altDas schöne Phantom Gemeinschaft

von Dieter Stoll

Nürnberg, 13. April 2012. Von einer Nürnberger Tradition im Umgang mit Peter Handke wird nun wirklich niemand sprechen wollen. Aber typisch für die furchtsame Haltung der "Provinz" gegenüber dem spröden Poeten ist die Mini-History der lokalen Spielplan-Politik allemal. 1994 wurde auch hier die dialog- und provokationsfreie "Stunde, da wir nichts voneinander wussten" nachgespielt, nicht ohne dass der damalige Spartenchef versicherte, wie gerne er die anspruchsvolleren Stücke ansetzen würde – wenn er das seinen Abonnenten nur zumuten könnte.

Kunst-Messen Abgesang

Das Denkloch klafft nach beiden Seiten, denn seither gab es nichts mehr und zuvor stehen in den Jahrgängen 1968 und 1971 einsam "Kaspar" und "Der Ritt über den Bodensee". In Aufführungen von Günther Büch, dem damaligen Oberhausener Peymann-Konkurrenten in der Entdeckung des Autors, die selbst nach Abzug von Nostalgie-Bonus zu den haltbarsten künstlerischen Ereignissen des Hauses gehörten.

Der Erfolg versickerte, und dass der jetzige Schauspieldirektor Klaus Kusenberg das 2011 nach der Salzburger Uraufführung verhalten aufgenommene Stück Immer noch Sturm so spontan ansetzte, hat mit Regisseur Stefan Otteni, aber sicher auch mit Handkes hier ebenso rarer österreichischer Kollegin Elfriede Jelinek zu tun.

Otteni bescherte dem Staatstheater Nürnberg 2009 einen unerwarteten Erfolg mit "Die Kontrakte des Kaufmanns" und verbandelte seine Handke-Option mit dem Versprechen, dass er keine "hermetische Kunst-Messe" im Text sehe. Das war offensichtlich beruhigend, die Produktion wurde nicht in den Kammerspielen, sondern im großen Haus angesetzt. Soweit die Vorgeschichte. Sie endete jetzt mit stürmischem Beifall für die beste Aufführung der laufenden Nürnberger Saison.

Gelebtes Selbstbewusstsein der Urahnen

Der heutige "Ich"-Erzähler, den manche Exegeten bei der Uraufführung zur Spiegelung des Autors erklärten, kommt in der Nürnberger Fassung direkt aus dem Publikum. Über der leeren Szene zuckt noch unkontrolliertes Licht, wenn er schmunzelnd auf die Bühne klettert, um per Ortsbeschreibung sein Erinnerungs-Spiel einzufädeln. Oder wo, oder wann, oder was – relativiert er die eigenen Angaben wieder, als ob es vielleicht doch sofort ums Gleichnis für die große, ganze Weltgeschichte und nicht konkret um slowenische Familienbande in Kärnten zwischen 1936 und 1945 ginge.

Diese Irritation regelt die Sippe auf pragmatische Art, die Ahnen marschieren aus der Dunkelheit herein, noch ehe ihr Spielleiter genau weiß, was er von ihnen erwartet. Sie setzen gelebtes Selbstbewusstsein gegen den Schöpfer ihrer Charaktere, der damit trotz seiner freundlichen Erfindung von Widerstandskämpfern in der Ahnen-Galerie nicht mehr der Allmächtige des Geschehens ist. Zwar ringt er weiter um die Deutungshoheit der Worte, indem er sie der Verwandtschaft immer wieder wohlgeformt in den Mund legt oder - sofern  Brüder, Onkel, Tante, Mutter und Großeltern schneller bei Zunge sind als ihr allzu präsenter Ghostwriter – beim Verfertigen der Gedanken aufspringt. immernochsturm 560 marion buehrle u"Immer noch Sturm" in Nürnberg © Marion Bührle

Doch die zunächst abwehrend auf den Ruf der Zukunft reagierenden Geister entschlüpfen der Kontrolle, sie übernehmen das Kommando der Geschichtsschreibung, die ihnen als einzig "unwiderrufliche Instanz" erscheint. Also erzählen sie, was ihnen wichtig ist. In Monologen und Feldpostbriefen, poetischen und pathetischen Ausbrüchen – angetrieben von der Sehnsucht des notorischen Einzelgängers Handke nach dem Phantom der "Gemeinschaft", das er trotz aller Sprachkunst natürlich auch in diesem Stück nicht fixieren kann.

Ein Zweig, ein Hausgrundriss, alles in Leichtigkeit

Regisseur Stefan Otteni und sein Bühnenbildner Peter Scior haben ein paar kluge Grundsatzentscheidungen für die Inszenierung getroffen. Zwischen der Beschreibung der Szene und der Phantasie der Zuschauer gibt es keinen Parkplatz für Illustrationen. Kein Apfelbaum, nirgends. Nur ein Blütenzweig in der Luft und das Garten-Modell zum späteren Zertrümmern letzter Hoffnungen. Auf der Drehbühne baut die Familie ihre Welt in kompakten Andeutungen. Aus Backsteinen entsteht der Haus-Grundriss, in Baumarkt-Portionen wird Heimat-Erde ausgebreitet. Wenn der Krieg verloren und die Welt scheinbar am Ende ist, kippt die Scheibe und räumt krachend alles ab.

Hoffnungsfroher sind die Mädchen, die es bei Handke gar nicht gibt. Ein Chor aus 26 Schülerinnen, allzeit und gerne auch auf Zuruf des "Ich"-Erzählers bereit zum stützenden Rundgesang für alle Anlässe und dem Regisseur Sinnbild der denkbar "unschuldigsten" Realisierung jener Gemeinschaft, die Handke so nachdrücklich verklärt. Wo sie, während die Erwachsenen noch von der Kriegs-Depression geschüttelt sind, fröhlich kichernd in die neue Zeit radeln, gewinnt die Aufführung ihre vorübergehend im Partisanen-Pathos gefährdete Leichtigkeit zurück.

Thomas Nunner ist der spurensuchende Erzähler und bewältigt diese anspruchsvolle Aufgabe als tiefgründelnder Komödiant. Er leitet den selbstironischen Ton weiter, der das "Ich" vom "Ego" des Autors trennt, kann über das Spiel, das er da anzettelte, immer wieder staunen. Nunners Sprache ist so lapidar, dass sie Handkes Text das Schwitzen versagt. Sein stärkster Partner ist Felix Axel Preißler, der den auferstandenen Onkel mit der Liebe zum Apfel und dem logischen Kampfnamen Jonathan mit genau taxiertem emotionalem Hochdruck zwischen Friedens- und Racheengel positioniert.

Gedimmte Dramatik oder öffentliche Meditation

Dem ganzen Ensemble (die sonnige "Ich"-Mutter Elke Wollmann an der Spitze im Damen-Ringkampf mit ihrer trübsinnigen Schwester Anna Keil, den Großeltern Adeline Schebesch und Thomas L. Dietz, den Brüdern Stefan Willi Wang und Philipp Weigand) gelingt ein Netzwerk von Blick-Kontakten, das auch Peter Handkes tosend hereinbrechenden Patrioten-Fanfaren standhält, wo Regisseur Stefan Otteni meint, sie wie ein Zitat an der Rampe ausstellen zu können.

Weitere Fehler hat er nicht gemacht, denn er bleibt dem Spiel treu und die Kürzung des ausufernden Textes auf knapp drei Stunden ist so gefühlvoll, dass der Zuschauer kaum Brüche bemerkt. Die provokante Frage, ob "Immer noch Sturm" gedimmte Dramatik oder eher öffentliche Meditation ist, hatte sich am Ende aufgelöst.

Bemerkenswert, wie gebannt das Premierenpublikum war – und wie die Begeisterung dann explodierte. Von daher könnte die Nürnberger Aufführung nicht nur für die Geschichte des Hauses wichtig sein, sondern den Anstoß für viele weitere Versuche mit Handke an den mittelgroßen Theatern des Landes geben.

 
Immer noch Sturm
von Peter Handke
Regie: Stefan Otteni, Bühne: Peter Scior, Kostüme: Sonja Albartus, Musik: Bettina Ostermeier, Dramaturgie: Horst Busch.
Mit: Thomas Nunner, Elke Wollmann, Adeline Schebesch, Thomas L. Dietz, Felix Axel Preißler, Stefan Willi Wang, Anna Keil, Philipp Weigand und der Mädchen-Chor der Maria-Ward-Schule Nürnberg.

www.staatstheater-nuernberg.de

 Uraufgeführt wurde Immer noch Sturm von Dimiter Gotscheff 2011 bei den Salzburger Festspielen.


Kritikenrundschau

"Viel besser" als die Gotscheff-Uraufführung sei dieser Abend gewesen, meint der Nürnberger Stadtrat Utz Ulrich, dessen Urteil sich Hans-Peter Klatt in der Nürnberger Zeitung (16.4.2012) am Ende seines Textes anschließt. Ottenis Inszenierung beschreibt der Kritiker als anwachsendes Spannungserlebnis: Nach einem eindrucksvollen Auftakt mit Thomas Nummer, der als Dichter-Alter-Ego auf leerer Bühne die "Herstellung von räumlicher und sozialer Wirklichkeit durch Sprache, ein zentrales Handke-Thema", vorführe, folge manch eine "szenische Durststrecke". Nachdem aber "Bühnenbildner Peter Scior seine Zurückhaltung" aufgebe, entstehe Eindrucksvolles, etwa ein "erster Gänsehaut-Effekt, als der Mädchenchor der Maria-Ward-Schule summend hereinströmt und magische Worte wie 'Heim', 'Sonne' und 'Schnee' skandiert." Bis zur Pause habe die Inszenierung "mächtig Fahrt aufgenommen", und "(n)ach Selters und Sekt warten Vernichtung und Verzweiflung auf das Publikum" bis zum phänomenalen (Beinahe-)Schlussbild mit der aufrecht gestellten Drehbühne: "Die Welt entgleitet und versinkt, zurück bleibt eine leere schwarze Riesenscheibe, die gleich einer verfinsterten Sonne aufsteigt."

Barbara Bogen beschreibt für BR 5 (16.4.2012, der Nürnberg-Beitrag im Podcast startet etwa bei Minute 11:00) eindringlich, wie sich zunächst das Dichter-Alter-Ego und dann eine "Choreographie der Ahnen" die anfangs leere Bühne erobern. "Große Miniaturen" gelängen Regisseur Otteni, "oft wie skizziert, flüchtig hingeworfen mit leichter Geste"; zudem ein imposantes Finale mit abhebender Drehscheibe. Fazit: "Peter Handkes durchaus auch heimatshungriger und sentimentalitätsgefährdeter, an sich komplett unzeitgemäßer Erinnerungsparcours" werde durch die "psychologisch feinsinnige Regie" Ottenis und sein "sich hier selbst förmlich übertreffendes Nürnberger Ensemble" zu einem "dreistündigen garantiert kitschfreien Poem, einem schwebendem Traumspiel, das das Publikum zu Jubelstürmen animierte".

Auch für Bernd Noack von den Nürnberger Nachrichten (16.4.2012) besitzt Ottenis Inszenierung eine Nähe und Dringlichkeit, die der Rezensent in der "texthörigen" Salzburger Uraufführung von Dimiter Gotscheff noch vermisste: "Drei Stunden erzählt er in ruhigen, poetisch-schönen, magisch-überraschenden Bildern von den Idyllen der Heimat, um sie in ebenso brutal eindeutigen, beängstigen Momenten zu gefährden und zu zerstören". Die "Wechselspiel" gelinge "wie ein Sog, der immer tiefer in diese diffuse Bühnen- und Scheinwelt zieht". Souverän gehe Otteni mit den "oft pathetischen Beschwörungen Handkes" um. Er lasse des Dichters "komischen Ernst perfide blitzen" und gebe dem Abend etwa mit dem Auftritt des Mädchenchors eine "tiefmenschliche, anrührend unkitschige Wahrhaftigkeit".

Kommentare  
Immer noch Sturm, Nürnberg: eine Wucht
Der Rezensent hat recht: Dieser Abend ist eine Wucht! Schon oft haben uns Ottenis Inszenierungen am Schauspiel Nürnberg gut gefallen, aber diesmal hat er sich selbst übertroffen. Glücklich das Theater, das solche Leute hat. Auch die Schauspieler: Hut ab!
Immer noch Sturm, Nürnberg: Bilder im Kopf
Man könnte viel Lobendes zu dieser Handke-Aufführung sagen: Die guten Schauspieler, die sagenhafte Bühne, der Text der so ohne jede Anstrengung lebendig gemacht wurde. Das Beste an der Aufführung ist aber, daß sie den Zuschauer endlich wieder ernst nimmt: Die Freiräume in Ausstattung und Regie lassen Bilder im Kopf entstehen, die weh tun - was für ein Unterschied zu Aufführungen wie den "Woyzeck", in dem man den ganzen Abend mit einem einzigen überdeutlichen ausgelutschten Theaterbild gequält und unterfordert wird. Bravo.
Immer noch Sturm, Nürnberg: eine Wucht
Die Inszenierung ist in der Tat eine Wucht. Umso weniger ist zu verstehen, dass Stefan Otteni, der an dem Premierenabend vom Schauspieldirektor Klaus Kusenberg noch in hohen Tönen gelobt wurde, vorerst nicht weiter in Nürnberg beschäftigt wird. Mehr als unverständlich, unklug für Nürnberg, da der Regisseur aus Berlin seit langen Jahren ein gern gesehen und meist hochgelobt Gast war. Da hätte ich gerne Kusenberg in seiner Rede auf der Premierenfeier zurufen wollen, was Stefan Otteni als nächstes in Nürnberg inszenieren wird. Leider erst einmal nichts. Schade. Wie dem auch sei, der weite Weg von Frankfurt hat sich mehr als gelohnt. Nicht zuletzt auch wegen der hervorragenden Leistung der Schauspieler. Ein anspruchsvoller Abend, an dem der spröde, aber sprachlich sehr schöne Text von Peter Handke nicht überfrachtet wurde mit einfallslosen Regie-Ideen, sondern getragen wird durch sparsame, phantasievolle und poetische Bilder. Spannend bis zur letzten Minute. Glückwunsch.
Immer noch Sturm, Nürnberg: Handke entzieht sich
ist handkes text spröde? so würde ich ihn nicht nennen.
auch peter handke ist selbst nicht spröde -
aber er entzieht sich auf seine (österreichische) weise . . .
Immer noch Sturm, Nürnberg: geniale zweite Ebene
Ich empfand den Text in der Nürnberger Vorstellung auch nicht spröde. Er öffnet eher Räume, aber vielleicht lag das an den guten Schauspielern. Ich muß den Text noch lesen. Aber kaum zu glauben, daß der Mädchenchor von Handke gar nicht vorgesehen war, sondern eine Zutat des Regisseurs ist, er führt eine geniale zweite Ebene ein. Hat jemand erkannt, was die Mädchen im vierten Akt so unheimlich summen und pfeifen? Das ist doch ein bekanntes Thema?
Immer noch Sturm, Nürnberg: Landserthema
@D.Mohr:

Das bekannte Thema,das der Mädchenchor im IV.Akt singt,summt und pfeift ist das Landserthema aus dem 1.Satz der Leningrader Sinfonie (Nr.7) von Dmitri Schostakowitsch.
Immer noch Sturm, Nürnberg: zum Begriff Fremd
Unter dem Begriff Das Fremde, bin ich auf Zygmunt Bauman gestoßen, dieser sagt:

Fremde bedeuten das Fehlen von Klarheit, man kann nicht sicher sein, was sie tun werden,
wie sie auf die eigenen Handlungen reagieren würden; man kann nicht sagen, ob sie Freunde oder Feinde sind - daher kann man nicht umhin, sie mit Argwohn zu betrachten.
(Bauman ist polnisch-britischer Soziologe und Philosoph)
Immer noch Sturm, Nürnberg: Bezug?
@ Horst: Und wer ist hier jetzt wem fremd? Kann das Ich auch sich selbst bzw. dem sogenannten "Eigenen" gegenüber fremd sein?
Immer noch Sturm, Nürnberg: Regie-Theater, das zum Text hinführt
Wir hatten den Text vorher gelesen und sahen die zweite Vorstellung. Obwohl der Regisseur enorm in das Original eingegriffen hat, kann man nach Besuch der Aufführung nur sagen: Es gibt auch Regie-Theater, das zum Text HIN führt und ihn zum Leuchten bringt. Sagenhaft auch das Bühnenbild.
Immer noch Sturm: Nürnberg: Kern der Auseinandersetzung
Inga
Genau das scheint mir die Auseinandersetzung Handkes in "Immer noch Sturm" zu sein: Das Ich und seine Fremdheit in der "Heimat", und die Fremdheit seiner slowenischen Vorfahren.
Immer noch Sturm, Nürnberg: Freund oder Feind
Ich vermisse bei Handke letztendlich die Klarheit, und man kann
bei ihm nicht sagen, ob er Freund oder Feind ist.
Immer noch Sturm, Nürnberg: näher
und doch ist er "näher" als andere zeitgenössische autoren.
Immer noch Sturm, Nürnberg: Tippfehler
Ich lese einen merkwürdigen Fehler in Salzburger Festspiele, Zur Produktion,
Immer noch Sturm:
(...)
Er begegnet seiner Mutter als junge Frau
sowie später als Schwangerer, mit ihm als Ungeborenem im Bauch. (...)

Peter Handke als Schwangerer, mit ihm(selbst) als Ungeborenen im Bauch
begegnet seiner Mutter und seinen Vorfahren.
Das - ist sein "Ich" und sein Stück - vielleicht.
Immer noch Sturm, Nürnberg: kluge Entscheidungen
Ob Peter Handke ein Guter ist, wußte ich nach dem Lesen des Textes auch nicht. Aber wenn man aus einem Text SO einen Abend herausdestillieren kann, dann ist er zumindest ein guter Autor. Aber mit der Nürnberger Aufführung hat er auch Glück: Nirgends drängt sich ein Regie-Idiot in den Vordergrund, das Bühnenbild ist schlicht und genial: Lauter kluge Entscheidungen, die die Schauspieler mit ihrem klaren Spiel unterstützen. Sehr sehr gut.
Immer noch Sturm, Nürnberg: Trauer über die Toten
Selten hat ein Theaterabend den Schmerz dieses schlimmen letzten Jahrhunderts so direkt auf die Bühne gebracht. Wir haben diese Zeit noch selber erlebt und waren überrascht, daß Theater das überhaupt noch schafft: Die Trauer über die Toten wieder zu wecken. Auch wenn man sieht, daß die meisten Schauspieler noch so jung sind. Danke für diesen Abend.
Immer noch Sturm, Nürnberg: Verzicht auf Faxen
Komme gerade aus dem Stück: Schwacher Text, toller Abend. Wie schön, daß Regie und Schauspieler komplett auf alle Faxen verzichten.
Immer noch Sturm, Nürnberg: Stärken betont
Wenn Sie den Text schwach finden, dann müssen Sie ihn genau lesen: Er ist eigentlich sehr fein gesponnen und selbstkritisch, ganz ungewohnt für Handke. Aber die Nürnberger Aufführung betont die Stärken und ist milde mit den Schwächen, ein Glücksfall für den Autor. Ich war jetzt zum zweitenmal drin - vor allem die Darstellerin der Mutter ist eine Sensation.
Immer noch Sturm, Nürnberg; bläst alles weg
@schweigbub: "Schwacher Text": Was für ein Stuß! Dieser große, politische Text bläst viele Klein-Klein-Texte der letzten Jahre weg. Gebt dem Handke den Mülheimer Stücke-Preis!
Immer noch Sturm, Nürnberg: gut gemacht
schweige bub. handke hat das gut gemacht, selbst wenn es kein jahrtausend-text ist,
da hätte er länger daran schreiben(arbeiten) müssen.
jedes jahr ein buch: handke hat keine zeit als(immer noch) erfolgsautor.
oder liege ich da völlig falsch und tu ihm unrecht - -
Immer noch Sturm, Nürnberg: vielfach bepreist
nachsatz(nach-schwatz):
nein gebt ihm keinen preis, er hat schon so viele.
aber seine anfänge waren schon sehr eindrucksvoll und vielversprechend.
Immer noch Sturm, Nürnberg: Handke glauben
Nach dem Urteil von Martin Baucks:
Ich glaube, man glaubt Peter Handke nchts mehr -
wie viele Jahrzehnte nichts mehr?
Immer noch Sturm, Nürnberg: nackt und pur
@hoffmann: Gehen Sie nach Nürnberg! Die Auführung ist so nackt und pur - die Schauspieler, so gut sie sind, würden untergehen mit dem Text, wenn der keine Qualität hätte. Die haben auf der Bühne nichts zum Festhalten, als sich und ihre Geschichten. Die vertrauen Handke zu recht, und er weiß - in diesem Fall - wovon er redet.
Immer noch Sturm, Nürnberg: Dreistigkeit
Ja, der Text ist super; die Inszenierung ist zwar recht einfalslos aber auch nicht schlecht; die Schauspieler allerdings waren (den großartigen Thomas Nunner ausgenommen) eine Beleidigung für jeden Zuschauer. Es ist eine Dreistigkeit, was das Nürnberger Stadttheater für Leute auf die Bühne setzt. Aber das ist ja leider nix Neues...
Immer noch Sturm, Nürnberg: gratuliere
Ich bin aus Wien angefahren, um das Stück zu sehen - das ist schon ein weiter Weg... Und dann sitze ich auf meinem Platz im Theater und sofort bin ich mit voller Aufmerksamkeit dabei, werde immer tiefer ins Schauspiel hineingezogen, nicht nur ich! Ein geniales Zusammenwirken von Schauspielern, Chor, Bühnenbild,... Ich gratuliere allen, die dazubeigetragen haben, besonders dem Regisseur Stefan Otteni. Ich würde wieder von Wien nach Nürnberg fahren, um ein Stück von ihm zu sehen, hoffentlich schon bald!
Immer noch Sturm, Nürnberg: hervorragendes Ensemble
@ Mathias: Der kluge Regisseur Stefan Otteni hat bei dieser Vorstellung genau das Richtige getan: Er hat dem hervorragenden Schauspielensemble weitestgehend vertraut und die Aufführung nicht mit eigenen Einfäl(L!)en überfrachtet. So ist ein großartiger Theaterabend entstanden, der bei mir nachhaltig immer noch wirkt. Besonders hervorzuheben sind neben der homogenen Ensembleleistung (glücklich das Theater das solche Leute hat) die Einzelleistungen von Herrn Nunner und Herrn Preißler und das überwältigende Bühnenbild. Ich selbst durfte der Aufführung am 22.April beiwohnen und freue mich sehr auf weitere Erlebnisse am Staats(!)theater Nürnberg. Dank also an alle Beteiligten.
Immer noch Sturm, Nürnberg: falsche Oppositionen
Es befremdet, daß hier immer wieder die Teile eines Theaterabends gegeneinander in Stellung gebracht werden: guter Text/schlechte Schauspieler, schlechter Text/gute Schauspieler. Entscheidend ist aber, was eine Aufführung mit diesen Mitteln erreichen will. Das erstaunliche an diesem Handke-Abend ist doch der direkte Zugang zum Zuschauer: Er fängt ganz leise und einfach an, dann nimmt er einen mit den Figuren bei der Hand, steigert sich zu einem unerhörten, stillen Pathos - und trifft einen dann direkt ins Herz.
Immer noch Sturm, Nürnberg: Herr Baucks, schreiben Sie uns was!
wer verzapft denn hier so einen blödsinn!
das kann ja wohll nicht wahr sein?
ich glaub mein schwein pfeift

sehr geehrter herr martin baucks -
schreiben sie uns doch etwas kluges, richtiges und wichtiges
über immer noch sturm
nachdem wir kulturinfarktisch
so viel gescheites von ihnen lesen konnten
frei-willig
seiten-weise
Immer noch Sturm, Nürnberg: kein Kritiker
Sorry, aber ich bin kein Kritiker.
Immer noch Sturm, Nürnberg: eigene Meinung
@ Traumspiel: Was versprechen sie sich davon, Herrn Baucks zu bemühen? Haben sie selbst keine Meinung? Außerdem benötigt Herr Baucks gerade all seine Energie um (neben Wäsche waschen und Text lernen) die von Ihnen benannte sehr interessante und kluge Diskussion fortzuführen. Er kann ja schreiben, wenn er die Nürnberger Aufführung gesehen hat. Übrigens: Handke hin oder her - Schauspielergeschmäcklereien unbenommen: Immer noch Sturm in Nürnberg lohnt sich!
Immer noch Sturm, Nürnberg: angelockt
Ich wurde durch die begeisteten Kritiken angelockt und kann 29. nur beipflichten: Diese Aufführung ist kluges, großes Theater!
Immer noch Sturm, Nürnberg: hart am eigenen Schmerz
Wir waren begeistert. Die Schauspieler dürfen spielen und nützen diese Chance aufs Beste. Es schien über das vergangene Jahrhundert alles gesagt, aber im Gegensatz zu Grass läßt Handke seine eigene Person nicht aus,geht hart an den eigenen Schmerz und wirft uns dadurch auf unsere Familiengeschichten im 20. Jahrhundert zurück. Ein mutiger Abend.
Immer noch Sturm, Nürnberg: best of Bayern
Beste Aufführung die ich seit Jahren in Bayern gesehen habe. Dabei war ich fest entschlossen, das Ding zu hassen. Aber alles stimmt: Die Bühne, die Schauspieler, die Regie, der Chor - und wer, bitteschön ist denn diese alte Frau, die da einfach nur sitzt und raucht und guckt: genial.
Immer noch Sturm, Nürnberg: man ist einfach drin
Habe die Vorstellung nur durch Zufall gesehen - aber was die Schauspieler da machen ist ja der Wahnsinn! Man weiß gar nicht mehr, ob die spielen oder einfach auf der Bühne leben: So direkt ist das sonst nur noch bei Hartmann in Leipzig - nur ohne die Angeber-Attitüde, die bei ihm immer so nervt. Man überlegt sich keine Sekunde, ob einem die slowenische Minderheit 1936 in Kärnten überhaupt interessiert, man ist einfach drin. Selbst verletzt haben die gestern weitergepielt. Spielen die in Nürnberg immer so? das ist ja voll an mir vorbei gegangen.
Immer noch Sturm, Nürnberg: die beste Inszenierung
Einfach nur großartig! Eine großartige Inszenierung mit tollen Darstellern (Felix Preißler, beide Daumen hoch!!!) und ein wunderschöner Text! Tatsächlich die beste Inszenierung im neuen Schauspielhaus :-)
Immer noch Sturm, Nürnberg: hinreißend und traurig
Genau! Neben Herrn Nunner und Frau Wollmann ist Felix Preißler der Held. War auch in der Vorstellung, in der er sich verletzt hat. Wenn es nict zynisch wäre, müßte man sagen: Er wurde immer besser, je mehr Blut tropfte. Aber der ganze Abend ist hinreißend - und sehr traurig.
Immer noch Sturm, Nürnberg: Was stimmt denn nun?
Ich habe eine Frage: Ich bin ein großer Bewunderer von Peter Handkes Texten und war kürzlich in der Aufführung des Nürnberger Theaters (die ich exzellent fand). Nun lese ich hier auf Nachtkritik ganz unterschiedliches zur Textfassung des Regisseurs: In der Kritik heißt es, Handkes Werk sei "behutsam gekürzt", in den Kommentaren sprechen Zuschauer von "enorm in den Text eingegriffen" - Was stimmt denn nun? Und: Wieviel darf ein Regisseur überhaupt kürzen? Kontrolliert das der Autor überhaupt nicht? Die Salzburger Aufführung dauerte ja fünf Stunden, die in Nürnberg nicht mal drei. Kann mir das jemand beantworten?
Immer noch Sturm, Nürnberg: im Sinne des Autors
@36. Lieber Thomas L., ob Handke die Strichfassung des Regisseurs kontrolliert hat, müssen Sie das Theater fragen. Er hätte gut daran getan, es nicht zu tun: Die gespielte Fassung ist wirklich im Sinne des Autors und verbessert das Stück eigentlich noch. Sie drängt das Pathos zurück und lauscht dem Text einen Humor ab, den man kaum kennt bei Handke. Aber ja, Regisseure dürfen streichen, so viel sie wollen, irgendwann heißt dann ein Abend eben "nach Handke". Und Otteni und seine Leute haben viel gestrichen, nur offenbar gut. Besser als die texthörige Version in Salzburg.
Immer noch Sturm, Nürnberg: zuviel Eingriff
Nein, ein Regisseur hat eben nicht das recht einfach zu streichen, was er will - Otteni hat extrem in den Text eingegriffen. Das poetische Gefüge ist beschädigt. Was maßt er sich an, ich war entsetzt.
Immer noch Sturm, Nürnberg: ganz in Handkes Sinne
Ich habe die Vorstellung auch gesehen: Wie kann man denn nach so einem stimmigen Abend nach Werktreue rufen? Ich maße mir an zu sagen: Handke hätts gefallen, wenn er das in Nürnberg gesehen hätte, besonders der Mädchenchor und der schwebende Apfelblütenzweig wären in seinem Sinne. Und wie oft hat er in seinen Romanen (z.B."Die Wiederholung") von Kirchenglocken geschrieben, die vom Krieg aus den Glockentürmen gebombt wurden - und da bringen sie im letzten Akt nach dem Krieg eine massive Kirchenglocke auf die Bühne! Nein, lieber Altmodischer, das ist ganz in seinem Sinne. Angesichts einer solchen Qualität bin ich zum ersten Mal seit Jahren als Nürnbergerin stolz auf mein Theater.
Immer noch Sturm, Nürnberg: Unterscheiden zwischen Text und Aufführung
@Altmodischer & @alle anderen die über Werktreue streiten: Dies ist wirklich ein Thema über das man viel streiten kann (hat jemand "Wilhelm Tell" im Opernhaus gesehen?). Ich denke, man sollte zwischen Text & Aufführung unterscheiden. Diese beiden Medien funktionieren ganz unterschiedlich. Und das ist keine neue Erkenntnis: Schiller hat die Texte von Goethe bearbeitet, bevor sie auf die Bühne gebracht wurde (dabei hat er vor allem gekürzt, gekürzt, gekürzt). Beiden Klassikern war klar, dass ihre Dramen in der Textform nicht auf der Bühne gespielt werden können, ohne langweilig zu sein. Ein anderes Beispiel für Autoren die die Regisseure geradezu herausfordern mit ihren Texten zu arbeiten ist Elfriede Jelinek (Hat irgendjemanden bei den "Kontrakten des Kaufmans" gestört, dass Otteni nur einen Burchteil der Textvorlage verwendet hat?).
Immer noch Sturm, Nürnberg: warum der Regisseur bemerkenswert ist
@Mathias: Guter Hinweis auf die Jelinek-Aufführung von Otteni: Damals hat er respektlos verkürzt, verschränkt, das Ensemble in Extreme gejagt - und auf ganzer Linie gewonnen. Diesmal beim Handke hat er wieder gekürzt, aber Gottseidank viel, denn was die Schauspieler aus dem verbliebenen Text machen, ist sensationell. Und trotzdem dienen sie dem Autor. Kaum zu glauben, dass der Regisseur bei Jelinek und Handke derselbe ist, er scheint jedem Stück zu geben, was es braucht. Mehr davon
Immer noch Sturm, Nürnberg: klingt nicht nach Stückzertrümmerung
Man ist entsetzt, wenn man hier liest, was "Altmodische" immer noch faseln: Ist das in Nürnberg noch ein Problem, einen Text zu kürzen zur Aufführung, zumal einen so gewaltigen, umfangreichen wie "Immer Noch Sturm?"? In Zeiten, wo Leute wie Stemann nur noch durch Texte durchSURFEN - Ich habe die Nürnberger Aufführung nicht gesehen aber das klingt doch eher nach mutiger, klarer Interpretation als nach Stückzertrümmerung, was Otteni da gemacht hat. Und wenn die Leute danach toben, hatte der Abend ja wohl einen guten Bogen. DAS zählt doch.
Immer noch Sturm, Nürnberg: allzu simple Dialektik
Jetzt mal nicht so arrogant, lieber @Berliner! Natürlich ist es KEIN Problem in Nürnberg einen gekürzten Text zu spielen! Und den ewigen Altmodischen gibts ja sicher in Berlin auch - sonst wäre ja das Berliner Ensemble nicht so voll. Im Gegenteil: Die Nürnberger sind sehr offen und experimentierfreudig in ihrem Theater - sonst hätte Otteni ja nicht so einen Erfolg mit seiner Jelinek-Aufführung haben können. Und auch der Handke-Abend ist nicht nur aufregend sondern: anstrengend, fordernd. Aber gottseidank. Und jetzt lasst die Nürnberger in Ruhe - mit der alten Dialektik von Provinz/Hauptstadt machen Sie es sich zu einfach.
Immer noch Sturm, Nürnberg: trauen sich mal was
@41. Immer mit der Ruhe, lieber Nürnberger, regen se sich ma ab: Selbst der Rezensent schreibt in seiner Nachtkritik vom feigen Umgang mit Handke in der "Provinz" - da trauen sich die Nürnberger mal was, ist doch gut. Daß es gutgegangen ist, scheint ja wohl vor allem an Otteni zu liegen. Also: Alle sind zufrieden - warum so aggressiv ?
Immer noch Sturm, Nürnberg: Handke und Peymann
"Berliner Ensemble" ist dabei eigentlich ein gutes Stichwort (wie ich
finde); immerhin war (!) der Hausherr des BE sehr lange der Uraufführungsregisseur neuer Stücke Peter Handkes (bis, wie es seinerzeit hieß, eine Auseinandersetzung der Herren Handke und Peymann über Michael Hanekes "Das weiße Band" gewissermaßen Anlaß dafür geworden ist, daß das Band zwischen diesen gerissen ist und es so zur Uraufführung durch Gotscheff wie den (viel-) beachteten Nachspielen durch Ciulli und Otteni kam), und ich kann mich noch gut daran erinnern, wie weitläufig darüber geschrieben wurde, daß Claus Peymann zB. "Die Fahrt im Einbaum- das Stück zum Film vom Krieg" geradezu vom Blatt und im schlechten Sinne als "Kunsthandwerk" hat spielen lassen, papiern, dem "großen Meister" ergeben: so hieß es landauf, landab. Und das war nicht das einzige Peter-Handke-Stück, bei dem das so ging ! Insofern ist es geradezu erfrischend, jetzt von beherzten Strichen bzw. Bildfindungen, Übersetzungen zu Handke-Stücken zu lesen, ehrlich, gerade das "Einbaum"-Stück würde ich liebend noch einmal zB. in einer "Marthaler"-Weise sehen (um ein Beispiel zu nennen), ja, noch erfrischender wäre es gewiß, es gäbe demnächst einen "Handke" oder Vergleichbares gleich als Uraufführung in Nürnberg: warum nicht ?
Immerhin hat Peter Handke auch schon einmal die Mannschaftsaufstellung des FC Nürnberg "verdichtet" ("Die Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt"). Daß die Länge von "Und immernoch Sturm" sowieso eigenständigen Regisseurs- und Dramaturgenaufwand erfordert ist das Eine, das Andere ist die Genese dieses Textes über Jahrzehnte hinweg ! Genau mit den Brüdern
der Mutter (siehe den bekannten initialen Traumbrief an die Mutter, in dem Handke als (!) einer der Brüder im Traum erlebt- ein Dissertationstraum) hebt doch die Schreib-Vita Peter Handkes an; es spannt sich da ein weiter Bogen von "Die Hornissen" über "Langsame Heimkehr", "Über die Dörfer", "Abschied des Träumers vom neunten Land" bishin jetzt zu "Und immernoch Sturm"-: daß dies allerlei Raum für verschiedenartigste Gewichtungen, auch für Zitate aus früheren Werken etcpp. ergibt, liegt eigentlich auf der Hand. Man könnte ja sogar -um auf den Streit mit Peymann zurückzu-
kommen- die Sache ein wenig zuspitzen und die Behauptung (möglicherweise auch inszenatorisch erhärtet ?) wagen (wollen), daß
"Und immernoch Sturm" sehr wohl deutlich hervorspüren läßt, daß Hanekes Film geradezu als Denuntiation dessen wirken könnte/müßte, was Handke in "Und immernoch Sturm" leistet.
Ich bin fast erstaunt darüber, nach jenem Streit diesen (für mich naheliegenden) Gedanken nicht ansatzweise vorgefunden zu haben..
Immer noch Sturm, Nürnberg: umstritten
die vergangenheit ist nicht vorüber. handke ist ein umstrittener poet.
politisch. hat er nicht milosevic verteidigt?
Immer noch Sturm, Nürnberg: politisch und/oder poetisch
es ist ja auch die frage, ob der politische handke von dem schriftsteller handke zu unterscheiden ist.
Immer noch Sturm, Nürnberg: starke Regisseure tun dem Dichter gut
@Zarthäuser. Sie sprechen ein gutes Thema an: Warum ist Peymann nicht mehr der Uhraufführungsregisseur Handkes? Zunächst einmal: Das ist Handkes Rettung! Regisseure wie Otteni und Gottscheff, die starke Regiehandschriften haben - und auch sichtbar eigene Fragen an den Handke-Text stellen - tun dem Dichter gut. Otteni etwa läßt mit Thomas Nunner, einen genialen Schauspieler, Handkes "Ich" mit so leisem Spott verkörpern - man sieht, daß er das Serbien-Dilemma mitdenkt: Er läßt ihn auf der Bühne zetern und schwärmen - und wird von seinen toten Verwandten - und der Regie - auch immer wieder ausgelacht und zurechtgewiesen. So wird ein intelligenter Diskurs geführt über das dichterische Ich und das politische, irrende Ich, die nicht voneinander zu trennen sind. Das macht ja die Größe der Nürnberger Aufführung aus - und es ist in Handkes Sinne, das ist alles in seinem Text angelegt.
Und übrigens, Arkadij: Keiner hat je den Streit ums Weiße Band thematisiert, weils ein Mythos von Peymann ist: Handke hat ihm die Uraufführung weggenommen, weil Peymann wohl nie inhaltlich mit ihm über den Text geredet hat, sondern immer nur überlegt hat, mit welchen großen Namen man dieses Stück zu einem Erfolg macht. Glauben Sie Peymann kein Wort!
Immer noch Sturm, Nürnberg: Handke stoppt früher
Wenn Sie den politischen Handke nicht vom poetischen trennen können, dann müssen Sie ganz viele große Autoren in die Tonne treten: Hamsun, Celine etc. Die Diskussion ist dumm, besonders in Zusammenhang, mit diesem Stück: Da läßt Handke die Milosevic-Jahre ja aus. Das Stück endet in den 50er-Jahren. Otteni zieht es zwar mit dem Mädchenchor sehr schlau in die Gegenwart, aber Handke stoppt früher.
Immer noch Sturm, Nürnberg: Hamsun und Celine
knut hamsun wurde ja auch in die tonne getreten bekanntlich, vom norwegischen volk
und öffentlichkeit, und celine ist für mich kein großer autor.
Immer noch Sturm, Nürnberg: leiser Spott reicht nicht
Die Diskussion ist nicht dumm: Einen Autor, der poitisch dermaßen gefährlichen Mist redet, lasse ich doch kein Stück über die Partisanen im 2. Weltkrieg schreiben! Wer das aufführt ist naiv, auch wenn das noch so schön mit "leisem Spott" gespielt sein mag.
Immer noch Sturm, Nürnberg: kritisch sehen
Peter Handke hat also gefährlichen Mist geredet, politisch(wir wissen es ja alle) -
endlich ist es hier ausgesprochen.
In dieser Hinsicht sollte auch sein Stück und die Aufführungen kritisch gesehen werden...
Immer noch Sturm, Nürnberg: Weihnachtsengel flüstert
In dieser Situation, die eine andauernd kriegerische ist(es herrscht immer noch
Sturm), der Weihnachtsengel flüstert: Friede! Friede!
Immer noch Sturm, Nürnberg: Ende der Erbhöfe
@ 51

Wie wollen Sie verhindern, daß eine Autorin/ ein Autor , der x tut oder getan hat (sagen wir zudem auch, angesichts des konkreten Anlasses, getan haben soll - Handke hat Milosevic, soweit ich es überblicke, nicht verteidigt, er hat sich als "Umwegzeuge" versucht, hat viele kritische Striche zB. zur Berichterstattung und zur Teilung "Jugoslawiens" verfaßt, hat eine Beerdigung besucht -Letzteres mißfiel auch mir- etcpp., aber never ever Milosevic verteidigt !!), ein Stück über y schreibt ? Klingt übel- Ihre Formulierung : Hände festbinden, einsperren, oder wie ?!
Auch ist dies keineswegs "nur" ein Stück über "Partisanen im zweiten Weltkrieg", wie Sie es schreiben, möglicherweise hilft Ihnen dabei der Blick auf die Nachtkritiken bzw. Pressespiegel zu den Inszenierungen von "Und immernoch Sturm" in Hamburg/Salzburg (Gotscheff), Mülheim (Ciulii) und Nürnberg (Otteni) -all diese: Naive ???- , die Stückvorstellung im TheaterHeute-Jahrbuch 2011 von Joachim Lux,
die Inszenierungsbesprechungen in der TheaterHeute des laufenden Monats, nicht zuletzt der Blick auf die Begründungen zur Vergabe des Mülheimer Dramatikerpreises 2012
an Peter Handke- müßten wir nicht eigentlich dort Ihre Fragen diskutieren, im Thread zur Vergabe des Mülheimer Dramatikerpreises (jedenfalls fällt auf, daß Sie sich jetzt erst melden, wobei das Stück andernorts schon viel länger läuft)?.

@ 52

Wäre ja schön, Sie fingen damit an, hier Beispiele einer solchen kritischen Würdigung beizusteuern, oder wollten Sie nur ein wenig ironisch sein ?

@ R. Bienert

Vielen Dank für Ihre Konkretisierung(en) sowohl unter @ Zarthäuser wie unter
@ Arkadij !
Ich will mich kurz fassen, ein längerer Text als Antwort auf Ihren § 48 ist mir gerade abgestürzt, ja: Auch ich glaube, daß es gut gewesen ist, daß es zu Inszenierungen gekommen ist, die nicht der angestammte "Uraufführungsregisseur" besorgt hat, und
das sollte, denke ich, auch in anderen Fällen im Laufe der Zeit maniriert wirkender
Autor-Uraufführungsregisseurs-Erbhöfe Schule machen.
Was den Komplex zu "Das weiße Band" angeht, wird natürlich aus meinen obigen Andeutungen einigermaßen leicht ersichtlich sein, daß ich jetzt nicht einfach hinter Claus Peymann zurücktreten kann (von ihm auf eine "falsche Fährte" gesetzt); es spielt für mich eine untergeordnete Rolle, ob das eine Legende ist oder nicht.
Spannender ist schon, was man sich von so einer Legende denn versprechen könnte. Wenn Herr Peymann sich als glühender Haneke-Filmfan outet, wobei es vielleicht nur um den Unwillen sich dreht, sich auf Peter Handkes "Und immernoch Sturm" einzulassen, dann ist zwar "Substitution" nicht zwingend (also, daß Peymann Handke ähnlich ignoriert wie Haneke möglicherweise all das filmisch wegoperiert, wo bei Peter Handke das Erzählen ansetzt und gerade bezüglich eines solchen dörflichen Settings wie auch in "Und immernoch Sturm" lediglich auf Zwangsmechanismen focussiert und meineserachtens dem Publikum sensationalistisch gefärbte Abstandnahme von zunächst nur angeblich Vergangenem leicht macht), aber immerhin: mir kam in etwa ein solcher Gedanke.
Freilich muß ich bei der Gegenüberstellung des Handke-Stücks und des Haneke-Films keineswegs über die 1950er-Jahre hinaus gehen.
Sollte ich irgendwann eine eigene Seite bewerkstelligen, werde ich ganz sicher, zB. anläßlich des 70. Geburtstages Peter Handkes am 6.12.2012, auf diese Gegenüberstellung zurückkommen, denn auf diese kam es mir an, nicht auf Herrn Peymanns Strategien und Glaubwürdigkeiten bei der Selbstdarstellung. Ich kann mir aus der Lektüre diverser Schriften Peter Handkes jedenfalls sehr wohl vorstellen, daß die Art und Weise der Hanekeschen Focussierung, seine "Kardinal-Filmerart" (wie ich das nenne), gerade bezogen auf dieses dörfliche Sujet !, dem Dichter sauer aufgestoßen sein dürfte,
will mich hier allerdings auch nicht hinter Handke verstecken und zu einem Haneke-Thread abdriften- zumal mir nichts ferner liegt, als die Köpfe vermeintlicher Autoritäten hier gegeneinander auszuspielen (wie es leider hierzulande nur allzu üblich ist und zB. von Handke in "Nachmittag des Schriftstellers" scharf kritisiert wird), bevor ich mir sowohl auf den Film als auch auf den Thalia-Handke zweite Blicke gegönnt habe und eigene Formulierungen gefunden; insofern nur kurz: ich mag den Film halt selbst nicht- und befinde mich da durchaus in einer Minderheit, die freilich (noch) keine slowenische ist.
Immer noch Sturm, Nürnberg: Thread Dramatikerpreis
(Fortsetzung)

Was also die "politisch" motivierte Handkekritik angeht, die sich hier andeutet, schlage ich ernsthaft vor, das dort zu diskutieren, wo es meineserachtens besser hingehört, in den Thread zur Vergabe des "Mülheimer Dramatikerpreises 2012", etwa unter der Fragestellung "Lauter Naive in Mülheim- ein Preis-Vergabeskandal ??"

Und zuletzt hinzusetzen: Wenn Autorinnen und Autoren nicht zu NACHNAMENUNGETÜMEN verkommen, über die jede und jeder im Federstreich
zu verfügen können vermeint, sondern uns immmer wieder spüren lassen, daß wir uns geradezu herausgefordert sehen durch sie, nicht nur "JELINEKGRASSHANDKE"
zu sagen, sondern immer wieder "Elfriede", "Günther", "Peter" hinzu, gerne auch "Biljana" im entsprechenden Fall, dann sollten wir uns eigentlich glücklich schätzen, und wo nicht glücklich, ein wenig glücklicher jedenfalls..
Immer noch Sturm, Nürnberg: Freude
sie legen sich ja mächtig ins zeug herr arkadij zarthäuser
jelinek-krass-handke
peter hält übrigens nichts von den "glücklichen"
er schwört auf die freude
Immer noch Sturm, Nürnberg: das hebt ab
Das hebt hier jetzt ein bißchen ab. Fassen wir zusammen: Peter Handke hat schon mal großen Mist geredet und jetzt ein tolles Stück geschrieben. In Nürnberg wurde es sehr schön aufgeführt.
Immer noch Sturm, Nürnberg: puristisch, schwarz-weiß
@ 54. 55. Lieber Herr Zarthäuser,
das ist wirklich interessant, was Sie schreiben: Ich bin aber nicht Ihrer Meinung, nicht nur, was das Weiße Band betrifft. ich glaube ja auch, wenn ich die strenge, stilisierte und doch so lebendige Aufführung vom "Sturm" in Nürnberg sehe, dass das Regieteam durchaus Bewunderer vom Weißen Band sein könnte - der Blütenzweig, das angedeutete Backsteinhaus, das ist ästhetisch sehr gelungen, aber eben puristisch, schwarz-weiß. Trauen Sie dem Peter Handke ruhig mal eine größere ästhetische Bandbreite zu. Er läßt solche respektlosen Auführungen wie die Nürnberger allemal geschehen. So ganz eng kann er nicht sein.
Immer noch Sturm, Nürnberg: viele Stimmen des Theaters
Wir reden hier immer noch über einen Theaterabend. Der besteht aus viele Stimmen: Regie, Bühne, Schauspieler. Der Text ist das eine, das andere ist, was diese wunderbaren direkten Schauspieler daraus machen: Ein Fest
Immer noch Sturm, Nürnberg: für beherzte Interpretationen
@ Uwe

"Mächtig ins Zeug !" ? Spotten Sie nur, Herr Uwe ! Die Neigung der einen oder anderen "Handkeleserin", des einen oder anderen "Handke-
lesers" geradezu eifersüchtig ihren/seinen "Handke" ins Feld zu führen, kann in der Tat hin und wieder stutzig machen ("An ihren Früchten ..."), mir ist hier nun wirklich nicht nach einem "Handke-Meistersingerdiskurs zu Nürnberg" zumute. Wer die Formulierung "glücklich/glücklicher schätzen" wählt, verpflichtet sich doch keineswegs auf irgendeine Spielart von Utilitarismus und/oder outet sich als Glückssucher, Glücksapostel, Glücksjäger oder nicht zuletzt Glücksspieler. Ich verwende "Wir sollten"-Sätze sehr selten, aber ganz sicher nicht eben mit Freude/freuen: Wir sollten uns freuen ! Nein, ich sprach von politischer Vernutzung bzw. Besetzung von Künstlern und Kunst und von deren Widerständigkeit, deren Fähigkeit, immer wieder auch zu überraschen, muß mir auch nicht jede einzelne Überraschung gefallen, gar Freude bereiten. Dieses "Politische", zB. Künstler wie eine Monstranz für eigene politische Absichten ins Feld zu führen (ein Vorwurf an Peter Handke war ja, es dem "Milosevicclan" nur allzuleicht gemacht zu haben, genau dieses zu tun), ist nun wirklich nicht "Nunc stans" oder "Gegenstand" der Freude, und "glücklich schätzen" sicher sprachlich etwas Anderes als "glücklich sein", ich meinte schon "glücklich schätzen" als ich das schrieb, und ich schrieb es auch nicht als "Stellvertreter" Handkes oder so, auch wenn ich nicht glauben kann, daß Peter Handke jetzt jedwede Verwendung von "glücklich" aus dem Sprachschatz verbannt haben möchte. Ich begrüßte hier ausdrücklich beherzte Interpretationen von Texten Peter Handkes, und die Diskussion drehte sich ja hauptsächlich um die Striche der Nürnberger Inszenierung (die ich nicht sah übrigens), Peter Handke dagegen hat in einem Interview mit Peter Stephan Jungk (WELT, 23.10.2010 "Immer noch Sturm" ist Handkes persönlichstes Stück) auf die Frage, ob es ihn (Handke) nicht ein wenig Sorgen bereite, daß nun nicht Peymann sondern Gotscheff die Uraufführung (Salzburg) bestreite, anders geantwortet. Jungk schreibt: "Handke ist zuversichtlich:"Ich hoffe allerdings, daß nicht viel gestrichen wird. Schön wäre es, wenn das Stück über viele Stunden ginge. Ähnlich wie 1982 Wim Wenders Inszenierung von "Über die Dörfer", in der Salzburger Felsenreitschule, die fünf Stunden andauerte. Das gefiele mir: beinahe ein ganzer Tag "Immer noch Sturm". Aber das Stück hätte natürlich ans Wiener Burgtheater gehört nicht unbedingt auf die Perner Insel in Hallein."
Freude verbindet sich bei mir immer wieder mit dem Lesen von Handke-Werken (gerade beschäftige ich mich wieder mit den drei Versuchen 1989-1991), und ich schätze mich glücklich, ihn für mich recht zeitig entdeckt zu haben (was mich natürlich nicht verpflichtet, überall seiner Meinung zu sein !), stehe aber weiterhin durchaus zu begründeten Strichfassungen oder eben "Marthalereien". Es wäre zB. ein Leichtes gewesen, der "Medienkritik" Peter Handkes aus den "Jugoslawienbüchern" marthalernd etwas von Biljana Srbljanovic unterzujubeln (siehe TdZ
"Fünf Jahre danach"), obschon in der öffentlichen Wahrnehmung und anhand von allerlei Eigenaussagen die Akteure Srbljanovic/Handke gegeneinander standen, an soetwas denke ich ungefähr.

@ Slowenische Minderheit

Na klar können die Nürnberger glühende Verehrer des Haneke-Streifens sein und ein Handke-Stück inszenieren. Ich mochte seinerzeit ja auch sowohl Biljana Srbljanovics Stücke "Belgrader Trilogie" und "Familiengeschichten Belgrad", was mich nicht hinderte, mit Freude immer wieder zu den diversen Jugoslawienbüchern Peter Handkes zu greifen. In Peter Handkes Werk ist nun wirklich eine große Bandbreite an von ihm selbst thematisierten künstlerischen Entwürfen, er hat vielen anderen künstlern in seinem Werk einen Platz eingeräumt, viele ihn entgegengehen lassen sozusagen, so daß es wohl lächerlich wäre, anzunehmen, daß Handke seine Entscheidung, ob er sein Stück zur Inszenierung in XYZ freigibt, davon abhängig macht (in Abwandlung der Gretchenfrage) wie der jeweilige Regisseur es mit Haneke hält.
Dergleichen möchte ich hier nicht angedeutet haben..
Immer noch Sturm, Nürnberg: Vorfreude
@ Zarthäuser:
Ich teile Ihre Meinung, daß man sowohl die eine künstlerische Position wie auch die scheinbar entegegengesetze inspirierend aufnehmen kann - sonst wäre ja die Kunst genauso voller Dogmen wie die Politik.
Wenn Sie sich mit den drei "Versuchen" von Handke beschäftigen, wird es Sie interessieren, Herr Zarthäuser, daß Otteni am Theater Karlsuhe demnächst Handkes "Versuch über die Müdigkeit" zu einem Theaterabend verarbeitet. Wir haben seine Nürnberger Arbeit gesehen und freuen und jetzt schon.
Immer noch Sturm, Nürnberg: Glück
peter handke zu gero von boehm: glück interessiert mich nicht, weil, es ist einfach
ein einsilbiges wort, - glück ist einfach nicht schön - freude - freude geht immer
zu anderen - glück ist man halt - ein glücks - ein glücksklumpen ist man, so wie im
märchen - glück ist sehr - egoistisch, nicht, und nervt auch die andern - unglückliche leute machen mich - wecken mich eher, - meine sinne mehr - also meine
gedanken auch mehr als wenn irgendeiner mit seinem glück herumprotzt - -

jetzt hat er aber doch glück gehabt beim preisgewinn, könnte man sagen...
Immer noch Sturm, Nürnberg: der Dritte
@ uwe

"Und merk Dir: Sau haben heißt bei uns: Glück haben, und auf die
Saualp gehen heißt bei uns: glückselig gehen, ohne Bleifüße gehen."
(ich habe versucht, mir diesen Text, "Und immernoch Sturm" (Seite
12, unten), bis zum jetzigen Eintrag zu merken, so oder ähnlich heißt es im Stück- klar, Sie können jetzt allemal entgegnen zB., wie der Erzähler von "Nachmittag eines Schriftstellers" (1987) gerade seine schweren Schuhe lobpreist, die ihm das Zuschnellgehen
verwehren...). Aber, vielen Dank für den Hinweis auf das Interview,
das sich übrigens auf youtube anschauen und anhören läßt. Sätze (ähnlich, siehe "Merkproblem" oben)wie
"Das ist jetzt aber etwas unanständig, oder ?, aber ist ja fürs Fernsehen !" (etwa um die 24.Minute des 42 minütigen Interviews)
sind wahrlich eine Rarität.

@ Karlsruherin

Das klingt irgendwie dann nach einem Termin, den ich in Karlsruhe werde wahrnehmen "müssen". Alles sieht ja so aus, daß es dem Regisseur ernst mit Peter Handke ist (in Karlsruhe soll der "Versuch über die Müdigkeit" auf "Die Müdigkeitsgesellschaft" treffen); möglicherweise wird er hier keine "Strichfassung" ins Auge nehmen, sondern in der Tat "Handkesche Zeitmaße" strapazieren
(wie es ein vielstündiger Abend zu "Und immernoch Sturm" gewiß kann), der Versuchsschrift ein situatives Gegenspiel zukommen lassend. Vielleicht ist Otteni so ein "Dritter", der gekommen ist zu denken, zu bedenken statt zu gedenken und heraufzubeschwören wie es anfänglich in "Und immernoch Sturm" heißt -aus der Kieler Ferne entsteht immerhin dieser (positiv besetzte) "Anfangsverdacht" gegenüber dem Regisseur..
Immer noch Sturm, Nürnberg: erschüttert
Nach Besuch des Handke-Gastspiels am DT habe ich jetzt beide große Inszenierungen gesehen und kann nur sagen: Die Version von "Immer Noch Sturm" des Thalia-Theaters ist in schöner Abend, aber berührt und erschüttert ist man nur von der Nürnberger Aufführung.
Immer noch Sturm, Nürnberg: ein großer Abend
Selten hat uns ein Theaterabend nach Ende der Vorstellung so beschäftigt wie Immer Noch Sturm. Danke für diesen großen Abend!
Immer noch Sturm, Nürnberg: Dank
Eine großartige, authentische Inszenierung, die unter die Haut geht, mit seit der Premiere andauernder Wirkung. Danke an das gesamte Team.
Eine Heimatlose
Immer noch Sturm, Nürnberg: Blickwinkel-Vorschlag
Von dort her Peter Handke und sein Stück Immer noch Sturm betrachten:
Heimatlosigkeit.
Immer noch Sturm, Nürnberg: undramatischer Text
Die Begeisterung, die dieser Text auszulösen scheint, entzieht sich mir: Nachdem ich den Abend jetzt selbst gesehen habe, finde ich es vor allem eine Frechheit, diesen Text als STÜCK zu bezeichnen! Meine Bekannten und ich waren uns einig: So ein undramatischer Text ist nicht zumutbar für die Bühne. Warum bringt ein Theater das auf der großen Bühne? Warum tut man Zuschauern das an? Stundenlang leere Bühne mit Menschen die nur reden?!
Immer noch Sturm, Nürnberg: welcher Wunsch?
liebe birgit! was wünschst du dir denn?
Immer noch Sturm, Nürnberg: kein Stück?
Wie kann man denn bei so einem Abend ernsthaft darüer meckern, dass der Text "kein Stück" ist? Es wird von Schicksalen erzählt, es werden urmenschliche Gefühle angerührt: Wer da mit alten Maßstäben mißt, dem ist nicht zu helfen. Wem der Text zu spröde ist, der soll sich an die unglaublich vitalen Nürnberger Schauspieler halten.
Immer noch Sturm, Nürnberg: an wen soll man sich halten?
warum soll man sich an schauspieler halten, an regisseure, dramaturgen
wenn es um einen text geht
Immer noch Sturm, Nürnberg: ureigenste Qualität
@ Birgit und Uwe: Das Theater ist ein Ort, wo Geschichten erzählt werden. Von Schauspielern auf die Bühne gebracht, mit Regisseuren entwickelt und von Dramaturgen begleitet. Wenn es Ihnen nur um den Text geht, dann lesen sie. Wenn sie eine leere Bühne nicht ertragen und Ihnen die Worte und Atmosphären, die Gefühle der Schauspieler und die Zeichen in der Ausstattung, keine Räume und und Welten voller Bilder öffnen, dann schauen sie fern. Hier die ureigensten Qualitäten des Theaters zu kritisieren disqualifiziert.
Immer noch Sturm, Nürnberg: Kluft Identitäten
@ Heimatloser:
Und tut es die Sonne auch? Vielleicht, aber würden wir uns dann mit der Frage der Heimat überhaupt beschäftigen? Entscheidend ist die Kluft zwischen der sozialen und der personalen Identität. Je größer und vielschichtiger, desto größer und schmerzhafter die Distanz zur Gemeinschaft, die man Heimat nennen muss oder will, die sich aber als Fremde entpuppt.
Wollten uns Handke und die Regie das sagen? Und betonen, welch zentrale Rolle in dieser Situation die Sprache spielt?
Im Nürnberger Fall fordert die geniale Umsetzung jeden Zuschauer heraus. Und berührt den offenen Zuschauer – so wie sich Handke auch seinen Leser vorstellt: als etwas Energetisches!
Viele Grüße an alle, die ebenfalls die Bezeichnung Bleibe vorziehen, und alle anderen.
Immer noch Sturm, Nürnberg: Die Bleibe liegt in der Spache
Liebe Heimatlose,
auch wenn ich in NÜrnberg meine scheinbae Heimat habe, ziehe ich auch das Wort Bleibe vor - und finde, die Stelle spielt der Schauspieler des Großvaters besonders gut. Aber vielleicht wollte der Regisseur ja sagen: Die Heimat, die Bleibe liegt vor allem in der Sprache: Denn das Slowenisch spielt ja im Nürnberger Abend doch eine große Rolle, und wird von allen auf der Bühne mit einer Begeisterung und Liebe gesprochen, daß es eine Freude ist
Immer noch Sturm, Nürnberg: Was André Müller erlebte
... wo Handke Gäste, die sich zu uns setzen wollten, mit bösem Blick vertrieb.
Wir tranken Bier...
Die mir schon vertrauten Beleidigungen, die der Dichter gegen mich ausstieß, verletzten mich nicht. Zwar rief er, als ich ihn bat, etwas lauter zu sprechen:
"Lecken Sie mich am Arsch!" -
auch die Behauptung, ich würde "Nur Blödsinn" reden, mußte ich wieder hören...
O.F. aus Hannover zeigte sich überrascht über so viel Arroganz und künstlerische Selbstverliebtheit.
Eine Frau M. aus Würzburg fragte: "Wozu die seitenlange Publizierung von Dummheit?"
Frau Wilde aus Berlin konstatierte ein "schrilles, mißtönendes Kläffen".
Aus Tübingen kam anonym ein Paket. Der Inhalt:
Ein Haufen säuberlich in Zeitungspapier gewickelte Scheiße.

Andre Müller, Interview mit Peter Handke 1988
Immer noch Sturm, Nürnberg: hält es Handke mit den Verlierern?
Ich glaube, Handke liebt es der böse Bube zu sein, der provozierende polternde
Außenseiter. Und die Leute tun ihm immer wieder den Gefallen und nehmen das ernst. Auch beim Thema Serbien. Dabei muß man sich nur einmal den Dialog durchlesen - oder ansehen - wo sich das Handke-Ich in "Immer Noch Sturm" mit seiner toten Mutter unterhält: Ein schüchterner, Fußball guckender Sohn, der zaghaft antwortet. Und auch im Fußball gilt für ihn: "Ich halte es mit den Verlierern."
Immer noch Sturm, Nürnberg: Gewinner, der es mit Verlierern hält
Handke hält es vielleicht mit den Verlierern, aber er gewinnt: Glückwunsch zum Theaterpreis 2012 an das ImmerNochSturm-Team! Ich schau es mir nochmal an.
Immer noch Sturm, Nürnberg: durchsichtig und sentimental
Wie bitte? Ich war letzte Woche in "Immer noch Sturm" und hatte mich gefreut auf eine Inszenierung, die hier so gelobt wird. Eine durchsichtige und sentimentale Inszenierung, die oberflächliche Gefühle ansprechen will, aber mich nicht im Geringsten berührt hat, garniert mit pubertierenden jungen Mädchen. Und bekommt jetzt auch noch einen Preis? Na Glückwunsch.
Immer noch Sturm, Nürnberg: Qualität durch Sprödigkeit
@Sattler
Im Gegenteil, der Preis ist voll gerechtfertigt: Schon lange gab es in Nürnberg keine Vorstellung mehr, die so reinfährt. Die Qualität besteht ja gerade darin, daß der Abend so spröde daherkommt und nicht nach Gefühlen fischt. Wenn Sie nicht angesprochen werden, liegts ja vielleicht an Ihren Gefühlen...
Immer noch Sturm, Nürnberg: böse Buben und Madeln
76.
der böse böse bube peter (schwarzer peter doch nicht) handke
lauter böse buben und madeln aus dem österreichischn:
bernhard und jelinek. und die unbekannten.
wie sich die alle auf-führen!
So ein theater!
Immer noch Sturm, Nürnberg: Ball flach halten
Ich habe eine gute Empfindungsfähigkeit und kann Äußerliches von Wahrhaftigem sehr wohl unterscheiden. Der Abend ist äußerlich und sentimental. Hinzu kommt, dass die Einfälle der Regie stark an die Wiener Inszenierung erinnern. Die Idee der einstürzenden Wand zum Beispiel ist komplett abgeguckt wie auch andere Punkte. Ich würde den Ball in Nürnberg mal ganz flach halten, was "Immer noch Sturm" angeht.
Immer noch Sturm, Nürnberg: bitte nicht lügen
@sattler
Die Aufführung in Nürnberg ist vielleicht nicht nach Ihrem Geschmack, Herr Sattler, aber ich finde, Sie könnten trotzdem bei der Wahrheit bleiben, allein für die, die das hier lesen und den Abend nicht gesehen haben: Ästhetisch ist das, was die Nürnbergr machen weit von der Salzburger Aufführung entfernt (Sie schreiben "Wiener Inszenierung" - es gibt keine Wiener Inszenierung von diesem Stück, da fängts schon mal an): In Salzburg/Hamburg rieseln vier Stunden lang grüne Schnipsel von der Decke (ein Mittel, das die Bühnenbildnerin übrigens schon ca dreimal eingesetzt hat) - in Nürnberg geht mit Drehscheibe, Erde und Ziegelsteinen eine ganze Welt unter, sehr sparsam und klug gemacht. Wo haben Sie das schon gesehen? Hier zu lügen ist einfach, wenn man keine wirklichen Argumente hat.
Immer noch Sturm, Nürnberg: mit dem Teufel im Bunde?
In einem Artikel der WELT ist folgendes zu lesen:
(...) "Bernhard wurde jetzt bei jeder Gelegenheit beschimpft, was dieser mache, sei
"keine Literatur", seine Tiraden seien "Nichts", moserte Handke, Bernhards Bücher seien "sträfliche Machwerke", die er nur verachten könne. Die üble Nachrede gipfelte 2OO6 in der These, dass Bernhard "seine Schreiberseele dem Teufel verschrieben" habe.

Also Genie, Dämonie und große Erfolge - sind sie nicht alle mit dem Teufel im Bunde?
Immer noch Sturm, Nürnberg: rote und weiße Ziegel
Herr Sattler hat insofern Recht, dass in Salzburg statt roten Ziegeln weiße verwendet wurden und diese von vornherein in Auflösung begriffen waren. Aber wer sich so aufregt wie Sie "Herr Robert", muss sich schon sehr dicht an der Produktion befinden :-)
Immer noch Sturm, Nürnberg: Blätterschnipsel, nicht Ziegel?
Auf die Gefahr hin, daß die Diskussion jetzt völlig absurd wird, und auch ich der "zu großen Nähe" bezichtigt werde: Ich habe die Salzburger Produktion von "Immer Noch Sturm" zweimal gesehen, einmal in Salzburg, einmal in Hamburg: Keine Ziegel weit und breit. Grüne Blätter, die von der Decke fielen und eine Gruppe Musiker auf der Hinterbühne, das war alles.
Immer noch Sturm, Nürnberg: aber ja, textgewaltig
hallo peter!
handkes stück i s t textgewaltig!
der dichterische überton, für den man handke ja auch leidenschaftlich leiden kann.
ein text, der kreist und schwebt und trotzdem sicher trifft...
peter handke als aufgewühlter, verunsicherter, zweifelnder, fragender und suchender - -
Immer noch Sturm, Nürnberg: Als Heimatvertriebener
Als jemand, der aus seinieseer Heimat und seiner Sprache vertrieben wurde, kann ich sagen: Die Mischung aus Wehmut, dem Beharren auf Bleibe und Sprache, und dem nationalistisch scheinenden Trotz, der wieder umschlägt in Verunsicherung und Trauer, hat Handke in dm Text sehr genau getroffen. Dafür kann ich ihm nicht genug danken.
Das auf einer Bühne so drastisch und schonungslos verhandelt zu sehen, überstieg meine kühnsten Erwartungen, die ich hatte, als ich das Theater betrat. Und mir erschienen die Figuren der Nürnberger Schauspieler auch vor allem als ein Grüppchen Verlorener, die mit Wut und Humor dem Verlust der Heimat trotzen.
Daß dann angesichts der Wucht dieser Aufführung hier über die Farbe von Ziegelsteinen diskutiert wird ist albern und ein bißchen traurig.
Immer noch Sturm, Nürnberg: Juroren geirrt?
Der Preis ist hochverdient. Das ist wirklich um Klassen besser als das, was man in Nürnberg sonst sieht. Die Diskussion hier ist absurd. Wenn Handke den Mülheimer Dramatikerpreis bekommen hat, den Nestroy-Preis und jetzt noch die Produktion den Preis in Nürnberg: Haben sich da die Juroren alle geirrt?
Immer noch Sturm, Nürnberg: hilft nichts!
Daß der Handke für Immer Noch Sturm überhaupt einen THEATERpreis kriegt ist schon ein Skandal: Der Text ist KEIN Stück! Das ist ein fortlaufener Prosatext. Und auch wenn der Regisseur in Nürnberg den Text auf verschiedene Figuren verteilt hat, es hilft nichts. Die Schauspieler haben schon einen Preis verdient, dafür, daß sie dieses unspielbare Zeugs so lebendig machen, aber wenn Handke zu faul ist, richtige Stücke zu schreiben, sollte man ihn nicht auch noch mit Preisen dafür belohnen
Immer noch Sturm, Nürnberg: Volkslied?
Wie heißt das (bayerische Volkslied?) das kurz vorm Ende von Chor und Schauspielern gesungen wird?
Immer noch Sturm, Nürnberg: Radl der Zeit
@Chris
Das Lied am Ende des Stücks heißt "Das Radl der Zeit" und ist von der Kärntnerin Gretl Komposch (ehem.Leiterin des "Grenzlandchor Arnoldstein")
Immer noch Sturm, Nürnberg: beschenkt
Wir haben die letzte Vorstellung der Spielzeit erwischt und fühlen uns beschenkt. Danke für diesen schlichten und berührenden Abend.

B. und M. Werner
Immer noch Sturm, Nürnberg: endlich vorbei
Bei mir war`s anders: ich war froh, als es endlich vorbei war. Warum dauert so ein Abend so lange?
Immer noch Sturm, Nürnberg: immer so anstrengend
...und warum schreibt Shakespeare immer so lange Stücke? Und Göthe? Und überhaupt, warum ist Kunst immer so anstrengend? Lieber Herr und Frau Uff: Man kann sich vorher informieren, daß ein Handke-Abend nix für einen ist, wenn man auf 90-Minüter steht. In Nürnberg läuft auch noch "Ladies Night", das Stripper-Stück, das ist lustiger. Oder "Woyzeck", das ist kürzer, und auch nackt: das wär doch was für Sie.
Immer noch Sturm, Nürnberg: raunt nicht so
Ja, die langen Abende...
Es muss ja nicht alles so lang sein wie Unendlicher Spaß in Berlin. Letzlich ist es ja eh subjektiv, was man als lang oder zu lang empfindet. Ich fand wie viele andere den Gotscheff-Sturm am Thalia zu lang, den in Nürnberg nicht. Warum? Keine Ahnung. Vielleicht, weil die Nürnberger Aufführung handfester ist, nicht so raunt.
Immer noch Sturm, Nürnberg: Marie Colbin über Peter Handke
Marie Colbin beschreibt Peter Handke in einem offenen Brief als gewalttätig und selbstverliebt: "Ich höre noch meinen Kopf auf den Steinboden knallen. Ich spüre noch den Bergschuh im Unterleib und auch die Faust im Gesicht".
Im Magazin "Format": "Solange es Männer gibt auf dieser Welt - Männer wie Dich -
einäugig, unnachgiebig, machthungrig und Ego-breit - wird es auch Waffen geben und somit Kriege."
Also eine Abrechnung. Aus einem Trennungsstreit.
"Wer bist du denn, daß Du Dich so wichtig nimmst? Bist weder groß, noch edel oder gar bescheiden und aufrichtig. Ein eitler Schreiber bist Du, der sich sonnt in der Rolle des "einsamen Rufers"".
"Irgendwie wirst Du diesem Krieg dankbar sein, denn er befriedigt auf perverse Weise Dein unstillbares Verlangen nach öffentlicher Anerkennung."

Marie Colbin bestätigt nur die Ahnung und den Verdacht, dass Handke weder groß ist, noch edel, bescheiden und aufrichtig.
Er ist unaufrichtig in seinen Werken. Man hört es an seinem "falschen Ton". . .
Immer noch Sturm, Nürnberg: die zuverlässigen "Großen"
Man muss doch immer wieder auf die "Großen" zurückgreifen:

LEBEN heißt - dunkler Gewalten
Spuk bekämpfen in sich.
D i c h t e n - Gerichtstag halten
über sein eigenes Ich.
(Ibsen, Ein Vers, Gedichte)
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