Die Form bestimmt kein Bewusstsein

von Hartmut Krug

Leipzig, 5. Oktober 2013. Sechs mächtige, quaderhafte Säulen drehen sich im Halbdunkel, umspielt von Licht und Dunkel. Auf dem Boden malerisch Herbstblätter, Flitter rieselt, in der Luft Wind und Bert Wredes Musik, die immer wieder an diesem Abend den Figuren ihre Emotionen und Haltungen zuweist. Noch bevor das Stück beginnt und ein Wort fällt, streifen ein junger Mann und eine junge Frau zwischen diesen Säulen umher: er mit wuscheligen Haaren, barfuß im blauweiß gestreiften offenen Hemd über Schlabberhosen, sie adrett mit um den Kopf fixiertem Blondhaar im leicht schwingenden bunten Sommerkleid. Dieses erste, hinzuerfundene Bild zeigt den Prinzen und Emilia, sich suchend, kurz findend und dann verschwindend. So erklärt uns Enrico Lübbe gleich seine Sicht auf Lessings Stück und Figuren. Damit ist es das dritte Stück im dreitägigen Auftaktmarathon seiner neuen Intendanz, nach Othello und Grillparzers Des Meeres und der Liebe Wellen, in dem sich Paare verfehlen.

emilia galotti 03 560 rolf arnold uBeeindruckende Optik: Flitter, Licht und Schatten © Rolf Arnold

Lessings "Emilia Galotti" gehört zum Kanon unserer Bühnen, auch wenn nur noch selten genauer begründet wird, was es und seine Figuren uns heute zu sagen haben. Es sei denn, man nimmt sie heraus aus ihrem historischen Korsett. Lessings Tragödie von 1772 um das Bürgermädchen, das gegen den feudalen erotischen Besitzanspruch des Prinzen nur um ihren eigenen Tod zu retten ist, ist in den letzten Jahrzehnten immer wieder neu gelesen worden. Der Prinz ein Machtmensch, der seine Gelüste auslebt, Emilia ein zartes Bürgeropfer, das war die Ausgangslage. Dann wurde nicht nur im Prinzen die Liebe, sondern auch in der am Tage ihrer geplanten Hochzeit (um den Preis des Todes ihres Bräutigams) auf das prinzliche Lustschloss entführten Emilia die Gefährdung durch erwachende Sinne und Sinnlichkeit entdeckt. Seitdem wurden alle möglichen Liebes- und Leidkonstellationen durchinszeniert, wobei der ehrstolze Vater des nunmehr mal wundersam naiven, mal entflammbaren oder gar erotisch selbstbewussten Mädchens, der seine Tochter nur retten kann, indem er sie umbringt, von der tragischen zur traurig-komischen, auf jeden Fall aus ferner Zeit stammenden Figur wurde.

Sauberer Eindeutigkeitswert

Bei Enrico Lübbe kommen die Figuren aus keiner Zeit, sondern aus der Bilderwelt des Theaters. Achtzig Minuten dauert seine Fassung eines Textes, der vier Stunden dauern könnte. Damit ist sie so kurz wie Michael Thalheimers Version (2001, Deutsches Theater), mit der sie auch sonst manches gemeinsam hat. Meinte jedenfalls meine Sitznachbarin in den Beifall hinein. Womit sie nicht ganz unrecht hatte, denn auch Lübbe hat die Figuren und die Geschichte blankgescheuert und die Figuren auf ihre Handlungen reduziert.

Doch wo Thalheimer die Figuren von innen heraus entwickelte, aus ihren widersprüchlichen Haltungen und widerstreitenden Gefühlen, und damit ihren existentiellen Kern freilegte, werden bei Lübbe den Figuren alle Affekte als Effekte von außen angeheftet. Mit Musik, Licht, Ton und viel Atmosphäre. Damit bekommen sie einen sauberen Eindeutigkeitswert, auch wenn im Programmheft das Gegenteil behauptet wird. Und: Der Schauwert dieser Aufführung ist durchaus groß, auch wenn der Erkenntniswert eher klein bleibt.

Vorstellen als Ausstellen

Wir erleben ein sehr schön designtes Vorführtheater. Meist stehen die Darsteller an der Rampe und stellen ihre Figuren erst vor und dann aus. So schwärmt der Prinz zu Beginn vom Auge Emilias wie ein verliebter Pennäler (Ulrich Brandhoff gibt den Liebenden wie ein Theaterzitat) hinein ins Publikum statt zu Marinelli. Der Maler Conti: gestrichen. Der Rat Conti: gestrichen. Dessen Part übernimmt Marinelli (Michael Pempelforth als schleimiger Anzugträger), wenn er zur Unterschrift unter ein Todesurteil auffordert. Doch dem "recht gern" des Prinzen folgt nichts weiter, denn dieser scheint so genug charakterisiert.

emilia galotti 05 280 hoch rolf arnold uDer Prinz (Ulrich Brandhoff) und Emilia (Anna Keil)
© Rolf Arnold
Das Vorstellen der Figuren als ein Ausstellen bestimmt die Inszenierung. Da tanzt der Vater mit an den Körper gepressten, aber beweglichen Armen vor Begeisterung ob der (Aufstiegs-)Hochzeit seiner Tochter, und wenn die verstoßene Orsina (enorm intensiv und konzentriert: Bettina Schmidt) ihren anklagenden Erkenntnismonolog hält, steht sie wie eingefasst in sich selbst vor dem Publikum. In Lübbes Inszenierung erhalten die Schauspieler ihr Darstellungsrecht zugewiesen, und sie nutzen es. Es ist ein ansehnliches Ensemble, dem man durchaus immer wieder gern zuschaut. Nicht, weil man etwas über Menschen erfährt, aber viel über Theater-Theater. Es gibt auch manche Regieeinfälle: Bei der Auseinandersetzung zwischen Marinelli und dem Bräutigam Appiani zwingt dieser den sich anfangs heftig wehrenden Marinelli lange in eine Kussumklammerung, bis Marinelli das Begehren heftig erotisch erwidert, worauf Appiani ihn zu Boden stößt und ausspuckt… Nun ja.

Wohlfühltheater des Irgendwie

Anna Keils Emilia ist vor allem sehnend verwirrt und als Zentrum fast eine schöne Leerstelle. Kaum steht der Prinz hinter ihr, streckt sie die Hand in die Luft zu ihm hin, ist angerührt, scheint zu begehren. Dieser Emilia passiert etwas, aber mit ihr passiert nichts. Sie ist und bleibt einfach eine Spielfigur. Ihr ängstliches "Auch meine Sinne sind Sinne" habe ich weder gehört noch gesehen. Und was uns diese Figur heute erzählen kann, bleibt offen. Dass sie sich in der schlussendlichen Wiederholung der Eingangsszene, jetzt belebt von heftigem erotischen Gerangel, erschießt, erschließt sich nicht aus der Entwicklung einer Figur.

Es ist ein merkwürdiger, vom Publikum deutlich gern angenommener Abend. Der Kritiker hat es nicht leicht, denn Licht, Ton, Bilder, Schauspieler sind mehr als ansehnlich. Doch alles ist allzu äußerlich schick. Was mir die Geschichte und ihre Figuren heute bedeuten sollen, bleibt im Irgendwie. Auf der Bühne löst sich alles auf, wird alles klar, aber warum und wohin, bleibt offen. Es ist eben Vorführtheater, bei dem sich ein Stadttheaterpublikum durchaus wohlfühlen kann. Weil es überhaupt nicht gefordert wird.

 

Emilia Galotti
von Gotthold Ephraim Lessing
Regie: Enrico Lübbe, Bühne: Hugo Gretler, Kostüme: Michaela Barth, Musik: Bert Wrede, Dramaturgie: Torsten Buß, Christin Ihle, Licht: Carsten Rüger, Ton: Alexander Nemitz.
Mit: Anna Keil, Denis Petkovic, Henriette Cejpek, Ulrich Brandhoff, Michael Pempelforth, Jonas Fürstenau, Bettina Schmidt, Maximilian Pekrul, Jonas Steglich.
Dauer: eine Stunde, zwanzig Minuten, keine Pause

www.schauspiel-leipzig.de

 

Hier die Nachtkritik zu Enrico Lübbes Leipziger Eröffnungs-Marathon mit Monster Trucks "Who's there", Dieter Boyers UA von Kathrin Rögglas "Lärmkrieg" und Christoph Mehlers "Othello". Und hier die Nachtkritik zum zweiten Eröffnungsabend mit der Uraufführung von Wolfram Hölls "Und dann" und Franz Grillparzers "Des Meeres und der Liebe Wellen".

Kritikenrundschau

"Theater. Es ist zurück im Schauspiel Leipzig, wie Enrico Lübbe auch in seiner famosen Inszenierung von Gotthold Ephraim Lessings 'Emilia Galotti' bewies", schwingt Irene Bazinger sich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (7.10.2013) zu einer Hymne auf. "Sechs mächtige Säulen auf der leeren Drehbühne sowie raffinierte Lichtregie ließen die Figuren schmächtig und wie Getriebene erscheinen." Nicht nur Verführung sei hier die wahre Gewalt, sondern vor allem die höfische Elite, verkörpert durch den Prinzen von Guastalla. "Obwohl ihn Ulrich Brandhoff wie einen ewigen Waldorfschüler barfuß in Hippiekleidern daherschlenzte, brach er mit Michael Pempelforth als schneidigem Marinelli dem von Denis Petkovic gespielten Vater Emilias nach allen Regeln des Amtsmissbrauchs und der Rechtsbeugung das Rückgrat." Die "gekonnt verdichtete Aufführung" ende "in verzweifelter Dunkelheit".

"Dies war ein Abend ohne schauspielerische Höhepunkte, der einen aber fast nostalgisch berührt, wie feines altes Stadttheater", schreibt Helmut Schödel in der Süddeutschen Zeitung (7.10.2013) über des Intendanten Einstand als Regisseur.

Und Stefan Petraschewsky meint im MDR: "Enrico Lübbe beherrscht seine Theatermittel. Allerdings ist sein effektvolles Theater auch ein effektheischendes Theater. Ein – böse gesagt – Designertheater." Bei dem das Miteinander, das Interagieren auf der Strecke bleibe.

"Motive, Pflichten, Gefühle – sie überlagern und widersprechen sich in den Figuren", schreibt Dimo Riess in der Leipziger Volkszeitung (7.10.2013). Eine Komplexität, die die kompakte Inszenierung kaum ausarbeite. Selten, dass sie von der Linie der Reduktion abweiche, dem Text einen Gedanken hinzufüge. "Dennoch geht ein ansprechender, atmosphärisch dichter Theaterabend über die Bühne." Insgesamt überzeugten die Darsteller, steche vor allem
Bettina Schmidt als verschmähte Gräfin Orsina mit einem "auch sprachlich fokussierten" Auftritt heraus.

Lübbe biete auf der großen Bühne eine intensiv-spannungsvolle Aufführung, so Ute Grundmann in der Sächsischen Zeitung (7.10.2013). Hugo Gretlers Bühnenbild sei eindrucksvoll, "auf der Drehbühne grauschwarze Pfeiler, die sich mal wie Bäume im Wald drehen, in denen der Prinz sehnsüchtig herumläuft", wie Pfeiler der Macht stünden sie im Raum, "und um die geht es in diesem Spiel, das schnörkellos und präzise auf nur ein Ziel gerichtet ist: Emilia von ihrem Bräutigam zu 'befreien' und sie zu verführen".

Reinhard Wengierek schreibt auf Welt Online (7.10.2013) zu "Othello", "Des Meeres und der Liebe Welllen" sowie zu "Emilia Galotti" resümierend und zusammenraffend: Dreimal die "Himmelsmacht Liebe, zerbrochen von den Verhältnissen, den Mitmenschen". Dreimal "Psycho- und Politthriller in einem", dreimal "Schauspielerfutter satt". Drei "aufstrebende, hoch begabte Regisseure", aber "noch keine große Leistung". Dreimal "rabenschwarze Bühne", meist "statisch agierenden Spieler" unter "gleißenden Lichtkegeln in der Black-Box" mit "stark gestrafftem Text". Dreimal überwiegend "Rumsteh-Rede-Antwort-Theater", das "Defizite an schauspielerischer und sprachlicher Intensität" auch noch ausstelle. Dreimal "minimalistisches Abstraktionstheater", comichaft reduziert aufs Nachbuchstabieren des Plots. Alles "allgemeinverständlich, aber wirkungsschwach". Wohl aus "lauter Angst", dem zuletzt "ziemlich beschädigten Publikum" etwas anzutun und als "wilder Aufbrecher" dazustehen, habe man sich "so mutlos wie fantasiearm und rückgratlos" durch die Texte gelabert.

Torben Ibs schreibt in der tageszeitung (8.10.2013), Enrico Lübbes "Emilia Galotti" entpuppe sich als "uninspiriertes Steh- und Sprechtheater". Zumeist stünden die Schauspieler an der Rampe und sprächen den Text "frontal nach vorne, um hin und wieder in ekstatischen Gefühlsausbrüchen zu enden". Nach 90 Minuten sei "der Spuk vorbei und die Frage im Raum: Warum das alles?"

 

Kommentare  
Galotti, Leipzig: Bravo
(Wir haben diesen Kommentar neu zugeordnet. Er erreichte uns gestern, am 5.10.2013, um 21:41 Uhr.)

"Emilia Galotti" - bravo - ganz ohne Einschränkungen!
Galotti, Leipzig: Katastrophe
(Wir haben den Kommentar neu zugeordnet Er erreichte uns am 6.10.2013, um 0:32 Uhr)

Emilia Galotti - die größe Katastrophe, der ich je beiwohnen durfte.
Galotti, Leipzig: Enttäuschend
(Wir haben diesen Kommentar neu zugeordnet. Er erreichte uns am 6.10.2013, um 8:56 Uhr.)

(...) Jubelrufe zu Emilia Galotti? Das veranlasst mich hier ein etwas anderes Stimmungsbild zu zeichnen. Ich bin unter Hartmann gern ins Leipziger Theater gegangen und möchte das auch weiter tun. Enrico Lübbe hat auf jeden Fall eine Chance verdient, auch wenn die Entscheidung für ihn gegen die Empfehlung der Expertenkommission einen nur kopfschüttelnd zurück lassen kann.
Oh, wie enttäuscht war ich dann aber doch von Emilia Galotti gestern Abend. Nicht immer liegt die Würze in der Kürze. Zunächst vielversprechend: Das rotierende Bühnenbild mit dem Spiel von Licht und Schatten, einer antiken Säulenhalle gleichend.
Die Qualität der schauspielerischen Leistung ist auch bei dieser Premiere sehr unterschiedlich. Von Emilias Darstellerin lässt sich vom Rang aus höchstens ausmachen, das sie ganz hübsch ist, schauspielerisch bleibt nichts haften. Angst vor der eigenen Verführbarkeit? Fehlanzeige. Man mag entschuldigend noch anmerken, dass die Regie es so wollte. Stark sind die beiden anderen Darstellerinnen, vor allem die der Orsina, aber auch Emilias Mutter. Mit den männlichen Darstellern tue ich mich noch immer schwer. Nur selten überzeugt hat mich Emilias Vater. Auch wenn es nebensächlich wirken mag: Das Kostümbild hat auf ganzer Linie enttäuscht. Ewig gestrig, langweilig, einfallslos.
Auf dem Weg zur Straßenbahn habe ich zufällig einen weiteren Theaterbesucher hinter mir aufgeschnappt, der treffend meinte, solch eine Inszenierung hätte er vor 10 Jahren in Hof gesehen.
Werde mir sicher Das Höll-Stück und den Grillparzer ansehen, die deutlich vielversprechender klingen. In jedem Fall starte ich aber die Gegenprobe in Dresden, wo Emilia Galotti gestern ebenfalls Premiere feierte (sicher kein Zufall). Ohne voreingenommen wirken zu wollen: Es kann nur besser werden.
Galotti, Leipzig: Grandios
lieber herr krug,
(...), sorry, aber das war gestern abend wirklich grandios! theatertreffen 2014 wieder mit leipzig!
Galotti, Leipzig: Musealisierung?
Das war wieder nichts, nach dem schwachen Othello ist auch Emilia Galotti eine Enttäuschung. Die Schauspieler stehen größtenteils am Bühnerand und sprechen ins Publikum. Schauspiel heißt aber auch SPIELEN und nicht nur rumstehen und Text aufsagen.
Okay, die Bühne dreht sich öfters mal und es gibt ein paar interessante Licht- und Schattenspiele. Aber sonst ist kein Leben in der Inszenierung.
Will Herr Lübbe aus dem Schauspiel Leipzig ein Museum machen?!
Galotti, Leipzig: aktueller Bezug
Wenn das Bühnenbild spärlich ist, haben die Schauspieler Raum, zu zeigen, was sie können. Vielleicht haben nicht alle alles gezeigt, doch es lässt hoffen. Auch mir hat besonders Orsina gefallen und was uns das Stück heute sagen will? Da braucht man nur die Boulevard-Berichterstattung zu verfolgen (was ich nicht tue): Wer wen aus welchen Gründen ehelicht oder nicht - ein einziges Theater voller Auf- und Absteiger. Nicht so gezwungen wie zu Lessings Zeiten, doch eventuell aus denselben Gründen. Und immerhin hatte Lübbes Emilia den Schneid (die Emanzipation?), sich selbst zu erschießen und das nicht ihrem Vater zu überlassen. Ich hätte mir das gern auch länger angesehen, in der Kürze liegt nicht immer die Würze.
Galotti, Leipzig: frühbarockes Präsentiertheater
Ich hatte mir von der ersten Inszenierung unseres neuen Intendanten das erhofft, was die Trailer zu den chemnitzer Stücken versprachen: natürlich kein Theater, welches den Kern des Stückes analysiert, bearbeitet und auf eine neue Ebene hebt, sondern Texttreue, welche ihren Reiz durch ausgereifte Visualisierung erhält - doch bei Emilia Galotti hatte man wohl eher den Anspruch zu Zeiten vor Elizabeth Barry zurückzukehren, frühbarockes Präsentiertheater zu liefern. Die Pose als Hauptmittel, ja als einzigen Eigenentwurf zum Text zu präsentieren, kann man nicht kategorisch ablehnen - aber dass eben jene Pose affig, banal und zudem schlecht gespielt wird, ist ein anderes Thema. Keine Sekunde nimmt man den Darstellern ihre Projektionen ab, die Künstlichkeit des Affektspiels weckt als einzige Emotion das Bemühen, das eigene Zwerchfell zu beruhigen ob dieser Anmaßung. Das Anfängertheater findet seinen Höhepunkt in der lächerlich überlauteten Musik, nichtmal einen vernünftigen Raumklang zu erzeugen vermag das neue Team.
Galotti, Leipzig: sehr gut gearbeitet
Jetzt ist der Premierenmarathon durch, und man darf gratulieren: Bravo an Enrico Lübbe und seine Mannschaft! Gut gemacht! Es wurde wohl kaum je eine Theaterleitung mit mehr Voreingenommenheit empfangen als Ihr, kein Start stand unter einem vermeintlich schlechteren Stern. Ihr habt auf die beste, die einzig mögliche Art geantwortet: Ihr habt gearbeitet, und das sehr gut. Das Haus steht. Respekt!
Galotti, Leipzig: Besetzungsfrage
Frage: Saß der Kritiker nicht in der Leipziger Findungskomission? Und war gegen Lübbe und für den Agitprop-Chorbrüller? Warum schicken Sie, liebe nachtkritik-Redaktion, dann diesen voreingenommenen Kritiker zu Lübbes Arbeit? Darf man das mal fragen?
Emilia, Leipzig: Dresdner Emilia
Eine recht frische und freche Emilia gab es gestern in Dresden. Lea Ruckpaul ganz grossartig. Lohnt mit Sicherheit den Vergleich.
Galotti, Leipzig: da ist was faul
Lese gerade diese Seite! Was ist denn hier los? So ein großartiger Abend gestern! Und der Saal hat gebebt vor Jubel wie lange nicht mehr in Leipzig. Und ein - Entschuldigung - blinder Kritiker darf so einen Text schreiben? Hier ist doch was faul im Staat Theaterkritik?!?!
Galotti, Leipzig: Beifall im Centraltheater
Wie lange nicht mehr gejubelt? Das kann nur jemand sagen, der in den letzten Jahren zuhause geblieben ist. Der frenetische Beifall nach 'Krieg und Frieden', nach 'Angst' oder 'Publikumsbeschimpung' kann schwerlich in Vergessenheit geraten.
Galotti, Leipzig: zur Besetzung
@ Fragender
Genau diese Frage hatte ich heute früh auch schon formuliert. Leider ist sie nicht online gestellt worden. Ich sehe hier auch eine gewisse Voreingenommenheit am Werk. Und möchte mich deshalb der Frage an die Redaktion anschließen, warum ausgerechnet Herr Krug?
Galotti, Leipzig: Antwort Redaktion zur Besetzung
Lieber Fragender,
selbstverständlich darf man das fragen.
Wir haben versucht, bei der Besetzung der Eröffnung der neuen Leipziger Intendanz zwei Gesichtspunkte zu berücksichtigen:
1. Alle drei Abende zu besetzen.
2. Alle drei Abende mit verschiedenen Kritikern zu besetzen.

Nun ergab sich die Situation, dass wir in Anbetracht einer schwierigen Auftragslage (Krankheiten einzelner Kritker, andere Kritiker hatten bereits Exklusiv-Veröffentlichungen mit dritten Medien vereinbart) für den Lübbe-Abend Hartmut Krug als den besten und erfahrensten Autor und einzigen Autor besetzen konnten, auch wenn wir ihn damit möglicherweise in ein schiefes Licht rücken würden, weil er vorher in der Besetzungskommission gegen Lübbe als Intendanten votiert hatte (das trifft nicht zu. Krug hatte sich in der Kommission, das schreibt er auch selbst, dafür stark gemacht, dass Lübbe in der Endauswahl zum Zuge kommt - jnm, 8.10.2013)und das auch bekannt war.

In dieser blöden Lage, beim Auftakt der Lübbe-Intendanz ausgerechnet den Abend des neuen Hausherrn nicht besetzen zu können oder einen Autor zu betrauen, der der Besetzungs-Kommission angehört hatte, haben wir uns für Letzteres entschieden.

Ich persönlich finde, dass der Text von Hartmut Krug sehr deutlich das Ringen des Autors um Ausgewogenheit zu erkennen gibt.
Es ist uns bekannt, dass der Theaterkampf in Leipzig besonders heftig tobt.
Jedoch: Hartmut Krug und nachtkritik.de verbohrte Parteilichkeit und Voreingenommenheit vorzuwerfen, ist schlicht verfehlt.

Mit freundlichem Gruß
Galotti, Leipzig: unangemessene Vorwürfe
Warum nicht? Ein Mann, der sich dem Thema verschrieben hat gerade als Teilnehmender der Kommission, der sich hier noch sehr, sehr wohlwollend geäußert hat. Wenn selbst die LVZ Mängel findet, kann man sich von der Nachtkritik keine Speichelleckerei erhoffen. Man kann Herrn Krug nun kaum vorwerfen, dass er die Meinung, welche er bereits vor Intendanzbeginn zu Lübbe vertreten hat, hier ausspart.
Galotti, Leipzig: der Kritiker antwortet
Ja, der Kritiker saß in der Findungskommission, die beratende Funktion hatte. Dabei hat er, der Enrico Lübbes Arbeit aus Chemnitz kannte, manches schätzte und anderes nicht, mit dafür gesorgt, dass Enrico Lübbe in die letzte Kandidatenrunde kam. Warum sollte daraus jetzt eine (negative) Voreingenommenheit entstehen, auch wenn er sich zuletzt mit einer Mehrheit der Kommission für einen anderen Kandidaten ausgesprochen hat? Außerdem ging es in der Kommission um die Position eines Intendanten, nicht um ein Urteil über den Regisseur Lübbe. Und noch etwas: Das mag etwas pathetisch klingen, aber eine der wichtigsten Eigenschaften des Kritikers ist die Offenheit gegenüber allen künstlerischen Positionen. Nun hat der Kritiker mit der ersten Leipziger eine Inszenierung Lübbes beschrieben und begründet kritisiert. Setzen Sie sich mit der Kritik inhaltlich auseinander. Denunzieren Sie den Kritiker nicht, diskutieren Sie mit ihm oder argumentieren sie gegen seinen Text.

Hartmut Krug
Galotti, Leipzig: Nachfrage
Lieber Herr Krug,
ich empfinde die Kritik durchaus als seriöse geschrieben. Trotzdem muss die Frage erlaubt sein, ob es nicht doch einen Interessenskonflikt gibt. Zumal Nachtkritik es ja auch nötig fand, den offenen Brief der Kommission unter der Kritik des ersten Abends nochmals zu zitieren. Bei einem Richter spricht man in solchen Fällen von Befangenheit und ich finde nicht, dass das mit Denunziation zu tun hat, wen man darauf hinweist.
Eine über die Empfindlichkeit des Kritikers über Kritik Erstaunte

(Liebe "Eine Erstaunte",
was ist jetzt der Punkt?
Dass Hartmut Krug erklärt hat, was er an dem Abend misslungen findet? Dass er also überhaupt den Abend nicht gelungen findet? Dass nicht sein darf, was Sie nicht wollen? Krug hat vorgeschlagen, Argumente zu geben. Geben Sie Argumente!
nikolaus merck)
Galotti, Leipzig: vermisse Glaubwürdigkeit
Ist die Besetzung der ersten Eröffnungskritik auch Ihrer "blöden Lage" zuzuschieben? Dieser Kritiker des Leipziger Stadtmagazins hatte im Vorfeld ja auch schon viel zur Vorverurteilung der Lübbe-Manschaft getan?! Und das wissen Sie, hat er doch auch Ihr Portal mit vertraulichen Internas (das mysteriöse Bewerbungsschreiben...) gefüttert und viel Vorverurteilung provoziert. Diese Kritiker-Besetzung lässt die Glaubwürdigkeit Ihres Forums leider auch dort vermissen?!

(Sehr geehrte Dame, sehr geehrter Herr,
was denken Sie? Dass nachtkritik.de damit beschäftigt wäre, Listen von liebsamen und unliebsamen TheatermacherInnen anzulegen und dann nach diesen Listen versuchte, in Östereeich, der Schweiz und Deutschland und besonders in Leipzig Einfluss zu nehmen, liebsame TheatermacherInnen auf Posten zu schreiben und unliebsame durch schlechte Kritiken abzuschießen? Glauben sie, wir hätten nichts anderes zu tun? Ich weiß nicht, was in Ihnen vorgeht.
Mit freundlichem gruß
nikolaus merck)
Galotti, Leipzig: Wo waren Sie die letzten 5 Jahre?
Sie werfen Lübbe vor, "die Form bestimme keine Bewusstsein"??? Wo waren Sie die letzten fünf Jahre? Da war NUR opulenter Bühnenschnickschnack, Null Inhalt oder Aussage! Musik, Laut, Nebel, Gebrüll! Und da fanden Sies gut? Ich wurde gestern endlich mal wieder berührt und war total positiv überrascht, wie nah dieses uralte Stück mir ging. Von mir ganz klar DAUMEN HOCH!
Galotti, Leipzig: Verschwörungstheorie beiseite
zu 18.

Bitte mal die Verschwörungstheorie beiseite lassen. Für die Besprechung des ersten Abends war ein anderer Kritiker vorgesehen, der aber krank wurde. Tobias Prüwer ist kurzfristig eingesprungen. Mehr steckt nicht dahinter.
Galotti, Leipzig: Entscheider faulen aneinander
Herr Merck, Herr Krug,

in meiner Kindheit hatten wir mal einen Obstgarten, wir suchten die besten Äpfel und Birnen aus und legten sie in den kühlen Keller in ein großes Regal. Man musste sie mit einem gebotenen Abstand zueinander dort ablegen. Das kostete Raum. Lagen sie jedoch zu eng bei einander, war eventuell ihre Anzahl höher, doch sie faulten einem noch vor der Zeit alle dahin.

So ist es mit denen, die über das Schicksal von staatlichen Theatern entscheiden. Sie liegen alle zu dicht bei einander und faulen aneinander weg. Unnützes Obst, das keiner mehr essen mag.

Man muss die Dinge schon auseinander halten und nicht alles untereinander vermengen. Sonst erhält man Jam. Vierfruchtmarmelade. Und ale fragen sich, ist es Himbeer, Brombeer, Kirsche oder Erdbeere?

Wer soll sich denn bei den Vernetzungen untereinander als Zuschauer noch auf wen verlassen?!
Galotti, Leipzig: davon wid bleiben: wenig
Sobald sich die Aufregung in Nachtkritik um die ersten Premieren gelegt hat, wird leider keiner mehr groß Notiz vom Schauspiel Leipzig nehmen. Denn was bisher gezeigt wurde, ist nicht der Rede wert. Sicher, die Stadt wollte das so, damit sie bei den Bürgern nicht aneckt. Aber wer in der Kunst nur auf Traditionen setzt, macht das Schauspiel früher oder später entbehrlich.
Galotti, Leipzig: vermeiden, was voreingenommen aussieht
Lieber Nikolaus Merck, lieber Hartmut Krug, ehe die Gereiztheit zunimmt - ein Vorschlag zur Güte. Krugs Antwort an seine Kritiker unter Nummer 16 enthält ja ein paar allgemeine Aussagen, zu denen man schon Stellung nehmen kann, ohne die aktuelle Besprechung zu zerpflücken. Gerne wollen wir Hartmut Krug glauben, dass er gegenüber allen künstlerischen Positionen offen ist. Dass das pauschal von allen Kritikern behauptet werden kann, darf man bezweifeln. Befangenheit, Ressentiments, Rechthaberei, auch subtile Bestechlichkeit gehören zum journalistischen Alltag, den man freilich immer nur bei anderen, nie bei sich selbst bemerkt. Deshalb der Vorschlag, das Vertrauen, das Hartmut Krug für sich beansprucht, auch allen anderen Kritikern gegenüber aufzubringen und jede Vermutung als Unterstellung zurück zu weisen, die suggeriert, ein Kritiker, eine Kritikerin habe sich auf jemanden eingeschossen, würde an jemandem nie ein gutes Haar lassen, kurz: sei mit Vorurteilen ins Theater gegangen. Nur wenn diese Regel für alle gelten soll, kann auch Krug sie für sich beanspruchen. Ansonsten ist es tatsächlich besser, schon im Vorfeld alles zu vermeiden, was nach Voreingenommenheit aussehen könnte.
Galotti, Leipzig: Reaktion auf Redakteur + Kritiker
Lieber Herr Merck,

Ihre Reaktion und die von Herrn Krug hier "stadelamiert" aber schon ganz schön. Keiner möchte Herrn Krug den Spiralblock wegnehmen. Aber wenn auf mein Argument (!) eines möglichen Interessenkonflikts, den ja offensichtlich nicht nur ich empfunden habe, eine solche Reaktion kommt, frage ich mich, wie weit es mit der Fähigkeit der Kritiker ist, Kritik einzustecken. Und es geht eben nicht immer nur um den Inhalt einer Kritik, sondern manchmal auch um die Umstände der Entstehung. Aber da können wir uns jetzt noch ein Dutzend Beiträge lang im Kreis drehen, den Tonfall Ihrer Reaktionen jedenfalls finde ich nicht angemessen und damit ist es gut zu von meiner Seite zu dem Thema.
Galotti, Leipzig: szenische Kopien
Geht es hier um die Kritik an der Kritik eines Kritikers ?
Bleiben wir doch beim Theater, beim gestrigen Abend im Schauspiel Leipzig.
Bleiben wir bei den Fakten.
Fakt ist:
Mehrere szenische Einfälle sowie die Spielweise einzelner Schauspieler wurden 1:1 von Michael Thalheimers "Emilia Galotti" am DT aus dem Jahre 2001 kopiert.
Insbesondere der emotionale Ausbruch des Marinellis ( Hemd aufreißen, auf dem Boden schreiend, kotzend) sowie die rückwärts suchende Hand von Emilia sind nahezu identisch in beiden Inszenierungen.
Gerade diese markanten Stellen aus Thalheimers "Galotti" sind zweifelsfrei auf der allgemein erhältlichen DVD der ZDF-Theateredition erkennbar.
Demzufolge drängt hier die Frage des Plagiatsvorwurfes auf.

Wäre darüber eine sachlich nüchterne Diskussion möglich ?
Galotti, Leipzig: Kritik bringt es auf den Punkt
@Kopfschütteln: möglich sicher, aber wozu soll das gut sein?

Hartmut Krug bringt alles auf den Punkt. Hinter diesem Schleier lauert kein Geheimes, keine blaue Blume, nicht mal der Tod. Sondern eine leere Bühne mit der Glühbirnen-Schrift "Erfolg". Ist doch immerhin was, nach dem Ende der Geschichte.
Galotti, Leipzig: Bringen Sie Argumente
Was wollen Sie eigentlich? Was stört Sie? Dass es einen "Interessenskonflikt" gibt? Ja, und? Was folgt daraus? Sind Sie frei von solchen Interessenskonflikten, wenn Sie hier Kommentare schreiben? Wirklich? Ich glaube nicht. Ich glaube, Sie wollen skandalisieren und Probleme schaffen, warum, das werden Sie wissen. Spielen Sie mit offenen Karten, sagen Sie, was Sie wollen und bringen Sie Argumente gegen den Text von Krug - dann kann man weiterreden. Und wenn Sie anderen einen bestimmten "Ton" vorwerfen - lesen Sie mal in Ruhe und mit bisschen Distanz, was und wie Sie schreiben, ehe Sie anderen "Töne" vorwerfen. Im Gegensatz zu Ihnen sind die Antworten von Merck und Krug sachlich, mit Argumenten und offen. Übrigens kann man Richtern nur Befangenheit vorwerfen, wenn es dafür einen begründeten Anlass gibt, ein vermuteter Interessenskonflikt reicht hierfür nicht aus. (Lesen Sie es nach, offenkundig sind Sie Laie in juristischen Fragen.) Vielleicht sollten Sie nicht immer vermuten, dass alle anderen genauso von verdeckten Interessen geleitet werden, wie Sie das offenbar bestens kennen, warum, werden Sie bestens wissen.
Galotti, Leipzig: Theatervölkerschlacht
Die Theatervölkerschlacht zu Leipzig?
Offenbar werden hier keine Gefangenen gemacht. Die Recht- gegen die Altgläubigen, bis einer heult.
Mannmann, ich dachte immer, Theaterbesucherinnen und -außen wären kultivierte Leute.
Immerhin, dieser Glaubenskrieg macht mich neugierig, auch wenn ich nicht glaube, dass die Dresdner "Emilia", die zur selben Stunde premierte, zu toppen sein wird.
Galotti, Leipzig: Fotohörbuch
meer, emilia und othello hätte man als hörbuch spannender gefunden. bühne hätte man fotografieren können und als bilder auf eine leinwand projiziert - das wäre dann noch interessant gewesen.
Galotti, Leipzig: einschlafen statt aufregen
mittlerweile ist man ein wenig bestürzt, wenn man den austausch hier verfolgt. zuerst möchte ich sagen, dass ich als premierengänger mir fast alle premieren unter der neuen leitung in den vergangenen tagen angeschaut habe, genauso wie ich mir die premieren der letzten jahre ansah.

1. verschiedene kritiker haben sich zu allen stücken geäußert, die unmöglich alle der neue leitung unter herrn lübbe am schauspiel leipzig negativ gesinnt sein können.
2. von einem kritiker wünscht man sich, dass er nicht nur in einer stadt theater schaut, sondern sich auskennt, da die theaterlandschaft vielfältig ist. ich denke gerade h. krug ist einer der renomiertesten theaterkritiker im deutschsprachigen raum, der seine kritiken klug und gut überlegt formuliert.
3. noch kann man sich in deutschland (auch mit viel geld und den nötigen leuten) nicht alles kaufen - leider auch keine gute inszenierung - und erst recht keine gute kritik für unverdiente arbeit.
4. premierenpublikum ist fast immer sehr wohlwollend - meist auch mehr wollend zu späterer stunde (freunde, verwandte, bekannte und viele theaterleute).
5. die kritiken und beschimpfungen bis ende hartmann-leitung sind nicht vergessen. es finden sich immer menschen, die unterschiedlicher meinung sind (zum glück)
6. ein theater, welches polarisiert, ist immer ein lebendiges theater.

erstmal glückwunsch dem haus zu den ausverkauften premieren. es scheinen viele menschen auf die vielfalt, welche e.lübbe versprach,neugirig gewesen zu sein. nachdem jetzt die menge an kritikern wegfallen, bleibt abzuwarten, ob dieses niveau an zuschauern gehalten werden kann. sehr schade fand ich, dass in den drei inszenierungen, welche ich gesehen habe, die vielfalt nicht kenntlich gewesen ist. othello, wellen und emilia waren in ihrer kürze, reduktion von spiel und fokus auf die sprache bzw. den übrig gelassenen text sehr ähnlich. drei abende ohne vielfalt aber mit einer menge an langeweile und belanglosigkeit. drei stücke deren emotionslosigkeit und künstlichen ausbruüche mich an den rand der verzweiflung gebracht haben. eine installation (bilder oft sehr schön) mit den eingesprochen texten hätten auch gereicht. selbt ein hörbuch hat mehr spannung und aussagekraft.wenn man spieler so geduziert, warum diese dann auf die bühne stellen und sie dermaßen ausstellen? das unwohlsein der spieler mit dem wissen um das nichtwissen, was sie dort spielen, war mehr als deutlich - fremdschämen entwickelt hier ungeahnte möglichkeiten. desdemona, emilia, hero, othello, jago, prinz ... ein reigen an schauspielern ohne charisma. und wenn man das gefühl hatte, der spieler kann doch, dann wurde es wie am beispiel der orsina innerhalb von minuten durch die regie im keim erstickt. ich hoffe sehr, dass herr lübbe diese arbeiten nicht dem begriff vielfältigkeit zuordnet. bei hartmann könnte man sich aufregen, wenn es einem nicht gefallen hat - bei lübbe schläft man ein ...
Galotti, Leipzig: Zwischenruf
Solch ein Gemetzel möchte ich (nicht) sehn ...
Pardon, aber aus 100 km Luftlinienentfernung erlaube ich mir diesen Zwischenruf:
http://teichelmauke.me/2013/10/06/die-theatervolkerschlacht-zu-leipzig/
Galotti, Leipzig: theatraler Nebel
@sandrozimmermann: Wußte gar nicht, dass die DDR wieder auferstanden ist? Sobald man seine Meinung äußert, befindet man sich im Klassenkampf?!

Vielleicht liegt es aber auch an der 100 km Luftlinie oder am theatralen Nebel, dass Ihnen die klare Sicht auf das Leipziger Kulturgeschehen im Schauspiel fehlt?
Galotti, Leipzig: zicke zacke
Lieber Thomas Rothschild,
Ihre Ehrenrettung in Ehren und unter meiner Befürwortung, aber ich bezweifle, dass es im deutschsprachigen Mentalitätsraum je ohne Gereiztheit in Sachen Konfliktmanagement abgehen kann. Es ist doch schlichtweg lustig zu lesen "der Saal hat gebebt vor Jubel wie lange nicht mehr in Leipzig" und "ein (...) blinder Kritiker darf so einen Text schreiben?" (11) - man beachte hier die Kombination aus "Kritik" und "dürfen" im Kontrast zu "Saal", "beben" und "Jubel"! - hab ich doch gleich wieder dieses "Zicke zacke zicke zacke (usw.)" im Ohr. In ihrer Antwort verweist die Redaktion dann auf den herbstbedingten Schnupfen. [Großartig!] Folgerichtig setzt die Nr. 15 auf die LVZ als Herr der Lage [grammatisch eher Frau der Lage], wobei sich Herr Krug dann sachlich richtig auf die Vermischung der strukturellen Ebene mit der formal/inhaltlichen Ebene einer Theaterabendkritik in 15 einlässt und auf der sprachlichen Ebene nach Argumenten verlangt.Und was kommt dann? Richtig: die Kriterien für Theaterkritikkritik "Empfindung" und "Seriösität"! (Brüller!) - Und ganz in der Tradition totalitärer Lebensentwürfe folgerichtig drauflos geredet mit dem Konektor "Trotzdem"! Ja! Trotzdem "Interessenskonflikt" und gegenübergestellt "Zumal" und "nötig fand" - die totale Lösung für Konflikte hier: der Richter [wie immer Männerfeindlich, grammatisch männlich] - fehlen dürfen nicht "Befangenheit" und "Denunziation" - na ja und Herrn Baucksens Obstgarten lasse ich mal außer Konkurrenz laufen! Was ich mir wünsche? Richtig: Französische Zustände!
Galotti, Leipzig: bitte kein Radau
@Sandro Zimmermann

Ich dachte eigentlich, Dresden hätte seine Vergangenheit als Residenzstadt allmählich hinter sich gelassen, aber als ich deinen offensichtlich aus Dresdner Perspektive geschriebenen Kommentar zur "Leipziger Theatervölkerschlacht" las, kamen mir Zweifel. Kennst du das alte Wort von der Stadt, in der jedermann von einem Höfling abstammt? Das fiel mir spontan ein.
Mein Vorschlag wäre, besser keine Kriegs-Metaphern zu bemühen in diesem Zusammenhang. Nur weil hier auf nachtkritik und vielleicht auch andernorts über den Auftakt der Intendanz Lübbe gestritten wird, muss man das noch lange nicht zur "Theatervölkerschlacht" aufblasen. Solche begrifflichen Eskalationen kann man doch eigentlich der Boulevardpresse überlassen. Sie machen bloß Radau und bringen in der Sache nichts.
Galotti, Leipzig: köstliche Kommentare
Herrlich, herrlich, diese Kommentarzeile! Leipzig und sein Theater werden mehr und mehr zur lustigen Klamottenkiste. Auf jeden Fall weiß man nach dem lesen vieler Jubel-Trubel-Erfolg-Einträge hier, womit die Theaterleitung Sonntagabend und Montagmorgen verbracht haben. Und wenn die Kritik nicht passt, wird einfach der Kritiker kritisiert. Leipzisch, Leipzisch ... Weiter so! Einfach köstlich.
Galotti, Leipzig: Grenzen der Konfliktbereitschaft
Lieber IM Lustig, Sie haben ja recht. Eigentlich ging es mir in erster Linie um Hartmut Krugs scheinbar pauschalisierende (in Wahrheit wohl den Autor selbst meinende) Behauptung, eine der wichtigsten Eigenschaften des Kritikers sei die Offenheit gegenüber allen künstlerischen Positionen. Die ist doch durch Erfahrung und historische Überprüfung schnell zu widerlegen. Eduard Hanslick - offen gegenüber allen künstlerischen Positionen? Alfred Kerrs Äußerungen zu Max Reinhardt - offen gegenüber allen künstlerischen Positionen? Friedrich Torberg und Hans Weigel, die über Jahre hinweg Brecht-Aufführungen verhindert haben - offen gegenüber allen künstlerischen Positionen? Auf die Gefahr hin, des moralischen Rigorismus geziehen zu werden (den allerdings einige von mir geschätzte Redakteure teilen): ich fände es begrüßenswert, wenn Kritiker keine (bezahlten oder unbezahlten) Aufträge von Institutionen annähmen, deren Arbeit sie kritisch zu beobachten haben, wenn sie den persönlichen Umgang mit Künstlern mieden, deren Leistungen sie zu beurteilen haben, wenn sie sich nicht in Findungskommissionen für Leitungspositionen begäben, deren Output sie - ob sie nun für oder gegen den schließlich Gewählten gestimmt haben - später zu besprechen haben. Wie, wenn nicht mit Befangenheit, will man die Tatsache erklären, dass Kritiken am Ort, in der lokalen und regionalen Presse, im Schnitt freundlicher ausfallen als die überregionalen Besprechungen? Könnte es sein, dass die unbewusste Furcht vor der Begegnung mit den Akteuren beim Einkaufen zwar nicht die Offenheit gegenüber ästhetischen Positionen, aber die Konfliktbereitschaft außer Kraft setzt? Aber das geht nun über das Thema hinaus. Auf Hartmut Krug trifft genau dies offenbar nicht zu.
Galotti, Leipzig: was zählt
Soviel Krawall um eine Intendanz, das ist doch bemerkenswert, weil es zeigt zum x Mal, was heute zum wichtigsten Bestandteil des Theaters zu werden droht - Namen. Nebenbei wird Lessing vermurkst, von allen Beteiligten offenbar, denn selbst Krug munkelt von dem "Bürgermädchen Emilia" und auch er weiß so rechtes mit dem Lessing-Text nichts anzufangen, ob das freilich ein guter Startpunkt für eine Rezension ist, das bleibt zumindest fraglich...
Galotti, Leipzig: Kritik an der Kritik geboten
Was für ein langes Nachzittern! Möchte zu Herrn Büscher nochmals etwas sagen, aber mich vorher als zahlender Zuschauer (Reihe 11, Parkett rechts, u.a.) outen, der mitgefiebert hat an diesem Premierenwochenende und das Gefühl hatte, damit bei weitem nicht alleine gewesen zu sein. Mich überkommt bei der Lektüre dieses Wortwechsels hier ein anderer Verdacht als Ihnen, Herr Büscher: Da wurde berechtigt und in einem fairen Ton auf einen Interessenkonflikt auf Seiten der Kritik hingewiesen. Vielleicht kam der Hinweis sogar aus Kreisen der Theaterleitung, das weiß ich nicht, aber selbst wenn es so gewesen wäre - wer mag es ihnen verübeln? Der Fakt wurde ja nicht in Abrede gestellt. Doch seither investiert man viele Worte und viel Energie, diesen Umstand als unbedeutend darzustellen und rechthaberisch an dem festzuhalten, was hier manche zu sagen sich vorgenommen haben, sowas im Sinne von «Es war aber trotzdem Scheiße!» Ich finde - wie viele andere auch, Zuschauer wie Presse, dass es überhaupt keine Scheiße war, auch wenn es hier noch so oft und variantenreich wiederholt wird. Und ich finde auch, dass die Herren Krug, Merck und Prüwer sich den Schuh einfach anziehen sollten, ohne weiter groß zu tönen. Kritik an der Kritik ist vielleicht uncool, aber in diesem Fall nicht nur berechtigt, sondern absolut geboten.
Galotti, Leipzig: im Rückzug
Lieber Thomas Rothschild, ja und ja, da treffen Sie die Deutsche Misere wie den Nagel auf den Kopf! Ich könnte jetzt noch über den Verblödungsprozess in Sachsen reden, wo die Subventionierung von 200JAHREVÖLKERSCHLACHT IN ZWEI WOCHEN STEIGT DAS EVENT 120000GÄSTE ERWARTET unter Kulturpolitik läuft, was aber auch zuweit weg vom Thema führt. Im Rückzug, grüßt, herzlich, IM Lustig
Galotti, Leipzig: Vorwurf an der Sache vorbei
@Bobby

Es wäre schön, wenn man nicht einfach überlesen würde, was Hartmut Krug in seiner Antwort (oben) erklärt hat. Deshalb nochmal zum Mitschreiben: Krug war als Mitglied der Findungskommission F Ü R Lübbe, nicht gegen ihn. Er war einer von denen, die ihn in die engere Wahl gezogen haben. Erst in der letzten Runde hat Krug einen anderen Kandidaten vorgezogen. Aus diesem Vorgang nun den pauschalen Vorwurf der Befangenheit zu stricken und die Integrität des Kritikers anzuzweifeln, geht an der Sache vorbei.
Außerdem gebe ich zu bedenken: Die Forderung, dass ein Kritiker, der als Mitglied einer Findungskommission an einer Intendantenkür beteiligt war, generell nicht mehr über die Arbeit dieses Theaters und dieses Intendanten schreiben dürfe, hätte eine bedenkenswerte Folge. Es würde nämlich darauf hinauslaufen, dass ausgerechnet diejenigen als Kritiker ausfielen, die zu den profunden Kennern dieses Theaters gehören, weshalb sie ja unter anderem berufen wurden.
Galotti, Leipzig: wünsche mir keine Zitterbacke 2.0
Lieber Bobby,
ich habe gar nichts gegen die neue Intendanz (...). Ich finde ihre Kritik am Kritiker auch nicht uncool, nur bekloppt. Wie sehr hier die vermeintliche Befangenheit eines Kritikers zum Thema wird, sobald er eine Inszenierung verreißt oder auch nur als mangelhaft beurteilt, finde ich einfach lustig. Was denn sonst? Was wäre gewesen, wenn er die Premiere hochgelobt hätte? Wäre dann ihr Weltbild verrutscht? Ich amüsiere mich anderseits auch über die Verrenkungen von nachtkritik, den Kritikauftrag an Herrn Krug irgendwie als logistischen Unfall darzustellen, anstatt einfach zu sagen: "Sacht ma´ Leute, habt ihr sie eigentlich noch alle stramm da in Leipzig?" Ich würde aus Krug-Kritiken auf dieser Seite einen wachen, unvoreingenommenen und fachkundigen Geist herauslesen. Lustig ist doch, wie sehr diese Kritik zum Politikum wird, sobald sie all denen nicht passt, die das Schauspiel Leipzig jetzt, nach dem angeeckten Herrn Hartmann, um jeden Preis supi-dupi-absolute-extra-Spitzenklasse-mit-Pommes-Majo finden MÜSSEN. MÜSSEN! Nur um sagen zu können: "Seht ihr, ihr scheiß Kunstfuzzis, was wir euch die ganzen Hartmann-Jahre gesagt haben: Das hier ist richtiges Theater! Dann klappts auch mit uns Abonnenten!" Lustig ist, dass die Hähnenkämpfe in Leipzisch um die Meinungshoheit in Sachen Theater scheinbar also weitergehen, nur seitenverkehrt. Ich wünsche mir in jedem Fall, dass eines nicht eintritt, was sich die städtische Kulturpolitik mit der Ernennung des neuen Intendanten sicher von Herzen wünscht: Ruhe und Gediegenheit rund um sowas langweiliges wie eine Guckkastenbühne, ein Reclamtheater zum Vorschlafen und Nachlesen, einen Alfons Zitterbacke 2.0, wenn schon nicht mehr für kleine Kinder, aber doch bitte für gesetzte große Bürger.
Galotti, Leipzig: erster Skandal in Le
ERSTER SKANDAL AM SCHAUSPIEL LEIPZIG
Auf eine Kritik des Rezensenten Harmut Krug wurde nach Auskunft des Informanten "Bobby" offenbar "geboten". Der Oberbürgermeister zeigte sich in einer ersten Stellungnahme bestürzt, weil er mit seinem Tipp wieder mal daneben lag. Der Kulturbürgermeister zeigte sich überrascht, dass es in Leipzig überhaupt ein Theater gebe. Die Polizei konnte inzwischen einen Wettring aus 62 Altabonnenten und Standardtänzern der euro-scene ausheben, die durch überhöhte Einsätze schlechte Kritiken an ihrem Schauspiel Leipzig in Zukunft von vornherein ausschließen wollten. Die LVZ kündigte an, dass die morgige Ausgabe ohne Klturteil erscheinen werde, man sei mit dem Sachverhalt einfach total überfordert.
Galotti, Leipzig: Trauer
Gehe ab sofort lieber wieder ins Centralheater. Gute, alte Zeit bis du wirklich schon um?
Galotti, Leipzig: so wird auch Politik gemacht
@ Bobby
Genauso fadenscheinig, wie sie die Kritik von Herrn Krug finden, müssen sie dann aber auch die Kritik von Frau Bazinger finden. Die muss als Mitarbeiterin von Herrn Stadelmaier das Schauspiel Leipzig der nach Hartmann Ära einfach ganz, ganz toll finden, daß die FAZ, so hieß es doch immer, während der fünf Jahre der Spiralblockentreißer nicht ein Mal besucht hat. So wird dann eben auch Politik gemacht, oder?
Galotti, Leipzig: Künstlerischer Abstieg?
Ich amüsiere mich mittlerweile auch über die Leipziger Befindlichkeit, die einfach nicht wahrnehmen will, dass dieser Eröffnungsreigen in der überregionalen Kritik als Misserfolg wahrgenommen wurde. Ein Kritiker kann irren, natürlich, aber im Gesamtbild ALLER Kritiker (und über zu wenig Aufmerksamkeit kann sich Herr Lübbe nicht beschweren) hat sich noch immer ein recht objektives Bild ergeben. Die künstlerische Abstieg Leipzig ist keine Behauptung mehr, er ist nach diesem Wochenende eine Realität .
Galotti, Leipzig: Kloßbrühe
Das ist doch so klar wie Kloßbrühe, dass jemand der in der Berufungskommision saß, nicht gleich über die Eröffnungsinszenierung schreiben sollte.
Galotti, Leipzig: gute Kunst braucht keine Kür
Intendantenkür?! Ist ihnen schon mal aufgefallen, dass gute Filme, Bücher und Bilder, Skulpturen und Installationen ganz ohne so eine Kür auskommen.

Und gute Kritiker urteilen, aber sie entscheiden nicht.
Galotti, Leipzig: gute Kritiker, schlechte Kritiker
Das ist ein Wort: Gute Kritiker urteilen, aber sie entscheiden nicht. -
Und um so weniger schlechte Kritiker.
Galotti, Leipzig: Wirtshausschlägerei
Aua!
Ja, schon klar, wenn man einer Wirtshausschlägerei unter Einheimischen als Tourist beiwohnt, sollte man sich tunlichst raushalten, sonst kriegt man gleich mit auf die Fresse. Auch wenn man eigentlich nur schlichten wollte ...
Meine Anmerkungen, dies sei nur noch mal ins blutige Taschentuch gesprochen, bezogen sich ja nicht auf die durchaus auch vorhandenen inhaltlichen Auseinandersetzungen, sondern auf die Verbalattacken auf Personen (beider Lager), die hier geritten werden. Das sollte man selbst im Schlachtgetümmel unterscheiden können.
Wenn Ihr dann alle mal aus Auerbachs Keller wieder ans Licht gestiegen seid, meldet Euch bitte beim Sani.
Und nein, da ich eher aus Wallensteins Lager komme, war besagter Höfling in meine Ahnenkette nicht involviert.
Galotti, Leipzig: Theaterlandschaft braucht Kritiken wie ...
Ohne Kür? Mitnichten, wer transportiert denn die Informationen, welche Stücke gerade besonders ungewöhnlich an den deutschen Theater sind? Wonach soll sich denn ein Theater-Enthusiast, Dramaturg oder Journalist orientieren, wenn er überlegt wohin er sich ein ICE-Ticket kaufen soll? Im Gegensatz zum Kino ist es schon aufgrund der räumlichen Entfernung nahezu unmöglich alle Produktionen an den deutschen Sprechbühnen zu sehen. Die deutsche Theaterlandschaft braucht möglichst viele Theaterkritiken wie die Luft zum Leben. Pech für Leipzig, wenn nach dieser von sehr vielen Kritikern besprochenen Premiere die ICE-Tickets lieber woanders hin gebucht werden, so kann das gehen...
Galotti, Leipzig: seltene Euphorie von FAZ und SZ
Naja, dass FAZ und! Süddeutsche Zeitung die Eröffnung euphorisch bzw. sehr gut besprechen, hatte man in den letzten Leipziger Jahren noch nie?! Warum also Ihr Murmelmurmel?!?!
Galotti, Leipzig: FAZ-Lob erwartbar
@51 die faz hat leipzig in den letzten jahren aus privatistischen gründen gemieden (der spiralblock des chefkritikers war schuld). die lobhudelei jetzt war durchaus erwartbar. googlen sie mal, was die faz-kritikerin sonst so gut findet, dann wissen sie, was sie von diesem urteil halten können. sz hat etwas sentimental ein feines altes stadttheater gesehen. zu deutsch: stadttheater auf dem weg in die mottenkiste.
Galotti, Leipzig: Entzückensruf
Ach, diese zauberhaften Leipziger! Wie sie noch für das Theater brennen! Wie sie zetern und toben. Muss Liebe schön sein!
Galotti, Leipzig: Theater, das nicht anstrengt
@@J.A.
Äääääh, von welcher SZ sprechen Sie? Die Süddeutsche können Sie kaum meinen. Oder Sie haben einen ziemlich seltsamen Begriff von "euphorisch". Was heute in Welt und taz steht, ordnen Sie dann wohl auch unter "Kandidatur fürs Theatertreffen" ein? "Mutlos", "phantasiearm", "Stehtheater". Ich bin mir sicher, dass diejenigen Leipziger, die sich ein solches Theater jetzt schönreden, genau das gewollt haben, ein Theater, das nicht anstrengt, nicht aufwühlt, das unsere Gefühle nicht umkrempelt, sondern in Watte packt. Aber welches Bild vom Zuschauer steht hinter so einem Kuschel- und Ich-will-dir-nix-solang-du-meine-Karten-kaufst-Kurs? Und zum Schluss: Wie sollte die FAZ eine Leipziger Premiere der Vorgängerintendanz jemals so gut besprochen haben können? Sie war ja nie da, aus der persönlichen Befindlichkeit des Chefkritikers heraus. Murmelmurmel .......
Galotti, Leipzig: noch voll benebelt
Komme gerade aus der Vorstellung: Großartig. Bin noch voll benebelt. Danke! Der Applaus dürfte für sich gesprochen haben! Herzlich Willkommen in Leipzig!
Galotti, Leipzig: nur zu empfehlen
ICH SAH VERGANGENE WOCHE DIE DRESDENER EMILIA GALOTTI UND WAR ENTTÄUSCHT. IN DER SÄCHSSISCHEN ZEITUNG WAR HINGEGEN EINE TOLLE BESPRECHUNG ZUR LEIPZIGER AUFFÜHRUNG. UND SO FUHR ICH GESTERN NACH LEIPZIG. UND ICH MUSS DER KRITIKERIN RECHT GEBEN: DAS WAR TOLLES THEATER! GIGANTISCH! BENEIDENSWERT!
ICH HABE EBEN AUCH NOCH ALLE KOMMENTARE DAZU HIER GELESEN. UND STOLPERE EBENFALLS ÜBER DEN EINEN PUNKT: DIE KRITIKERIN DER SÄCHSSISCHEN ZETUNG BESPRACH DIE LEIPZIGER ERÖFFNUNG FÜR NACHTKRITIK AM TAG 2 UND WAR DOCH DANN AM TAG 3 AUCH DA, WENN SIE IN DER SZ EINE ZURECHT TOLLE REZENSION SCHRIEB? DENNOCH SCHRIEB DAS JURYMITGLIED FÜR DIE LEIPZIGER INTENDANZ DIE REZENSION HIER? DA IST WIRKLICH EIN SCHALER BEIGESCHMACK. ODER?
EGAL: GALOTTI IN LEIPZIG KANN ICH NUR EMPFEHLEN!
Galotti, Leipzig: Bezug zur Außenwelt
Die Sache ist: Wer interessiert sich für Galotti?
Illusionstheater, das wir als "richtiges Theater" bezeichnen, nebenan verdingen sich 120.000 Leute für 200 Jahre Völkerschlacht, halluzinieren sich einen Kriegspathos zusammen, und am Brandenburger Tor liegen die Flüchtlinge der von uns mitproduzierten Kriegsgebiete im Hungerstreik -

Sorry, an der Stelle frage ich: Habt ihr das gewusst?

Ich will nicht, dass in 50 Jahren mich meine Kinder fragen: Davon habt ihr nichts gewusst? Ihr habt wirklich die Leute vor der Haustür verrecken lasse und habt euch über ein bürgerliches Trauerspiel gestritten?

(...) Das ist die gegewärtige Grundfrage! Da gibt es kein Ja, aber ...

(Sehr geehrter IM Lustig, nichts gegen den Blick über den Tellerrand, aber da dies ein Theater- und Theaterkritik-Forum ist, bleiben die Diskussionen auch an den entsprechenden Sachfragen orientiert. Ist Ihr Einwand der Wirklichkeitsferne konkret auf die Inszenierung von Enrico Lübbe bezogen oder eher ein Zwischenruf allgemeinerer Art? Im letzteren Fall wäre der wünschenswerte Themenbezug kaum mehr gegeben. Mit freundlichen Grüßen, Christian Rakow / Redaktion)
Galotti, Leipzig: blutleer
ich habe mir gestern abend diese inszenierung angesehen und empfand den abend, wie auch den othello, einigermaßen blutleer. ja, wozu noch die galotti? und dann: sind der prinz und marinelli derart feige und schwach gezeichnet, bleibt selbst der tod emilias vollkommen egal, da man jederzeit das gefühl hat, dass sie vor herrschenden dieser schwäche jederzeit aufbegehren oder fliehen könnte - wie sie ja noch vorschlägt. wenn es so ein reduzierter, klassischer klassiker sein soll, dann doch bitte mit einem mindestmaß an spannung. aber was braucht man spannung bei 75min(gestern!), da macht man die klammer und dann black. und dann raus in den abend mit den menschen und raus aus den menschen dieser abend...
Galotti, Leipzig: ohne relevante Bezüge
Sehr geehrte Redaktion,
was gemacht wird im Theater ist m.E. nicht unabhängig von den Ereignissen in der Stadt, im Gemeinwesen zu betrachten. In diesem Sinne ist es bereits schlichtweg ignorant, gegenwärtig die Galotti überhaupt auf den Spielplan zu setzen! Die Hartmann-Zeit hat sich einen solchen Affront gegenüber den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern nicht geleistet. Die Lage in good old Germany ändert sich gegenwärtig enorm. Ich habe die Leipziger Galotti gesehen und es fehlt an relevanten Bezügen, zum Untergang der Mittelschicht, zum Wiedererstarken der Aristokratie, zum Anderen (Asylbewerber, Kriege etc.) - das Andere, das zunehmend in unsere Gegenwart einbricht. Dies halte ich für unverantwortlich. Es ist abträglich an dieser Stelle an Krugs Gremienmitgliedschaft rumzuningeln. Die Debatte in diesem Forum ist weder humorvoll noch relevant. Warum die Bevölkerung in Leipzig/Sachsen so ist, wie sie in Bezug auf dieses Statdtheater da halt so ist, mag sozio-oekonomische Gründe haben, aber einverstanden bin ich damit nicht. Dies sage ich gewöhnlich humorvoll, wie mein Pseudonym ja verrät. Und ja, die Frage ist hier gegeben: habt ihr davon gewusst, als ihr euch um das bürgerliche Trauerspiel gestritten habt?
Galotti, Leipzig: Machtstrukturen
@ Volker: Was sagen Sie denn zu der Stückwahl? Was hat Emilia Galotti uns, was hat dieses Stück vor allem mir als heute lebender Frau noch zu sagen? Hat es mir noch was zu sagen? Ich finde mich darin jedenfalls null wieder. Welche Tochter würde sich ernsthaft dafür entscheiden, sich lieber von ihrem Vater umbringen zu lassen, anstatt der Verführung eines Mannes nachzugeben? Und hier, in der "aktualisierten" Version, bringt sich Emilia dann auch noch selbst um? Wie blöd ist das denn? Es geht hier doch vielleicht gar nicht so sehr um individuelle Verführbarkeit, sondern daneben eben immer auch um unsichtbare Machtstrukturen! Der Prinz bei Lessing ist ja nun kein menschlicher Unhold. Und auch kein professioneller, also käuflicher, Callboy. Eher liebt er seine Macht, eine Frau besitzen zu können. Vielleicht liebt er also gar nicht Emilia, sondern nur sich selbst in der Rolle des Verführers.

Müsste man nicht, wenn man dieses Stück heute überhaupt noch für inszenierenswert hält, eher auf die Frage abzielen, ob es eine solche Fürstenwillkür wie die des Vaters von Emilia heute immer noch bzw. längst wieder gibt? In Bezug auf den "neuen Adel" der zu Guttenbergs, zum Beispiel? Anders gefragt: Was steckt wirklich dahinter, wenn zwei Menschen nicht zusammenkommen sollen bzw. können? Wohl eher die Frage des Erbes, die materielle Frage, anstatt die Frage der Verführbarkeit, oder nicht? Und auch die Frage der tatsächlichen Liebe: Liebt der Prinz nun sich oder Emilia? Tja. Seit Kierkegaard wissen wir, dass Ästheten letztlich immer nur sich selbst lieben. Der Diener Marinelli instrumentalisiert dieses Wissen um den Egoismus seines Prinzen. Und ist für mich damit der Einzige, welcher die Dinge bis zum Grund durchschaut: Alles nur Schein, oder?
Emilia Galotti, Leipzig: Reduktion und Zitate
Nun ja, wie soll ich anfangen ? Vielleicht am besten zunächst wirklich sachlich bei der Kritik Herrn Krugs anschließen. Mir persönlich jedenfalls fällt es eher schwer, Schauspielerinnen und Schauspielern und das, was sie auf der Bühne tun, gerne anzusehen,
wenn mich das nicht auch irgendwie rührt. Herr Krug sah aber einerseits gerne zu, mußte andererseits aber das "Designertheater"
attestieren und Rampenstehen und von außen angepappte Gefühle etcpp. . Mich hat es -in aller Reduktion- durchaus gerührt, und nach so manchem eklektizistischen Stadttheaterabend in Kiel und Lübeck war dieser konzentrierte und -ich finde sogar- sparsame Einsatz von Theatermitteln geradezu eine Wohltat. Ich finde nicht, wie Herr Krug schreibt, daß zum Beispiel die Musik Bert Wredes den Figuren ihre Stimmungen zuweist, sondern daß diese Musik in der Tat
die Inszenierung ähnlich grundiert, aber auch eine ähnliche Absatzfunktion erfüllt wie in einer Thalheimer-Inszenierung. Diese Funktion kann die Musik ebenso zu einer Inszenierung erfüllen, die Figuren aus ihrem Inneren entwickelt wie zu einer Inszenierung, die bewußt Menschen auf das reduziert, was sie handelnd nach außen zum Ausdruck bringen, bewußt reduziert auf die "Oberfläche", wenn man so will (denn genau diese bewußte Entscheidung meine ich dieser Inszenierung abgewinnen zu dürfen). Ich denke auch, daß sich Herrn Krugs "Schaulust" stark in Grenzen gehalten haben würde,
wenn jene rein äußerlichen Bildeinfälle, die an die Thalheimer-Inszenierung erinnern, geradezu den Plagiatsvorwurf erlauben würden; ich denke, daß es sich hier eher um Zitate handelt. Michaela Barth und Bert Wrede haben zudem mit Thalheimer gearbeitet, und Thalheimer ist nun einmal auch die (!) Adresse für eine reduzierte "Emilia Galotti". Wieso das nicht also bewußt ausspielen ? Die Exposition , die Herr Lübbe dazuerfunden hat, da stimme ich Herrn Krug zu, gibt schon gehörig einen Weg vor, aber ich finde, zu dieser Szene gehört auch der unerhörte Fakt, daß wir im Publikum zunächst immer wieder empfindlich von diesem starken Bodenscheinwerfer geblendet werden. Für mich geradezu ein Schlüssel zur Interpretation dieser "Emilia", denn es ist ein aufklärungsskeptisches Bild, daß wir hier in einem Lessingstück (Aufklärer sondergleichen) geblendet werden. Das "Höhlengleichnis"
als ein Gleichnis von "Wissen ist Macht" und dazu die ausgehöhlte Höhle dieser Mischung aus Höhlenwand und "Brandenburger Tor" und letztlich auch ausgehöhlte Figuren, ein ausgehöhltes Verständnis des eigenen Geschlechtes. Das bietet mir dieser Abend, und wie durch ein kleines Theaterwunder erhält sich dennoch die Spannung bis zum Schluß. Selten habe ich so lange jemanden, unangesprochen darauf irgendwie, mit einer Pistole auf der Bühne herumlaufen sehen wie den Galotti-Vater. Er hätte auch den Prinzen erschießen können, Emilia aus versehen (denn er hält auf sie an), und auch Emilia hatte bis zuletzt die Option, nicht sich, sondern den Prinzen zu erschießen (warum nicht ?): der Vorhang fällt je, die Drehbewegung der Bühne erstarrt, und wir sind irgendwie Zeugen eines Selbstmordes geworden, in unserer Zeit, aus einer schwer bestimmbaren (für wahr) heraus, wohl aber aus einer, zu der das jugendliche Liebesideal das Feld zu beherrschen begann. Verharren wir in diesem Ideal, machen Frauen Männer haftbar, Frauen nicht ebenso "frei" zu sehen wie sich selbst, Männer Frauen dafür, daß sie Gefühle gerade bei den Männern suchen, die anders mit ihnen "leben" wollen. "Wie, in Deutschland gab es einmal solche Väter und Vaterverhältnisse ?", mag auch jemand fragen, aus dessen "Heimat" das Problem der "Emilia" noch viel vertrauter erscheint.
Keine Ahnung, warum der Abend nicht auch so diskutiert werden könnte..
Emilia Galotti, Leipzig: Probenvarianten des Tods
Sehr geehrter Herr Zarthäuser,
Ihre Ausführungen sind sehr interessant. Auch mein Mann und ich besuchten die letzte Aufführung. Und wir waren ebenso wie Sie durchaus angetan von der Inszenierung. Interessant war das anschließende Publikumsgespräch, wo Lübbe gerade über die verschiedenen Probenvarianten zum Tod von Emilia berichtete. Und die sich mit Ihrer Beschreibung decken.
Emilia Galotti, Leipzig: Wie aus Holz geschnitzt
Wie in meinen Eintrag #5 schon geschrieben, fand ich die Inszenierung „Emilia Galotti“ langweilig und kann Herrn Krug in allen Punkten nur Recht geben. Ich habe dann lange mit mir gerungen, bis ich die zweite Produktion von Herrn Lübbe „Antigone“ angeschaut habe. Leider auch wieder eine große Enttäuschung.
Nachdem ich nun alle Produktionen gesehen habe, muss ich zusammenfassen, die meisten In-szenierungen (Emilia Galotti, Antigone, Othello, Des Meeres und der Liebe Wellen) wirken wir aus einem Holz geschnitzt. Die Schauspieler stehen auf der Bühne und sagen artig ihren Text auf. Von Leidenschaft und Emotionen ist bisher nichts zu sehen. Reibungspunkte werde nicht erzeugt, es bleibt eigentlich nichts haften vom Theaterbesuch.
Wen will Herr Lübbe mit diesem Theater erreichen?
Emilia Galotti, Leipzig: Nichts zu beschreiben
ich weiß gar nicht,was an diesem abend so lang beschrieben und gesehen werden kann...schauspielertextaufsagen und mimenrumgestehe..höhen und tiefen kann man ja vernachlässigen...
adrett im bühnenbild stehen reicht mir für nen theaterabend nicht aus...ein fader start mit frau galotti...wo sind die extreme und reibungspunkte?man sucht sie vergeblich..glatt gebürstet und stylish hingerotzt
Emilia Galotti, Leipzig: kein Untergang des Abendlandes
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bin, wie mein Vorschreibet, ebenfalls Leipziger, der allerdings, zur Zeit bettlegerig, noch nichts im Schauspielhaus sehen konnte. Aber sehr gespannt bin.
ich möchte jedoch, wenn es gestattet, hier meine bettlegerischen Beobachtungen schildern, die mich schmunzeln oder weinen lassen. Ich weiß es nicht.
Seit Monaten wird in diesem Forum auf die Herren Lübbe & Co. gehackt, warum auch immer, so, als ob dieser Mensch seinen Vorgänger aus dem Amt gehievt hätte, was meiner Kenntnis jedoch Herr Hartmann selber getan hat - des, wie er begründete, Geldes wegen und, wie er in der LVZ sagte, weil diese Stadt ja keine Theaterstadt sei und voller "Alt-Stalinsiten". Naja. Das zum einen
Nun, beobachtetend die mittlerweile über 60 Einträge hier, wird eine Inszenierung des neuen Intendanten als Untergang des Abendlandes kommentiert, wobei meinem Überblick nach viele, auch wichtige überregionale Stimmen, eine "famose" (FAZ), "feine" (Süddeutsche), "spannungsvoll-intensive" "sächsische Zeitung" Inszenierung vorfanden und sogar der immer nörgenlnde Herr vom MDR, der damals den "MEIN FAUST" vom Vorgängerintendanten in den Boden stampfte, bescheinigte, der neue Intendant "beherrsche seine Theatermittel" - so what, möchte man fragen, und zieht sich gerne andere Eröffnungsintendanten der letzten Tage heran - wo der Intendant in Stuttgart beispielsweise die "maximale Enttäuschung" der Eröffnung war, der Weimarer Intendant, dessen Eröffnung ich noch gesund erleben MUSSTE (vielleicht wurde ich deshalb krank?), war nun alles andere als gelungen, in Köln liest sich das auch schwierig, was Herr Bachmann und vor allem ein "Nackter Wahnsinn" betrifft. Also nochmal: so what?
Was ist hier in einige Kommentierer für ein Virus gefahren? Wollten Sie alle die Stelle des neuen Intendanten und schreiben sich nun ihren Frust von der Seele? Sind die Fans des Vorgängerintendanten, die nun in Köln, Weimar, Frankfurt spielen (müssen?) traurig, nicht mehr in der Leipziger Nicht-Theaterstadt arbeiten zu dürfen?
Hier hat ein Intendant EINE Inszenierung gezeigt, bekommt gleich für alle anderen Produktionen die Mitschuld, wird für die Wiederwahl von Frau Merkel verantwortlich gemacht, hat zumindest Mitschuld an der Klimakatastrophe und wird spätestens mit dem Euro-Zusammenbruch geköpft - vielleicht sollten wir alle mal die Kirche im Dorf lassen. Zumindest die Leipziger, wie mir meine Freunde mitteilen, gehen wieder deutlich vermehrt ins Leipziger Theater. Immerhin, oder?
Emilia Galotti, Leipzig: Austausch
#Beobachter
Richtig, man sollte endlich aufhören über Leipzig zu schreiben. Ob jetzt nun mehr oder weniger Besucher rein gehen, kann man doch noch nicht beurteilen. Ich kenne einige, die jetzt nicht mehr gehen. Wahrscheinlich wird sich an der Gesamt-Besucher-Zahl nicht viel ändern. Es werden bloß mal wieder die Zuschauer ausgetauscht. Die Alten kommen wieder, die Neuen bleiben weg.
Emilia Galotti, Leipzig: geschickt und im Trend
Auf die Gefahr hin, dass es langweilt, gebe ich auch noch meinen Senf dazu.

Lieber Arkadij,
Ihren Ausführungen vermag ich beim besten Willen nicht ganz zu folgen. Was Sie da alles gesehen haben wollen, erschließt sich mir nicht. Ich war nach einer halben Stunde eigentlich nur noch genervt. Bei mir gab es kein Publikumsgespräch, dafür aber eine sehr kurze, routiniert durchgezogene Einführung von Chefdramaturg Torsten Buß. Er sprach von Menschen, die in Stresssituationen die falschen Entscheidungen treffen. Dafür ist aber vermutlich die Emilia dann doch das falsche Stück. Stress hat hier keiner wirklich, außer vielleicht damit, in der Kürze der Zeit, dass an Gefühlen zu produzieren, was die Inszenierung den Figuren zugesteht. Da wirkt doch vieles aufgesetzt. Es gibt keine Entwicklung, keinen Spannungsbogen. Alles wird behauptet, nicht erspielt. Und das Schlimmste dabei ist, dass die Hauptfigur, Hartmut Krug nennt sie eine Leerstelle, eigentlich gar nicht vorhanden ist. Wenn man es jetzt also psychologisch betrachten will, und darum geht es Lübbe auch vermutlich, dann hat man hier eine Fehlstelle, die es erst noch auszufüllen gilt. Entweder in der Fantasie, oder durch eine konkrete Handlung. Diese zunächst fremdgesteuerte Puppe, so sehe ich es, greift zum Ende hin selbst zum Revolver, um sich aus diesem Prozess falscher Entscheidungen, an dem sie nicht aktiv mitwirken kann, selbst zu verabschieden. Vater und Mutter haben bereits aufgegeben. Es geht um Macht, Gewalt und Gefühle. Die Ehre spielt sicher auch noch mit hinein. So weit, so gestrig. Das heutig darzustellen, bedarf es mehr als der Behauptung, hier würden fremdgesteuerte Wesen in Stresssituationen falsche Entscheidungen treffen. Das ist mir zu billig. Das Ganze hat bei Lessing ja auch einen philosophischen Hintergrund. Inwieweit kann ich in Zwangssituationen freie Entscheidungen treffen, und auch die müssen ja nicht immer vernünftig sein. Kant lässt grüßen. Hier ist die Gräfin Orsina tatsächlich aktiv zielgerichtet handelnd, obwohl auch sie aus einem verletzen Gefühl heraus eine schwerwiegende Entscheidung trifft, und somit auch zwanghaft handelt. Bettina Schmidt ist tatsächlich der Lichtblick der Inszenierung, alles andere bleibt diffus. Da stimme ich mit Hartmut Krugs Kritik völlig überein. Diese ist auch in keiner Weise befangen, sondern sehr objektiv geschrieben. Der Rezensent ist auch nicht dazu da, Sachen zu sehen und hineinzudeuten, die nicht da sind, oder die seiner Meinung nach da sein müssten. Den Vergleich zu Thalheimer würde ich nicht mehr ziehen. Lübbe hat die Art der Stückkonzentration auf seine Weise perfektioniert. Es ist so perfekt, dass man sich an nichts mehr stoßen muss. Die Sache bleibt dabei trotzdem immer schön offen für vielerlei Interpretationsansätze und in jede Richtung diskutabel. Sehr geschickt und im Trend. Aber leider auch sehr langweilig.

Falls Interesse besteht, hier meine komplette Einschätzung:
http://www.kultura-extra.de/theater/feull/besprechung_emiliagalotti_schauspielleipzig.php
Emilia Galotti, Leipzig: ideelich
Lieber Stefan, ich komme gerade von dem Grillparzer-Abend und muß mich jetzt kurz fassen, morgen gerne ein wenig mehr. Leider hatte ich bei meinen letzten beiden Einträgen wieder den Textfresser (wie es seinerzeit(en) hier in Leipzig schon mehrfach geschehen ist), so daß ich schon etwa zwei Stunden ins Dunkel geschrieben habe. Hauptsächlich ist es für meine Begriffe aber so, daß es sich dezidiert um keine psychologische Herangehensweise handelt, sondern um etwas, was ich ein "ideeliches" Inszenieren nennen würde. Weder die "Antigone" noch die "Emilia Galotti" sind psychologisch angelegt, sonst würde dieser merkwürdige Prinz, diese Mischung aus Pinkelprinz und Prinz Popo, in der hiesigen "Emilia Galotti" auch kaum so morden können, und Emilia würde, wäre das am Ende eher eine Vergewaltigungsszene -wie Sie es schreiben-, wohl im Affekt dann doch eher ihn als sich erschießen, aber für mich zahlt sie es ihm soweit wie möglich heim, indem sie die Umarmung zulassend sich erschießt. Eigentlich könnten die Stücke, die dann bei dem Lübbe-Konzept herausspringen letztlich, dann in der Tat eher "Kreon" und "Orsina" heißen, das sehe ich ähnlich. Zu dem Konzept selbst dann morgen mehr..
Emilia Galotti, Leipzig: Emilia-Märkte heute + Zentralfigur Orsina
So, den ersten Text aus Lindenau hat er (der Computer) genommen, man wird ja fast schon zum Performer seiner eigenen Texte, wenn man sie wiederholt neu zu schreiben hat (und ich schreibe wenig vor).

Nun gut: Nein, nicht psychologisch würde ich die Inszenierung nennen, eher halt "ideelich" oder auch "archäologisch" (freilich kann das auch ein Problem sein, weil ein solcher Ansatz nicht weniger "exzeptionell" sein dürfte als eine Hartmann-Inszenierung).
Für die ebenso klarsichtige wie gefühlsstarke Orsina wäre es fast ein Armutszeugnis, Ihre Liebe zum "Pinkelprinzen" psychologisch aufzufassen, nun gut, wenn sie schon keine Männer auf Augenhöhe finden mag, nimmt sie sich halt einen sportlichen und wohlgeformten: das ist dieser Prinz ja. Es ist auch bei "meiner" Einführung so gewesen, daß Herr Buß hier vom Stress und dergleichen sprach, und ich finde das gegenüber der Anlage der Inszenierung ein wenig irreführend bzw. mißverständlich. Den Stress tragen die Figuren in die Inszenierung, weil sie quasi einen Prozeß der Übersetzung und Rückübersetzung durchlaufen.
Lübbe sucht zwar nach in etwa (!) hiesigen und heutigen Entsprechungen für die Galotti-Personage, läßt dann aber diese Riege quasi mit der hiesigen und heutigen Empfindungsausstattung die Zeitreise quasi ins Lessingstück mit den dortigen Strukturen antreten. Und siehe da: Die Tragödie bleibt irgendwie eine, verläuft aber anders und entdeckt die eine oder andere tektonische Verschiebung. Emilia wird auf diese Weise nicht zur "Nullstelle",
weil die Schauspielerin sie nicht zu spielen versteht, sondern weil wir in einer Zeit leben, in der ganz viele Emilias träumen und "vernutzt" werden und für uns kaum mehr hergeben als eine Bildzeitungsnotiz oder Soapoperastimme, man mag sich fragen, ob das für sie spricht: unsere Zeit ! Jedenfalls gibt es heutzutage geradezu Emilia-Märkte, und die Emanzipation ist in ihrer gemeinsamen Heraufkunft mit dem wirtschaftlichen Bedürfnis nach industrieller Frauenarbeitskraft (siehe "´Philosophie und Sexus" von Christoph Türcke, hier das in etwas so heißende Kapitel "Das Paradox der Frauenbewegung") mit dieser Wirtschaftsform eine folgenreiche und auch systemkonform wirkende Verbindung eingegangen. Diese Verbindung frißt ihre Kinder, frißt die Orsinas; diese Verbindung sondert die wirklich emanzipierten und kämpferischen Frauen aus, so eine These, für die das Stück und die starke Stellung der Orsina darin in diesem Falle ein Indiz zeitigen meineserachtens. Ja, Orsina wird zur eigentlich tragischen Figur der Übersetzung und Rückübersetzung des Emilia-Stoffes, und das ist für mich ein ganz zentraler Ausgrabungsbefund
dieser Lübbe-Inszenierung, die nach der Idee in ihren Zeitverhältnissen und in ihrer geschichtlicher Spannung zum Hier und Jetzt fragt, soweit ich sie verstehe (daher kommt auch die "Hermetik" der "Antigone", die mir allerdings auch zu weit ging
in Sachen Entlebendigung und Papiernheit der Figuren, auch wenn die Übersetzung von Walter Jens sehr pointiert und überzeugend sprachlich vorgetragen wurde), ich hätte natürlich in Ab- und Abführung vom "Lübbe"-Konzept sprechen sollen. Wenn er es eigenständig "perfektioniert", ob er dann wirklich einem Trend folgt ? Sehe ich nicht so. Zwei Stellen im Stückbegleitheft scheinen mir für die Erhellung des Inszenierungsstiles desweiteren recht brauchbar.
Emilia Galotti, Leipzig: erhellende Programmheftzitate
Zitat 1:

"Zugleich schafft Lessing durch die zeitliche und örtliche Ferne eine Distanz zu den aktuellen deutschen Verhältnissen, die nicht unbeachtet geblieben ist und gewiß auch das Ziel verfolgt, kurzschlüssigen gesellschaftspolitischen Anwendungsmöglichkeiten seines Stückes entgegenzuwirken."

("Ambivalenz" , Klaus Bohnen)


Zitat 2 (gekürzt):

"Die edelste Beschäftigung des Menschen ist der Mensch ... . Entweder man betrachtet den Menschen im einzelnen oder überhaupt.
Auf die erste Art kann der Anspruch, daß er die edelste Beschäftigung sei, schwerlich gezogen werden (siehe die Personage abzüglich der Orsina, AZ). ... Ganz anders ist das mit der Betrachtung des Menschen überhaupt. ... Man betrachte, was der Mensch für Unternehmungen ausführt, wie er täglich die Grenzen seines Verstandes erweitert, was für Weisheit in seinen Gesetzen herrscht, von was für Emsigkeit seine Denkmäler zeugen."

(Lessing)

Nicht umsonst ist dieses Lessingzitat im Programmheft direkt folgend auf den Fotoreigen von der Inszenierung !
In der Tat: Welch Denkmäler (siehe meine Assoziation vom "Brandenburger Tor") und "geliebten Steine des alten Europa", möchte ich beinahe fortfahren mit den Worten von jemanden, der in Leipzig die Jahre häufiger inszeniert wurde. Tote Steine ?

Zitat 1 erhellt für mich ein wenig von dem zeitdistanzierten Inszenieren Lübbes, Zitat 2 erhellt für mich, warum hier Wohlfühltheater fast riskiert werden mußte, um konsequent zu sein.
Die Inszenierung setzt meineserachtens gezielt Assoziationen frei
und geht dabei sehr zidelstrebig und zugleich möglichst sparsam um
(den Trend sehe ich eher in unzähligen eklektizistischen Inszenierungen mit allerlei Andeutungen und ohne Fortschreibung dieser, ein Zitat hier, ein bißchen Herbert-Fritsch-Abreviatur zum Lachen und Entspannen, fluffige Musike und "geistreiche" Videobildschirmbegleitung etcpp.), was ich am Beispiel des Bodenscheinwerfers noch ein bißchen fortführen möchte.
Emilia Galotti, Leipzig: Symbolik des Lichtes
Am Bodenscheinwerfer scheint mir der Übersetzungsvorgang, den die Inszenierung versucht, besonders deutlich zu werden.
Er erfüllt dreierlei Funktionen, verbindet so verschiedene Ebenen, ohne dabei in einer aufzugehen, wird zu einem Symbol der Übersetzung und bildet mit den Bühnenaufbauten ähnlich den Überbau der Inszenierung wie die Musik für ihre Grundierung sorgt.
Wie ein heutiger Scheinwerfer zahlreiche repräsentative Gebäude des nachts beleuchtet, vor allem auch Denkmale (siehe oben), so fungiert auch der Scheinwerfer in dieser Inszenierung, und angeleuchtet wird nicht nur "Museales", es betrifft in unserem Land zB. auch den Reichstag. Das nimmt direkt Bezug auf das zweite Zitat und sein implizites "Wie-herrlich-weit-Gebrachthaben".
Aber, das Objekt, das er anstrahlt, ist zusätzlich in einer Drehbewegung (am Ende nicht mehr) befindlich; hier mahlen nicht nur die "Mühlen der Macht", hier zeigt der Scheinwerfer auch sein zweites Gesicht und uns auch die "Gesichter" derjenigen, die sich durch die Tore des Objektes bewegen, er wird zu einem Suchscheinwerfer und Machtsymbol und durch die grelle Leuchtweise zu einem Licht der Abschreckung (häufig werden Gedäude aus Sicherheitsgründen grell beleuchtet , meist von kleinen Bodenscheinwerfern). Und dann: dann blendet er uns auch noch empfindlich, so die "Torstellung" erreicht ist, wo er es kann.
Ich sehe darin einerseits immernoch das aufklärungsskeptische Symbol, aber eben auch die Selbstreflexion des Theaters. So wie dem Höhlengleichnisbewohnern Schatten auf die Wand projiziert werden, so inszeniert hier das Theater und wirft den Scheinwerfer an, wir sehen dann aber nicht nur Schatten, sondern wie die ans Licht Geführten auch die nämliche Personage, durch die gelegentliche Blendung durch das Licht sind es gleichsam unsere Augen, die die Schatten selbst auf die Bühne werfen; dieser Vorgang scheint mir Übersetzung und Rückübersetzung zu symbolisieren (wie zuvor umrissen). Ein einfacher Bodenleuchter könnte weniger leisten..
Emilia Galotti, Leipzig: mit Kraft und vollem Saal
glückwunsch an das galotti-team gestern abend. das hatte kraft. und der saal war ausverkauft... . glückwunsch
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