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Das Sofa als Wille und Vorstellung

von Guido Rademachers

Köln, 11. Februar 2011. Solche Müdigkeit steckt an. Im Schlussbild lässt Regisseur Alvis Hermanis – so viel Regieeinfall muss am Ende schon sein – Oblomows hyperaktiven Gegenpart Stolz sich in dessen Bett verkriechen. Um dann das Licht auf der Bühne aus- und im Zuschauerraum anzudrehen. Der Hinweis auf den Oblomow in uns allen wäre gar nicht nötig gewesen. Denn während der dreieinhalb Stunden Aufführungsdauer war der Kampf gegen das Einnicken unschwer erkennbares Thema im Publikum.

Im Grunde ist gleich zu Beginn auch schon das Wesentliche erzählt. Spärliches Morgenlicht fällt auf die in die Halle Kalk verfrachtete naturalistische Guckkastenbühne mit Muschelbandrahmen. Nicht die Vier-Zimmer-Stadtwohnung des Romans wird gezeigt, in der Gutsbesitzer Oblomow wenigstens den Anschein von Stand wahrt, sondern eine Bruchbude, in der der Diener nur von Spinnweben und einem gusseisernen Kohleofen getrennt neben seinem Herrn pennt.

In dieser, komplizierte Auftritte ersparenden Einheits-Patentbühne ist dafür von der Rautenmustertapete bis zur unter der Stuckrosette glühenden Gaslampe alles originalgetreu in die Romanzeit, also die Mitte 19. Jahrhundert, entrückt. Eine Wanduhr tickt, und vergraben unter Federdecken auf einem, schon beim Ansehen für Verspannungen sorgenden, kleinen aber pittoresken Sofa schnarcht Oblomow. Es hört sich an wie leises Jammern. Zu diesem Bild will die Inszenierung immer wieder zurück. Und wenn es mit Oblomow nicht mehr geht, weil der an einem Schlaganfall gestorben ist, dann eben mit dessen hinterbliebenem Freund Stolz.

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Hier schnarcht Herr Oblomow (Gundars Abolins)
©Hermann und Clärchen Baus

Jammern unter Federdecken

Die Kölner Bühnenfassung von Gontscharows "Oblomow" geht das Textproblem pragmatisch an und versucht schlicht, das Viertel Dialog des Romans als eigenständiges Drama herauszulösen. Am Anfang noch recht ausführlich, gegen Ende immer lückenhafter. Umzug, Heirat Oblomows und Geburt des Sohnes fehlen völlig. Ebenso wie praktisch alle rein erzählerischen Passagen. Das zentrale Kapitel "Oblomows Traum", immerhin etwa 60 Seiten lang, schnurrt zur Kurzerzählung zusammen – ohne Punkt, Komma und Betonung als kaum zu verstehendes Einerlei heruntergelesen von einem Jungen im Grundschulalter.

Martin Reinkes mit eigenen Worten und noch eigenerer Charakter-Quetschstimme animprovisierte Lebensgeschichte des von ihm gespielten Stolz erinnert an vorangegangene biografisch-theatrale Arbeiten Hermanis' in Köln. Von deren Besonderheit ist diesmal wenig zu spüren. Durch konventionelle, manchmal auch nur roh wirkende Arrangements jammert und seufzt sich mit leichtem Akzent und schwer herabhängenden Backen der Lette Gundars Abolins als Oblomow. Seine Stimme hat er auf leise und hoch getunt, an seiner Seite krächzt Albert Kitzl als Diener Sachar mit ausgestopften Groteskhintern. Beiden gemeinsam ist ein in Hermanis' Sedierungs-Setting nicht wirklich auslebbarer Hang zum Boulevard.

Schläfrig sein, schläfig machen

Immerhin kommt etwas Drive mit dem Erscheinen von Ojlga, gespielt von Dagmar Sachse, auf. Abolins trippelt und springt neben seiner Kurzzeitgeliebten herum und streichelt seinen angeschnallten Kunst-Wanst, soweit die Hände reichen. Sachse kichert neben ihm, dass die roten Korkenzieherlöckchen nur so wackeln, und lässt schon mal die Hausmatrone in spe durchblicken. Beide sitzen auf einer Bank, dahinter ist eine Leinwand aufgespannt mit aufgemalter Parklandschaft in Sepia. Die für ein Foto aufgebaute Kulisse, mit dem Hermanis die Spielorte des Romans in Oblomows Zimmer holt. Der Fotoapparat wird zum technischen Antipoden Oblomows: den Moment festhalten, anstelle ihn loslassen.

Solche inszenatorischen Lichtblicke sind selten. Es bleibt der Eindruck von einem Schmalspur-Oblomow. Ein nicht unsympathischer Kauz ohne Fallhöhe und Bedeutung. Der schläfrig ist und schläfrig macht.

 

Oblomow
von Iwan Alexandrowitsch Gontscharow
Regie: Alvis Hermanis, Bühne und Kostüme: Kristine Jurjane, Dramaturgie: Götz Leineweber. Mit: Gundars Abolins, Albert Kitzl, Dagmar Sachse, Martin Reinke, Robert Dölle, Torsten Peter Schnick.

www.schauspielkoeln.de

 

Mehr zu Alvis Hermanis gibt es im nachtkritik-Archiv. Der Schauspieler Gundars Abolins gehört zu Hermanis' Stammensemble und schlüpfte zum Beispiel in Sonja in die Rolle einer Frau im Leningrad der 30er Jahre.

 

Kritikenrundschau

Von eimnem "grandios trübsinnigen Kölner Oblomow" spricht Marion Ammicht in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (13. Februar 2011). Hermanis erzähle in der Kölner Halle Kalk "klug gekürzt in fabelhaft altmodischen Bildern" von Stillstand und Weltverweigerung. Im Zentrum des Abends "Oblomow alias Gundars Abolins mit lettisch-russischem Akzent und Schaumstoffbauch, rotblond mit glasigem, erregt nach innen gerichtetem Weltverweigerungsblick." Das Bühnenportal sei einem alten Foto gleich gerahmt, meterhohe Fliederstrauchbouquets würden zur Tür hereingefahren, Leinwände mit Landschaftsillusionsmalerei mitten in der Stube entrollt. "Streicher blähen sich unheilsschwanger, und irgendwo bleibt eine Platte hängen, auf der Bellinis Casta-Diva-Arie in Endlosschleife läuft. Die Uhr in der Stube tickt. Und es fühlt sich an, als hätte Hermanis uns gleich mit auf die Couch gelegt."

Nicht zufrieden zeigt sich Dorothea Marcus im Deutschlandfunk (Kultur heute, 12.2.2011). Mit seiner pittoresken Bebilderung des verstaubten bleiernen Russland fünfzig Jahre vor der Oktoberrevolution ist Alvis Hermanis aus ihrer Sicht zwar formal zu seinen frühen triumphalen Wurzeln zurückgekehrt. Die Kritikerin fühlt sich an diesem Abend vor allem an dessen "Revisor" erinnert. Doch so sehr man auch immer wieder von wundervoll absurden Momenten dieses Abends zehre, so deutlich sehe man Hermanis diesmal auch mit den Stoffmassen des Romans und den Gegebenheiten der Kölner Halle Kalk kämpfen. Nicht alle szenischen Lösungen und Stoffstraffungen leuchten der Kritikerin ein. Auch findet sie den Gesamtbefund des aufwändigen Abends eher unbefriedigend.

Peter Michalzik gesteht in der Frankfurter Rundschau (14.2.2011), während der Aufführung geschlafen zu haben. Doch dem Geständnis folgt die Einsicht: "Es geht um die Sache selbst, sozusagen das richtige Rezeptionsverhalten. Denn wer sich hier - wo Oblomow fast eine Stunde mit seinem Diener Sachar herumdämmert, um dann, nach einem emotionalen Zwischenhoch, am Ende wieder im schwerelosen Grau des Tagschlafs zu versinken - erfolgreich gegen den Schlaf wehrt, der ihn im Dunkel des Zuschauerraums selbstverständlich anfällt, dem ist nicht zu helfen. Der kann diesen Oblomow wahrscheinlich nicht verstehen." Theatral sei die Aufführung dann aber doch "irgendwie unergiebig, ein bisschen lustig, sonst aber eindimensional und absehbar. Will Alvis Hermanis tatsächlich dem Altmeister Dieter Dorn frühvergreiste Konkurrenz machen?" Hermanis entwerfe mit "einen merkwürdig überflüssigen Theatertraum. Niemand glaubt, dass man die Ästhetik des 19. Jahrhunderts zurückholen kann oder soll. Der Regisseur versucht es trotzdem. Er versucht sich damit sozusagen an der Klamotte als höherer Kunstform."

Während Gontscharows episches Werk von seiner lyrischen Eleganz lebt und die Sicht auf den 'Helden' zwischen Sympathie und Ironie schillert, tritt die szenische Fassung trotz boulevardesker Einsprengsel mehr oder minder auf der Stelle", schreibt Hartmut Wilmes in der Kölnischen Rundschau (14.2.2011). Zudem sei Hermanis' "Reader's Digest-Version" nicht immer glücklich gekürzt. "Immerhin, mit Dagmar Sachses lebenspraller Olga bekommt der zweite Teil einen willkommenen Stromstoß. Oblomows Achterbahnfahrt zwischen amouröser Verzückung und bangem Skrupel scheint auch die Regie kurz aus ihrer kunstgewerblichen Milieu-Malerei zu erlösen." Doch insgesamt sei "diese Inszenierung so sorgfältig geklöppelt wie Brüsseler Spitze - und ebenso antiquiert."

"Iwan Alexandrowitsch Gontscharow hätte seinen großartigen Roman, einen der schönsten der Weltliteratur, nicht zu schreiben brauchen, wenn es darin nur um das Porträt eines Sonderlings ginge", verkündet Martin Krumbolz (Süddeutsche Zeitung, 15.2.2011). In jedem Menschen stecke, "wenigstens in Spurenelementen", ein Oblomow, "jemand, den es lebenslang zu bekämpfen gilt, will man nicht im Sumpf der Behaglichkeit und Schwerfälligkeit versinken". Die Inszenierung von Alvis Hermanis beginne beeindruckend. Aber "so pastos Hermanis den ersten Teil des Romans ausgepinselt hat, so hastig durchquert er den zweiten und dritten Teil". Manch hübsches Detail falle dem Regisseur ein, doch da "die Figurenkonstellation aus der Balance gerät, da also die maßgeblichen Gegengewichte nicht scharf genug berechnet sind, rutscht die Temperatur der Aufführung nach und nach fast unmerklich in den sublimen Kitsch". Auf "achtbarem Niveau" sei dies ein "misslungener Abend".

"Es ist eine vergangene, versunkene Welt, die Ausstatterin Kristine Jurjane in vielen Farben braun heraufbeschwört: Oblomows Petersburger Wohnung atmet das Russland des neunzehnten Jahrhunderts", schreibt Andreas Rossmann (FAZ, 15.2.2011). Zu erleben sei hier ein Oblomow, dem alles zu viel ist: "Nichts bringt er auf die Reihe. Was ansteht, verschiebt er. Ein Sitzfleischberg und Ausweichei." Die Trägheit sei, "und das macht diesen Oblomow auch sympathisch", kein "dumpfes Phlegma, sondern die Abwehr einer Lebensangst, die ihn, einen passiven, zartbesaiteten, empfindsam reflektierenden Weltverbesserer, zur Lethargie verurteilt". Die Frage, für wen dieser Oblomow steht, lasse die Inszenierung dabei offen. "Demonstrativ verweigert sich Alvis Hermanis, ein Oblomow der Regiekunst, allen Aktualisierungstendenzen und verteidigt ein Theater, das sich mit der Gegenwart nicht gemein macht."

Kommentare  
Oblomow, Köln: vergangene Sentimentalitäten
Wenn ich das hier so lese, dann muss ich mich doch fragen: Wozu das ganze Theater? Worum geht es Alvis Hermanis hier? Warum macht er das? Besteht da irgendeine Dringlichkeit? Manchmal habe ich das Gefühl, bei seinen Inszenierungen geht es im Grunde nur darum, die Zuschauer in vergangene Sentimentalitäten einzuhüllen. Aber reicht das?
Oblomow, Köln: schlimmer als schlimm
Oh, da hat aber jemand nicht aufgepasst, Herr Rezensent. Wieso eigentlich nochmal ist das zentrale Kapitel Oblomows Traum? Das ist für alle, die den Roman kennen, ziemlicher Quatsch, steht es doch solitär zum Rest des Romans. Und diese Regiearbeit ist schlimmer noch als schlimm. Wieso sagen Sie nicht, dass hier aus großer Literatur billiges Entertainement gemacht wird? Dazu dudelt Opernmusik und die Zuschauer werden zum Lachen gebracht. Schrecklich. (..)
Oblomow, Köln: sowas, Frechheit
Wirklich? Opernmusik? Und zum Lachen gebracht? Ja, ein Wahnsinn! Hinaus, mit diesem Schuft aus dem Theater, wie kann er nur!
Oblomow, Köln: Polizei!
@Kölnerin Die Zuschauer werden zum Lachen gebracht? Nein. Kann jemand bitte die Polizei nach Kalk schicken, damit diesem Treiben Einhalt geboten wird.
Oblomow, Köln: Begeisterung
Ich habe die Premiere gesehen und bin begeistert von der Arbeit des Ensembles, der Regie und ganz besonders von der Leistung der Bühnen und Kostümbildnerin Jurjane. Dieses Liebe zum Detail. Herrlich.
Ich würde mir wünschen, Theater wäre öfters so, wie dieser "Oblomow". Und deswegen kann ich die Rezension überhaupt nicht verstehen. Die "Einheits-Patentbühne" ist ein Meisterwerk für sich. Da wurde nicht versucht es sich leicht zu machen, sondern, im Gegenteil, sich ins Detail zu verlieben und den Stoff ernst zu nehmen.
Aber das wird ja heute nicht mehr gewünscht; richtig originell wäre gewesen, ein paar Mikros an die Bühnenrampe zu stellen und den Oblomow vier Stunden kreischen zu lassen. Und, bums, hätte es Kritikerlob gegeben.
Oblomow, Köln: wie Hohn und Spott
Behaltet Sie Ihren Spott für sich, aber Sie werden schon noch sehen, wohin das führt, wenn wir die deutschen Subventionen dafür hergeben, das gesamte europäische Theater zu finanzieren. Allein schon der Zugriff auf die Tristanmusik in dieser Inszenierung klingt in meinen Ohren wie Hohn und Spott. Und als Slawistin weiß ich wovon ich spreche.
Oblomow, Köln: das gehört ins Theatermuseum
Oblomow: Theaterklamotte
Da muss man sich schon sehr vom "Regietheater" geplagt fühlen, um diesen angestaubten Detailrealismus der mit Plunder gefüllten Bühne toll zu finden. Dem entspricht aber leider auch der Stil der Inszenierung, deren platte Komik leider nur Langeweile produziert. Auch tolle Schauspieler, die man in anderen Kölner Inszenierungen bewundert hat, schaffen es nicht, Interesse an den Figuren auf der Bühne zu vermitteln. Das gehört ins Theatermuseum, vielleicht in die Abteilung 50er Jahre, aber nicht nach Köln, wo mittlerweile, zum Glück, andere Maßstäbe gelten.
Oblomow, Köln: in die Traumwelt eingetaucht
@Kölnerin "Und als Slawistin weiß ich wovon ich spreche."
Was hat das mit der Tristanmusik zu tun, die in diesem Stück gar nicht vorkommt (ich kann mich nur an "Norma" von Bellini erinnern)? Und wie kommen Sie von da, auf das "gesamte europäische Theater" und deren Finanzierung durch den deutschen Steuerzahler?
Ich denke, hier in dieser Inszenierung wurde grade nicht versucht zynisch und höhnisch zu sein, sondern es wurde probiert, in die Traumwelt von Oblomow einzutauchen.
Die komikhafte Spielweise der Schauspieler, findet seine Entsprechung in der Roman-Vorlage, wo die Figuren teilweise komisch überzeichnet sind. Der Diener, die verschiedenen Besucher, Sachar, und Oblomow selber.
Oblomow, Köln: Lektüre und Theater
Und ich hab auch bei der Lektüre gelacht. Warum dann nicht auch im Theater?
Oblomow, Köln: Satire, oder?
Der Satz mit der Subventionierung des europäischen Theaters kann wohl nur als Satire gemeint sein. Oder müssen Regisseure in Deutschland zukünftig einen deutschen Pass besitzen, um inszenieren zu dürfen? (Mir fielen schlimmere Vergleiche ein!) Wenn ja, dann bin ich als Wiener auch dafür, dass wir aufhören, mit unseren noch großzügiger fließenden Kulturgeldern das deutsche Theater zu subventionieren - also nur mehr österreichische Theaterkünstler! Und deutsche Regisseure sollten auch sonst nirgendwo im Ausland inszenieren dürfen, wo kommen wir denn da hin! Und dann auch keine Osteuropäer mehr irgendwo - Kornél Mundruczó, Viktor Bodó - alle raus! Wenn man "Kölnerin" nicht als Satire begreift, wird es wirklich arg absurd. Vor allem, weil gerade die letzgenannten Regisseure eine Theatersprache nach Deutschland/Österreich gebracht haben, die zumindest ich schmerzlich vermisst habe.
Auch bei Hermanis: Ich habe großartige Aufführungen gesehen, auch misslungenere - aber das wird im Theater wohl noch erlaubt sein.
Oblomow, Köln: ein höhnisches Sinnbild
Wieso Satire. Sie können sich ja gerne weiter über ich lustig machen, aber wo führt das denn hin, wenn nur noch ausländische Regisseure am deutschen Theater arbeiten und sogar die Hauptdarsteller nicht mehr ordentlich deutsch sprechen können. Sehen sie sich doch nur mal die verstaubte Bühne dieser Inszenierung an. Das ist doch Zynismus zum äußersten und das Schlussbild, wenn sich "der Deutsche" ins Bett legt, ein höhnisches Sinnbild für diesen Jux, den sich Alvis Hermnis da mit uns macht. Da stimme ich Ubu zu, der offensichtlich viel versteht von Schauspielern und richtigen Inszenierungen, in denen es um etwas geht, die die wichtgen Themen bearbeiten, die wir verdrängen, die unsere Geschichte betreffen, unseren Wahn...
Oblomow, Köln: mehr Austausch, mehr Offenheit, mehr Sprachvielfalt!
Ja, dann mache ich mich gern weiter über Sie lustig! Denn wenn Theater in einer Gesallschaft wie der unseren, die durch Migration, Mobilität - erzwungene und selbst gewählte - und dauernden Wandel geprägt ist auf seinem Deutschtum besteht, hat es zu dieser Welt nichts mehr zu sagen und kann in Ruhe sterben. Darum: Mehr ausländische Regisseurinnen und Regisseure, Schauspielerinnen und Schauspieler (Vor allem, wenn sie so großartig sind wie Gundars Abolins, den ich seit Hermanis' "Väter" bewundere), mehr Sprachvielfalt auf den Bühnen, mehr Austausch, mehr Offenheit. Auch als Kampfansage gegen eine Einstellung wie die Ihre! Aber wer von "richtigen" Inszenierungen spricht, hat ohnehin nichts verstanden.
Oblomow, Köln: ein Glück
@Kölnerin Ich dachte mir schon, daß das keine Satire ist, was Sie da schreiben. Dafür schwingt zwischen den Zeilen viel zu viel Aggression mit. Und warum Ubu so wahnsinnig viel über Theater und Schauspieler versteht und weiß, leuchtet mir anhand seiner paar Zeilen hier auch nicht ein.
Weswegen die "verstaubte Bühne" von Hermanis´Oblomow purer Zynismus sein soll, leuchtet mir genauso wenig ein, wie ihr letztens aufgestellter Ärger bez. eines nicht vorhandenen Tristanmotivs.
Im Buch selbst wird Oblomows Wohnung, als verstaubt beschrieben. Was wäre demnach ihr Vorschlag gewesen, bezüglich Ausstattung und Kostüme, wenn schon die Vorlage so deutlich ist und dann so detailgetreu und verliebt, befolgt wird.
War vielleicht Gontscharow schon ein Deutschenverächter, so wie es Hermanis nun ist.
Ihre Kritik ist, das muß man sagen, unsachlich und unfair. Gundars Abolins ist ein wunderbarer Schauspieler, der dem deutschen nur allzu mächtig ist. Soll man ihn auch von deutschen Bühnen verbannen, weil er kein Deutscher ist? Deutschlands Bühnen den Deutschen?
Sie versuchen hier in sehr tumb-aggressiver Weise, Stimmung zu machen. Wieso? Es zeigt sich nur, daß Sie sehr wenig von Theater verstehen, denn es gibt mittlerweile,zum Glück, eine ganze Reihe, ausländischer Regisseure und Intendanten, die dem deutschen Theater sehr viel gegeben haben, in den letzten 10 Jahren. Johan Simons, Luk Perceval, Viktor Bodo, Hermanis um nur Einige zu nennen. Das sind alles hochprofessionelle Künstler. Man kann natürlich deren Arbeit nicht mögen. Aber Ihnen die Arbeitserlaubnis entziehen zu wollen, ist skandalös.
Es soll Ihnen auch nicht genommen werden, daß Sie den Kalker "Oblomow" nicht mögen, aber ihn in dieser Weise abzulehnen...?
Oblomow, Köln: nichts begriffen
@Kölnerin Ubu mag zwar (vielleicht) was verstehen von Theater. Was ich nicht weiß. Sie dagegen scheinen nichts begriffen zu haben.
Ich habe keinen Hohn entdecken können, noch irgendwelchen Jux, den sich Hermanis mit uns, den Deutschen, machen will. Das hat er nun wirklich nicht nötig. Das kann nur jemand behaupten, der von Theater nun wirklich NULLKOMMANULL Ahnung hat.
Oder Sie sind wirklich eine Satirikerin. Aber auf solchem Niveau macht die Diskussion hier leider keinen Spaß.
Oblomow, Köln: breiige Inszenierung
diese arbeit ist ein musterbeispiel für langatmigkeit und vielleicht auch für überambitionierte regisseure die den schauspielern und zuschauern das äußerste abverlangen ohne den punkt zu treffen. aber so ist das in köln nun mal. Gundars Abolins und seine feine ironie haben den abend gerettet. man kann nur hoffen, daß in köln bald neue akzente gesetzt werden. diese breiigen inszenierungen endlich ihr ende finden. volle hütte ist nicht alles!
Oblomow, Köln: gelungene Reise in eine Welt, die wir alle kennen
Das ist eine der schönsten und wertvollsten Inszenierungen, die ich in den letzten Jahren gesehen habe. Ich bedanke mich bei jedem Schauspieler für die gelungene Reise in eine Welt, die wir alle kennen. Und bei dem Regisseur dafür dass er Menschen und eine Geschichte erzählt. DANKE!
Oblomow, Köln: Theater ist kein Märcheninstitut
@ Vanessa: Das Theater ist kein Märcheninstitut. Und woher sollten "wir alle" diese Reise kennen? Warum diese Universalisierung? Leben "wir" noch im 19. Jahrhundert?
Oblomow, Köln: Warum darf Theater nicht Märchen erzählen?
Lieber Vergangenheitskitsch,lassen Sie der Vanessa doch ihr Glück! Und warum darf das Theater nicht auch Märchen erzählen?
Oblomow, Köln: Camp als Kunst-Leben
@ Iwan G.: Na ja, Märchen schon, aber nicht als Abbildung der Welt wie sie war, ist, und angeblich immer sein wird, sondern wenn schon, dann als ganz großes (Kopf-)Kino. Oder als Kitsch, welcher im Sinne des "camp" als Lebens-Kunst bzw. Kunst-Lebens kenntlich gemacht ist.
Oblomow, Köln: großes Kopfkino
Aber Hermanis' Oblomow war doch großes Kopfkino! Sie haben genau beschrieben, was auf der Bühne passiert ist. Man konnte sich als Zuschauer fallen lassen in diese Zeit, in diese Figuren und träumen, ja träumen. Dafür muss man nicht nur ins KINO gehen, sondern das kann auch im Theater passieren. Alvis Hermanis ist ein Glücksfall fürs Theater.
Oblomow, Köln: bewusstloses Hinwegdämmern
@ Iwan G.: Ich komme bei diesem Hermanis nicht ins träumen, sondern ins bewusstlose Hinwegdämmern. "Camp" meint etwas anderes als erzwungene Langeweile.
Oblomow, Köln: Was soll das heißen?
Das mit dem Camp als Lebens-Kunst versteh ich nicht. Was soll das denn heißen?
Oblomow, Köln: Susan Sontag weiß mehr
@ Iwan G.: Auf jeden Fall nicht Camping. Vielleicht einfach mal bei Susan Sontag nachschlagen.
Oblomow, Köln: Ach ...
Ach, jetzt wirklich? Ich war schon auf dem Weg zum Camping-Platz, Herr Oberschlau! Danke, Sie haben mich gerettet. Dicker Kuss. Herzlichst, mein Lieber. Danke, Danke, danke.
Oblomow, Köln: Argumentation mit Oberflächen
... also Alvis Hermanis mit Susan Sonntag zu kommen ist durchaus kolonialistisch. Wie kann man denn ganze Traditionen ausblenden mit, meinetwegen auch berechtigten, aber zumindest extrem zeitbehafteten Essays einer völlig anderen Gesellschaft. Was wissen Sie denn von der Ausbildung in Lettland, vom Theaterverständnis dort? Oder aus Moskau? Aber Sie kommen hier mit Susan Sonntag an, als hätte Ihr Detailwissen irgendetwas mit der Wirklichkeit zu tun? Sie argumentieren mit Oberflächen ...
Oblomow, Köln: gegen eine "Camp"-Ästhetik
@ 25.: Wer hat denn gesagt, dass Alvis Hermanis etwas mit Susan Sontag zu tun hat? Ich selbst jedenfalls nicht. Ich wollte von Anfang an darauf hinaus, dessen Ästhetik gegen eine "Camp"-Ästhetik abzugrenzen, welche mir persönlich zuweilen besser gefällt. Schlimm? Respekt und Toleranz gegenüber Andersdenkenden ist schon schwierig, oder?
Oblomow, Köln: eigenes Urteil
Zu Kommentar 26: man muss ja auch nicht unbedingt etwas wissen von der Ausbildung in Lettland oder dem dortigen Theaterverständnis, um sich ein eigenes Urteil bilden zu dürfen. Das hieße ja, daß man als hiesiger Zuschauer erst einmal nach Riga oder Moskau reisen müsste, um dann erst urteilen zu können. Das wäre doch arg kompliziert.
Dr. Vergangenheitskitsch hat ein schlaues Buch gelesen. Herrlich, wenn man dann mit leeren Floskeln, um sich werfen kann. Viel gesagt, nichts gemeint. Bla, bla. Das ist von Heiner Müller. Einfach mal nachschlagen (...)!
Oblomow, Köln: besser sind die biografischen Geschichten
@ Iwan G.: Huch? Was ist denn hier bloß los? Ich verstehe Ihren Argumentationsgang nicht ganz. Muss ich jetzt also nach England reisen, um Shakespeare verstehen zu können? Muss ich nach Dänemark reisen, um Signa verstehen zu können? Nur mal als zwei ganz unterschiediche Beispiele. Nein, natürlich nicht. Und ich muss auch nicht Hermanis' historistische Lesart des Oblomow gut finden. Seine biografischen Geschichten gefallen mir dagegen besser, zum Beispiel "Väter".
Oblomow, Köln: wichtiges Zitat
Warum löscht die Redaktion das "bla,bla" aus meinem Kommentar Nr.27. Das war doch das Zitat von Heiner Müller. Herr V-Kitsch weiß bestimmt wo er nachschlagen muss. Hat ja Abitur, der Gute.
(Das Bla Bla ist für Sie wieder eingefügt. Die nachtkritik-Redaktion)
Oblomow, Köln: bitte genauer lesen
Hä? Hab ich doch gar nicht gesagt. Das war doch Nr.25, der Ihnen vorwarf, daß Sie nicht wüssten, welchen Hintergrund A.H. hat. Meinen Kommentar 27 einfach nochmal in Ruhe durchlesen.
Oblomow, Köln: bei der Sache bleiben
@ Iwan G.: Jetzt werden Sie aber ungerecht. Warum gleich persönlich werden? Wir sollten hier bei der Sache bleiben. Das heisst, was hat das von Ihnen genannte Zitat aus der "Hamletmaschine" mit Gontscharows/Hermanis' "Oblomow" zu tun?:

"Ich war Hamlet. Ich stand an der Küste und redete mit der Brandung BLABLA, im Rücken die Ruinen von Europa." (Heiner Müller)
Oblomow, Köln: Märchen als große Sinnbilder
Zu 17. 18. 19.

Märchen als Kunde, Bericht und Nachricht von wundersamen Begebenheiten, zählen zu einer bedeutsamen und sehr alten Textgattung in der Mündlichen Überlieferung
und treten in allen Kulturkreisen auf.
Sollte sich das Theater denn ein Kunstmärchen wie
"Die Zauberflöte" entgehen lassen, oder die
"Wiener Zaubermärchen" von Ferdinand Raimund?
"Das Mädchen aus der Feenwelt oder Der Bauer als Millionär"
"Der Alpenkönig und der Menschenfeind"
"Der Verschwender"
Und dann zu:
Na ja, Märchen schon, aber nicht als Abbildung der Welt wie sie war, ist, und angeblich immer sein wird (...)

Ferdinand Raimunds Stücke sind große szenische Sinnbilder vom Glück in einer geordneten Welt mit utopischen Ausblicken in ein
höheres Reich der Liebe und Freiheit.
Raimund prägte eine für das auf Lachfunktion reduzierte Volkstheater andere und richtungsweisende Dramatik, in der die komischen Volksfiguren neue Rollen übernehmen. Der Einfluss seines verfremdenenden Märchentheaters als Utopie und Spiegel
der Wirklichkeit ist für die weitere Entwicklung des Volksstücks und der Dramatik im 2O.Jahrhundert unbestritten.
(WIKIPEDIA)
Weiters Carlo Gozzis szenische Märchen.
Gozzis "Turandot" in einer Bearbeitung von Friedrich Schiller.
Georg Büchner zeichnet in seinem Stück "Leonce und Lena"
eine Parodie Gozzis.
Gozzis Stück La donna serpente war eine der Vorlagen zu
Richard Wagners erster vollendeter Oper "Die Fee".
Oblomow, Köln: dagegen gedichtet
so geht es übrigens auch:

ich bin hamlet
ich stehe in der küche
und rede mit der brandung
des abwaschwassers blabla
und es antwortet
gluckgluck - -

im rücken
die ruinen
meiner abendländischen vergangenheit
Oblomow, Köln: Antwort aufs Camp
Lieber Herr Vergangenheitskitsch, da könnte ich auch zurückfragen, was hat "Camp" mit Oblomow zu tun, zum Teufel nochmal? Mein Heiner Müller "Bla,Bla" war eher eine Reaktion auf ihr Camp als Was auch immer. Bitte sachlich bleiben und lesen lernen. Mit den besten Grüßen.
Oblomow, Köln: rede mit der Brandung
müller, meier - huber:
nie war ich hamlet
ich stehe an der küste des meeres
und rede mit der brandung vergeblich
der wellenschlag des meeres
hat mir nichts zu sagen
im rücken
die ruinen meines eheweibes
der aufkommende wind
flüstert in beckettscher manier uns zu:
endspiel
Oblomow, Köln: Übersetzung vergangener Stoffe
@ Iwan G.: Oh, jetzt rufen Sie schon den Teufel auf den Plan. Bitte sachlich bleiben. Oblomow hat nichts mit "camp" zu tun. Und genau das, diese Differenz, wollte ich ausstellen und auch einfach mal so stehenlassen. Das heisst, für mich ist keine Ästhetik "besser" oder "schlechter" als die andere, sondern es geht um eine adäquate "Übersetzung" vergangener Stoffe ins Heute. Alles andere ist für mich - Vergangenheitskitsch.
Oblomow, Köln: ein Theater des Traums
Endlich hab ich Sie verstanden. Das kann man ruhig so stehen lassen. Ich fand Oblomow ein Theater des Traumes. Ich konnte träumen. Und das fand ich sehr beglückend. Für mich keine Spur von Kitsch. Aber so ist jeder anders.
Oblomow, Köln: ein ausgeträumter Traum?
@ Iwan G.: Na, dann träumen Sie mal schön. Angesichts dieses Stoffes von "Oblomow" könnte (oder müsste!) man sich vielleicht aber auch fragen, ob der Traum des (russischen) Landadels nicht längst ausgeträumt ist. Steckt diese Frage hier nicht auch mit drin?
Oblomow, Köln: Wunsch
Dann fragen Sie sich das mal schön. Viel Spaß dabei.
Oblomow, Köln: Tradition der Weltverweigerung
Wie schrieb Zimmermann im Freitag? (Der schmählicherweise in den Presseausschnitten vergessen wird) "Auch wenn Hermanis die Ironie von Gontscharow unterspielt, seine dreieinhalbstündige Inszenierung ist mehr als ein historistisches Puppenspiel; sie benennt kritisch eine Tradition der Weltverweigerung, die von Gontscharow über Melville, Tschechow bis zu Calvino und Toussaint reicht – und das kann in Zeiten totaler Zeiteffizienz und Verfügbarkeit nicht schaden." freitag.de
Oblomow, Köln: EHEC-Theaterthese
@ Iwan G.: Weltverweigerung? Das meinte ich nun gerade nicht. Sondern vielmehr die Frage danach, wie aus einem Tropfen Wasser der Keim entspringt. Sie wissen schon. Dieses Bakterium, aus welchem schöpferische und zugleich zerstörerische Konsequenzen erwachsen.
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