Gert Voss klagt über das Publikum
Dieser oberflächliche Kram
Hamburg, 13. Dezember 2007. Kommende Woche, am 19. Dezember, hat Schillers Wallenstein am Wiener Burgtheater in der Regie von Thomas Langhoff Premiere (nachtkritik.de wird berichten, natürlich). Die Titelrolle spielt der 66-jährige Gert Voss. Mit ihm hat sich Peter Kümmel zu einem langen Gespräch getroffen, das heute in der Wochenzeitung Die Zeit abgedruckt ist (online ist es derzeit nicht verfügbar).
Über die Modernität des "Wallenstein" sagt Voss: "Alles, was darin mit Hoffnung und Utopie zu tun hat, geht kaputt. Es ist wie heute, übrig bleiben die Pragmatiker." Und zum Stichwort Virtuosität merkt er an: "Schauspiel ist nicht so wahnsinnig schwierig, dass man das Wort Virtuosität bemühen kann. (...) Wenn ich große Entertainer und Musiker im Konzert sehe, dann denke ich: Die sind virtuos."
Und dann spricht Voss über das Publikum: "Applaus ist überhaupt kein Gradmesser mehr, die Leute applaudieren viel beliebiger als früher. (...) Es sitzen nicht Kenner da, sondern Leute, die sagen: Das war ein schöner Abend." Für Voss ein augenscheinlich bedauerlicher Umstand. "Ich finde auch, die Leute lachen immer so schnell."
Das liege freilich auch am derzeitigen Theater selbst: "Heute ist das Theater eine bolleartige Vergnügtheit." Man tue alles, um das Publikum bei Laune zu halten. "Ich habe in so vielen Aufführungen den Eindruck, dass sie sich um das Schwierige drücken." Was auch damit zusammenhänge, wie die Sprache behandelt werde: "Sie dimmen sie so runter, sie schnauzen sie her." Man erkenne noch die Melodie, aber "irgendetwas" stimme nicht.
"Diesen oberflächlichen Kram – man kann ihn nicht ertragen." Und deshalb gebe es auch keine Konfrontation mit dem Publikum mehr: "Das Publikum akzeptiert es – und vor allem konsumiert es."
(dip)
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