst in der letzten Forschungsphase wirklich Berücksichtigung. Kolesch, Theaterwissenschaftlerin an der Freien Universität Berlin, weist selbstkritisch auf die anfängliche euphorische Performatisierung der Welt hin und erklärt, wie sich Performanz in ihrem Teilprojekt zur Stimme im Laufe der Zeit zu einer operativ-kritischen Kategorie gewandelt habe. Ein Prozess der erfreulichen Entzauberung."
Latchinians Patenmodell: das Fremde vor uns
@505. Ach, auf einmal wollen sie auf die Realität hindenken! Das klang aber beim "Goldenen Drachen" ganz anders.

Momentan interessiert nur das Fremde vor uns, und falls es gleichbleibend werden sollte, spüren wir dies auch ohne Rückschau.

Ich habe keine Lust mehr in die Rücksetzer zu laufen.
Latchinians Patenmodell: produktiv hinterfragen
@ 123: Wie kommen Sie denn jetzt auf den "Goldenen Drachen"? Aber um es kurz zu erläutern: Ich spreche von einer Form der theatralen Ästhetik, welche gegenüber der gegebenen Realität eine andere Version derselben Realität eröffnen kann, um die erstere produktiv hinterfragen und verändern zu können.
Latchinians Patenmodell: Erklärung
@505. Einverstanden !
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