Peymanns Garde

19. März 2014. Karin Bergmann wird Interimsintendantin am Wiener Burgtheater. Das meldet soeben die Wiener Tageszeitung "Der Standard" im Anschluss an die Pressekonferenz, auf der Kulturminister Josef Ostermayer die Neubesetzung der Burgtheater-Direktion bekannt gab. Dramaturg Hermann Beil, der in Presseberichten vom Wochenende (15. März 2014), als Allein-Kandidat für die Interimsintendanz gehandelt wurde, werde ihr "als Berater zur Seite stehen. Er verzichtet auf ein Honorar", so der Standard. Wie der Kurier schreibt, soll das Interregnum vorerst bis Ende der Spielzeit 2015/2016 dauern. "Eine Entscheidung über die fixe Leitung nach dieser Zeit soll im Herbst fallen", so der Kurier.

karin bergmann c reinhard werner uNeu-Intendantin Karin Bergmann
© Reinhard Werner
Ebenso wie Hermann Beil war auch Karin Bergmann mit Claus Peymann, Burgtheaterdirektor von 1986 bis 1999, nach Wien gekommen. Ab 1986 arbeitete die gebürtige Recklinghausenerin (Jahrgang 1953) am Burgtheater zunächst als Pressesprecherin. 1999 wurde sie Stellvertreterin von Intendant Klaus Bachler. Als Bachler 2008, ein Jahr vor Vertragsende, die Bayerische Staatsoper in München übernahm, war sie allein für den Betrieb des Burgtheaters verantwortlich.

Im Sommer 2010, nach der ersten Saison des am 11. März 2014 wegen der Finanzaffäre am Burgtheater entlassenen künstlerischen Direktors Matthias Hartmanns, ging sie in Pension. "Sie wollte das Haus gut übergeben; Unstimmigkeiten mit Hartmann stellte sie in Abrede", so der Standard. Jetzt ist Karin Bergmann die erste weibliche Intendantin in der Geschichte des Wiener Burgtheaters.

Zuletzt hatte Bergmann den Jubiläums-Kongress 125 Jahre Wiener Burgtheater "Von welchem Theater träumen wir?" im Oktober 2013 organisiert, auf dem der Billeteur Christian Diaz mit seiner Protestaktion gegen die Outsourcingpraxis am Burgtheater für Furore sorgte.

(Standard / Kurier / PM Wiener Burgtheater / chr)

 

Den Rücktritt von Burgtheater-Direktor Matthias Hartmann kommentierte Nikolaus Merck.

Mehr zur aktuellen Lage am Wiener Burgtheater lesen Sie in der Chronik der Finanzaffäre.

Über das Potenzial der Peymann-Connection nach Wien gibt's auch was im Blog.

 

Kommentare zur Berufung von Karin Bergmann

Im Kommentar in der Presse von Barbara Petsch (online 19.3.2014) wird Karin Bergmann als integrative, bestens vernetzte Theatermacherin beschrieben. "Von Bergmann kann man auch erwarten, dass sie der Institution Burgtheater mit Achtung begegnet und nicht leichtfertig schwerwiegenden Änderungen des Programms oder der Struktur zustimmt."

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Kommentare  
Burgdirektorin Bergmann: richtige Prognose
Womit ich mit meiner Prognose recht behalten habe. Dass ist nichts für Beil, der etwas auf seriöse Vorbereitungen hält und Jobhopperei öffentlich immer ablehnt hat.
Burgdirektorin Bergmann: Zukunft
Zurück in die Zukunft
Burgdirektorin Bergmann: sicher geplant
Also Bergmann jetzt Jobhopperei vorzuwerfen, finde ich etwas seltsam ... Und "seriöse Vorbereitungen", na ja, das hätte wohl keiner in der Situation geschafft. Und nachdem die nächste Saison sicher geplant ist ...
Burgdirektorin Bergmann: Genderfrage
Was ist denn eine männliche Intendantin?
Burgdirektorin Bergmann: gegen Jobhopping
Die Jobhopperei hat sich auf ein früheres Posting von mir bezogen, wo nur von Hermann Beil die Rede war. Überhaupt noch nicht von Karin Bergmann. Da meinte ich, dass sich ja Peymann und Beil immer gegen Jobhopperei ausgesprochen haben, wie sie etwa Bachler praktiziert hat. Beil, der ja Direktionsmitglied im BE ist, hätte dort ad hoc alles liegen und stehen lassen müssen und in Wien das Büro beziehen. Und das wird er nicht tun, habe ich damals vermutet. So war es gemeint....
Burgdirektorin Bergmann: alles mit Augenmaß
Ja. Nu is es raus und wie ich aus der Ferne finde: eine Entscheidung mit Augenmaß. Karin Bergmann hat sich für genau solch einen Fall bereits einmal bewährt. Wien/Österreich kann seine Kulturfinanz- und Burgtheater-Verwaltungsgebaren überdenken, korrigieren und wird dem Burgtheater als nationalem Kulturerbe inhaltlich wie formal damit eventuell gerechter werden als unter Bachler/Hartmann. Karin Bergmann garantiert der Suche nach dem Neuen/der Neuen die Ruhe für eine sich nachhaltig künstlerisch wie verwaltungsstrategisch günstig auswirkende Entscheidung. Und der/die Neue hat Zeit für die solide und gelassene Bewerbung und die Ausarbeitung einer Vision, die sich in einer künstlerisch-strategischen Grobplanung, die für einen Zeitraum von etwa drei Jahren und zwar das große Haus, Akademietheater und Junge Burg gleichzeitig betreffend, niederschlägt. Und die selbstverständlich jene Lücken für die notwendigen taktischen künstlerischen Entscheidungen freilässt, d.h. sie mit einplant. Hier werden ja auf das Burgtheater gerade angesichts der noch unabsehbar sich entwickelnden Konflikte im u.a. galizischen Raum große inhaltliche Herausforderungen warten, deren Formung man das Haus wird öffnen müssen. Also denke ich, so aus der Ferne…
Schön, dass der Beil das sozusagen bei Bedarf ehrenamtlich beratend macht. Das finde ich ungeheuer sympathisch.
PS: Hast Du das da verstanden? Weißt Du, ich muss jetzt hier raus, auch wenn ich gerne mit Dir - egal wie - rede... Du weißt, wie ich Schauspieler und deshalb das Theater liebe und mich gern um alles da kümmere, aber ich muss jetzt hier raus. Auch wenn ich alle hier so mag und mich immer so gern mit allen unterhalten habe und sie mir sehr fehlen werden: der Steckel und die Inga, der Einer und der immer überschäumende Julius, der gar nicht Steinerne Gast und – ja, der Vielfalt so aufrichtig verteidigende Baucks mit seinen mitunter furchtbar daneben gehenden Vergleichen und die gewissenhafte Frau Peschina und der Georg Kasch, der immer so schnell alles nachträgt, was von den Usern bemeckert wird an Redaktions-„Versäumnissen“ und der extra für mich gemachte Troll, der mich immer mal so gerne foppte mit seinen so überzeugend erfundenen Allerweltsnamen unter denen er dann die absoluten Spießermeinungen wie sein jugendliches Augenzwinkern übers Netz zu mir geschickt hat und ja – Schade natürlich… Irgendwann werde ich gerne wiederkommen und dann auch hoffentlich nicht von der Redaktion rausgeschmissen… Trotzdem, es ist wie es ist: da haben nun einmal ein paar Leute ihr Leben bei mir eingeklagt und um die muss ich mich jetzt auch mal wieder etwas kümmern: um Anna und Isabell, Zacharias und Nathanael, um die Trautheims und die Linkiewiczs und Antonellis, um den schwulen Richter Gideon, die lebensfrohe OSB Marie Angelè, um alle diese kultursehnsüchtigen Staatssekretäre, pensionierten Aufsichtsräte und wohlfahrtsgeilen Deutschlehrerinnen und um diese immer von ihren prekären Verhältnissen gehetzten Schauspieler z.B. Ich kann ganz viel an und für Theater denken und auch viel an alle diese Leute denken, aber: wenn ich zu viel gleichzeitig an beides und auch noch für umsonst denke, kann ich einfach nicht mehr so richtig auf die Straße achten…
Also verabschiede ich mich jetzt und zwar mit dem wundervollen Ukrainer Andruchowytsch und ich wünschte, dass das Theater auch hier, auf uns, in Berlin z.B., so schauen könnte: "In letzter Zeit wundert mich etwas anderes – hunderttausende Menschen, die hier leben, gehen, atmen und dabei keine Magie vermuten - , wie ich schon sagte, sie leben einfach, sie halten, typisch ukrainisch, dieses Leben für unmöglich, unerträglich, erbärmlich, schimpfen auf die Regierung, die Mafia, die Polizei, auf jede Ukraine und jedes Rußland dieser Welt. Zugleich kaufen und verkaufen sie Wohnungen, hinterziehen Steuern, picknicken im Grünen, singen ihre Volkslieder auf Geburtstagen und Hochzeiten, trinken und essen reichlich, fahren ihre klapprigen Volkswagen zu Schrott und flicken sie wieder zusammen, veranstalten nächtliche Schießereien vor Diskotheken, bearbeiten aber auch ihre Gärten, pflanzen Bohnen und Blumen vor den Wohnhäusern, hören nervtötende Musik, fahren zum Jobben nach Polen und Tschechien, kaufen Grundstücke, kaufen die Behörden, die Miliz, die Mafia, die Zöllner, füllen an Sonntagen sämtliche Kirchen, beten, werden geboren, sterben – mit einem Wort, wie ich schon sagte, sie leben." (Aus: "Das Stanislauer Phänomen", Essays, sv 2446, 1. Aufl. 2003)
Burgdirektorin Bergmann: Linkhinweis Billeteur
Diese Dame ist KARIN BERGMANN:

Was für ein Krisenmanagement!

https://www.youtube.com/watch?v=MEA3uKtOrMI
Burgdirektorin Bergmann: Ankunft in Kiew
@ D.Rust: Und jetzt würde ich gern noch Ihren Klarnamen wissen. Und warum gerade SIE dieses Ding hier nun beenden dürfen. Offener Dialog ist das immer noch nicht. Und zitieren kann ich auch. Auch laaang, wenn es die nk-Redaktion zulässt:

"Im Zug legte ich mich sofort hin, denn um fünf Uhr morgens wurde man geweckt; bevor der Zug in Kiew einlief, mußten wir den Waggon saubermachen. Die Schaffnerin ließ mich nicht lang schlafen, ihr grässliches 'Muschtina, padjom' dröhnte mir in den Ohren. […] Am schwierigsten war es, den tambur von den zahllosen Kippen zu säubern, die an dem rutschigen, von Blutspuren markierten Boden festgefroren waren. Ich erinnerte mich, daß gegen eins der Lärm einer Schlägerei zu hören gewesen war. Scheiße, dachte ich. Für die Klomuschel verbrauchte ich fast fünf Kübel eisiges Wasser. […]. In Kiew war es stockfinster, aber ich spürte instinktiv, wohin ich gehen mußte, um ins Bahnhofsgebäude zu kommen. Taxifahrer verstellten mir den Weg, hielten mich am Ellbogen oder am Mantel fest, leuchteten mir mit brennenden Streichhölzern ins Gesicht. Das brauchten gar keine Taxifahrer zu sein. Nachdem ich mich durchgekämpft hatte, landete ich im Wartesaal, wo dermaßen viele stinkende Obdachlose, Krüppel, Zigeunerkinder und Verrückte herumsaßen, daß ich schon an der Schwelle gezwungen war, kehrtzumachen, außerdem entdeckte ich einen banditenähnlichen Polizisten, der sich eindeutig in meine Richtung bewegte. […] Ich mußte mich einigermaßen in Ordnung bringen nach dem verdammten Zug. Das ging nur in einer öffentlichen Toilette, das große M, zu dem ich hinstürzte, entpuppte sich aber als Eingang zur Metro. Die Schlange am Schalter kam so langsam voran, daß ich Zeuge wurde, wie schwangere Frauen umkippten, Taschendiebe ans Werk gingen (mindestens zehn, einer zeigte mir wie auf Abmachung sein Messer, als sich unsere Blicke trafen), und die erboste Kassiererin durch ihr Fensterchen einem besonders aufdringlichen Klienten den Bleistift ins Auge bohrte. Der griff sich an den Kopf, und das Auge rann zwischen seinen Fingern aus. Auf der Rolltreppe sah ich, daß ich es zu eilig gehabt hatte. Zu dieser frühen Morgenstunde (es war Viertel vor sieben) führt die Militärpolizei in der Kiewer Metro strenge Kontrollen durch. Unten standen auch ein paar üble Typen in Uniform, die schon ein paar Unglücksraben festgenommen und abgeführt hatten. […] Es gab nur einen Ausweg - die Rolltreppe gegen die Fahrtrichtung hinauf zu laufen. Ich hatte das mal im Film gesehen, es müßte zu schaffen sein. Aber etwas anderes war nicht zu schaffen: sich durch dieses Dunkel, diese Menschen, ihre Körper, Kleidung, Krücken, Locken, Socken, gespreizten Hände, aufgerissenen Münder, Säcke voll klebrigen Fleisches, durch die feste kalte Luft hindurchzuarbeiten. In diesem Augenblick beschloß ich, nie wieder nach Kiew zu fahren, und spürte zugleich voller Entsetzen, daß es für ein Versprechen wie dieses zu spät war. 'Werte Reisende, bitte aufstehen, in einer Stunde kommen wir in Kiew an', sagte die Schaffnerin in nicht besonders boshaftem Ton. Ich kehrte in meinen Körper zurück wie in mein eigenes Abteil. Es war schon hell, die Uhr zeigte halb sechs. Das Tollste kommt, wenn die Alpträume zu Ende sind. Du, Kiew, kannst ein Lied davon singen."
(Juri Andruchowytsch, "Kleine intime Städtekunde", in: "Das letzte Territorium. Essays")
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