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Offener Brief des Wuppertaler Schauspielensembles

Solidarisieren Sie sich!

15. Oktober 2012. Das Schauspielensemble des Wuppertaler Bühnen hat sich in einem offenen Brief an sein Publikum gewandt und zur Solidarisierung mit dem von einer weiteren Kürzungswelle betroffenen Sprechtheater der Stadt aufgefordert. Der Brief macht die Folgen der neuerlichen Sparmaßnahmen konkret und fordert deren Rücknahme. Nach Angaben des Ensemblemitglieds Anne-Catherine Studer wird der Brief von nun an nach jeder Vorstellung des Schauspiels verlesen.

(wb)

 

Der Brief des Ensembles im Wortlaut:

Liebes Publikum der Wuppertaler Bühnen.

Das Theater ist in Not.

Ab nächster Spielzeit werden den Wuppertaler Bühnen zwei Millionen Euro gestrichen. Trotz aller Bemühungen im Jahr 2010 (Welttheatertag, 24-Stunden-Theatertag, etc.) die Etatkürzungen abzuwenden, werden sie nun Realität. Das bedeutet konkret die Halbierung des Schauspielensembles und den Verlust der kleinen Spielstätte. In allen Abteilungen des Hauses wurden bereits Nicht-Verlängerungen der Verträge ausgesprochen. Ein großer Stellenabbau ist zu befürchten.

Der Spielplan 2013/14 wird auf nur vier Stücke reduziert.

Stellt das nicht bereits die Abwicklung der Schauspielsparte dar?

1967: 40 Schauspieler
1996: 30 Schauspieler
2009: 14 Schauspieler
und ab der kommenden Spielzeit 2013 werden es nur noch sieben Schauspieler sein.

Unter diesen dramatischen Umständen sind Qualität und kreative Vielfalt zwangsläufig in großer Gefahr.

Wir, das Wuppertaler Schauspielensemble, wollen weiterhin streitbare Kunst machen, die sich unabhängig von ihren Geldgebern kritisch mit ihrer Zeit auseinandersetzt. Eine Politik, die sich ein kritisches Sprechtheater nicht mehr leisten will, bringt ihre Bürger um die Möglichkeit einer ernsthaften Auseinandersetzung mit der Gegenwart und attestiert dieser Stadt ein kulturelles Armutszeugnis.

Wir fordern die Rücknahme der Sparmaßnahmen, die Erhaltung des Schauspiel- und Opernensembles, der Theaterpädagogik sowie aller technischen und künstlerischen Werkstätten in der jetzigen Größe, den Erhalt des Schauspielhauses und eine Ausweichspielstätte für die nächste Spielzeit.

Die Hälfte aller Darsteller, die Sie in dieser Spielzeit auf der Bühne sehen, wird in der nächsten Saison nicht mehr für Sie spielen, und den neuen Kollegen, die jetzt ihren Einstand auf der Wuppertaler Bühne feiern, droht jetzt schon die Abschaffung ihres Arbeitsplatzes. Solidarisieren Sie sich mit uns für den Erhalt des Wuppertaler Schauspiels. Der kulturelle, vielfältige Reichtum dieser Stadt muss erhalten bleiben. Und das traditionsreiche Sprechtheater gehört hierhin.

 

Nahezu zeitgleich hat sich auch der ehemalige Kölner und Bremer Intendant Klaus Pierwoß in einem Offenen Brief an den Wuppertaler Kulturdezernenten gewandt.

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Kommentare  
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Dafür, daß jetzt, nachdem Wuppertal zwei Jahre lang immer wieder gute Akzente zu setzen vermochte (trotz der bedrohlichen Lage), genau so abgewickelt wird wie einst geplant , bin ich seinerzeit nicht "mitmarschiert", soviel steht für mich fest. Was tun ? Ich denke, daß es mindestens wieder eine Online-Petition geben sollte, die den Piervoß-Vorstoß mit dem offenen Brief zu bündeln weiß. Warum muß die Lage für den Protest jetzt eigentlich unbedingt schlechter sein als vor zwei Jahren ?? So hört es sich für mich jedoch nachhaltig an (aus der Ferne)..
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ich hätte eine kleine nachfrage: wieviele stellen wurden in den oben genannten jahren in den anderen gewerken abgebaut/aufgebaut? gibt es auch eine aufstellung davon?
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Das ist natürlich sehr traurig und erschütternd. Ich stand 1976 mit 10 Jahren selber dort das erste Mal auf der Bühne. Aber ändern könnten das nur die Wuppertaler, wenn sie in Massen als Publikum in ihr Theater zögen. Das haben sie jedoch seit vielen Jahren kaum getan und wenn eine Bevölkerung ihr Theater zu wenig besucht, wird es geschlossen. Und das sollte man auch tun, anstatt ein Miniensemble unter miesen Bedingungen weiterkrepeln zu lassen.
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