Gesamtkunstwerker

21. August 2010. Christoph Schlingensief ist tot. Er erlag am heutigen Samstag einem Krebsleiden, mit dem er sich auf der Bühne immer wieder offensiv auseinander gesetzt hat.

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Christoph Schlingensief, 1997 in der Berliner Volksbühne © Thomas Aurin

Am 3. Oktober 2010 hätte er die Saison der Berliner Staatsoper mit der Oper METANOIA – über das denken hinaus eröffnen, 2011 den deutschen Pavillon auf der Biennale von Venedig bespielen sollen. In Brüssel kam im Juni Via Intolleranza II heraus. Bis zuletzt arbeitete Schlingensief an seinen Memoiren, die ursprünglich im September erscheinen sollten. Der Termin musste verschoben werden, ein neuer steht noch nicht fest. Das Manuskript jedoch liege vor, so der Verlag Kölner Kiepenheuer & Witsch.

(dip)

Mehr: Über Schlingensiefs Schaffen lesen Sie hier. Außerdem: eine Sammlung verschiedener Stimmen und ein Blog zum Tod von Christoph Schlingensief.

 

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Kommentare  
Schlingensief ist tot: Gruß
herzliches beileid!
Schlingensief ist tot: er hat verändert
Er war ein Künstler, nehmt alles nur in allem! Viel mehr: ein Mensch! Die wirklich Großen gehen früh. Gedenken wir seiner, er hat die Kunst verändert. Und er hat Menschen verändert. Wer kann das von sich sagen? Ach möchten aus den Tränen auf seinem Grab neue Bäume der Kunst und des Lebens erwachsen - sein Tod ist eine Provokation, eine letzte, eine unhintergehbare. RIP.
Schlingensief ist tot: Rose
Wir legen eine Rose hier ab für Christoph Schlingensief.
Ute Frings-Merck und Nikolaus Merck
Schlingensief ist tot: außergewöhnlicher Alles-Künstler
Mein herzliches Beileid.
Das Theater - und nicht nur das Theater, sondern auch die Kunstwelt und viele Menschen verlieren einen außergewöhnlichen "Alles-Künstler". Christoph Schlingensief war und ist ein Gesamtkunstwerk der besonderen Art.

In Ehren - Christoph Schlingensief !!!
Schlingensief ist tot: nichts ist vergebens
Nichts ist vergebens. Kein Leben, keine Kunst. Dem Künstler und Menschen Schlingensief ergebensten Dank für sein Schaffen auf unserem Planeten. In tiefer Traurigkeit über den Verlust wünsche ich den Überlebenden, den Liebenden, den Freunden, Kraft, Stärke und Unverdrossenheit ihr Leben und seine Ziele fortzusetzen.
Schlingensief ist tot: das Glück in einer Nanosekunde
Nun hat er es doch nicht mehr geschafft, seinen Traum verwirklicht zu sehen, das Operndorf Ouagadougou in Burkina Faso. Der Tod kam plötzlich aber nicht unerwartet für ihn. Alles was er in der letzten Zeit tat, in der Kunst wie im Leben, war eine Vorbereitung darauf, auch wenn er sich nicht damit abgefunden hatte. Noch in einem seiner letzten Interviews in der Welt hatte er gesagt: „Nein. Ich bin nicht der geworden, der ich sein wollte, weil ich nie wusste, wer ich einmal sein könnte, wie man glücklich wird. Das Glück ist ja so eine Nanosekunde und funktioniert manchmal glänzend, aber im Grossen und Ganzen?“ Er hat es dennoch gelebt sein Leben intensiv und in jeder Sekunde neu. Es wird uns etwas fehlen, nicht mehr staunend im Theater zu sitzen und über seinen Kosmos an Ideen zu rätseln.
Im jetzt erschienen Spex-Inetview hat er noch mal über seine Art zu schreiben berichtet. Er schreibt am liebsten nachts allein in irgendeinem Hotel. Der Text läuft wie in einem Kino auf einer Leinwand in seinem Kopf ab. In den Anfängen hatten er und Oskar Röhler für ihre Filme ganze Dialoge aus anderen Filmen übernommen und bis zur Unkenntlichkeit verfremdet. „Man geht eben immer noch vom Genie aus, und daher darf nichts geschrieben werden, was nicht von einem selbst stammt. Das ist aber ein Vorwurf von gestern. (...) Ich habe nichts erlebt in meinem Leben, aber ich habe immer alles behauptet, zur Not mit den Worten anderer.“ Erlebt hat er dennoch viel, für ein so kurzes Leben und wir durften an fast allem teilhaben. Dafür Dank.

Mein Freund, das grad ist Dichters Werk,
dass er sein Träumen deut` und merk`.
Glaubt mir, des Menschen wahrster Wahn
Wird ihm im Traume aufgetan:
All Dichtkunst und Poeterei
Ist nichts als Wahrtraum-Deuterei.

Friedrich Nietzsche aus Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik
Schlingensief ist tot: Lied
www.youtube.com/watch?v=TmAI2Qvyg7Q&feature=related
Schlingensief ist tot: Gedicht
Goethes Prometheus:

Hier sitz ich, forme Menschen
Nach meinem Bilde,
Ein Geschlecht, das mir gleich sei,
Zu leiden, zu weinen,
Zu genießen und zu freuen sich,
Und dein nicht zu achten,
Wie ich!

Möge etwas von Schlingensiefs Schaffenskraft auf andere Menschen abfärben.

Goethe, zitiert von Nietzsche: Die Geburt der Tragödie aus dem Geist der Musik
Schlingensief ist tot: Dank fürs Gesagte
hier werden sicherlich noch viele ein Statement abgeben zu C.S.s Tod. Gesagt, resp. geschrieben, hat indes schon alles "Stefan". Siehe hier Kommentar 6. Dank für den schönen Text!
D.A.G.
Schlingensief ist tot: Umdieeckesucher
als ich schlingensiefs kunst zum ersten mal sah, konnte ich damit nichts anfangen, fand ich keinen zugang. den fand ich, als ich in interviews über seinen gedanken-hintergrund las. ein großer und mutiger denker. ein einzigartiger mensch. ein umdieeckesuchender. und vieles mehr. seit dem ersten schlingensief-erlebnis an der volksbühne sind wenige jahre vergangen - ich habe ihn schätzen und verehren gelernt. jetzt ist er tot und ich bin traurig.
Schlingensief ist tot: jede Begegnung ein Geschenk
Schlingensief hat sich stets zu wenig als Sterblicher begriffen. Einer, der für das, was er tat einstehen wollte und dabei oft den Ausdruck des Überirdischen wählte, als ob die Sterblichkeit ihn nicht erreichen könnte. Unvergessen seine Wut auf der großen Bühne am Hamburger Schauspielhaus, als er behauptete gerade habe ihm ein Arzt auf der Seitenbühne eine Spritze gegen seine Allergieschübe setzen müssen, weil Baumbauer ihn zu dieser "Gala" gezwungen habe, obwohl er krank sei. Am nächsten morgen koste ihn eine der schönsten Frauen, möchte man meinen, vor Ort in der Kantine. Einer, der viele Liebe verbraucht hat und viel davon zurückgegeben hat. Jede kleine Begegnung konnte ein Geschenk sein. Dieses betäubende Lächeln, dieser Sprachfluss, und natürlich die Selbstüberschätzung, die in all dem lag. Trotzdem ein großartiger "Kerl"...eben ein Künstler, der jetzt wohl in das fünfzehnte, oder war es das sechszehnte Universum eingehen möchte, wo Gott die Welt schon vergessen hat.

Letztendlich auch ein Apotheker vor einem riesigen Schrank voller Mittel, die er alle zur Anwendung brachte. Aber das Leben kann der Grund für einen langsamen und qualvollen Tod sein und dagegen ist noch kein Kraut gewachsen.

Respekt für den Künstler Schlingensief von meiner Seite und das Empfinden von Liebe für diesen Menschen. Selbst jetzt macht er mich immer noch lächeln. Und so muss ich mich dankbar und zugleich traurig verabschieden von einem, dem ich jetzt für lange Zeit nicht mehr begegnen kann, selbst wenn ich mir nichts sehnlicher wünschte.

Es war so schön an ihm mit dem Fahrrad vorbei zu fahren und seinen lieben Gruß zu empfinden und ich hatte gerade diesen Sommer mehr Hoffnungen auf ihn als je zuvor...
Schlingensief ist tot: Freund der Menschen
"Der Blick in das Gesicht eines Menschen, dem geholfen ist, ist der Blick in eine schöne Gegend, Freund, Freund, Freund!" Wir trauern. Um einen Freund der Menschen.
Schlingensief ist tot: Rose II
Eine Rose für Christoph Schlingensief
Schlingensief ist tot: Jelinek, zitiert
"… als ob das Leben selbst gestorben wäre …" Elfriede Jelineks Worte zum Tod von Christoph Schlingensief:
"Mit einer so unglaublichen Kraft hat er alle um sich geschart, seine Gruppe Behinderter, dann auch Schauspielerinnen, Schauspieler, Menschen, die wie von einer umgekehrten Fliehkraft buchstäblich an ihn herangerissen wurden (die er an sich gerissen hat), und mit ihnen hat er hat seine Projekte durchgezogen, vorangepeitscht, auch das Projekt seines Opernhauses in Afrika - ich dachte immer, so jemand kann nicht sterben. Das ist, als ob das Leben selbst gestorben wäre. Er war nicht eigentlich Regisseur (trotz Bayreuth und Parsifal), er war alles, ich weiß kein andres Wort dafür: Er war DER Künstler schlechthin. Er hat eine neue Gattung geprägt, die sich jeder Einordnung entzogen hat. Es kann keinen wie ihn mehr geben. Ein furchtbar trauriger Tag."
Schlingensief: er hat viel gesät
Möge Afrika für ihn erblühen - er hat viel gesäet, nicht nur dort.
Schlingensief: Brecht, zitiert
Ich bin traurig. Ich bin sprachlos. Es ist unfassbar. Und ich tröste mich mit den Worten von Bertolt Brecht: "Der Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt."
Schlingensief: ein Feuerwerk
meine fresse! Stefan wird für seinen Text begedankt - zu recht - tränen verhinderten das weiterschrieben. grad eben feuert irgendjemand - man beachte die uhrzeit - ein feurwerkwerk ab im prenzlauer berg. möge es für Ch.Sch. gewesen sein. keine ahnung - der rest ist schweigen ... (?)
Schlingensief: Theater wurde möglich durch einen wie ihn
Schon zu einer Zeit, in der ich ganz selten im Theater war, aber merkwürdig angezogen von ihm, galt ungefähr das: ein rollenverkehrter
Hase-Igel-"Wettlauf": War das Theater noch so fern, Schlingensief war schon da, und Schlingensief war (meineserachtens) Theatermann,
durch und durch, und ja, Schaffenskraft: Er war der Hase, er setzte in die Welt: Wo immer die Wirklichkeit so in die Möglichkeit getreten war, daß es zu ihr keine Möglichkeiten mehr
zu geben schien, dort vermochte dieser Schaffensmächtige ganz
offenbar, scheinbar im Federstrich, einen Container zu bauen oder
eine Partei zu gründen: und wie oft bin ich, immer noch recht theaterfern, durch die Brennerstraße, wo das Büro von Chance 2000
sich befand: Theater wurde mir möglich, wurde möglich erhalten durch einen wie Ihn: ein Theatermann, der sich sehr wohl hören ließ, als es um Oberhausen ging und sein Theater. Ja: Afrika, Oberhausen, die Kirche der Angst: Jetzt, wo ich schon längere Zeit regelmäßiger ins Theater gehe, ist Er wiederum zugegen, war, ist,wird sein irgendwie, wird gewesen sein, und er erinnerte mich an Berdjajews Religionsphilosophie, an das Silesius-Zitat des Russen: "Ich weiß, daß ohne mich Gott nicht ein Nu kann leben, werd ich zunicht, muß er vor Not den Geist aufgeben."
(Angelus Silesius "Der Cherubinische Wandersmann")

Christoph Schlingensief ist tot.
Und das ist wohl keines seiner Kunstwerke, oder ?
Stocken nicht ein "Gegner, ja Feind" seiner Kunst und ein "Freund, ein Liebender", für eine Nanosekunde lang, sich sogar darin als eigenartig verwandt erkennend, bei dem Satz "Und wenn auch das noch Theater wäre, und der Schelm gewissermaßen seiner eigenen Beerdigung beiwohnt, vielleicht in einem Container ...".
Er hat über das Sterben gesprochen und auch über den, der vom Tod zitiert hatte "Wo er ist, bin ich nicht, wo ich bin, ist er nicht.", er hat das offen, leichtsinnig ? und von Schwermut nicht geprägt wohl, aber angezogen ??, ausgetragen, ich glaube, er hatte eine ungeheure Fähigkeit, nicht bekümmert zu machen; immer wieder wird er mit dem "Archaischen" konnotiert, ein moderner Stoiker
irgendwie: Cottidie mori.
Silesius dazu: "Ich glaube keinen Tod; sterb ich gleich alle Stunden (Nanosekunden
???, M.), so hab ich jedesmal ein besser Leben funden." ("Der Cherubinische Wandersmann")
Schlingensief: eine ernsthafte Frage
...ich frage mich ernsthaft, ...: wir haben doch dieses Land geliebt?
Was haben wir falsch gemacht ? warum können wir hier nicht weiter leben...
Schlingensief: Kummer, Trauer, Schmerz
...es ist mir so peinlich, aber heute nachtmittag habe ich vor kummer und trauer geschrien, wie ein Waschweib,m... wo kann ich heute noch hingehen, um den Schmerz zu lindern...
Schlingensief ist tot: Rose mit vielen Dornen
Er war ein großen Kind und wundersamer Heiliger. Kritik verstand er nicht, es hatte immer was Gotteslästerliches für ihn. Wie konnte man so etwas Gottgewolltes wie ihn kritisieren. Wo er sich doch nun schon für die Menschheit in den Staub geworfen hat. Das machte es mir immer schwer, seine Arbeiten zu ertragen. Ich mag keine Messiasse, die sich jenseits der Kritisierbarkeit empfinden. Trotzdem hat mich dieser Mensch berührt, mit seiner Unbedingtheit, seinem staunenden Charme und diesem Hunger, geliebt zu werden, mit dem er der Welt gegenübertrat. Ich schließe mich hier der schönen Nachtkritik-Sitte an, und hinterlasse eine virtuelle Rose für Christoph Schlingensief. Eine blutrote mit vielen Dornen.
Schlingensief ist tot: der Welt größter Theatermann
"Was ist das für eine Zeit", fragt die Schauspielerin Elisabeth Trissenaar in einem Interview mit der FAZ, "in der die Fama eines Regisseurs größer ist als seine tatsächliche Arbeitsleistung? Und in der künstlerische Unfähigkeit durch geschickte Öffentlichkeitsarbeit ersetzt wird?" Als ich das in nachtkritik las, war ich überzeugt, es geht um Schlingensief, man traut den Menschen ja alles zu, aber zum Glück gehtes um einen anderen. Ich habe auch lange um ihn geweint und geschrien. Und auch ich werfe eine Rose ins virtuelle Nichts, auf den größten Theatermann, den die Welt jemals gesehen hat und jemals sehen wird! Tschüß, Chris!
Schlingensief ist tot: bitte nicht zu Tode loben
Der Welt größter Theatermann? Was für ein grauenhafter Schmarren! Das hat Schlingensief nun echt nicht verdient, dass er von opportunistischen Spießern nach seinem tragischen Tod nun noch mal zu Tode gelobt wird. Es gab wahrlich größere Theatermänner und -frauen als ihn. Das war gar nicht das, was diesen Schlingensief so heraushob, das Ein-großer-Theatermann-Sein. Was für ein Missverständnis!
Schlingensief ist gestorben: Macher und Provokateur
wie schlingert das schief (das europäische kulturboot)
und dazu diese jungen stimmen:
jeder scheiss den du selber machst, bringt dich dann auch um! bei ihm war das sicher der fall! ich habe mit ihm genau so viel mitleid
wie die linken mit den tod haiders!
tötet kohl! so war die ansage dieses...nun hat er sich selbst getötet. (...)
jedoch auch:
wenn ein künstler nicht mehr provozieren darf wer dann?
nur noch die politiker anscheinend!
dann aber:
jelinek ist sowieso ein eigenes kapitel an verrücktheit und provokation - die soll mal die kirche im dorf lassen und die definition, wer sich "künstler" nennen darf bzw. soll, anderen überlassen.
nur weil es das lebensprinzip schlingensiefs war, immer und überall
zu provozieren, kann man noch lange nicht von einem "grossen" künstler sprechen ...
für die künstler war er ein gott, für uns ein trottel.
mir ist es als hätte sich eine der unheiligen "dioxinwolken" über
europäischer kultur und geistesleben endlich in luft aufgelöst!
ich gebe deinem letztgesagten absolut recht, nur kannst du das nicht für die "dumpfen" linken verabsolutieren, das machen die meisten, die rechten nur versteckter. und ich würde künstler und politiker trennen. künstler dürfen den anspruch haben widersprüchlich zu sein, manchmal ist es sogar ihre schöpferische quelle, das böse, das schlechte, manchmal bleibt auch was an ihrem charakter hängen und wenn sie daran leiden dürfen sie auch das gegenteil verlangen oder predigen.

und sogenannte künstler dürfen auch daran sterben.
wir leben mit sicherheit in einer zeit, in der oft die fama(der ruhm, aber auch das gerücht, dass da ein grosser künstler sei)
eines regisseurs größer ist als seine tatsächliche arbeitsleistung.
(beim künstler: was ist bei ihm arbeitsleistung? was ist in der kunst arbeitsleistung?)
passt das etwa zu schlingensief: künstlerische unfähigkeit durch
geschickte öffentlichkeitsarbeit ersetzen?
(inwiefern war er künstlerisch unfähig? und zu welcher kunst? -
was wird zeitgemäß nicht alles kunst genannt! - soll man ihn überhaupt künstler nennen? - oder nicht besser: macher, provokateur usw.)
so kann man, wie schon immer, über kunst und künstler streiten.
unendlich, bis über den tod hinaus
Schlingensief ist tot: Rose in olympischem Geiste?
"Und auch ich werfe eine Rose ins virtuelle Nichts, auf den größten Theatermann, den die Welt jemals gesehen hat und jemals sehen wird!"

Ob es wohl jemals gelingen wird, den olympischen Geist - höher, schneller, weiter, Gold-, Silber- und Bronzemedaille - aus der Welt der Kunst zu verjagen?
In der Zwischenzeit, bis es denn irgendwann gelungen sein wird, eine naheliegende Frage an Professor Henze: Wer, bittschön, ist der Zweitplacierte, wer der Bronzemedaillengewinner?

Viele Grüße
Wolfram Heinrich
Schlingensief ist tot: der Ministrant
Das gilt doch für viele Künstler.
Große Kinder sind es und wundersame Heilige und Sünder.
Und Kritik verstehen sie nicht (oder nur schlecht).
Können sie nicht ertragen. Warum?
Weil man ihnen dadurch das sogenannte Schöpferische stört und zerstört,und dadurch ihre künstlerische Existenz untergräbt.
Früher nannte man das Schöpferische göttlich.
Schlingensief als ein Gottgewollter.
Christliches - Spätgeborenes. (Nietzsche hat dazu einiges gesagt).
Schlingensief der sich opferte und sich für die (deutsche)Menschheit in den Staub, in den Dreck der schnöden Welt warf.(man hört auch, er habe damit gut leben können - wie gut hat er damit und dadurch leben können?)
Schlingensief, eine Art Messias der zeitgenössischen "Kunstszene"?
Seht ihr denn nicht den ewig jugendlichen Ministranten in ihm?!
Blutrote Rosen für den Vielgeliebte (und viel Geschmähten) -

sind Rosen nicht auch der Schmerzensmutter zugeordnet . . .
die Dornenkrone auf seinem Haupt
(Dionysos und/oder der Gekreuzigte)
Schlingensief ist tot: der 2., 3. und 4. im Olymp
Der Zweite ist Klaus Kinski, der Dritte ist der unvergessene Minetti, der Vierte ist der junge Hochhuth, der das Dokumentartheater vorweggenommen hat, und der Fünfte hat sie alle aufgegessen.
Schlingensief ist tot: Gerechtigkeit
Warum heulen und schreien sie, bemühen fremde Texte, werfen virtuelle Rosen und - wie peinlich - das auch noch öffentlich? Und ist doch nichts anderes als die eigene kleine Angst vorm eigenen kleinen Sterben...Das 'große' Sterben des Christoph Schlingensief hat ihm nichts genützt. Der Tod entzieht sich allem Hype und ob einer ein 'Künstler' war oder nicht, dass ist ihm völlig gleich.Wie gut, die ausgleichende Gerechtigkeit- für jeden! am Ende!
Schlingensief ist tot: frei nach Hölderlin
wenn ich sterbe ohne schmach
wenn an den mächtigen nicht
meine seele sich rächt
wenn ich hinunter bin
von des genius feinden
nie überwunden
ins stille grab
dann vergesst nicht
o dann rettet
vom untergang
meinen namen

frei nach hölderlin
Schlingensief ist tot: Dürrenmann, Lotiot, Polt
"Der Zweite ist Klaus Kinski, der Dritte ist der unvergessene Minetti, der Vierte ist der junge Hochhuth, der das Dokumentartheater vorweggenommen hat, und der Fünfte hat sie alle aufgegessen."

Weil aber auch niemand auf die kleinen Kinder und Finger aufpaßt.

Viele Grüße
Wolfram Heinrich
P. S.: Wenn ich jetzt nur mal die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts nehme, dann fallen mir neben Dürrenmatt noch Loriot und Gerhard Polt ein.
Schlingensief ist tot: die trauernden Theater
jenseits der hiesigen kommentare ist übrigens auch interessant, welche theater virtuell um c.s. trauern und wie sie es tun: so z.b. volksbühne, schauspielhaus zürich, maxim-gorki-theater, ruhrtriennale, bayreuther festspiele, staatsoper unter den linden und deutsche oper berlin.
das burgtheater hingegen ist offenbar noch in den ferien...
Schlingensief ist tot: Angst und Verlassenheit
nein, nein, es ist doch eher die große Angst vor dem Krepieren.
Gar in Verlassenheit. Menschen- und Gott-Verlassenheit.
Wenn Schlingensief "groß" sterben kann, dann entspricht das seiner
Arbeit in Allah-Öffentlichkeit.
Viel bewundert, viel geliebt - und das Gegenteil davon.
(er war ja auch ein sehr gewinnender und gutaussehender Bursche,
oder nicht?)
Schlingensief ist tot: bitte aufklären
Kann mich mal jemand aufklären. wer ist dieser schlingensief überhaupt. oder weiß das hier auch keiner?
Schlingensief ist tot: schillernder Provokateur
wer wird er wohl gewesen sein?
filme-theatermacher + aktionskünstler
"...auf zwingende weise waren die produktionen immer an politische, moralische und soziale an liegen gebunden. im fo-kuss:
deutschland als wunde, familie, krieg, religion.
all das setzte er mit einem die sparten durchdringenden denken und arbeiten und in weltumschlingenden (schlingenschiefischen) gesten ins bild. und in diesen bildern war immer der teufel (wahrscheinlich der puck aus dem mittsommernachtstraum) los
das chaos, der semiotische clash (auch idiotische clash manchmal)..
ein TOTALIRRITATOR
einmal soll er eine vorstellung unterbrochen haben, trat auf die
bühne und erzählte vom Tod seiner großmutter . . .

ich würde sagen er war ein schillernder provokateur vor allem

(Anmerkung der Redaktion: das unvollständige bzw. um Kommentare ergänze Zitat stammt aus dem Artikel von Margarethe Affenzeller im Standard, 23.8.2010)
Schlingensief ist tot: Blumen während des Lebens
trotzalledem

bezüglich der vielen rosen und tränen
den echten und den unechten:

schenket die blumen während des lebens
denn auf den gräbern
sind sie vergebens

franz stelzhammer (stelzhamer)
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