Fremdheitserfahrung ohne Exotisierung

von Günther Heeg

Hildesheim, 16. Januar 2013.

These 1

Das deutsche Stadttheater nährt sich vom Phantasma der Nationalkultur

Das deutsche Stadttheater ist ein Mythos. Aber es ist ein Mythos, der sich auch in seiner Verfallsphase immer noch gespenstisch am Leben erhält. Seine Energien bezieht er vom Phantasma der Nationalkultur. Damit ist nicht die Beschränkung auf nationale Themen und Stoffe gemeint. Sondern eine bestimmte Anordnung der einzelnen Theaterelemente Drama, Sprache, Körper, Gestik, Bewegung usw., die einen symbolischen Raum kreieren, der geschlossen und repräsentativ ist und zur Identifikation einlädt. In der Praxis zeigt sich die Wirkung des Phantasmas in der nach wie vor herrschenden Überzeugung, ein Stadttheater habe im Kern die Dramen eines klassischen Kanons auf der Bühne verkörpernd und interpretierend umzusetzen. Damit stellt das Theater ein Szenario imaginärer Gestalten bereit, die sich als Objekte des einfühlenden Begehrens und der affektiven Abgrenzung anbieten. Sie ermöglichen die Trennung von Drinnen und Draußen, Eigenem und Fremdem und bewirken die emotionale Bindung an den symbolischen Raum der vermeintlich eigenen Kultur.

 

These 2

Die Entwicklung der Stadtgesellschaft zieht dem Phantasma des Stadttheaters den Boden unter den Füßen weg

Das Modell der Marktplatz-Öffentlichkeit, in der das Theater seinen festen Platz hatte, hat sich dezentralisiert und partikularisiert in viele konkurrierende Öffentlichkeiten, die um Anerkennung ringen. Die immer schon scheinhafte Homogenität der bürgerlichen Nationalkultur sieht sich durch die offensichtliche und greifbare kulturelle Hybridisierung, durch Sub- und Parallelkulturen ihres Scheins beraubt. Migrationsbewegungen, transnationaler Kapitalflow und ubiquitäre Medienpräsenz machen die Stadt zu einem Ort des Glocal, der von den Dynamiken der Globalisierung und ihren Bewegungen der De- und Re-Territorialisierung erschüttert wird.

 

These 3

Die Stadt als Ort des kulturellen Andersseins erzeugt die Angst vor dem Fremden

Bereits 1908 hat der Soziologe Georg Simmel den Fremden als Strukturfigur der modernen Großstadt beschrieben. Zur Stadt heute gehört die Omnipräsenz des kulturellen Andersseins. Aber rivalisierende kulturelle Orientierungsmuster und Praktiken bewirken nicht gleichsam naturwüchsig harmonisches, multikulturelles Zusammenleben. Sie sorgen für Desorientierung und Ängste, die zu Abgrenzung und Exklusionsbestrebungen und der Sehnsucht nach althergebrachten Weisen der kollektiven kulturellen Identifikation führen. Dass sich Theaterleute, Politiker und Zuschauer in dieser Situation an das Phantasma des Stadttheaters klammern, ist Teil der Reaktionsbildungen auf die Verflüssigung der alten städtischen Strukturen und der damit einhergehenden Angst vor dem Fremden.

 

These 4

Die Begegnung mit dem Fremden verlangt nach einem transkulturellen Theater

Die Begegnung mit dem Fremden rückt das Nahe in die Ferne und lässt uns das Eigene mit fremdem Blick sehen. Dass diese Grunderfahrung des Fremden im Eigenen ihr Potential eines gelingenden Umgangs mit dem Fremden entfalten kann, ist die Herausforderung des Theaters heute. Das Stadttheater, das sich ihr stellt, muss sich als transkulturelles Theater verstehen. Anders als das sogenannte interkulturelle Theater und seine Theorie geht das transkulturelle Theater nicht von abgeschlossenen, distinkten Kulturen aus, die es miteinander in Kontakt zu bringen sucht. Es setzt an der Fremdheitserfahrung im Inneren der kulturellen Phantasmen an, die uns umgeben. Wo auch immer das Theater sich auf die Suche nach dem Fremden macht, bei den Randgruppen und Parallelkulturen, den Armen und den Dropouts der Stadt, bei den Klassikern oder im Apparat des eigenen Hauses, entscheidend ist, dass es das Fremde nicht exotisiert. Dass es sich nicht anmaßt, stellvertretend für andere zu sprechen und sie zu repräsentieren, sondern dass es unsere Wahrnehmung des Fremden verfremdet als Wahrnehmung eines Entzugs und einer Abwesenheit im Eigenen. Deshalb ist es für ein transkulturelles Theater unabdingbar, immer erneut seine Darstellungsmittel zu überdenken und auf die Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer solchen Erfahrung des Fremden hinzu befragen.

 

These 5

Das Stadttheater geht perspektivisch in einer transkulturellen Theaterlandschaft auf

Das transkulturelle Theater erwächst nicht aus dem Gegensatz zum Stadttheater, sondern durch die Aushöhlung seines Phantasmas. Dies kann von innerhalb und außerhalb geschehen, verstärkt von Grenzgängern, die sowohl mit dem Stadttheater als auch mit anderen Häusern und Produktionsformen vertraut sind. Das unterspült die herausgehobene Position, die das Stadttheater bislang ökonomisch und seinem Anspruch auf Repräsentation nach innehat. Ein Stadttheater als transkulturelles Theater nähert sich den anderen Theaterhäusern der Stadt an. Tendenziell wird es sich von den anderen Theatereinrichtungen nicht mehr grundsätzlich unterscheiden, sondern nur noch graduell durch die jeweilige Akzentsetzung der Häuser. Mit anderen Worten: Das Stadttheater wird sich auflösen, wird Teil unter Teilen, ein Haus unter anderen Häusern der Stadttheaterlandschaft sein. Die Auflösung des Stadttheaters könnte zugleich die Lösung für das städtische Theater sein. Die Voraussetzung dafür ist, dass sich damit auch die bisherige extreme Asymmetrie der ökonomischen Mittel zugunsten einer gerechten Verteilung auf die einzelnen Spielstätten auflöst. Der einzuschlagende Weg ist der des Abbaus von Asymmetrie und Abhängigkeit, des Rückbaus von hierarchischen Strukturen, des Umbaus von Spielstätten und einer wechselseitigen Vernetzung in einer Theaterlandschaft in der Stadt und über deren Grenzen hinaus.

 

guentherheegGünther Heeg ist Professor am Institut für Theaterwissenschaft der Universität Leipzig. Von 1977 bis 1992 unterrichtete er als Lehrer am Spessart-Gymnasium Alzenau, bevor er seine Habilitation an der Universität Frankfurt am Main begann und 2003 schließlich die Professur in Leipzig antrat. Aktuelle Forschungsprojekte sind "Das Transkulturelle Theater" und "Geschichte aufführen – Re-enacting History". Er ist Vizepräsident der International Brecht Society.

 

Mehr zur Vorlesungsreihe: www.uni-hildesheim.de

Alle Hildesheimer Thesen sind im Lexikon zu finden.

Siehe auch: die Stadttheaterdebatte auf nachtkritik.de

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Kommentare  
Hildesheimer Thesen XI: was dem Eigenen fehlt
Die Thesen von Prof. Dr. Heeg sind meiner Meinung nach sehr anregend. Ich stimme Ihm vollkommen zu, wenn er dazu aufruft die Identifizierung mit der eigenen Kultur oder Umwelt in Negationen zu suchen. Erst durch das erleben von etwas Anderem werde ich mir dessen bewusst und setze mich aktiv damit auseinander, ich erkenne das Fremde und zugleich bemerke ich was dem Eigenen fehlt, vielleicht sogar was das Eigene eigentlich ist, ob es in dem besteht, was mir zuvor aufgezeigt wurde oder ob es etwas vollkommen gegenteiliges ist. Diese Erfahrung regt zur Veränderung und Umgestaltung des eigenen Zustandes oder Verhaltens an.
Sicherlich sind Theaterstücke, die mir Bekanntes aufzeigen und zum erholsamen Genuß einladen, durchaus willkommen, doch profitiert der Rezipient nicht viel mehr durch eine erschütternde Erfahrung des Fremden? Transkulturelles Theater bietet eine kleine Offenbarung in einem gewohnten Raum, dem Theater. Es scheint also die optimale Möglichkeit zu sein, um die Zuschauer zur eigenen Kultivierung und Auseinandersetzung ihrer Selbst anzuregen. Ein künstlerischer Impuls zum Nachdenken, auch nachdem man das Theater verlassen hat.
Hildesheimer THesen XI: kulturelle Entgrenzung
@ Dalphi: Was genau heisst "erschütternde Erfahrung des Fremden"? Und inwiefern "Negation"? Geht mit dem Begriff der Negation eine klare Abgrenzung einher? Kann das das Ziel eines transkulturellen Theaters sein? Eine klare Trennung zwischen Menschen, aufgrund von ein oder mehreren konstruierten und vermeintlich "typischen" Kennzeichen, welche verallgemeinernd auf Menschen projiziert werden? Ich empfinde das als problematisch. Gibt es denn "den Schwarzen", "den Gelben", "den Weissen" oder auch "den Ossi", "den Wessi" usw.? Oder sind das nicht erstmal alles Individuen? Was ist zum Beispiel mit "dem Brandenburger", welcher lauthals ein Lied über seine Heimat Treuenbrietzen singt? Könnte mich das dann also auch erschüttern? Weil ich aus Bremen komme (und aber in Berlin lebe, sic!) und/oder weil ich so komische Heimatlieder gar nicht kenne bzw. singe, zum Beispiel "An der Nordseeküste" von Klaus & Klaus?

Und was meinen Sie mit "Kultivierung" des Selbst? Kultivierung, im Sinne von Zivilisation, meint etwas anderes als Kultur, im Sinne von Nationalkultur oder besser sich voneinander unterscheidender kultureller Gruppen.

Schließlich, wie ich es verstanden habe, plädiert Günther Heeg für eine kulturellen Entgrenzung, statt einer milieutypischen Abgrenzung voneinander. Warum soll sich zum Beispiel ein Gefängnisinsasse nicht mit Shakespeare-Dramen beschäftigen können, zum Beispiel? Warum muss er sich stattdessen oftmals immer wieder im Eigenen (Scripted Reality) spiegeln, anstatt sich über das Fremde (Shakespeare oder andere stereotyp "bürgerliche" Texte) selbst anders erproben und erfahren zu können?
Hildesheimer Thesen XI: Zweifel
Ich finde die Idee, aus dem Stadttheater ein transkulturelles Theater zu machen, eine sehr gute und fortschrittliche Idee.
Was ich mich aber sofort dabei fragen muss:
Ist dieses Vorhaben realistisch?
Besteht überhaupt auch nur im entferntesten die Möglichkeit dies umzusetzen?
Ich denke nicht, dass das Stadttheater zu diesem Schritt bereit wäre.
Sich mit den anderen Theaterhäusern quasi gleichzusetzen, ein Teil von einer großen Landschaft zu werden, ohne herauszustechen, der Abbau der hierarchischen Strukturen, die gerechte Verteilung der ökonomischen Mittel?
Ich denke nicht, dass dies in nächster Zeit passieren wird.
Auch, wenn es sehr wünschenswert wäre.
Hildesheimer Thesen XI: Strukturen fast gänzlich unbeweglich
Vielen Dank an Herrn Heeg für diesen Vortrag. Er war für mich bisher einer der Spannendsten, mit vielen Aspekten, die mir wirklich neu waren und mich sehr zum Nachdenken anregten.
Vor allem den Vorschlag eines transkulturellen Theaters kann ich sehr begrüßen. Nur leider muss ich hierbei L. zustimmen, dass dies wahrscheinlich bis auf weiteres eine schöne Utopie bleibt. Die Strukturen sind meiner Ansicht nach größtenteils fast gänzlich unbeweglich, wie in Stein gemeißelt.
Mein persönlicher Höhepunkt in Ihrem Vortrag war der Vergleich des Nationaltheaters mit einem Bildungstempel, in den die Bildungsjünger pilgern. Jedoch bezweifle ich, dass die meisten Theater ihren Bildungsauftrag wirklich noch befolgen. Ich weiß, dass diese Metapher auf die immerwährenden Aufführungen der "alten Schinken", wie "Kabale und Liebe" bezogen waren. Diese Inszenierungen dienen jedoch nicht nur dafür, die Häuser durch Schulklassen zu füllen, sondern ebenfalls, um die Touristen zu befriedigen.
Hildesheimer Thesen XI: mehr Differenziertheit!
Stadttheater gleich Mythos? Steile These, Herr C4-Professor! Heißt nicht Stadttheater Stadttheater weil die Stadt den größten Anteil bezahlt? Anstelle einer Verschleierung von Tatsachen wünsche ich mir mehr Differenziertheit! Wünschenswert wäre allein schon die analytische Unterscheidung zwischen Rechtsverpflichtungen der Gemeinden, realer Bühnenpraxis und möglichen Entwürfen. Von der Konstruktion des Publikums nicht zu schweigen. Was heisst hier "national"? Um wessen Bedürfnisse geht es? Mir bleiben mehr Fragen als Antworten.
Hildesheimer Thesen XI: wie kann sich etwas ändern?
Ich bin der Meinung, dass man mit Realismus nicht wirklich weit kommt, wenn man über die Zukunft des Stadttheaters nachdenkt. Man sollte in möglichst viele verschiedene Richtungen denken.
Alle bisherigen Thesen der vergangenen Wochen haben ja auch ein Fazit, dass sich etwas ändern muss. (Eigentlich war das ja auch der Ausgangspunkt der Ringvorlesung.)
Die Frage, die sich stellt ist aber nicht in erster Linie wann sich etwas ändert, sondern wie sich etwas ändern kann. Und diese Veränderungen werden dann wohl in einem langen Prozess von statten gehen. Das deutsche Theatersystem wird sich nicht innerhalb der nächsten 5 Jahre komplett verändern. Das ist klar. Sondern, so wurde es von Herrn Heeg angedeutet, dass vielleicht in 30 Jahren das deutsche Theater ein transkulturelles Theater ist .
Was mir an Herrn Heegs Vortrag gefallen hat war der Punkt, dass er seine Veränderungsvorschläge von der Stadt aus gedacht hat. Immerhin drehen sich die Ausführungen ja auch um „das Stadttheater“. Deswegen sollten sich Kulturpolitiker auch fragen, was für ein Theater ihre Stadt braucht. Und wie durch das Stadttheater, das für alle Bürger der Stadt gedacht sein sollte, potentiell auch alle angesprochen werden. Dass die obligatorische Klassikerpflege und zwischendurch auch mal junge Dramatik auf der kleinen Bühne des Hauses nur den kleinsten Teil der städtischen Gesellschaft anspricht, zeigen die rückläufigen Zuschauerzahlen.
Vielleicht ändern sich diese Zahlen wieder, wenn das transkulturelle Theater in den deutschen Städten angekommen ist.
Hildesheimer Thesen XI: zu wenig konkrete Vorschläge
Was ich bei den bisherigen Vorträgen vermisse ist nicht mal der fehlende Realismus, sondern die Tatsache, dass es meiner Meinung nach zu wenig konkrete Vorschläge gibt, wie man eine positive Veränderung des Stadttheaters erreichen kann. Herr Heeg weist in seinem Vortrag zumindest darauf hin, WIE sich dieses Theater verändern könnte, um mehr Menschen zu erreichen. Der Weg dorthin erscheint mir schon deutlich unschärfer. Ich bezweifle ein wenig, dass sich das Stadttheater in ca. 30 Jahren tatsächlich zum transkulturellen entwickelt, sein Phantasma einfach selbst aushöhlt. Wenn es das aber tun soll, so ist es nicht nur die Aufgabe der Theatermacher, sondern gerade auch die der Politik und im Grunde auch die der Bürger auf ein solches hinzuarbeiten.Es müsste sich tatsächlich einiges in den Strukturen und im Programm ändern, damit das Theater wieder an Relevanz für die Stadt gewinnt. Gerade in partizipativen Projekten, wie sie Herr Heeg auch angesprochen hat, sehe ich ein großes Potential, um Barrieren abzubauen und die Hierarchien innerhalb des Theaters zu verflachen.
Hildesheimer Thesen XI: Schleier der Unwissenheit
In 30 Jahren? Ballhaus Naunynstrasse, bald das Gorki - sind das nicht schon zwei Beispiele? Münchener Kammerspiele wäre das nächste Beispiel, von einem holländischen Künstler geleitet! Dimiter Gotscheff als Regisseur, Finzi als Schauspieler ... Centraltheater Leipzig ... Es gibt dutzende Beispiele von der Theaterleitung/In über RegisseurInnen bis SchauspielerInnen!Ihre Meinung in Ehren, Frau inga m., aber sie sagt und erklärt nichts in Bezug auf meine Kritik an den Ausführungen von Herrn Heeg.

Im Gegenteil,sachlich kreisen die Themen derer von Hildesheim um extrem neoliberale Kernbestände des freien Marktes. Der Ausgangspunkt ihres Thesenanschlags (den sie - frei nach Wagner - Ringvorlesung nennen) ist richtig: Es muss sich was ändern am Theatersystem in Deutschland! - Aber was genau, sagen sie nie, nie richtig und nie so richtig ohne Visier! Ist das der berühmte Schleier der Unwissenheit?

Natürlich kann, wie das hier aussieht, auch nach dem Prinzip der Austrocknens der Gemeinden verfahren werden, dem derer von Hildesheim nun daran gelegen ist, neue Werte nach dem Zerfall mit auf den Weg zu geben.

Warum sollte eine Privatuni auch überhaupt solche Debatten losstoßen? - Sehr fragwürdig, ja fast schon nicht hinnehmbar: Da hat die MannFrauschaft jahrelang von den Steuereinnahmen profitiert und profitiert nach der "Bankenkrise" heute erst recht, und stellt sich als Avantgarde hin! Allerdings nicht das erste Mal, das Bürokraten in Deutschland so selbstbewusst auftreten.

Der letzte Schinken aus der Hildesheimer-PR-Maschine war das Interview mit einer STudentin, die ein Deutschlandstipendium bekommt. 150,- € von den 300 kommen von einer pensionierten Lehrerin, mit der sich die Studentin gleich getroffen hat, stundenlang erzählt blabla ... im Stalinismus hätte man der Studentin vom Westen aus vorgeworfen, sie wäre Staatskonform. Wie heisst das heute?
Hildesheimer Thesen XI: zu optimistisch
Der Ansatz ist fortschrittlich, erfolgversprechend, wegweisend. Eine Öffnung hin zu einem transkulturellen Theater (gemeint: die Strukturen im Betrieb, die Art des Inszenierens, Die Wahl der Themen usw. usw.) kann meiner Meinung nach wieder zu einem relevantren Ort der künstlerischen Auseinandersetzung für alle werden- s. "Marktplatztheaeridee Heeg. Das potential ist groß.
Jedoch: Ist das tatsächlich umetzbar? Erfahrungsgemäß sind die "dicken alten Männer" in den Intendanzen und der Rathäuser zu unflexibel und störrisch, um innovativen Ideen frischen Mutes entgegenzutreten und sie umzusetzen (s. Leipziger Staatstheater). ICh denke, dass die Verantwortloichen, die Einflussreichen, die Umsetzungsfähigen zum jetzigen Zeitpunkt nicht in der Lage sein werden, Eine Veränderung, und geschweige denn eine solch basisverändernde Veränderung wie von Heeg vorgeschlagen, umsetzen können. Das heißt für moich: Der Generationenwechsel in Politik und Intendanz wird noch 20 oder 30 Jahre dauern, bis die Strukturen so für Veränderung aufgeweicht sind, vergehen weitere 20. Heeg war mir da zu optimistisch, indem er für eine vollzogene Veränderung 30 Jahre sieht. Das ist in meinen Augen leider viel zu optimistisch.
und nebenbei- hier müssen nicht nur die Ausführenden lernen und umdenken- sondern eben auch das Publikum. Das bestehende genauso wie das bisher noch unerreichte. Darüber scheinen die Redner in der Reihe der Vorlesung niemals so richtig zu denken. Zuschaueraquise bzw. Forschung dahingehend, was denn das Publikum oder das noch-nicht-Publikum will, scheint absolut kein Thema zu sein. Aber darum geht es doch letztendlich ausschließlich. Theater ohne Publikum? Naja....
Hildesheimer Thesen XI: Abgesang auf künstlerische Freiheit
Ich bin Publikum und auch Zuleser deines Beitrages @9: Mag man Herrn Jung in Leipzig nun mögen oder nicht, dick und alt ist er nicht, seine herausfordernden Gegenkandidaten auch nicht, auch Herr Kuhn in Stuttgart sieht dratig aus, Herr Scholz in Hamburg, auch in Frankfurt sieht das das alles sogar gut trainiert aus! Was sehen sie eigentlich, wenn sie gucken? Und wenns schon so körperlich-persönlich ans Eingemachte geht, dann sind die Bauchwerte der Vortragenden sicherlich interessanter! Und was Sie in "(gemeint:...) meinen, heisst noch lange nicht, dass die Thesenanschläger das in ihrer Einsilbigkeit auch konkret meinen!

Wofür hier argumentiert wird, scheint mir ein neuer Wert des Netzwerkhaften Arbeites à la Steve Jobs in den 80er Jahre, wo du als Künstler aus dem Projekte Schreiben nicht rauskommst.

Was das bringt, Theater in Privathand zu übertragen, zeigt Holland, da sind die Zuschüsse ganz eingestellt worden und rette sich wer kann flüchtet nach drüben!

Was bei Herrn Heeg und Co scheinbar in Echt rauskommt ist ein Abgesang auf die künstlerische Freiheit! - Denn real gibt es längst transnational arbeitende Theater, von der ETC über Prospero bis zur UTE oder dem IETM - alles Erfindungen weitestgehend der 80er Jahre. Darüber sprechen derer von Hildesheimer nicht! Warum nicht? Das könnte dem schwammigen Gerede sich wichtig nehmender C4-Professoren doch auch mal substantielle Konkretheiten, Informiertheit, ja selbst Aussagewert abverlangen!
Hildesheimer Thesen XI: melancholische Kritik
Wer sich Gehör verschafft, gerät in Gefahr."
Ursprünglich stammt die Äußerung von Ai Weiwei.
Auch wenn sich der Gehalt dieser Zitation in diesem kulturpolitischen Zusammenhang plötzlich "verfremdet/überhöht/unsachgemäß" anhören mag, markiert diese Äußerung aber meines Erachtens eine Funktion dieser Online Debatte.
(Diese Debatte innerhalb des Blogs wird öffentlich geführt, deshalb wäre es vorteilhaft Kommentare so zu verfassen, dass sie tendenziell nachvollziehbar sind. Sofern mir selbst das nicht gelingen sollte, bitte ich um Anmerkungen dazu.)
Das Kulturpolitik Institut macht sich durch die Offenlegung ihre Suche nach einer einnehmbare Haltung gegenüber der "größeren" Öffentlichkeit im Bezug auf einen notwendigen Umbau des Theatersystems angreifbar. Zum Glück.
Während den letzten drei Monaten entstanden einige Äußerungen der Kommentatorinnen, in welchen fehlende Wirklichkeitsbezügen der Thesen melancholisch betrauert wurden. Aber diese 1A Vorlage zur melancholischen Kritik eines Vorschlags, mit Hinweiß auf dessen mangelnde Verankerung in der harten Rationalität, bietet sich bei einer Suche (egal wohin) immer.
Genauso wie ineinander greifende Zusammenhänge in der Politik solch einen Umbau wirklich schwierig gestalten, genauso konstituiert jeder Diskussionsbeteiligte diese Zusammenhänge mit.
"Wer sich Gehör verschafft, gerät in Gefahr."
Schlimmer als fehlende Wirklichkeitsbezüge, sind undurchdachte, vorschnelle Vorschläge an eine größere Öffentlichkeit zur Veränderung der Theatersystems.
Schlimmer ist es auch nicht zu realisieren, dass man selbst dazu eine reale Verantwortung trägt.
Egal ob Intendantin, Bloggerin, Studentin, SchauspielschülerinIntendantin oder C4 Professorin.

Danke für die Lesezeit.
Hildesheimer Thesen XI: nicht aus bloßer Stimmung
@11: Melancholisch kann doch nur eine Stimmung sein, nicht aber eine Kritik. Wollen Sie diejenigen, die im Rahmen des sprachlich Möglichen eine Kritik üben, ernstlich als melancholisch disqualifizieren? Anders gefragt: Denken Sie wirklich, dass ein Einbezug der Thesenorientierungen in die Debatte aus einer bloßen Stimmung heraus geschieht?

Ich kann nicht für die KommentarkollegInnen sprechen, aber für meine Statements und im Interesse des Kritikerwesens kann ich diese Unterstellung zurückweisen, Herr oder Frau M.
Hildesheimer Thesen X: Beispiele für partizipatives Theater
Die Ideen eines transkulturellen und partizipativen Theaters machen Theater zu einem Ort, an dem Dialog und Austausch mit dem Publikum stattfinden. In diesem Theater, wie viele von uns es sich doch wünschen, trotz der damit verbundenen Schwierigkeiten, die bereits erwähnt wurden, wird über Kunst und Theater gemeinsam mit dem Publikum verhandelt.
Theater im Ballhaus Naunynstraße oder auch die Bürgerbühne des Schauspiels Dresden sind Beispiele dafür, dass Theater ein solcher Ort sein kann und an manchen Stellen bereits ist. Zwar könnte man diese und andere Beispiele mehr als Ausnahmen im Theaterbereich betrachten, denn nach wie vor scheint Transkulturalität im Theaterbereich nicht angekommen zu sein, und partizipative Theaterarbeit zu oft und zu unrecht als Sozialarbeit und Ähnliches abgestempelt zu sein.
Und dennoch zeigen gerade Theater im Ballhaus Naunynstraße sowie andere Ausnahmen aber auch, dass ein Perspektivenwechsel und ein Umdenken in den Theatern durchaus möglich sind!
Hildesheimer Thesen XI: Exotisierung offenlegen
Ich fand den Vortrag interessant und bereichernd. Den Ansatz eines transkulturellen Theater finde ich anregend, um weiter darüber nachzudenken. Und zwar das Stadttheater von seiner Funktion als „Bildungstempel“ zu befreien und dabei die Etablierung neuer Theaterformen und Themen im Stadttheater, die gesellschaftlich relevant sind und unterhaltsam und dem Theater die Möglichkeit eines neuen und heterogeneren Publikums geben könnten.
Dabei finde ich die Idee der Verfremdung des Eigenes relevant, aber auch das Thematisieren bestimmter Sichtweisen, z.B. auch der mitteleuropäischen, weißen auf „das Fremde“. Das heißt z.B. das Offenlegen von möglicher Exotisierung und wie dadurch ein „Wir“ konstituiert wird. Aber kein bloßes Ausstellen und Wiedergeben dieser Exotisierungen, wie auch im Vortrag angesprochen wurde.
Ich denke ein transkulturelles Theater gibt die Möglichkeit Bewusstsein zu schaffen und einer neuen ästhetischen Wahrnehmung.
Und dabei finde ich es wichtig, dass dieses „transkulturelle“ Bewusstsein weiter geht, und zwar bis zu den DeutschlehrerInnen, der Besetzung von Stellen in der Kulturpolitik und bis in andere Ämter.
Hildesheimer Thesen XI: Den Begriff des Fremden weiter fassen
Ich finde die sehr grundlegende Überlegung, welche Relevanz ein Theater (das durch die Stadt finanziert wird) für die Stadtgesellschaft haben kann und damit einhergehend auch den Blick auf die Stadtgesellschaft zu richten und zu schauen, welche Stoffe und Themen existieren, welche Menschen in der Stadt leben und wie mit der vorzufindenden Diversität umgegangen werden kann, sehr wichtig und finde, der Vortrag eröffnet eine mögliche Richtung, in die gedacht werden kann. Vor allem, was Herr Heeg als inhaltliche und ästhetische Dimension unter dem Stichwort „transkulturelles Theater“ fasst, fand ich anregend zum Weiterdenken.
Hier zum Beispiel, den Ansatz, das Fremde nicht nur in Bezug auf Unterschiede, die sich aus der eigenen nationalen Herkunft bzw. der der Familie ergeben, zu setzen. Darauf wird m.E. in der gesamten Debatte um Interkulturalität oft ein zu großer und damit kulturelle Unterschiede festsetzender und konstruierender Fokus gelegt, als wäre „das Fremde“ per se in migrantischen Milieus zu suchen. Den Begriff des Fremden wieder weiter zu fassen und den Blick auch auf unterschiedliche Parallel- und Subkulturen und Milieus zu legen und zu fragen, wo hier das Eigene im Fremden und das Fremde im Eigenen erfahren werden kann, erscheint mir da sehr viel spannender. Und in Hinblick darauf nach einer gesellschaftlichen Relevanz von Theater zu fragen, hat ja erstmal noch nichts mit Liberalisierung und Marktanpassung zu tun.
Wozu ich mir leider noch kein konkretes Bild machen kann, ist, wie genau nach Vorstellung von Herrn Heeg das Stadttheater strukturell in einer transkulturellen Theaterszene aufgehen kann bzw. wie sich ein solcher Umbau in der Praxis gestalten lässt. In diesem Punkt bleibt der Vortrag meines Erachtens doch sehr vage. Aber gibt Anregung, zum Weiterdenken.
Hildesheimer Thesen XI: neues Bewusstsein schaffen
Ich verstehe die Entwicklung oder viel mehr die Möglichkeit einer Entwicklung hin zum transkulturellen Theater auch als einen Weg ein neues Bewusstsein(und damit verbunden, eine neue ästhetische Wahrnehmung)zu schaffen.Ich denke auch, dass ein transkulturelles (Stadt)Theater dabei nur der Anfang sein sollte. Doch bedarf es im Vorhinein viel eher einer Art Einführng des "transkulturellen" Bewusstseins in andere Einrichtungen, oder? Sei es wie angesprochen, die (Kultur)Politik oder auch der Schulunterricht.
Unabhängig von dem Konzept des transkulturellen Theaters, empfinde ich die These 3 Professor Heegs als etwas sehr zugespitzt.
Hildesheimer Thesen XI: es rieselt von oben herab
Ich fand den Vortrag von Herrn Heeg sehr motivierend und gut. Wenn ich mir meine Heimatstadt ankucke und die dort ansässigen Theater, dann kann ich nicht glauben mit was für Unsummen das Stadttheater im Verhältnis zu den beiden Off-Theatern subventioniert wird. Das, was es dort zu sehen gibt, ähnelt erschreckend genau dem beschriebenen Phantasma. Ein Regisseur, der sein Publikum mit einer einschlägigen, sehr subjektiven, unmotivierten Inszenierung langweilt, die gerade als Abiturlektüre bearbeitet wird und die Jung und Alt ansprechen soll, aber sich weder auf sein Publikum einlässt, geschweige denn überhaupt Interesse daran zeigt. Es rieselt, wie von Herrn Heeg beschrieben, von oben herab. Die Vorstellungen, die ich gesehen hab, fand ich ermüdend und sehr gewollt. (Die Leistung der Schauspieler sei vielleicht ausgenommen) Das eine der beiden ansässigen Off-Theater lädt Tanz-und Schauspielproduktionen ein, international, wie lokal und erfreut sich einer Auslastung von über 90%. Erhält aber nicht mal 1/10 des Geldes. Neben Inszenierungen, wie der Kirschgarten von Tschechow, inszeniert von Lensing, Helene Waldmann, Abbattoir fermé, usw geben sich aufstrebende und bereits weit bekannte Größen, die sich sonst bsw im FFt Düsseldorf tummeln die Klinke in die Hand. Das andere Theater hat sogar ein festes Ensemble, unterhält sich zu großen Teilen jedoch privat und hat dieses Jahr eine komplett ausverkaufte Inszenierung des Sommernachtstraums auf die Beine gestemmt. Die Inszenierung von Klassikern ist also möglich. Es ist dramatisch, dass beide Häuser mit einer absoluten Unterfinanzierung gewürdigt werden und da muss sich, meiner Meinung nach, unbedingt was ändern! Die Stadt würde kaum ihr eigenes Stadttheater in den Boden stampfen, so ein Off-Theater um die Ecke zu bringen scheint eine weitaus geringere Angst. Klassische Inszenierungen dürfen in der Theaterlandschaft nicht fehlen und ich glaube, dass, wie eben auch genannt, es Möglichkeiten gibt, die weder die zu inszenierenden Klassiker, noch die Zuschauer dumm dastehen lässt. Ein Stadttheater als eines unter vielen scheint mir gerecht.
Hildesheimer Thesen XI: wie geht das konkret?
Die Idee des transkulturellen Theaters ist schön und gut, aber das sich etwas ändern muss und was sich ändern muss ist offensichtlich. Viel interessanter finde ich konkrete Lösungsansätze - wie muss das Programm geändert werden? Wer muss seine Einstellung und Arbeit ändern? Wie ist das ganze finanzierbar?
Außerdem: "Das Stadttheater wird sich auflösen, wird Teil unter Teilen, ein Haus unter anderen Häusern der Stadttheaterlandschaft sein." Soll das heißen die Stadt soll keinen Anteil mehr zahlen? Das "Stadttheater" heißt doch in erster Linie Stadttheater, weil die Stadt einen finanziellen Anteil zahlt, oder?
Der Gedanke des transkulturellen Theaters ist jedoch ein interessanter Gedanke, der weiter ausgearbeitet werden sollte. ("Wo auch immer das Theater sich auf die Suche nach dem Fremden macht, bei den Randgruppen und Parallelkulturen, den Armen und den Dropouts der Stadt, bei den Klassikern oder im Apparat des eigenen Hauses, entscheidend ist, dass es das Fremde nicht exotisiert.")
Hildesheimer Thesen XI: Auflösung unproblematisch
Mir gefällt die Idee, das Fremde als Entzug oder Abwesenheit im Eigenen zu betrachten. Ein Theater, das mir diese Erfahrungen ermöglicht, würde ich stets befürworten. Die von Herrn Deeg genannten Beispiele waren für mich auch schlüssig und nachvollziehbar. Dennoch glaube ich, dass diese Entwicklung zum transkulturellen Theater nicht nur über die Begegnung mit dem Fremden allein funktioniert. Diejenigen, die ohnehin bereits ins Theater gehen, mögen diese Entwicklung begrüßen. Doch glaube ich nicht, dass dies allein neue Zuschauergruppen generieren kann und zu ausverkauften Häusern führt. Wer bisher nicht ins Theater geht, lässt sich meiner Meinung nach auch nur schwer durch Änderungen der Inszenierungen für das Theater gewinnen.

Mittelfristig sind also auch strukturelle Änderungen in der Theaterlandschaft nötig. Die herausgehobene Stellung, die das Stadttheater bisher, besonders in Bezug auf Subventionen, genießt empfinde ich als zunehmend ungerecht. Wenn sich das Stadttheater als Teil der städtischen Theaterlandschaft begreift, auf welche die zur Verfügung stehenden Mittel gleichmäßiger verteilt werden, kann dies im Optimalfall zu der von Herrn Deeg angesprochenen, wechselseitigen Vernetzung innerhalb der städtischen Theaterlandschaft führen. Die „Auflösung“ des Stadttheaters sehe dabei gar nicht problematisch, bedeutet sie ja nicht gleich die Auflösung des Theaters an sich.
Hildesheimer Thesen XI: neue Ära
Ich denke, dass es durchaus möglich ist und im Bereich der realistischen Entwicklungen liegt, wenn sich das Stadttheater auf eine transkulturelle Theaterlandschaft hin entwickelt. Früher oder später wird es nicht anders möglich sein, denn die Zeiten ändern sich nun mal und somit bleib es auch nicht aus, dass das Stadttheater sich komplett umstrukturieren muss. Sicherlich wird es keinen Schaden daran nehmen, denn diese Art der Veränderung ist eine Positive, die es eben ermöglicht neue Formen zu verwirklichen und damit eine neue Ära der Theaterlandschaft heran bricht.Aber bis es so weit kommt, braucht es noch etwas Zeit...
Hildesheimer Thesen XI: kulturelle Entgrenzung
Auch ich muss an Herrn Heegs Vortrag bemängeln, dass der theoretisch sehr interessanten Idee eines transkulturellen Theaters konkrete Handlungsempfehlungen fehlen.
Besonders stellt sich meiner Meinung nach die Frage, wie dieser Wandel zum transkulturellen Theater hin geschehen soll? Es liegt auf der Hand, dass eine so krasse Veränderung der Werte und Normen, die da Fundament des Stadttheaters bilden, nicht von heute auf morgen stattfinden wird. Ist das interkulturelle Theater dann womöglich als eine Art Zwischenstation denkbar?
Immer im Hinterkopf behalten sollte man Ingas Äußerung in Kommentar 2: Auch ich sehe ein transkulturelles Theater als eine kulturelle Entgrenzung. Schade finde ich es, wenn ich Aufführungen sehe, wo mir die jeweilige Kultur wie auf einem Silberteller repräsentativ aufgetischt wird.
Besonders schade finde ich, dass mir mein Kommentar und damit meine Meinung verwehrt wird (siehe Kommentar 8 von Ahas) nur weil ich an dieser Uni studiere. Ich möchte mich mit diesem nämlich nicht profilieren, sondern nur zur thematischen Diskussion etwas beitragen und von anderen lernen!
Hildesheimer Thesen XI: An Menschen herantreten
Die einen meinen: es ist auch Aufgabe der Bürger das Stadttheater zum transkulturellen Theater zu entwickeln (siehe "Eva", Kommentar 7), und aber eigentlich fragt die Bürger keiner, was sie im Theater erfahren wollen ("…Zuschaueraquise bzw. Forschung dahingehend, was denn das Publikum oder das noch-nicht-Publikum will, scheint absolut kein Thema zu sein."("lenav", Kommentar 9))

Wie hoch ist der Anteil des Partizipativen im Stadttheater? Ziemlich gering. Welches Theater frag ernsthaft nach den "Bedürfnissen" der Bürger, der Zuschauer, der Nicht-Zuschauer? Sollte weiter davon ausgegangen werden, dass der_diejenige auf dem Chefsessel weiß, was für die Leute/Bürger/Zuschauer/Nicht-Zuschauer gut ist? Ist es nicht schon ein Zeichen der Bürger, wenn sie die Häuser nicht mehr füllen (wollen)? Was können sie noch für Zeichen setzten, die von den "Obersten" gesehen und angenommen werden?
Keine Frage- es gibt die Bewegung von Stadttheatern zu mehr Transkulturalität- nur wenn z. Bsp. Kooperationen mit dem in der Stadt ansässigen freiem Theater eingegangen werden, doch nicht der Transkulturalität willen, sondern um der Förderung wegen.

"Wer bisher nicht ins Theater geht, lässt sich meiner Meinung nach auch nur schwer durch Änderungen der Inszenierungen für das Theater gewinnen." ("JnBr", Kommentar Nr.19) Richtig, deshalb sollte an diese Menschen herangetreten werden und ihre Relevanz in die Stadttheaterhäuser getragen werden und nicht eine "Exotisierung" derer.
Hildesheimer Thesen IX: den Idealfall skizzieren
Ich persönlich fand den Vortrag von Heern Heeg sehr anregend und interessant, auch wenn immer wieder in den Diskussionen aufkommt die Thesen der Vortragenden seien utopisch. So muss man doch immer wieder bedenken, dass die Dozenten versuchen einen Idealfall zu skizzieren. Was ich allerdings für einen realistischen Ansatz halte, ist sich die Entwicklung eines Theater für die nächsten 30 Jahre anzuschauen. Geht man dann davon aus, das einige der jetzigen Theaterstudierenden es in 30 Jahren zu Intendanten der Stadttheater (sollten sie dann noch existieren) gebracht haben. Kann man darauf hoffen, dass sie den Willen dazu etwas zu ändern noch nicht verloren haben und die Theaterlandschaft vielleicht grundlegend verändern.
Bleibt doch immer noch die Frage, wie man bis dahin den Rückgang der Zuschauerzahlen verhindern soll. Ich stimme dem Kommentar zu, das wer bis jetzt nicht ins Theater geht wahrscheinlich auch in Zukunft nicht ins Theater gehen wird. Schulklassen ins Theater zu zwingen und ihnen ihre Schullektüren für die sie sich nicht interessieren auf der Bühne zu zeigen scheint mir da wohl kaum ein weg. Da gefällt mir die Idee eine interkulturellen Theater schon besser, dass sich vielleicht Migrationsproblemen der jungen Menschen auseinandersetzt und neue Ansätze für Schüler aufzeigt.
Hildesheimer Thesen XI: ind die Theater bereit?
Ich kann mich vielen Vorkommentaren anschließen:
Die Idee aus den Stadttheatern transkulturelle Theater zu machen ist eine gute und zukunftsweisende Richtung.
Ich frage mich aber auch, ob man das Umsetzen kann?
Sind die Stadttheater zu diesem Schritt bereit sich mit anderen Theaterhäusern gleich zu setzen, ihre hierarchischen Strukturen abzubauen und die Finanzen gerecht zu verteilen?
Ich würde es mir wünschen aber glauben tu noch nicht daran.
Dafür sind die Stadttheater in ihren Strukturen viel zu fest gefahren.

Außerdem frage ich mich, wie das ganze umgesetzt und finanziert werden soll?
Da fehlen mir auch noch konkrete Handlungsempfehlungen.
Hildesheimer Thesen XI: gute Ansätze für die Zukunft
Der Vortrag von Prof. Dr. Heeg hat mis persönlich sehr gut gefallen, da er damit nicht nur Kritik geäußert hat, sondern zugleich auch Lösungen geboten hat, dessen praktische Umsetzung möglich sein könnte. Das Fremde und die Begegnung mit dem Fremden steht dabei im Vordergrund, um das Eigene mit einem fremden Blick wahrzunehmen. Das Theater stellt sich somit als Weiterentwicklung eines "Lebensnahen" dar und hebt die Angst vor dem Fremden auf. Eine Annäherung des Stadttheaters an die anderen Theaterinstitutionen empfinde ich als sinnvoll, da es zum einen die Hemmungen für mögliche Zuschauer nimmt und zum anderen die Profilierung einer solchen Institution abnimmt. Mit einer solchen Struktur würde sich das Stadttheater mehr mit den Menschen an sich als mit ihren festgefahrenen Spielplänen und finanziellen Aspekten beschäftigen. Eine finanzielle Unterstützung, die für alle Theaterinstitutionen gleich verteilt wäre, ist für mich ein weiterer wichtiger Punkt. Theater, die zwar innovative Ideen haben, aber denen die finanziellen Mittel fehlen, könnten durch eine gleich verteilte Förderung die Chance bekommen sich am Leben zu erhalten. Des weiteren würde es die Vielfalt der Theaterinstitutionen erhalten und weiter förden. Für mich sind die Thesen sehr wegweisend für die Zukunft und wünschenswert diese auch in die Tat umzusetzen. Für mich ist der Aspekt, ob dies überhaupt umsetzbar sei, eher nebensächlich, da es mir um gute Ansätze für die Zukunft des Theaters geht.
Hildesheimer Thesen XI: Abschied vom Ensemble-System?
Interessant an Prof. Dr. Heegs Vortrag finde ich, dass er neben strukturellen Veränderungen auch die Überprüfung und Veränderung von Inhalten und ästhetischen Mitteln fordert.
Die Unterscheidung zwischen interkulturell und transkulturell ist wichtig, um Exotismus vorzubeugen, der allzu oft entsteht, bei Projekten, die es gut meinen…
Wichtig und überfällig finde ich auch die Verabschiedung des Alleinstellungsmerkmals und des Repräsentativ- Gedankens der Stadttheaters. Im Gegensatz zu KIm H. finde ich es jedoch notwendig, diese Ansätze nicht nur als Zukunftsutopie zu denken. Ich frage mich zum Beispiel, wie genau dieses Stadttheater, das dann nur noch eines neben anderen Häusern sein wird, nach der Umverteilung der Gelder, die eine Kürzung bedeuten wird, aussehen könnte, und was vom Stadttheater übrig bleiben wird. Bedeutet dies beispielsweise eine Verabschiedung des Ensemble-Systems?
Hildesheimer Thesen XI: Fels in der Brandung
Der Vortrag von Herrn Heeg war einer der interessantesten und anregendsten Vorträge, die ich bis dato gehört habe. Erst einmal vielen Dank dafür.
Auch ich stimme dem Großteil meiner Vorredner zu: Stadttheater "anzugleichen" wäre eine mehr als wünschenswerte Entwicklung. Zwar glaube ich auch noch nicht daran, dass eine solche Entwicklung in naher Zukunft stattfinden kann, doch endlich wird mit Herrn Heeg mal eine Stimme laut, die das Problem der Stadttheater erkennt Lösungsvorschläge bietet. Stadttheater stehen häufig wie ein Fels in der Brandung, halten an ihren oftmals festgefahrenen und stets nach dem gleichen Muster verfahrenden Spielplänen fest.
Es reicht jedoch nicht, den transkulturellen Aspekt nur im Stadttheater durchsetzen zu wollen, diese andere Art von Bewusstsein wäre nämlich nicht nur für das Stadttheater neu. Beispielsweise auch an das Publikum und andere Institutionen muss gedacht werden, Schulen, kulturpolitische Institutinen etc.!
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