Presseschau vom 15. Januar 2014 – Entlassung und Defizit am Burgtheater im Spiegel der Wiener Tageszeitung Die Presse

"Das wird ein böses Nachspiel haben"

"Das wird ein böses Nachspiel haben"

15. Januar 2014. Der Streit am Burgtheater weitet sich aus. Nachdem die frühere Geschäftsführerin und Vize-Direktorin Silvia Stantejsky wegen Unregelmäßigkeiten in Buchungsorgängen vom Burgtheater-Direktor auf Grund der Gesetzeslage, die ihm vor Augen geführt worden sei, entlassen werden "musste" (siehe dazu hier), nachdem das Burgtheater-Ensemble sich umgehend mit der Gefeuerten solidarisierte und alle Welt beteuert, man könne sich ja gar nicht vorstellen, dass Frau Stantejsky, diese, wenn auch etwas chaotische Seele des Hauses, dem Burgtheater Schaden zufügen ... und so fort – fragen die Medien (darunter offenbar nicht wenige "Bluthunde", wie Hartmann sich ausdrückt), was ist da eigentlich los am Burgtheater.

Besonders ausführlich berichtet die "bürgerlichen Tageszeitung Wiens", Die Presse. Wir reißen hier ein paar der Artikel an und verlinken:

Hartmann: "Eine bluthundartige Lust an Zerstörung" (11.1.2013)

"Ich schätze Frau Stantejsky, ich wurde angewiesen sie unverzüglich zu entlassen, ich würde gerne, konnte aber nicht anders", so klingen die Einlassungen von Burgtheater-Direktor Matthias Hartmann im Gespräch mit der Wiener Tageszeitung Die Presse (11.1.2013, 22:07). Wie ist es mit dem Defizit? "Ich verstehe vielleicht mehr von Finanzen als andere Direktoren [Anm. d. Red.: Matthias Hartmann aus Osnabrück ist der Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns, schon früher war ihm sein wohlständiger Lebensstil angekreidet worden], aber das System der Abschreibungen gehört nicht zu meinem Fach." Wie es mit seiner Schwester sei? [Anm. d. Red.: Die Schwester Hartmanns leitet die Sparte die Junge Burg, eine Neugründung, von der behauptet wird, sie koste viel Geld und sei wesentlich für das jetzige Defizit ursächlich] "Wieso kommen Sie mir jetzt damit? Es war immer klar, man kriegt mich nur im Doppelpack mit meiner Schwester." – "Es gibt eine bluthundartige Lust an der Zerstörung" bei den Kulturjournalisten".

Burgtheater: Forderung nach mehr Kontrolle (14.1.2013)

Der österreichische Rechnungshof, der gerade die Bundestheater-Holding durchprüft, überlegt, ob er das Burgtheater einer besonderen Prüfung unterziehen soll, schreibt Die Presse (14.1.2013, 10:38). Der Rechnungshof hat nach der Entlassung von Vizedirektorin Silvia Stantejsky "erhöhte Risikorelevanz" im Burgtheater festgestellt. Der Bundestheater-Chef Georg Springer sagt: Ja bitt' schön, prüfts doch das Burgtheater. Er habe ja schon Anfang Jänner auf die schwierige Lage der Burg hingewiesen.

Wer ist schuld am Burg-Defizit?

Wer ist also schuld?, fragt Barbara Petsch in der Presse ganz unschuldig (14.1.2013, 18:24). Der amtierende Burgtheater-Direktor Hartmann sagt, er habe schon ein Defizit vom vorherigen Direktor geerbt. Außerdem werden dauernd die Gagen erhöht, nicht aber die Subventionen. Is eh klar, dass dann immer weniger Geld über bleibt. Ich hab schon mehr eingespielt, das reicht aber nicht aus. Und Schauspieler hab ich auch schon entlassen, das reicht aber halt auch nicht aus.

Darauf der vorherige Burgtheater-Direktor Nikolaus (Klaus) Bachler schäumend: Ja wie kommt denn der Herr Hartmann dazu? "Dass Herr Hartmann ein Defizit geerbt hat, das muss er mir erstmal beweisen, das wird ein böses Nachspiel haben." Der Herr Hartmann beschäftige viele, vergleichsweise teure Gäste, das wisse man doch. Aber ja, es stimme schon, wenn ein staatseigener Betrieb wie die Burg die Gehaltserhöhungen nicht vom Staat zurückbekommt, hat er irgendwann ein "massives Problem" (siehe dazu auch den Artikel im Standard vom 13.1.2013, hier zusammengefasst).

(jnm)

Kommentare  
Presseschau Burgtheater: Feindseligkeiten
Und wo sehen Sie jetzt die "alte Feindseligkeit zwischen den Piefkes und den Eingeborenen"?
Presseschau Burgtheater: siehe Lars von Trier
Ach, Matthias Hartmann ist in Osnabrück geboren, als Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns? (...) Ausserdem sind es immer die Qualitätsmanager, die vorgeschoben werden, wenn es um Probleme mit den Finanzen und/oder Entlassungen geht. Siehe dazu auch Lars von Triers "The boss of it all". Persönliche Verantwortung Fehlanzeige.
Presseschau Burgtheater: böse Nachtkritik
Ja, wo bitte? Das war jetzt wirklich unnötig polemisch dieser Teaser. Böse Nachtkritik.

Es gibt kein deutscheres Theater als das Burgtheater in Wien. Und das ist positiv gemeint.
Nur den 1999 verordneten Übergang von der Alt-Österreichsichen-Kameralistik zur bilanzierenden Ges.m.b.H haben sie nicht ganz da`packt wie`s ausschaut. Und da ist Frau Stantejsky im Auge des Orkans gesessen, hatte sie doch schon unter den beiden genannten Direktoren durchgehend die Prokura.

Warum sollte ein Theater eine bilanzierende Gesellschaft mit beschränkter Haftung sein? Was verspricht sich die Politik von solchen Konstruktionen?
Presseschau Burgtheater: zwei Namen, ein Unterschied
Was ist der Unterschied zwischen Leipzig und Wien? In Leipzig will Hartmann kein Defizit hinterlassen haben, in Wien will Hartmann eines übernommen haben.
Presseschau Burgtheater: Unterschied in Zahlen
@ Karl Aslan-Zumpart - man kann es auch so sehen: Die Vorgänge gleichen sich, der Unterschied liegt aber in den Zahlen. Während man in Leipzig darüber streitet, ob es tatsächlich 400'000 waren oder weniger oder gar nichts, geht es in Wien um Verbindlichkeiten in zweistelliger Millionenhöhe. Und das kam nur mal so nebenbei zur Sprache.
Presseschau Burgtheater: Gedächtnis und Hinweis
http://www.falter.at/falter/2011/05/10/hart-burg-lulu/
Presseschau Burgtheater: Auftritt Leander Haußmann
Ein aktueller Artikel aus der PRESSE mit einem Widerspruch von Leander Haußmann in Sachen "Sanierungsfall Bochum".
http://diepresse.com/home/kultur/klassik/1546577/Hartmann_Zahlen-stehen-in-Bachlers-Bilanz?_vl_backlink=/home/kultur/news/index.do
Presseschau Burgtheater: Haußmann ausführlich
Leander Haußmanns Worte aus dem in 7. verlinkten Artikel verdienen ein vollständiges Zitat: "Herr Hartmann hat sich immer als großer Theaterökonom feiern lassen. Jetzt will er nur noch Künstler sein. Wie lächerlich! Hartmann hat keinesfalls das Schauspielhaus Bochum als Sanierungsfall übernommen. Ich habe ihm das Theater mit schwarzen Zahlen übergeben. Soviel ich weiß, hat Hartmann auch Zürich nicht saniert, sondern fluchtartig für ein besseres Angebot verlassen, die Burg. Dass er jetzt seine Vorgänger verunglimpft, spricht weder für ihn als Kollegen noch erklärt es sein Versagen an der Burg als Geschäftsführer."
Presseschau Burgtheater: kaum zu halten
jetzt meldet sich auch noch Haußmann gegen Hartmann - wird kaum zu halten sein, der Burgtheaterdirektor, wenn sich Wien seine Glaubwürdigkeit behalten will!
Presseschau Burgtheater: Präzision zu Karin Bergmann
Weiteres in Sachen Burg-Desaster.
Ein Punkt ist mir beim durchlesen als nicht ganz korrekt formuliert vorgekommen: Karin Bergmann kam als Pressereferentin von Claus Peymann nach Wien, wechselte dann in dieser Position ins Theater an der Wien zu Klausnitzer und zog erst in der Volksoper bei Übernahme durch Klaus Bachler als Direktor-Stellvertreter in der höchsten Ebene ein und wechselte dann mit Klaus Bachler in dieser Position ans Burgtheater. Was ihrer Qualifikation und ihren Managementfähigkeiten aber keinen Abbruch tun soll.

http://diepresse.com/home/kultur/news/1547555/Burgtheater_Nikolaus-Bachler-droht-Hartmann-mit-Klage?_vl_backlink=/home/kultur/news/index.do
Presseschau Burgtheater: ausgerechnet die Burg
Was für eine Ent-Täuschung! Ausgerechnet die Burg, die bisher in einer eigenen Umlaufbahn zu schweben schien, hoch über all dem Geplänkel um knappe Kassen, Einschnitte, Kürzungen, Sparmaßnahmen und drohende Defizite, mit dem gewöhnliche irdische Theater vielerorts zu kämpfen haben; ausgerechnet diese letzte Festung des Kultur-Adels, wo man nur über Kunst reden konnte und nie über so niedrige Dinge wie Geld und beispielsweise die Anstellungsbedingungen von Billeteuren reden musste, ausgerechnet dieses üppige Haus, in dem man die Gesetze noch selber gemacht hat, schlägt nun dermaßen hart und unwürdig auf dem Boden der Wirklichkeit auf. Man kann zu den hohen Herren im einzelnen stehen wie man will, dass sie sich nun gegenseitig Unfähigkeit vorwerfen, sich mit Klagen bedrohen und ganz offensichtlich ein taktisches Spiel mit falschen Behauptungen, getürkten Zahlen, strategischen Entlassungen und anderem mehr spielen, ist ein großer Jammer! Man sollte sie alle geme insam in einen Raum sperren, (...) und erst wieder raus lassen, wenn sie die Sache miteinander geklärt und zu einer gemeinsamen Lösung gefunden haben. Dann können sie ja wieder über Kunst reden!
Presseschau Burgtheater: die Aussichten
ad 11.) Sie werden sich ohne in einen Raum gesperrt zu sein einigen, unter diskreter Anleitung von Politikern, die sicher auch nicht ganz unschuldig an dem Geschehen sind. Und dann wird das Wiener Publikum halt Programmeinschränkungen größeren Ausmaßes hinnehmen, was es allerdings jetzt schon tut. Können Sie sich vielleicht als Ex-Wiener noch an Peymanns "Die andere Burg" oder an Bachlers "Kasino-Club" erinnern? Solche Schienen gibt es eh' schon nicht mehr. Es wird höchstwahrscheinlich zu der Standort-Schließung KASINO kommen, dessen Eintrittspreise gerade um satte 60% erhöht wurden. Und das Wiener Publikum wird dankbar sein dürfen, dass die allgemeinen Preissteigerungen unter 60% liegen werden. Dafür dürfen sich aber Wiener immer wieder versichern lassen, dass sie in der Stadt mit der höchsten Lebensqualität leben. Bei diesen Aussichten, ist mit eigentlich egal, ob sich die Herrschaften untereinander einigen können.
Presseschau Burgtheater 15.1.: Neues im "Profil"
In der Zeitschrift Profil ist unter der Überschrift "Auflösungsansätze" ein weiterer Artikel zu den Vorgängen am Burgtheater erschienen. Es unter anderem wird von Aussenständen berichtet, die das Burgtheater gegenüber freien Mitarbeitern habe.

http://www.profil.at/articles/1403/983/371723/aufloesungsansaetze-was-wiens-prestige-kulturinstitutionen
Presseschau Burgtheater: Link
Die neueste Entwicklung..
http://derstandard.at/1389858514008/Ueble-Nachrede-Stantejsky-will-Springer-klagen
Presseschau Burgtheater: "Reformbedarf" beim Publikum
"Bei weiniger Produktion durch Kartenverkauf die Einnahmen steigern" heißt wohl eindeutig das Publikum wird sich "reformieren" müssen. :-(

http://diepresse.com/home/kultur/news/1556073/Auch-Corinna-Kirchhoff-und-Udo-Samel-mussen-gehen?_vl_backlink=/home/kultur/news/index.do
Presseschau Burgtheater: die Kultursprecherin der ÖVP
Nachfolgend 2 Abschnitte aus dem "Standard" mit der neuen Kultursprecherin der ÖVP (vormals Finanzministerin).

"Zur Burg will sie sich eigentlich nicht äußern, solange die Fakten nicht auf dem Tisch sind. Aber sie glaubt schon, dass man 'durch die kreative Bilanzgestaltung ein veritables Liquiditätsproblem hatte'. Denn wieso hätte Silvia Stantjesky, die geschasste Vizedirektorin, überbrückenderweise zuschießen müssen? 'Ich sag mal: Die Engpässe waren nicht ausreichend geplant.' Hinzu komme, dass die für die Finanzen zuständige Person 'nie everybody's darling' sein dürfe: 'Das geht sich nicht aus.'

Fekter findet es gut, dass die Wirtschaftsprüfer aufgrund einer Passage im Bundestheaterorganisationsgesetz regelmäßig wechseln müssen: 'Nur dadurch ist das Problem mit der Aktivierung von Produktionskosten über fünf Jahre offenbar geworden.' Auch bei den Bundesmuseen sollte es ein Rotationsprinzip geben müssen: 'Das hätte einen präventiven Charakter.' Notwendig sei zudem eine einheitliche Rechnungslegung, um die Situation der Museen besser vergleichen zu können."

"Hätti-wari-wäre-wenn"

Provokant zu sein gehört für sie dazu. Sie spricht knallhart von "Investitionen, die wir in unser Kulturland hineinstecken, damit wir eine Wertschöpfung herauskriegen". Bei diesem Satz werden sicher manche aufheulen, sagt sie. "Denn das Schrecklichste, was man als Kultursprecherin sagen kann, ist, dass man auch die ökonomische Seite mitbedenkt."

"Knochentrocken kommentiert sie die Finanzsituation der Bundestheater, deren Basisabgeltung im letzten Jahrzehnt, also auch in Fekters Ära als Finanzministerin, nur marginal erhöht wurde. Georg Springer, Chef der Bundestheaterholding, betont immer wieder, dass es kein Problem gäbe, wenn die Inflation abgegolten worden wäre. 'Hätti-wari-wäre-wenn!', sagt Fekter. 'Wenn der Herr Springer uns vier Prozent Wachstum beschert und die Steuern dementsprechend sprudeln, dann hätten auch die Bundestheater mehr Geld bekommen. Aber wenn wir eine schwächelnde Konjunktur haben, dann halte ich es nicht für gerechtfertigt, dass alle nach der Inflationsabgeltung schreien.'"

http://derstandard.at/1389859664089/Wir-koennen-uns-das-Wuensch-dir-was-nicht-leisten
Presseschau Burgtheater: weiterer aktueller Link
http://diepresse.com/home/kultur/news/1560413/Causa-Stantejsky_Gefaelschte-Unterschriften-an-der-Burg?_vl_backlink=/home/kultur/news/index.do
Presseschau Burgtheater: neuer Link
Auch noch Steuerschulden...
http://derstandard.at/1389859928267/Burgtheater-Fuenf-Millionen-Euro-Steuerschulden
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