Presseschau vom 31. März 2014 – Spiegel-Interview mit Claus Peymann über die Krise am Burgtheater

Kanzler kann doch jeder

Kanzler kann doch jeder

31. März 2014.Im Zuge der Burgtheaterkrise sind auch die Leistungen der Vorgänger-Intendanten in den Fokus gerückt. Im Spiegel spricht Claus Peymann über die Ereignisse in Wien, darüber, was einen guten Intendanten ausmacht und über die Schwierigkeit, einen Nachfolger für ihn zu finden. 

Hartmann sei ein katastrophaler Krisenmanager gewesen, das ging bis zur Jämmerlichkeit, so Peymann im Interview mit Spiegel-Redakteur Wolfgang Höbel. Er rufe ihm zu: "Ich hoffe, du lernst aus diesem Sturz." Er, Peymann, wisse, wovon er rede, auch er habe einen schweren Sturz erlebt bei seinem Abschied von der Schaubühne 1971. Aber Hartmann könne seine Lehren daraus ziehen, und "natürlich ist Hartmann auch ein Beispiel für die Verführbarkeit durch Geld und durch Macht".

Peymann selbst habe kein schlechtes Gewissen, mehr zu verdienen als Angela Merkel. Sein Gehalt sei aber nicht annähernd so hoch wie das der Chefin der BVG. Und für das Honorar, das er für eine Gastinszenierung bekomme, gehe ein Oberarzt in Bensheim noch nicht mal aus dem Haus. Das Amt des Bundeskanzlers sei auch nicht so schwierig wie die Aufgabe, das Burgtheater zu leiten. "Bundeskanzler oder Bundespräsident, das kann doch jeder. Aber ein guter Theaterdirektor, da müssen sie lange suchen."

Auf die Frage, was ein guter Theaterdirektor brauche, sagt er: "Eine Botschaft, und wenn sie wahnhaft ist. Meine Botschaft war es, mit dem Burgtheater die Welt zu verändern, wie ich auch jetzt mit dem Berliner Ensemble die Welt verändern will. (…) Diese Wahnhaftigkeit, dass das Theater etwas einmalig Politisches ist, an der halte ich fest." Der Fall Burgtheater könnte ein Fanal werden zum Aufbruch in eine neue Zeit, denn vom Aussterben sei das Theater nicht bedroht. "Das System wird zusammenkrachen, wenn man ihm die Grundlage abgräbt, "wir würden trotzdem nicht aufgeben." Ein guter Theaterdirektor müsse heute auch dafür sorgen, dass die Bude voll ist. "Die Zeiten als man stolz war, wenn die Leute rausrannten, sind vorbei."

Die Nachfolgeregelung für den (auch Langzeit-)Intendanten der Berliner Volksbühne Frank Castorf zu finden, sei im übrigen leichter als für ihn selbst. Die Volksbühne müsse man nur wachküssen. "Aber das BE ist schwer. Weil wir es so verdammt gut machen. Ich wünsche keinem, mein Nachfolger zu werden. Der Laden ist ausgereizt, wir haben zu wenig Geld. Alle Aufführungen mit weniger als 70 Prozent Auslastung nehmen wir vom Spielplan. 70 Prozent, da würde mancher jubeln."

(sik)

  

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