Presseschau vom 20. Februar 2014 – Wie soll das Burgtheater sparen

Kosten drücken, aber wie?

Kosten drücken, aber wie?

20. Februar 2014. Während toute Wien auf den für Ende Februar angekündigten Abschlussbericht der KPMG-Wirtschaftsprüfer für die drei letzten Geschäftsjahre des Burgtheaters wartet, werden schon einmal Varianten diskutiert, wie künftig die Ausgaben des Hauses zu senken wären:

Ensemble verkleinern

Zum einen gibt es die Möglichkeit das Ensemble zu verkleinern (82 feste Ensemblemitglieder listet die Website des Burgtheaters derzeit auf, dazu 38 Gäste). Bereits angekündigt wurde, dass die Jahres-Verträge von unter anderem Udo Samel, Therese Affolter und Corinna Kirchhoff nicht verlängert und Michael König wie der Hausfotograf Georg Soulek in die Pension wechseln würden. Auch sollen hinfort weniger Gäste an der Burg auftreten. Ein weiterer Abbau des festen Ensembles komme für ihn nun nicht mehr in Frage, hatte Matthias Hartmann daraufhin die Pressesprecherin der Burg erklären lassen. Der Chef selber sagte dazu im Interview im Wiener Standard (16.2.2014): "Das ganze Haus wird weiter sparen müssen. Aber bevor es Menschenopfer gibt, muss man alles daran setzen, andere Lösungen zu finden."

Am Dienstag (18.2.2014) lautete eine Überschrift im Kulturteil der Wiener Presse: Burgtheater-Direktor: "Schauspieler haben Angst um Existenz", was insofern pikant ist, weil die Schauspieler mehrheitlich ihrem Direktor zuvor das Misstrauen ausgesprochen und ihn beschuldigt hatten, den Mitarbeitern gegenüber eine Angstpolitik zu betreiben, bei der mit jederzeit möglicher Kündigung aus Kostengründen gedroht werde. Worüber as Ensemble auch in einem Brief an den zuständigen Minister Klage geführt hatte (Standard, 16.2.2014)

Immobilien verkaufen

Die zweite Möglichkeit, die Kosten des Theaters zu senken oder wenigstens Geld in die Kassen zu spülen, um das aktuelle Defizit auszugleichen, wäre, Immobilien der Bundestheaterholding zu verkaufen. Allerdings werden fast alle Gebäude, die der Bundestheaterholding gehören, auch von den Theatern genutzt. Der Hanuschhof im 1. Wiener Gemeindebezirk, auf den sich die meisten Blicke richten, ist nicht nur Sitz der Bundestheaterholding sowie des Museums der Staatsoper, sondern bringt auch jährlich 850.000 Euro Mieteinnahmen ein. Weshalb der zuständige Immobilien-Chef der Holding erklärt, ein Verkauf sei ökonomisch der größte Unsinn, Vermietung angesichts der niedrigen Zinsen weitaus lukrativer.

Spielstätten schließen

So bleibt, wie es scheint als Königsweg die Kosten zu drücken, die Schließung von Spielstätten, entweder des kleinen Vestibüls, der Studiobühne unter der Feststiege, oder des Kasinos am Schwarzenbergplatz, der Spielstätte für Gegenwartsstücke und Spezialprojekte. Das Kasino wurde unter Direktor Achim Benning  1981 als dritter Raum am Schwarzenbergplatz eröffnet und wird seither mit Unterbrechungen bespielt. Aber an die ihm von allen Seiten angetragene Schließung des Kasinos will Hartmann selber bisher nicht heran. Der Direktor im O-Ton aus dem Gespräch mit dem Standard (16.2.2014): "Das Kasino zu schließen wäre furchtbar. Das ist der Ort, wo Theater in den zeitgenössischen Diskurs eintritt (...) Lieber Immobilien verkaufen als Spielstätten schließen! Hier will keiner zum Theatermörder werden."

Worauf ihm Thomas Kramar in der Presse (18.1.2014) entgegenhielt, es sei eine "Anmaßung", wenn sich das Burgtheater in Wien für alle Formate des Theaters, vom Experiment bis zur staatstragenden Klassikeraufführung" zuständig halte. Es gebe in der Theaterstadt Wien "etliche Mittel- und Kleinbühnen, die sich mit Recht rühmen könnten, dass auf ihnen 'Theater in den zeitgemäßen Diskurs eintritt'."

(diePresse.com / derStandard.at / jnm)

 

Zum Überblick über die Krise des Burgtheaters.

 

Kommentare  
Presseschau Burg: Kasino-Schließung abwegig
Thomas Kramars Intervention halte ich für gefährlich. Traditionell, vor bald vierzig Jahren, war es tatsächlich so, dass das Burgtheater für die "Klassiker" (in einem weiten Verständnis) zuständig war und sich die Kleintheater, die damals Kellertheater hießen, auf Experimente konzentrierten. Das aber ist, nicht nur in Wien, längst Geschichte - nicht zuletzt, weil man auch den Experimentatoren wie etwa Conny Hannes Meyer mit ökonomischen Vorwänden ihre Häuser wegnahm. Die verbliebenen Kleinbühnen bieten zu einem nicht geringen Teil konventionelles Theater an, während sich die Staats- und Stadttheater für Experimente (wieder in einem weiten Verständnis) geöffnet haben. Dafür dienten ihnen häufig alternative Spielstätten, vorzugsweise mit variablen Räumen. Für diese Tendenz steht auch das Kasino. Unvergessen etwa Peymanns "Edward II." mit dem damals noch wenig bekannten Nicholas Ofczarek. Der Verzicht auf das Kasino bedeutete die Rückkehr der Burg zu einem verstaubten Repräsentationstheater. Wenn die von Kramar beschworenen Mittel- und Kleinbühnen in Sachen Experiment mit dem Kasino in Wettbewerb treten - umso besser. Aber die Schließung wäre so abwegig, wie es das (vorläufige?) Ende des Praters oder der Baracke in Berlin bereits ist. Wer, wenn er in künstlerischen und nicht in finanziellen Kategorien denkt, könnte das ernsthaft wollen?
Presseschau Burg: Freie Gruppen nicht gewünscht
Da stimme ich Herrn Rothschild zu. Die Burg hat noch ein hochklassiges Schauspielensemble, und es sollte mehr und nicht weniger zu sehen sein. Das Kasino ist die Gelegenheit das Ensemble mal in einem anderen Format als der großen Burg-Bühne oder des konventionellen Akademietheaters zu erleben. Auch als Ort für Sonderformat ist das Kasino ideal.
Zudem wo soll die Einsparung sein? Die Technik ist sicher die schlankste aller Burg-Spielstätten und die Umbauten seit 2009 waren zum Vorteil des Spielortes. Wird der Saal als Theater aufgegeben, dann ahnt man Schlimmes.
Alternativ: Das Kasino in der Obhut einer der Theatervereine der Stadt Wien? Freie Gruppen werden nicht so gefördert, dass sie sich einen Saal der Größe leisten können. Denn es ist politisch nicht gewünscht, dass freie Gruppen wachsen. Warum macht die BIG eigentlich keinen Mieten-Rabatt?
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