"Das schöne Scheusal"

von Reinhard Urbach

Wien, Oktober 2013. Nach der Schleifung der Stadtmauern rund um die Innere Stadt (1858 bis 1863) wurde vom Hofbaukomitee nur zögernd auch ein Theaterbau erwogen. Denn es gab ja ein funktionierendes Haus, einen schlichten Bau zwar am Michaelerplatz, der Hofburg angelehnt, aber vom Publikum seit drei, vier Generationen geliebt und auch jenseits der Grenzen der Monarchie geachtet. Warum also hätte es einen Neubau geben sollen?

Reputation, Repräsentation, Demonstration

Dafür gab es mehrere Gründe:
Der Kaiser brauchte ein prunkvolles Hoftheater zur Reputation als Protektor der Künste. Das alte Haus war gar zu schäbig und wäre ein Misston im Konzert der geplanten Ringstraßen-Prachtbauten gewesen.
Der Hofstaat – der Adel und die Beamten – brauchten es zur vornehmeren Repräsentation in den Logen.
Das Großbürgertum brauchte einen geeigneten Rahmen für die Demonstration seiner neugewonnenen Macht und Geltung.
Die moderne – also historistische – Theaterästhetik brauchte für die Inszenierung der von den Klassikern aufgebotenen Volksmengen und Heerhaufen eine größere Bühne zur Entfaltung.

michaelerplatz altes burgtheater 560 historischeaufnahme uZu eng, zu sehr feuergefährdet, zu wenig repräsentativ: Das alte Burgtheater am Michaelerplatz
© Historische Aufnahme
Vor allem aber: Am dringendsten brauchte die Burghauptmannschaft als Feuerpolizei ein weniger brennbares Haus. Sie wurde bestätigt; während der Bauzeit des Hofburgtheaters kam es nicht nur zum katastrophalen Ringtheaterbrand von 1881, auch Heinrich Laubes 1872 eröffnetes Stadttheater auf der Seilerstätte brannte 1884 ab. Es ist ein Wunder, dass das alte, baufällige, verwinkelte, von stinkenden, flackernden Öllampen mühselig beleuchtete Haus am Michaelerplatz in den 147 Jahren seines Bestehens nie Feuer gefangen hat.

Die Architekten des Hofburgtheaters

Der Kaiser bestellte den berühmtesten deutschen Architekten seiner Zeit, Gottfried Semper. Der entwarf 1869 ein Kaiserforum mit angeschlossenen Hofmuseum. Ein neues Hofburgtheater sollte dem (nicht realisierten) nördlichen Flügel des Kaiserforums in Richtung Volksgarten angeschlossen sein, in das der Kaiser nach wie vor zu Fuß gehen konnte. Später wurde ein anderer Bauplatz für ein neues, prächtiges Schauspielhaus an der Stelle der abgerissenen Löwel-Bastei gegenüber dem Rathaus für günstig befunden.

Die Bauzeit zog sich über 14 Jahre hin, von 1874 bis 1888. Zwei Direktionszeiten gingen darüber zu Ende, Franz von Dingelstedt starb 1881, Adolf von Wilbrandt gab 1887 auf, er wollte die Mühe des Umzugs nicht verantworten.

burgtheater 125 karl-von-hasenauer-1880Der Burgtheater-Architekt:
Karl Freiherr von Hasenauer
um 1880  © Stadtchronik Wien
Semper hatte sich einen Juniorpartner zur Seite geholt, den ehrgeizigen, 34jährigen Carl Hasenauer. Das ging nicht gut. Die beiden verkehrten seit Baubeginn nur noch brieflich miteinander, Semper zog sich zurück. Er starb 1879. Der vielbeschäftigte Hasenauer betreute neben dem Burgtheater auch den Bau der beiden Hofmuseen und des südlichen Flügels des Kaiserforums.

Der neue Bau

Die Kunstkritik hält das neue Haus – es durfte ausdrücklich den Namen "Hofburgtheater" behalten – für "das Wienerischeste aller Wiener Gebäude der Gegenwart – unbestreitbar ein ausgezeichnetes Kunstwerk". Sie preist dessen Üppigkeit, Kostbarkeit, weiche Zierlichkeit – im Gegensatz zu dem "alten, schmucklosen Häuschen am Michaelerplatz". "Hasenauers Bau ist die glänzendste, reichste Schöpfung des neuen Wien". Die Korridor-Galerie des Hauptgeschosses "ist der schönste Innenraum Neu-Wiens, ein Gedicht von lachender Pracht und gesunder Heiterkeit". Der prunkvolle Innenraum wird für seinen Figurenschmuck gepriesen. Farblich hatte ihn Hasenauer hell statt im üblichen Dunkelrot gestaltet, "um den Toilettefarben der Damen das vortheilhafteste Relief zu geben."

Die langgestreckten Seitenflügel für die Stiegenaufgänge werden gelobt, die nicht nur als Fluchtwege ihre Funktion hatten (das nach dem Ringtheaterbrand 1882 verabschiedete Theatergesetz schrieb vor, dass die Ausgänge des Parketts ebenerdig zu sein hätten, was im Burgtheater so spät nach Baubeginn nicht mehr berücksichtigt werden konnte), sie boten vor allem dem ausladenden Rathaus-Gegenüber Paroli.

Die Fassade

Das Programm der Fassade wird als allegorischer Anspruch und kultureller Auftrag zur Kenntnis genommen. Das Kreissegment der Front entsprach der demokratischen Idee Sempers. Sie versprach ein Amphitheater nach der Art des Kolosseums. Aber es wurde ein Logentheater. Nur die vierte Galerie – ohne Logen – erinnerte an das antike Vorbild: Sitzreihen im Halbkreis, auf die Bühne zentriert.

Hasenauer hatte vor den Semperschen römischen Rundbau eine klassizistische Kirchenfassade gesetzt. Das Kunstinstitut bekam einen sakralen Charakter, der auf die Erlösungsfunktion des Gesamtkunstwerks Theater hindeutet und die Ideologie des Alten Burgtheaters ins Pompöse fortsetzt.

burgtheater 125 wien burgtheater um 1900Carl von Hasenauers neues Burgtheater an der Wiener Ringstraße um 1900
Quelle: Bibliothek des US-Kongress http://hdl.loc.gov/loc.pnp/ppmsc.09208

Zu Im Fries gestaltete der Bildhauer Rudolf Weyr einen Bacchantenzug (Bacchus und Ariadne auf dem Pantherwagen). Das Orgiastische wurde vom die Musen herbei winkenden Apoll dominiert. Ein solches Programm mochte die von Nietzsche geprägte Ästhetik der Dialektik von Apollinischem und Dionysischem widerspiegeln und den von Semper zu Wagner gespannten Erlösungsbogen.

"Prätensiose Gelehrsamkeit" 

Vor den Fenstern des zweiten Stocks wurden Büsten aufgestellt von "neun, in diesen Olymp [gemeint ist der Parnass] zugelassenen Poeten": Calderon, Molière, Shakespeare, Lessing, Goethe, Schiller, Hebbel, Grillparzer und – eine Verbeugung vor dem weiland General-Intendanten Eligius Freiherr von Münch-Bellinghausen, der als Friedrich Halm Stücke geschrieben hatte, die vom alten Burgtheater oft aufgeführt worden waren.

Leiser Spott galt den historischen Darstellungen der europäischen Theatergeschichte auf den Deckengemälden der Stiegenhäuser. "Es erinnert das immer an die farbigen Wandtafeln in einer Schulstube [...] Solche getreue, belehrende Schilderungen müßte man, wenn sie ihren Zweck erreichen sollten, doch genau besehen und studiren können, es wird jedoch kein Theaterpublikum der Welt sich in den Zwischenacten die Hälse verrenken, um zu studiren, wie die Bühne Shakespeare's ausgesehen habe." Und weiter über das Infotainment dieser Darstellungen, die immerhin unter anderen von den Gebrüdern Klimt stammten: "die prätensiöse Gelehrsamkeit in Farben aber, welche mir Sophokles und die christlichen Mysterien vor Augen hält, wenn ich gerade vor der Hohlheit des 'Hüttenbesitzers' nach dem dritten Acte die Flucht ergriffen habe, - die zwingt mir ein bitteres Lächeln ab!"
Damit komme ich zum Problem.

Der Hanswurst im Winkel

Die Fassade und die Innenausstattung waren ein Etikettenschwindel. Dass man einen orgiastischen Bacchus-Zug auf der Bühne nicht erhoffen durfte, konnte mit einem Augenzwinkern als allegorisch entschuldigt werden. Dass in einem Winkel der Fassade sogar der Hanswurst sein Wesen trieb, der vom aufgeklärt-klassizistischen Theater doch vertrieben worden war, konnte als theaterhistorische Anekdote verstanden werden.

kongress9 280 burgtheater plastik uAn der Fassade des Theaters ... © BurgtheaterDoch das weihevoll Sakrale der Front, die Büsten als Vertreter des Repertoires – das war eine Mogelpackung.Im alten Burgtheater überwogen die französischen Sittenstücke und die deutschen Boulevardkomödien. Unterhaltung statt Erbauung. Die Büsten von Scribe, Sardou oder Oskar Blumenthal (dem meistgespielten deutschen Autor um die Jahrhundertwende) hätten der Realität besser entsprochen. Leichte und seichte Komödien und Rührstücke gab es im Burgtheater von Anbeginn. Laube fügte die französischen Konversationslustspiele und Gesellschaftsspektakel dem Spielplan hinzu. Er legte Wert auf den gepflegten Ausdruck des Gesprochenen. Er lehrte die Contenance. Schauspieler lernten im aus Frankreich importierten Sittenstück, unüberhöht zu sprechen, damit sie den Konversationston auch bei den Klassikern träfen.

Das hatte zu einem unaufgeregten, leisen, intimen Spiel geführt, das auch einen erzieherischen Anspruch verfolgte: Es wollte den Menschen (also das Publikum) mäßigen. Auf der Bühne wurde ein Idealbild ausgestellt. Die Schauspieler sind nicht Spiegelbilder der Zuschauer, sondern schönende Zerrbilder ins Verträgliche. Richard III. und Franz Moor sind zwar Scheusale, deren schlechten Charakter man aber nicht verabscheuen soll – sondern verschmerzen. Wenn Mephisto den unterschriebenen Vertrag von Faust übernimmt, tut er das nicht gierig, verschlagen und teuflisch, sondern mit der höflichen Grandezza eines Höllenfürsten, eines Aristokraten, der sich zu benehmen weiß. Die dargestellte Figur soll nicht provokant wirken, sondern schicklich. Konventionalität in Konversation und Kommunikation ist höchster anzustrebender Wert. Die Kunst ist konservativ, sie bewahrt. Heilig ist das Eigentum, also werden die Rollen von denen, die sie zum erstenmal gespielt haben, jahrzehntelang besessen.

Hohler Hall

Am 12. Oktober 1888 ist die kulturelle Welt Wiens noch heil. Im alten Burgtheater wird zum letzten Mal gespielt. Goethes "Iphigenie" mit Charlotte Wolter in der Titelrolle prägte sich tief dem kollektiven Gedächtnis ein. Sie hatte ihre Iphigenie schon 26 Jahre lang unverändert gegeben. Es ist ein Abschied, der von Wehmut, aber noch nicht von Trauer getragen ist. Es hätte ein Wechsel werden sollen, von gutem Alten zum neuen Besseren, das das Althergebrachte ehrfurchtsvoll bewahrte. Sonnenthal sprach den vom artistischen Sekretär des Theaters, Alfred von Berger, erdichteten Epilog. Seine letzten Worte:
"Und wenn ihr künftig drüben uns besucht,
So sollt ihr in den stolzen Hallen finden,
Was mehr uns gilt, als alle Pracht der Welt:
Im neuen Haus das alte Burgtheater!"

Es wird eine Katastrophe von ungeahntem Ausmaß. Die Übersiedlung konnte nicht gelingen. Sie war kaum vorbereitet. Die beiden Häuser waren nicht kompatibel. Die neue Bühne ist zu groß für die alten Dekorationen, fast doppelt so breit. Die neu eingeführte elektrische Beleuchtung verscheucht den schummrigen Charme der alten Kostüme. Das hätte sich ändern lassen und wurde mit der Zeit auch adaptiert. Schlimmer ist es um die Akustik bestellt. Aus Sicherheitsgründen war eine Stahlkonstruktion eingezogen worden, die die Resonanz verminderte. Die Stimmen klangen nicht, sie schallten. Der vergrößerte und erhöhte Zuschauerraum machte den Hall hohl. Das Schlimmste aber waren die Sichtverhältnisse. Hasenauer hatte die Logen – entgegen der ursprünglich geplanten Glockenform – in Lyraform angeordnet, so dass die in der Krümmung liegenden Logen keine Sicht auf die Bühne hatten, die zudem durch bis an die Brüstung vorgezogene Wände behindert wurde. Von der Galerie aus sah man nur Beine und hörte man nur die lauten Töne. Max Reinhardt meint später begütigend, das habe nichts ausgemacht, man habe die Klassiker ohnehin auswendig gekonnt.

kongress8 burgtheater deckenfresko2 uDeckenfresko im Burgtheater  © Burgtheater

In der Krise

Es ist ein Skandal. Schauspieler, Kritiker, Zuschauer sind gleichermaßen entsetzt. Ins alte Haus kann man nicht mehr zurück; um die Hofburg zu erweitern, wird es noch im November 1888 abgerissen. Am besten wäre tatsächlich gewesen, ein neues, intimeres Haus zu bauen. Dafür fehlte das Geld. (Das neue Haus hatte um zwei Drittel mehr gekostet als veranschlagt.) Also musste man mit der prekären Situation vorlieb nehmen. In der Folge blieb das Publikum aus, die Eintrittspreise waren drastisch erhöht worden, die Einnahmen gingen zurück, das Abonnement-System brach ein. Viele Stamm-Besucher konnten sich das Theater nicht mehr leisten. Ein neureiches Publikum zog ein und sonnte sich in der Pracht des luxuriösen Raumes. Die eingeschworene Zuschauer-Gemeinde gab es nicht mehr. Außerdem war das Haus führerlos. Nach dem Ausscheiden Wilbrandts 1887 war eine provisorische Leitung bestellt worden – der prominenteste Schauspieler, Adolf von Sonnenthal als vorläufiger Garant dafür, dass alles beim Alten bleibt.

Als der verdiente Theatermann August Förster im November 1888 sein Amt antrat, aber schon ein Jahr später unvermutet starb, hatte er 16 Stücke neu inszenieren lassen, vier französische Konversationslustspiele, acht Stücke des zeitgenössischen deutschen Boulevards. Aber nur vier (also ein Viertel) von den Büstenheiligen (die Uraufführung von Hebbels "Gyges und sein Ring", eine neue "Jüdin von Toledo", zweimal Shakespeare: "Lear" und "Viel Lärm um nichts"). Das war schon zuviel. Förster wurde für sein Bemühen um Klassikeraufführungen abgestraft. Bei der Hebbel-Premiere waren die Logen "sehr schwach besetzt und auch das Parquet wies beträchtliche Lücken auf."

Mit dem Umzug ins neue Haus war das Burgtheater zudem in eine Krise geraten, die weit über die Unzulänglichkeiten der überdimensionierten Bühne hinausging. Sie betraf grundsätzlich die Auffassung von Theater und darüber hinaus die notwendige Entwicklung eines neuen Schauspielstils. "Das Burgtheater hat überhaupt nichts zu tun, als an seinen Traditionen festzuhalten", hatte der Generalintendant Bezecny verkündet. Aber der neue Bau ließ den intimen Konversationsstil nicht zu, sondern forderte dessen monströse Pathetisierung. Konversation wurde notgedrungen zu Deklamation. Was gesprochen wird, muss ins Publikum gesendet werden. Rezitation ist Verlautbarung. Das frontale Spiel löst das Miteinander ab. Intimität lässt sich nicht mehr herstellen. Die versonnene Gebärde wird zur fahrigen Geste, Haltung zur Pose vergröbert. Die Thesen müssen aufgeblasen werden und sind damit als bombastische Phrasen demaskiert.

Neue Stars

Diese Situation findet Max Burckhard als neuer Direktor 1890 vor. Er macht trotzig einen Spielplan, der ins Haus nicht passt. Zwei Generationen von Autoren und modernen Stilrichtungen waren in Wien bisher noch kaum vorgekommen: die historisch-analytische, repräsentiert durch Henrik Ibsen, und die junge naturalistische Schule, verbunden mit den Namen Gerhart Hauptmann und Hermann Sudermann. Auch Anzengrubers Dialektstücke nimmt er ins Burgtheater auf. Die Aufführungen informieren über die Stücke, gerecht werden sie ihnen nicht.

Mit einigen Änderungen sucht Burckhard der Misere des Hauses zu begegnen. Er beschäftigt einen prominenten Sprecherzieher. Er besetzt rollendeckend und nicht rollenfachgemäß. Er engagiert Protagonisten, die ihre Deklamationskünste mit überbordender Leidenschaft – ein dem Spielstil des alten Burgtheaters fremder Begriff – durchsetzen, sich damit von den Kollegen absetzen und mit dem Schimpfwort "Star" belegt werden: Friedrich Mitterwurzer, der mit seinem Temperament bei früheren Burgtheaterengagements beim Ensemble unbeliebt geworden war, und Adele Sandrock, die von Charlotte Wolter als Bedrohung empfunden und entsprechend boykottiert wird.

burgtheateraussen 560 reinhardwerner uDie heiligen Burgtheaterhallen zu Wien heute: das Hauptportal  ©  Reinhard Werner Das alte Ensemble zu einer Revision seiner Aufführungspraxis zu bewegen, missrät weitgehend. Es ist mehrheitlich nicht bereit, auf ihre beim Publikum beliebte Eigenart, die auf wiedererkennbares Understatement berechnet war, zu verzichten. Auch auf die Gefahr hin, im neuen Haus nicht mehr über die Rampe zu kommen. Hugo Thimig, für den das Haus ein "schönes Scheusal" war, beklagt sich darüber, dass im neuen Haus der Recht hat, der am deutlichsten spricht. Keine Rede davon, dass er sich bemühen wollte, selber deutlicher zu werden.

Umbau und reformierter Stil

Stilisierung und stereotype Konfiguration, wie sie im alten Haus üblich waren, können bei Ibsen, bei Anzengruber oder den Naturalisten nicht greifen. Die erfordern einen neuen Stil des Zusammenspiels und eine wirklichkeitsgemäße Wahrhaftigkeit, eine spieltechnisch hergestellte Natürlichkeit und kontrollierte Leidenschaft möglichst ohne Outrage. Einen Stil, wie ihn Antoine in Paris oder Otto Brahm in Berlin in seinem dafür akustisch gut proportionierten "Deutschen Theater" pflegten. Dem musste das Burgtheater angeglichen werden. Den notwendigen Umbau aber konnte Max Burckhard erst 1897 angehen, nachdem der Erste Obersthofmeister Konstantin Prinz Hohenlohe-Schillingsfürst gestorben war, der seine Loge in der in den Zuschauerraum gerichteten Krümmung der Lyra inne hatte, von der aus er das Geschehen in der Hofloge im Blick hatte, der ihm wichtiger war als die Theateraufführung.

Der Umbau beseitigte die größten Probleme. Die Lyra wurde zum Hufeisen. Der Plafond wurde gesenkt, die Logenwände verkürzt, der Orchestergraben abgesenkt, wodurch das Parkett um eine Reihe nach vorn rückte.
Man wars zufrieden. Ein Kritiker schrieb: "Das Burgtheater, wie es sich heute repräsentiert, sieht aus – wie ein Theater."

 

urbach 140 heinrich levitschnigg uReinhard Urbach, geboren 1939 in Weimar, lebt seit 1964 in Wien. Gastprofessuren, Literaturreferent des Kulturamts der Stadt Wien, von 1979 bis 1986 Chefdramaturg des Burgtheaters, 1988 bis 2002 Direktor des Theaters der Jugend in Wien. Diesen Vortrag hielt Reinhard Urbach auf dem Kongress zum 125. Jubiläum des Burgtheaters (Foto: Heinrich Levitschnigg).

 

 

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