Ausgewählt demokratisch

Hamburg, 12. April 2012. Die Ergebnisse der offenen Abstimmung über den Spielplan 2012/13 am Thalia Theater Hamburg werden nur teilweise umgesetzt. Im vergangenen Jahr konnte in einer freien Wahl über drei Stücke der kommenden Spielzeit abgestimmt werden, was zu heftigen Diskussionen führte. Von den drei Gewinnerstücken sind nun aber nur zwei in den Spielplan übernommen worden, wie mit der Spielzeitpressekonferenz bekannt wurde.

Während Christine Eder "Die Ehe des Herrn Mississippi" von Friedrich Dürrenmatt (erster Platz) inszenieren wird, ist Dimiter Gotscheff mit der Umsetzung von "Wir sind noch einmal davongekommen" von Thornton Wilder (dritter Platz) beauftragt. Gotscheff wird das Stück mit den Jelinek-Texten "Kein Licht I & II" kombinieren.

Nicht zur Aufführung hingegen kommt das zweitplatzierte Stück Peers Heimkehr. Dieses A-Capella-Heavy-Metal-Musical von Gregor Hopf und der A-Capella-Band Van Canto spinnt die Geschichte von Henrik Ibsens Peer Gynt weiter. Thalia-Intendant Joachim Lux begründet den Ausschluss damit, dass "unsere Vorstellungen und das dem A-cappella Gesang verpflichtete Markenimage des Van Canto-Teams in krassem Gegensatz standen". Man hätte die Musik für die Thalia-Schauspielerband umschreiben wollen, "das aber wollten die Macher von 'Peers Heimkehr' verständlicherweise auf keinen Fall zulassen", so Lux. Das Thalia Thater hatte jedoch schon vor der Wahl auf künstlerische Freiheit bei der Umsetzung der Stücke bestanden.

Dass man sich um das zweitplatzierte Stück "sehr bemüht" hätte (Lux), kann Gregor Hopf, Mit-Autor des Stückes, allerdings nicht bestätigen. "Man hat uns von vornherein gesagt, dass man das Stück eigentlich nicht spielen möchte, und wenn dann nur mit E-Gitarren anstelle von A-Capella-Gesang", so Hopf gegenüber nachtkritik.de. Der A-Capella-Chor sei aber kreativer Kerninhalt, für den die Wähler auch abgestimmt hätten, so Hopf weiter. Deshalb habe er einer Instrumental-Version nicht zugestimmt.

 "Leider kam es aber gar nicht erst zu tieferen inhaltlichen Gesprächen, wie man das Stück dennoch hätte umsetzen können." Gemeinsame Termine wären zuerst immer wieder von Seiten des Theaters verschoben worden. Intendant Joachim Lux hätte sich schließlich erst eine Woche vor Bekanntgabe der Spielzeitplanung telefonisch gemeldet – mit der Absage. Als Trostpflaster heißt es immerhin im Spielzeitheft: "Van Canto und das Team sind herzlich eingeladen, im Thalia Theater ihr immerhin von 636 Fans gewähltes, so called 'Heavy Metal-Musical' vorzustellen und zu diskutieren."

Ersatzweise hat das Thalia Theater übrigens angekündigt, das fünftplatzierte Stück Die Erbsenfrau von Jens Nielsen "in einer sehr individuellen Liebhaberaufführung" auf eine Bühne zu bringen. Bereits bei der Spielplanwahl-Bekanntgabe im Dezember hatte die ironische Lesung der "Erbsenfrau" durch Philipp Hochmair für Gelächter über den Text gesorgt.

(Spielzeitheft Thalia Theater Hamburg / mw)

 

Im nachtkritik-Videointerview erläutert Dramaturg und Wahl-Initiator Carl Hegemann das Ergebnis der Spielplanwahl.

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