"Die Widersprüche müssen untersucht werden"

Wien, 18. Oktober 2013. Auf dem Jubiläumskongress des Wiener Burgtheaters "Von welchem Theater träumen wir?" protestierte der Billeteur Christian Diaz gegen seine Arbeitsbedingungen, indem er sich spontan nach einer Pause auf der Bühne Gehör zu verschaffen und das Publikum darüber zu informieren suchte, dass die Billeteure nicht beim Burgtheater, sondern bei dem britisch-dänischen Securityunternehmen G4S angestellt seien (hier der Videomitschnitt). Wir haben bei Intendant Matthias Hartmann, dessen Zeitzeugen-Projekt "Die letzten Zeugen" übermorgen Premiere hat, noch einmal nachgefragt. Die Fragen stellte Christian Rakow per E-Mail.

 

Die Rede des Billeteurs Christian Diaz hat das Outsourcing von Dienstleistungen am Burgtheater kritisiert. Inwieweit macht der Kostendruck auf das Theater ein solches Outsourcing von Diensten notwendig?

Aus seinem Flugblatt geht hervor, dass es dem Billeteur weniger um das Thema Outsourcing ging als konkret um Menschrechtsverletzungen seines Arbeitgebers "außerhalb von Österreich".

Die Ausgliederung unseres Publikumsdienstes fand bereits 1996 statt, vorgenommen vom damaligen Bundestheaterverband. Im Vordergrund stand unseres Wissens weniger eine Kostenersparnis als die Erhöhung der Flexibilität: mit Staatsoper und Volksoper kann das Burgtheater somit auf einen großen einsetzbaren Pool an Billeteuren und Billeteurinnen und Feuerwehrmännern zurückgreifen.

 

Welche Bereiche des Theaters sind noch betroffen?

Ausgelagert wurden die gesamten Werkstätten, das heißt Bühnenwerkstatt und Kostümwerkstatt, die jetzt als eigene GesmbH arbeiten. Und auch das Reinigungspersonal wird von einer externen, österreichischen Firma gestellt.

 

Ist das Burgtheater darüber informiert, ob dem Billeteur Christian Diaz in Reaktion auf seine Protestaktion gekündigt wurde?

Wir haben jetzt erfahren, dass Christian Diaz, der ja nicht zum ständigen Publikumsdienst gehörte, sondern sich extra für den Kongress für das Burgtheater einteilen ließ, von G4S gekündigt wurde. Der Betriebsrat der Firma hat eine Aussendung über OTS verschickt (OTS0178: Zentralbetriebsrat zu Burgtheater-Aktion gegen G4S).

 

Wie wirken sich ökonomische Sachzwänge auf die gesellschafspolitischen Fragestellungen des Burgtheaters aus? Lassen sich neoliberale Geschäftspraxis und utopisches Moment des Theaters, wie es jüngst auf dem Jubiläumskongress untersucht wurde, vereinbaren?

Wenn der Staat, der den Kulturauftrag vergibt, seiner Aufgabe nachkommt, sollte es eigentlich für das Theater wenig Sachzwänge geben. Doch in der tatsächlichen Praxis werden die Theater durch festgefrorene Budgets zu immer weiteren Einsparungen gezwungen, vor allem im Personalbereich, und zur Akquirierung von Sponsorgeldern aufgefordert. Die von Ihnen angesprochenen Widersprüche bestehen also und müssen untersucht werden. Das Dilemma der Abhängigkeit von Kunst ist ja nicht neu, siehe Goethes "Tasso", auch müssen wir Theatermacher uns selbst immer wieder fragen, wie der Machtdiskurs bei uns intern geführt wird. Darum greifen wir den Anstoß unseres Billeteurs gern auf.

 

Das Burgtheater schaut als politisch interessiertes Haus auch über die Ländergrenzen hinaus, wie aktuell in Fragen der ungarischen Regierungspolitik. Wie verhält sich das Burgtheater zu den Vorwürfen von Diaz zur Unternehmenspraxis von G4S außerhalb Österreichs?

Tatsächlich haben wir nur in die Geschäftsgebarung der Firma innerhalb Österreichs einen Einblick. Wir nehmen aber seine Vorwürfe ernst und recherchieren wie gesagt in der Angelegenheit.

 

matthias-hartmann reinhard-wernerMatthias Hartmann, 1963 in Osnabrück geboren, ist Regisseur und Intendant des Wiener Burgtheaters. Von 1990 bis 1993 war Hartmann fester Regisseur am Niedersächsischen Staatstheater Hannover. Seine 1992 dort erarbeitete "Emilia Galotti" wurde zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Von 1993 bis 1999 war er Hausregisseur am Bayerischen Staatsschauspiel München, ehe er 2000 als Intendant ans Schauspielhaus Bochum wechselte. 2005 wurde er Intendant des Zürcher Schauspielhauses, 2009 wechselte er ans Burgtheater.

 

 


Erwiderung des Billeteurs

von Christian Diaz

Wien, 18. Oktober 2013, 22:54 Uhr. Ich war zwei Jahre hintereinander als Billeteur tätig. Diese Theatersaison wechselte ich ans Akademietheater, welches Teil des Burgtheaters ist. Wie zwei Drittel der anderen Billeteure der Häuser des Burgtheaters, hatte ich einen Vertrag als "geringfügiger Dienstnehmer". Dieser Vertrag beginnt und endet mit jeder Saison des Theaterjahres. Jedes Jahr ist man aufs Neue im ersten Monat auf Probe angestellt, in der der Subunternehmer das Recht hat, das Dienstverhältnis jeder Zeit zu kündigen. Von diesem Vertragsdetail machte G4S gestern Gebrauch. Mit der Begründung "fehlender Identifikation mit dem Unternehmensleitbild" und dem Vorwurf von "Imageschädigung" wurde mir fristlos gekündigt. Während des Kongresses "Von welchem Theater träumen wir?" war ich nicht im Dienst.

Es ist meines Wissens nicht richtig, dass das Burgtheater die Auslagerung des Publikumsdienstes nicht aus Kostengründen vorgenommen hat. Sie ist, so wie ich während eines Dienstes mitbekam, ein Bilanztrick, wodurch die Billeteure aus der Personalbilanz des Hauses verschwinden.

Mit meiner Intervention hatte ich nicht vor, die Menschenrechtsverletzungen meines ehemaligen Arbeitgebers "außerhalb Österreichs" in den Fokus zu rücken. Meine Absicht war es, mit dem konkreten Fall meines Arbeitgebers und seiner Verbindung zu meinem Arbeitsort auf eine allgemeine Problematik hinzuweisen: Es reicht heute nicht mehr aus, neoliberale Ausbeutungsverhältnisse und die Prekarisierung von Arbeit in einem nationalen Rahmen zu begreifen. Outsourcing ist ein globales Phänomen.

Sicherlich, das Burgtheater ist ein Ort der Repräsentation des Staates Österreich, welcher sich in den "globalisierten Märkten" als Standort profilieren will. Andererseits ist es aber auch ein Ort der Kultur, in dem diese Welt der "globalisierten Märkte" reflektiert und kritisiert werden kann. Das Burgtheater hat als ein solcher Ort die Chance, mit seiner Position in dieser Welt kritisch ins Gericht zu gehen und damit ein Zeichen zu setzen. Das tut es, indem es Prekarisierung und Flexibilisierung von Arbeitsverhältnissen (die de facto Folgen von Outsourcing sind!) nicht weiter unhinterfragt hinnimmt.

Mit der Beauftragung eines Unternehmens wie G4S, dessen Verwicklungen in Menschenrechtsverletzungen und neoliberale Ausbeutungsstrategien auf globaler Ebene im Internet gut dokumentiert sind, trägt das Burgtheater zur Normalisierung dieser inakzeptablen Praktiken bei und untergräbt damit seine kritische Glaubwürdigkeit.

Utopisches Theater:

  • Die Bundestheaterholding auffordern, den Vertrag mit G4S bei der nächsten Gelegenheit nicht weiter zu verlängern.
  • Angestellte in eigenen Verträgen angemessen bezahlen.
  • Glaubwürdigkeit +1

 

 

Presseschau

 

22. Oktober 2013. Nachdem Matthias Hartmann bereits der Kronen-Zeitung (online: 19.10.2013, 16:00) im Interview in Sachen Billeteur versichert hatte, dass er "Sympathie mit diesem Mann" habe und "mit ihm reden" werde, da "sein Anliegen" wichtig sei, beteuert er jetzt auch gegenüber dem Spiegel (21.10.2013): "Das Burgtheater schätzt die Arbeit der Platzanweiser, die seit vielen Jahren das Gesicht des Hauses prägen." Bezüglich der Aktion von Christian Diaz sei man allerdings "lieber vorher gefragt worden". Dennoch sei man "zu jedem Dialog bereit". Befragt nach dem Problem des Outsourcings, variiert Hartmann die erste Burgtheater-Stellungnahme zur Causa: "Wer nach der Gerechtigkeit in einer globalisierten Wirtschaft fragt, muss wie bei Albert Camus als 'Mensch in der Revolte' dauernd sein Gewissen befragen, auch beim Tanken und beim Kleidungskauf." Er würde, so erklärt Hartmann, "die G4S gern bitten, das Dienstverhältnis mit dem wortgewandten Aktivisten zu verlängern". Dieser sei allerdings "nicht auffindbar". Man müsse davon ausgehen, "dass er sich nur für diese Aktion hat anstellen und einteilen lassen".

(Anm. der Redaktion/ape:
nachtkritik.de hatte keine Schwierigkeiten, Christian Diaz per E-Mail zu kontaktieren, eine extra eingerichtete Adresse ist auf dem Tumblr-Blog burg4s hinterlassen. Des Weiteren stellte Christian Diaz bereits am vergangenen Freitag gegenüber nachtkritik.de klar, dass er – entgegen der Mutmaßung Hartmanns – bereits "zwei Jahre hintereinander als Billeteur tätig" war, mit Beginn dieser Saison lediglich ans Akademietheater wechselte und während des Kongresses "nicht im Dienst" war. Am Nachmittag teilte er mit, das Burgtheater habe ihn am Montag, den 21.10., kontaktiert und einen Termin für ein Gespräch vereinbart.)

 

23. Oktober 2013. Im Zürcher Tages-Anzeiger (online 22.10.2013, 18:33 Uhr) kritisiert Bernhard Odehnal den Burgtheater-Intendanten Matthias Hartmann für seinen ausweichenden Umgang mit dem Protest des Billeteurs Christian Diaz. Er erinnert an Hartmanns selbst erklärten Anspruch, im Theater "die grossen Fragen des Lebens" zu verhandeln, und führt insbesondere die kritischen Stellungnahmen des Burgtheaters zur Regierungspolitik in Ungarn an. "Die Intellektuellen schweigen auf nicht nachvollziehbare Weise; ihre Aktionen dienen allenfalls der Beruhigung des eigenen Gewissens", zitiert Odehnal aus der Ungarn-Protestnote Stiftet Aufruhr, die Hartmann vor nicht einmal einem halben Jahr mitunterschrieb, und pointiert: "Aber da ging es um Ungarn, nicht um das eigene Haus." Aktuelle Erkenntnis nach den als "sehr zurückhaltend" beschriebenen Reaktionen des Burgtheaters auf die Rede des Billeteurs: "Wenn es um Zivilcourage im eigenen Haus geht, ist Hartmann gar nicht mehr so laut."

 

 

Presseschau – Hinweise


Leserkommentar von Markus Karner
auf standard.de (15.10.2013, 21:36h)

Kommentar von Birgit Walter in der Berliner Zeitung (16.10.2013)

Meldung auf kurier.at (16.10.2013, 14:01h)

Community-Blogbeitrag von asansörpress35 auf freitag.de (16.10.2013, 18:33h)

Meldung auf nachrichten.at (18.10.2013, 9:18h)

 

 

Mehr zum Jubiläumskongress des Wiener Burgtheaters "Von welchem Theater träumen wir?":

Eva Maria Klinger gibt einen Überblick über die dreitägige Veranstaltung.

Reinhard Urbach wirft einen Blick auf die Geschichte des Hauses.

Andrea Breth über das Nationaltheater als (H)ort kultureller Identitätsbewahrung.

Johann Simons entwirft sein Theater der Nationen.

Björn Bicker plädiert für ein offenes Theater der Teilhabe.

mehr debatten

Kommentare  
Fragen an Hartmann: recherchieren, sonst nichts?
Aber eigentlich, sind wir mal ehrlich, sagt er nichts, der Herr Hartmann. Außer dass sie "recherchieren in der Angelegenheit". Wow.
Fragen an Hartmann: beschränkte Haftung?
Diaz benutzt zwar nicht den Begriff Outsourcing - wendet sich aber sehr wohl auch direkt an das Theater als Institution. Er und die Billeteur Kollegen repräsentieren als Teil ihrer Arbeit das Theater, gehören defacto aber nicht zu derselben Institution.

Hat das Burgtheater hier die Verpflichtung Haltung einzunehmen?
Oder spricht hier das Burgtheater als Gesellschaft mit beschränkter Haftung
(Firma Burgtheater Ges. m. b. H.)
Fragen an Hartmann: Imageverlust
(…) die Antworten machen den Imageverlust eigentlich noch schlimmer, als hätte Hartmann gar nichts gesagt.
Fragen an Hartmann: seit 2 Jahren am Burgtheater
Der Billeteur Christian Diaz war nicht nur für den Kongress angestellt sondern hat seit 2 Jahren am Burgtheater gearbeitet und sein Anliegen ist definitiv auch das Outsourcing und die daraus entstehenden prekären Beschäftigungsverhältnisse.

Langsam sind diese Falschmeldungen aus dem Burgtheater unerträglich!
Fragen an Hartmann: munter an der Realität vorbei
da plaudern sie auf dem kongress über das theater der zukunft munter an der realität vorbei
Fragen an Hartmann: kleine Forderungen
Sind inzwischen kleine politische Forderungen via theatralen Utopien zu adressieren? Ich nehme an, ja..

Fragen an Hartmann: Video und Museum
Der Videomitschnitt oben, der ist wohl erst aufgetaucht?
Der müsste separat auseinandergenommen werden, da hier ohne Netz und doppelten Boden ein junger Mensch angemacht wird (... im Stile einer) Elitenherrschaft: Kommen Sie nachher ins Podium, da können Sie mitdiskutieren, kommen Sie nachher ins Theatermuseum!
Da Dame sagt ernsthaft "Museum" - Da kann der Herr Hartmann jetzt nachschießen, was er will, was hängen bleibt ist: Museum!
Und: Schöne Sessel zum Versinken!

Oh Gott, wer träumt denn von diesem Theater?

Und wie war denn dann die Reaktion von Martin Wuttke?
Fragen an Hartmann: Boden der Tatsachen
Herrlich, wie ein Hochglanz-Kongress (Pollesch und Wuttke sind noch in der Luft!), bei dem Utopien geträumt werden, so brutal auf dem Boden der Tatsachen aufschlagen kann. Die latente Überforderung der Moderatorin, die es ja durchaus gut meinte, zeigte die weit verbreitete Unfähigkeit, mit dem Anderen, mit Spontaneität, mit Freiheit umzugehen - selbst im Theater.

Seltsame Publikumsreaktion.
Fragen an Hartmann: Bericht aus dem Museum
Als Wienerin, die dann interessiert ins Museum eilte, vielleicht ein wenig informelle Information für Lustig und andere.
Das Museum ist das Theatermuseum, dass wenige Minuten Gehzeit vom Burgtheater entfernt, an jenem Samstagabend seinen Veranstaltungsraum gratis zur Verfügung stellte, um außerhalb des Kongresses noch die Möglichkeit zu bieten, im Zusammenhang mit dem Kongress Fragen stellen zu können. (Burgtheater hatte am Abend Vorstellung). Wie auch der Chefdramaturg des Burgtheaters enttäuscht feststellte, hielt sich die Anzahl der Diskutanten, der Nachfragenden (nicht Theaterelitären) weit unter der Erwartung. Auch Herr Diaz folgte dieser Einladung dieses Forum zu nutzen nicht!!! Am Podium und im Publikum gab es mehrere leitende Theatergestalter aus Wien, München, Berlin, Köln/Hamburg (Beier/Thiele). Auch Frau Bergmann war die ganze Zeit anwesend
Fragen an Hartmann: selten schlechte Komödie
In einem Kongress über theatrale Zukunft nix Spontanes auszuhalten, obwohl es sich als inhaltlich relevant darstellt, das ist schon eine selten schlechte Komödie! Aber Geld spielt bekanntermaßen am Burgtheater für Künstler keine Rolle, deswegen ist René auch so ein entspannter Harlekin.
Fragen an Hartmann: kein "Raus hier!" dulden
Sehr geehrte Frau Peschina,
vox populi kritisiert es gewönlich mit dem Satz "Es darf eben nicht sein, was nicht sein darf!", elitär würde man diesen Satz noch um so was wie "per definitionem" schmücken, da Latinismen eine Behauptung auch mit Nachdruck im Raum stehen lassen, den Moment der Einschüchterung dabei aus allen Poren steigen lassend! - "Es", das ist der Höhepunkt der Anmaßung, mit der einer lebendigen Auseinandersetzung, ja einer demokratischen Tradition, begegnet werden kann! Und "es" liegt nicht in der Tatsache, dass die Räume des Museums für Debatten geöffnet werden; "es" liegt in der Strukturgleichheit der Satzaussagen: "Asylverfahren werden im Asylverfahren und nicht auf der Strasse diskutiert" (sagte gestern abend in ard-tagesschau irgendso ein Representant); sehen Sie was passiert: Den Asylsuchenden wird das Recht auf Demonstrations- und Meinungsfreiheit einfach abgesprochen! Und Herrn Diaz geht es nicht besser: Sagen Sie, was sie wollen, aber nicht hier, Punkt und Aus und Raus jetzt ... da hab ich schon iweder mein Trauma im Ohr, irgendwas mit zack zack, aber das ist ein anderes Thema. Ich möchte daran erinnern, dass die gesamte Argumentation gegen das Evil Empire auf der Verteidigungsstrategie der bürgerlichen- und politischen Rechte bestand, das Belgrad 1999, der Irak 2003, (mit Afghanistan war auch irgendwas mit Menschenrechten) ... aus diesen Gründen bombadiert wurden! Selbst wenn man gar nicht so weit gehen möchte, es reicht ein Blick auf die Kämpfe im 19. und 20. Jahrhundert um Teilhabe (Demonstrationsrecht, Wahlrecht, Gleichberechtigung von Mann und Frau etc) und allein der Gedanke "Raus jetzt hier, aber zack zack!" verweigert selbst die Duldung der gegenteiligen Position - und wo das hinführt, na ja, auf den ersten Blick denk ich an Rosa und Karl, die Erschossen im Kanal gedunen, an Eisner und Landauer, die ermordert, allesamt von den Freikorps ... Seien Sie mir nicht böse für die etwas längeren Sätze hier, aber ich lasse mir das Wort nicht verbieten; deshalb: nachtkritik.de-Redaktion: Auf auf zur Wahl einer neuen Theaterdirektion am Burgtheater! Stürzt die versinkten Sessel! Stürzt die Ignoranz! Auf ein besseres Morgen! Solidarität für Diaz!
Fragen an Hartmann: Richtigstellung
ad "Im Vordergrund stand unseres Wissens weniger eine Kostenersparnis als die Erhöhung der Flexibilität: mit Staatsoper und Volksoper kann das Burgtheater somit auf einen großen einsetzbaren Pool an Billeteuren und Billeteurinnen und Feuerwehrmännern zurückgreifen."

Es gibt keinen Pool - Punkt. Ein Billeteur der Burg wird bei Unterbesetzung nicht einfach in ein anderes Haus wie der Staatsoper od. der Volksoper geschickt, das ist auch nicht möglich - jedes Haus hat seine eigenen Systeme. Selbst das Akademietheater hat seine eigene Besetzung die zu 99% nie im Burgtheater ware und umgekehrt.

Ich finde es erschreckend wie wenig selbst der Direktor von seinem eigenem Haus bzw. den Leuten die dort arbeiten weiß.
Fragen an Hartmann: der Aufsichtsrat
Unter diesem Link finde Interessiert eine Erwiderung des "Ex-Billeteurs Christian Diaz auf die Stellungnahmen von Hartmann.

http://burg4s.tumblr.com/post/64416333797

An alle die sich in dieser Sache weiter informieren und aktiv werden wollen, und sich auch an die politisch verantwortlichen Gremien im Hintergrund wenden wollen:

Aufsichtsrat der Österreichischen Bundestheater:
Mitglieder

Organe der Bundestheater-Holding:

Kontakt:

office@bundestheater.at

presse@bundestheater.at

Kontaktformular: http://www.bundestheater.at/Content.Node2/service/kontakt.php

Geschäftsführung:

Dr. Georg Springer
Geschäftsführer

Mag. Othmar Stoss
Prokurist

Aufsichtsrat

Mag. Max Kothbauer
(Aufsichtsratsvorsitzender)

Mag. Bettina Glatz-Kremsner
(Stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende)

BM a.D. Dr. Hilde Hawlicek - ehemalige Kulturministerin

Dr. Ingrid Kapsch-Latzer -

Präs. Prof. Dr. Hellmuth Matiasek - Regisseur,

SC Dr. Gerhard Steger - Sektionschef Finanzministerium

SC Dr. Manfred Matzka - Sektionschef Bundeskanzleramt

Dr. Victor Valent (Rechtsanwalt Wien)

BRV Josef Luftensteiner (künstl. Betriebsrat Volksoper)

BRV Michael Bladerer (Betriebsrat Orchester - Staatsoper)

BRV Viktor Schön (Betriebsrat Technik Burgtheater)

BRV Walter Tiefenbacher (Betriebsrat Theaterservice Ges.m.b.H)

(Werte/r Kurz,
die Erwiderung von Christian Diaz finden Sie auch direkt unter dem Interview mit Matthias Hartmann, hier in diesem Text, siehe oben.
Mit herzlichen Grüßen, die Redaktion/dip)
Fragen an Hartmann: das Schweigen österreichischer Medien
Das kann doch nicht wahr sein, dass die österreichischen Medien tatsächlich versuchen, diese Debatte zu verschweigen.

Der Standard hat ein Leserkommentar zwar veröffentlicht, aber nicht auf der Startseite. Das kann man nur finden, wenn man an der Debatte teilnimmt und danach sucht.

Der öffentlich-rechtliche Radiosender FM 4 hat einen kleinen schriftlichen Beitrag gebracht.

Wolfgang Schlag hat heute morgen das Thema ganz dezent in seine Klassik-Sendung Pasticcio OE 1 reingeschmuggelt.

Das Boulevardblatt Österreich hat heute im Print eine kleine reisserische Geschichte gemacht.
Und versucht nun Online am Video-Mitschnitt mit Werbung zu verdienen.

Haben die Medien-Gesellschaften etwa auch zu viele freie und outgesourcte Mitarbeiter?
Fragen an Hartmann: G4S und Opernball
http://diepresse.com/home/leben/mensch/opernball/732880/Arbeitsinspektor-kontrolliert-den-Opernball

Die Firma G4S die auch die Veranstaltungen in der Staatsoper mit livrierten, prekär beschäftigten jungen Menschen beschickt, wurde schon beim Opernball 2012 zum medialen Thema. Siehe Link oben.
Fragen an Hartmann: Thema medial aufgreifen
@ Kurz et. al.

Richtig, das wird auch für meine Begriffe recht schleppend zu einem medial ernsthaft aufgegriffenen Thema; warum nicht Herrn Peymann zu 1996 befragen zB. oder Fälle an anderen Theatern eruieren, um ein Bild des "Ausmaßes" der Auslagerungen zu zeichnen/gewinnen ??

Noch, so scheint es mir immernoch, ist das Thema nicht richtig im Blätterwald angekommen, was Argumentationsfiguren und Reichweite angeht; dabei wäre es eine gute Gelegenheit, das Thema "Outsourcing" ganz allgemein aufzumachen bezüglich der
deutschsprachigen Theater in öffentlich-rechtlicher Hand (das betrifft ganz sicher nicht
"nur" Wien, also nur zu "Die Deutsche Bühne", "Theater der Zeit", "Theater Heute", wenn das kein Spielzeitstartthema ist , gerade für Monatsblätter !).
Mir ist auch zu wenig detaillierte Argumentation zu vernehmen von Fachleuten, was beispielsweise juristische Fragestellungen angeht.
Vermutlich will das Burgtheater "das alles prüfen", um nicht in die Fallstricke der vertraglichen Regelung mit dem Sicherheitsdienstleister zu geraten (eventuelle Regreßfragen). Hinsichtlich des argumentativen Potentials will mir scheinen, daß eine pauschale Gleichsetzung der Stände 1996 und 2013 durchaus auch ihre Gefahren hat, da sich möglicherweise gerade aus der Negativentwicklung des Vertragspartners über die Jahre der entscheidene Ansatz ergeben könnte, dieses Vertragsverhältnis nicht weiter zu führen. Es geht hier freilich nun einmal nicht um Tankstellen, sondern es geht schlicht um den Verantwortungsbereich Herrn Hartmanns ! Er selbst nennt im Interview Herrn Diaz "Unseren Billeteur", obschon im Satze zuvor die Kündigung angezeigt wurde; andererseits hakt er bei dem Burgtheater-Logo ein, bei dem es gerade um den Wunsch des Billeteurs geht, tatsächlich "unser Billeteur" zu sein (denn er war ja, so gesehen, nie "unser Billeteur"). Warum überhaupt annehmen, daß Herr Diaz noch für dieses Unternehmen weiterhin tätig sein möchte ? Es klingt ja spannend, daß der Burg-Hausherr dazu das Unternehmen befragen möchte, aber man sollte, finde ich, auch nicht sogleich so tun, als hätte Herr Diaz nicht mit den Folgen seiner Aktion "gerechnet". Andererseits mag das auch der Versuch einer schützenden Hand sein seitens des Burgtheaters, nicht den selben "Fehler" wiederholend wie beim Logo (sondern möglicherweise einen anderen, paternalistisch gefärbten begehend). Das "Ich war nicht im Dienst" steht für die freie Meinungsäußerung, und dabei geht es gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber gewiß auch um arbeitsrechtliche Konsequenzen. Es ist natürlich nicht leicht für Herrn Diaz, zu motivieren, wie er es möglicherweise mit seinem Gewissen vereinbaren will, weiterhin für das Unternehmen zu arbeiten, sollte zB. der Burg-Hausherr "erfolgreich" intervenieren, aber er kann mit gutem Recht sich gesagt haben "Wenn die mit Kündigung sogleich reagieren, bestätigen sie mein Bild, das sich mir im Laufe der Jahre von dem Arbeitgeber allgemein eingestellt hat !" Die Gefahr ist durchaus auch meineserachtens, den Mut, den Herr Diaz an den Tag gelegt hat, darauf zu reduzieren, daß hier jemand seinen Arbeitsplatz aufs Spiel setzt(e), auf "Arbeitsplätze" reduziert nämlich die "Gegenseite" zu genüge..
Fragen an Hartmann: Verhältnisse werden sichtbar
Das Thema, das Herr Diaz mit dieser Aktion eröffnet hat, greift viel tiefer als Unterbezahlung, Outsourcing und Prekariats-Verträge für die junge Generation.

Diese Rede und die daraus folgende Debatte ist eigentlich kein Thema für die Kulturseiten, sondern für die politischen, gesellschaftspolitischen und Wirtschafts-Journalisten. Dass diese Aktion auf der Burgtheater-Bühne stattgefunden hat, das gibt ihr die besondere Relevanz - besonders in Wien und Österreich.

Wenn der Redner es aufs Podium im Parlament geschafft hätte, oder vor der G4S Zentrale eine Aktion gestartet hätte, oder auch in einem anderen Wiener Theater auf die Bühne getreten wäre, dann wäre niemals so zum Thema geworden.

Aber wenn man einem Stammpublikum, das zum Kongress gekommen ist um sich der glorreichen Geschichte und leuchtenden Zukunft ihres Lieblingstheater zu versichern, wenn man diesen Leuten erzählt, dass die Vorderhaus-Mannschaft ihres geliebten Burgtheater korrekterweise in "Group4S-Uniformen" auftreten müsste, dann macht das Verhältnisse sichtbar, die der normale Bürger eigentlich gar nicht so genau wissen will.

Wer die unerwünschten Asyl-Sucher zurückbringt ist den meisten Österreichern egal. Wer ihre Karte im Burgtheater abreisst und ihren Mantel aufhängt aber offenbar nicht.

Die Bühne kann ein utopischer und politsch relevanter öffentlicher Ort sein.
Burgtheater-Billeteur: Siehe auch Perlentaucher
Siehe dazu auch Lea Kosch beim Perlentaucher:

http://www.perlentaucher.de/essay/grosse-traeume-leere-konten.html
Fragen an Hartmann: Menschen in Unwürde
Haben Sie Schon mal etwas von Identifikation mit Arbeit und Arbeitgeber gehört? Und davon, dass dieser (Mehr-)Wert den kurzfristigen monetären Einsparungseffekt durch outsourcing und angebliche "Flexibilisierung von Arbeit" mehr als aufwiegt?
Jemand, der sich mit seinem Arbeitsort und Arbeitgeber identifiziert, ist bereit zu geben und dabei bestimmt flexibler und wertschaffender als es jemals durch ein eindimensional optimierungswütiges outsourcing erreicht werden könnte.
Mein ganzer Respekt dem Billeteur. Das ist Mut. Das rüttelt auf und gibt zu denken.
Ein besseres Theaterstück habe ich noch nicht gesehen: Am Theater wird der Umgang mit Menschenwürde und Verantwortung diesmal nicht inszeniert, sondern dank eines prekär beschäftigten mutigen Billeteurs lebendig in Szene gesetzt. Das hat das Burgtheater in Jahren nicht geschafft, also macht doch eure elitäre abgehobene Klitsche zu, bevor sie noch mehr Menschen in Unwürde bringt!
Kommentar schreiben