Würzburger Theater zu Konventionalstrafe verurteilt
"Vorsätzliche Verletzung des Aufführungsvertrages"
Würzburg, 3. September 2014. Die Absetzung von Paul M. Waschkaus dramatischen Text "Nacktes Leben oder Bei lebendigem Leibe" durch das Mainfranken Theater Würzburg drei Tage vor der 2012 angesetzten Uraufführung hatte ein juristisches Nachspiel. Wie Pathos Transport Berlin mitteilt, das Waschkaus Texte vertritt, habe das Amtsgericht Würzburg die Stadt Würzburg als Rechtsträger des Mainfranken Theaters wegen "vorsätzlicher Verletzung des Aufführungsvertrages" zur Zahlung einer Konventionalstrafe an den Berliner Dramatiker verurteilt (AZ 17C 1352/14). Die Stadt Würzburg hat als Beklagte zudem die Kosten des Rechtsstreites zu tragen. Berufung ist innerhalb eines Monats möglich.
Waschkau war 2011 in Würzburg für sein Stück mit dem Leonhard-Frank-Preis ausgezeichnet worden.
(Pathos Transport Berlin / geka)
Wir halten Sie auf dem Laufenden
Wir sichten täglich, was in Zeitungen, Onlinemedien, Pressemitteilungen und auf Social Media zum Theater erscheint, wählen aus, recherchieren nach und fassen zusammen. Unterstützen Sie unsere Arbeit mit Ihrem finanziellen Beitrag.
mehr meldungen
meldungen >
- 28. März 2024 Berliner Theatertreffen: 3sat-Preis für Jenaer Arbeit
- 28. März 2024 Berlin/Bremen: Geschäftsführer Michael Helmbold verstorben
- 28. März 2024 Neues Präsidium für Deutsche Akademie der Darstellenden Künste
- 26. März 2024 Günther-Rühle-Preise vergeben
- 26. März 2024 Mülheimer Theatertage: Preisjurys berufen
- 26. März 2024 Theatertreffen der Jugend 2024: Auswahl steht fest
- 26. März 2024 Schauspieldirektor Maik Priebe verlässt Neustrelitz
- 25. März 2024 Dramatikerpreis für Correctiv-Autor:innen L. Lax und J. Peters
neueste kommentare >
-
hildensaga, Berlin Rauf und runter
-
Reise des G. Mastorna Hinweis
-
hildensaga, Berlin Biederes Bedienen
-
hildensaga, Berlin Wo ist der Witz?
-
hildensaga, Berlin Feminismus
-
Chico Citrone, Schwerin Warnung!
-
hildensaga, Berlin Karger Männerblick
-
Preisjury Mülheim Um Himmels Willen
-
Auswahl Mülheim Liste?
-
Auswahl Mülheim Erwartbar + bieder
Das zeigt einmal mehr, auf welch krasse Weise Stadttheater mit Autoren umspringen. Dass es hier einer mal gewagt hat, die Sache nicht einfach auf sich beruhen zu lassen, verdient Respekt.
Hier das komplette Urteil als PDF:
http://www.pathostransport.de/news/URTEIL_AGwuerzburg.pdf
Hier die Seite des Autors, auf der Waschkau die Vorgänge lückenlos dokumentiert:
http://www.invasor.org/pmw/dramen/MAT_NacktesLeben.htm
Die Spitze dieser Farce scheint aber folgendes zu sein:
„Um das Gericht von der Notwendigkeit der Absetzung zu überzeugen, legte die Beklagte das umstrittene Stück dem Gericht sogar als Beweis vor.“ vgl. >>> http://www.pathostransport.de/news/PathosProzess1.htm
Ist das die Kunstfreiheit, auf die sich der Würzburger Intendant hier beruft? Sich vom Gericht bestätigen zu lassen, das abgesetzte Stück „Nacktes Leben“ von Waschkau sei in der Tat unzumutbar und unaufführbar?
------------------------------------------------------------
Werte nk-redaktion. Diesen leicht gekürzten Beitrag hatte ich bereits gestern – fast inhaltsgleich - gepostet! Verstößt er etwa gegen die NB? mfg C.Leber
(Sehr geehrte/r C. Leber, der Vergleich von IP-Nummern im Verbund mit dem Inhalt der Postings legte die Vermutung nahe, dass hier ein und dieselbe Person mit verschiedenen Pseudonymen auftritt, um die eigene (Einzel-)Position als die von mehreren auszugeben, so dass sich bei uns der Eindruck einer gezielten Aufmerksamkeitssteuerung aufdrängte – etwas, dem wir ungern Vorschub leisten möchten, auch wenn wir es nicht in jedem Fall verhindern können. Mit freundlichen Grüßen aus der Redaktion, Christian Rakow)
Und obwohl mir hier ein wenig zu viel gelobhudelt wird, hat sich
einzigartig in dieser Affäre allein der Autor Paul Waschkau gemacht. Denn seit AntoninArtaud und Heiner Müller dürfte es kaum einen ähnlichen Fall gegeben haben.
An den künstlerisch eher unbedeutenden Intendanten wird man sich irgendwann nur aufgrund dieses "Absetzungsskandals" bzgl. des Stückes "Nacktes Leben" erinnern.
Wer hat schon Interesse an juristischen Zusammenfassungen oder liest die trockene Urteilsschrift? Und wer kann hier Argumente für den Intendanten ins Spiel bringen, der sich einerseits mit "Moral und Gewissenskonflikten" herausredet, aber über rechtliche Normen hinweg "vorsätzlich" Verträge bricht und zu keiner gütlichen Einigung bereit war.
Daher ist der herausgefuselte Satz von "Leber" ein wichtiger Erkenntnisgewinn, der die ganze abscheuliche Doppelmoral herauskehrt, die in dieser Sache nochmals zu Tage kommt und weiterhin unglaublich bleibt.
Schaut man/frau nämlich ins Urteil hinein und nimmt die Nachricht der Verurteilung des Würzburger Stadttheaters ernst, dann wird sichtbar, worum es hier eigentlich geht. Um die Diskrepanz zwischen einem städtisch-staatlichen Großbetrieb das sich "Theater" nennt, geleitet von Intendanz und Geschäftsführung inklusive Würzburger Stadt also Politik im Rücken, die trotz rechtlicher Vereinbarung versucht hat, einen Autor über die Klinge springen zu lassen.
Das ist das Ungeheuerliche an dieser Meldung.
„Der Fall Nacktes Leben verschwindet nicht still und leise. Das nicht aufgeführte Stück bleibt in seiner Abwesenheit präsent und spuckt durch die Räume des Mainfranken Theaters wie ein Gespenst.“
http://www.ardmediathek.de/radio/kulturWelt-Aktuelles-Feuilleton-Baye/Nacktes-Leben-Autor-Paul-Waschkau-un/Bayern-2/Audio-Podcast?documentId=23480768&bcastId=9486832