medienschau

Unsere auswahl ist subjektiv

Presseschau vom 27. August 2014 – CDU-Kultursprecher sieht Ziel der Theaterreform in Mecklenburg-Vorpommern nicht erreicht

Ziel nur gemeinsam zu erreichen

27. August 2014. Wie das Neue Deutschland berichtet (22.8.2014), hat der kulturpolitische Sprecher der CDU im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, Marc Reinhardt, zugestanden, dass das Ziel der Theaterreform im Lande verfehlt worden sei.

Presseschau vom 25. August 2014 – Rostocker Internetzeitung spricht mit dem Geschäftsführer des Volkstheaters Rostock Stefan Rosinski

Stattliche Verzichtleistung

Rostock, 25. August 2014. In einem Gespräch mit der Internetzeitung Das ist Rostock.de freut sich der kaufmännische Geschäftsführer des Volkstheaters Rostock Stefan Rosinski über einen leichten Gewinn der Theater GmbH von 100.000 Euro für das Jahr 2013.

Presseschau vom 24. August 2014 – Der NDR über Mängel beim Metrum-Gutachten für Theater in Mecklenburg-Vorpommern

Falsch gerechnet

24. August 2014. Das vom Schweriner Kultusminsterium in Auftrag gegebene Metrum-Gutachten zur Finanzsituation der Mecklenburg-Vorpommerschen Theater weise erhebliche Rechenmängel auf. Das habe die Landtagsfraktion der Grünen kritisiert, wie der NDR (online 23.8.2014) berichtet. So werde das erwartete Defizit des Theaters Vorpommern im Gutachten um 1,8 Millionen Euro zu hoch beziffert. Das Kultusministerium habe Rechenfehler eingeräumt, wolle aber weiter an seinen Kürzungsplänen festhalten, die vorsehen bis zum Jahr 2020 an den Theaterstandorten in Vorpommern 102 Stellen abzubauen.

Presseschau vom 21. August 2014 – Die Berliner Zeitung interviewt Hans-Thies Lehmann zur Tragödie, zum Drama und zur Institution Stadttheater

Erschüttere uns, Theater!

21. August 2014. Für die Berliner Zeitung (16./17.8.2014, in der Frankfurter Rundschau am26.8.2014) hat Arno Widmann mit dem Theaterwissenschaftler Hans-Thies Lehmann gesprochen – über Drama, Tragödie und die Institution Stadttheater. "Das Tragische ist keine Lebensrealität", sondern "eine Perspektive, unter der wir das Leben betrachten", so Lehmann. "Es ist eine künstlerische Form. Die Geschichte von König Lear können Sie auch ganz ohne Tragik erzählen, etwa als Groteske." Man nenne "Natur- und persönliche Katastrophen" im Alltag deshalb oft "tragisch", "weil es einen Echoraum tragischer Kunst gibt". "Zur tragischen Erfahrung" könnten Erfahrungen von Schmerz, Leid, Scheitern "erst durch eine pointierte, ästhetische Formulierung werden."

Presseschau vom 30. Juli 2014 – Die taz über griechische Theatermacher, die sich künstlerisch gegen Neofaschismus engagieren

In Krisenzeiten

30. Juli 2014. In der tageszeitung schreibt Theodora Mavropoulos darüber, wie das griechische Theater auf die zunehmende Ausländerfeindlichkeit und Neofaschismus reagiert. Zur Lage: Das die neofaschistische Partei Chrysi Avgi (Goldene Morgenröte) im Juli 2012 drittstärkste Partei im Parlament wurde, ist ein Symptom. "Viele der verunsicherten Griechen fühlten sich durch den Einzug der Faschisten ins Parlament in ihrer Haltung bestätigt. Denn das Vertrauen in in die einst etablierten Parteien ist durch die Sparpakete und die damit verbundenen Kürzungen längst verloren. Slogans wie 'Griechenland den Griechen' wirken besonders in Krisenzeiten."

Presseschau vom 30. Juli 2014 – Die Schweriner Volkszeitung mutmaßt über Schweriner Intendantenkandidaten

Interne Lösung?

Schwerin, 30. Juli 2014. Die Schweriner Volkszeitung mutmaßt über einen Nachfolger für Staatstheater-Intendant Joachim Kümmritz, dessen Vertrag 2016 mit erreichen der Pensionsgrenze ausläuft. Die Stellenbeschreibung fordere von einem neuen Generalintendanten u.a., "zukünftig mit einer kaufmännischen Geschäftsführerin... zusammenzuarbeiten". Auch sei die Fusion des Staatstheaters mit dem Einsparten-Landestheater in Parchim avisiert.

Presseschau vom 25. Juli 2014 – André Bücker im Interview mit der Mitteldeutschen Zeitung über die Neuausschreibung der Intendanz und die Proteste des vergangenen Jahres

Ein Stück Kabarett

Dessau, 25. Juli 2014. In diesen Tagen wurde bekannt, dass die Intendanz in Dessau-Roßlau neu ausgeschrieben ist. Der Vertrag des jetzigen Intendanten André Bücker, der sich erfolgreich gegen die Kürzungen gestemmt hatte, wird damit nicht verlängert. Er könnte sich jedoch neu bewerben. Im Interview mit der Mitteldeutschen Zeitung spricht Bücker über die Situation.

Magazinrundschau Juli 2014 – Twitternde Kritiker, eine antifeministische Performerin und die neue Frankfurter Internationale

Wir müssen unsere Strukturen mit dem Ausland infizieren

von Wolfgang Behrens

Juli 2014. In diesem Monat blicken die Theatermagazine in die Schweiz, in den Frankfurter Mousonturm, auf die Extrem-Performerin Angélica Liddell und auf ein theaterkritisches Twitter-Experiment.

Die deutsche Bühne

deutschebuehne7.14 140Im Juli-Heft lässt Die deutsche Bühne noch einmal ein Twitter-Experiment Revue passieren, das beim Berliner Theatertreffen während einer Aufführung von Frank Castorfs Inszenierung Reise ans Ende der Nacht stattgefunden hat: 18 Blogger und Kritiker twitterten dort (unter Verwendung des Hashtags #TTreise) direkt aus der Vorstellung. Die deutsche Bühne präsentiert das Ergebnis nun als eine Art kollektiver Kritik, wobei "alle Twittertexte als Material benutzt und in zwei Kapitel geteilt" wurden. "Ziel war, möglichst aufschlussreichen Lesestoff zu bieten: sowohl zur Inszenierung als auch über die Erlebnisse beim Vorgang der Twitterkritik." Tja, da kommen natürlich wieder komplexe Autorschafts-Fragen ins Spiel: Eignet dieser Zusammenstellung nicht doch eine arg subjektive Färbung durch das Ordnungsbedürfnis des Sampelnden (des Redakteurs Detlev Baur), der sich so zum Autor aufschwingt, zumal die Namen der jeweiligen Twitterer gestrichen sind? "Dieser Text soll eine Reflexion über die Aktion sein und eine konzentrierte Auslese der Twitterkritik bieten." Konzentriert, genau! Es bedarf tatsächlich einiger Konzentration, um aus diesem Schnipsel-Konglomerat so etwas wie Sinn zu ziehen.

Doch auch Detlev Baur selbst zeigt sich in einem kurzen Resümee ernüchtert von der Aktion: "Beim gleichzeitigen Sehen und Schreiben leidet, wie ich erfuhr, nicht nur die Aufmerksamkeit, sondern auch die Fähigkeit des Kritikers zum reflektierten Urteil. Erschreckender aber war die Beobachtung (mich eingeschlossen), dass soziale Medien dazu verleiten, auf Kosten des Gegenstandes geistreich sein zu wollen." Zudem zeige sich, "dass Twittern keinesfalls live ist, da zwischen kommentierter Aktion, Schreiben eines kurzen Textes und Erscheinen dieses Textes im Netz etwa zwei Minuten vergehen können, man also selbst bei größter Dialogbereitschaft aneinander vorbeischreiben kann."

Der Schwerpunkt der Juli-Ausgabe gilt der Schweiz, die politisch zu Beginn des Jahres Furore machte, als eine Mehrheit (im Übrigen nicht die Mehrheit der Schweizer, sondern die Mehrheit der Volksabstimmungs-Teilnehmer) sich für eine Begrenzung der Einwanderung von Ausländern aussprach. Wie ein roter Faden zieht sich dieses Abstimmungsergebnis durch den Schwerpunkt: In einem einleitenden Text vertritt etwa Elisabeth Maier die These, dass sich ein Großteil der Schweizer Dramatik "vehement mit der Angst der Eidgenossen im Umgang mit Fremden" auseinandersetze (wobei zu bedenken wäre, dass sich vermutlich ein gar nicht so kleiner Teil der Dramatik überhaupt mit der Angst der Menschen, auch der nicht eidgenössischen, vor dem Fremden auseinandersetzt). Darüber hinaus hat Die deutsche Bühne einige schweizerische oder in der Schweiz arbeitende Theaterleute zu dem Volksentscheid befragt, und ihr schlug – naturgemäß – eine Welle der Empörung über das Ergebnis entgegen. Peter Theiler, schweizerischer Intendant des Staatstheaters Nürnberg (nicht in der Schweiz), gibt sich immerhin besonnen: "Die Schweizer Regierung hat ja jetzt drei Jahre lang Zeit und den Auftrag, eine Gesetzesvorlage zu erarbeiten. Man wird dann sehen, ob das Resultat und seine Auswirkungen so scharfkantig sein werden, wie es die Kommentare zu der Abstimmung befürchten lassen." Und Andreas Homoki, Intendant des Zürcher Opernhauses, möchte sich ohnehin als Deutscher "nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Ich möchte jedenfalls nicht darüber spekulieren, wie ein solches Referendum wohl in Deutschland ausgefallen wäre."

Theater der Zeit hat für Juli und August anstelle des regulären Heftes ein Arbeitsbuch herausgebracht, das ebenfalls der Schweiz gewidmet ist, genauer: dem Schweizer Theaterkünstler der letzten Jahrzehnte schlechthin, nämlich Christoph Marthaler. Dieses Arbeitsbuch bleibt hier ausgeklammert, weil nachtkritik.de ihm in Bälde eine eigene Rezension angedeihen lassen wird.

Theater heute

theaterheute7.14 140Im Juli schlägt Theater heute dem nachtkritik.de-Rundschauer ein Schnippchen, indem das August-Heft am 21. Juli und somit bereits vor unserer Juli-Rundschau erschienen ist. Wir nehmen's als Mahnung zur Pünktlichkeit! Hier also nun erst einmal der Blick ins Juli-Heft. Franz Wille genehmigt sich darin indirekt einen kleinen Seitenhieb auf nachtkritik.de: In seinem Bericht über das Festival Theater der Welt kommt er nämlich auch auf die von nachtkritik.de veröffentlichte Eröffnungsrede Jacob Appelbaums zu sprechen. Appelbaum habe erklärt, dass sich Der Spiegel und die Süddeutsche Zeitung geweigert hätten, den Text dieser Rede zu drucken, "obwohl sie das vorher angekündigt hätten", und habe den Eindruck erweckt, dies habe mit seinen vermeintlichen Enthüllungen über Henri Nannen zu tun, in dessen Namen Appelbaum wenige Tage vorher geehrt worden war. Dazu bemerkt Franz Wille trocken: "Vielleicht hatten 'Spiegel' und 'Süddeutsche' einfach abgesagt, weil sie nicht den Schnee von gestern drucken wollten? Man kann sich als großer Aufklärer auch ziemlich blamieren."

Doch zurück zum Theater! Gerald Siegmund unterhält sich mit Matthias Pees, der seit einem Jahr Intendant des Frankfurter Künstlerhauses Mousonturm ist. Pees erläutert in dem Gespräch seine programmatische Vorliebe für internationale Projekte: "Wenn man aus einer relativ gesettelten Welt wie Westeuropa mit seiner kolonialen Tradition kommt, dann schaut man mit einem gewissen Selbstverständnis auf alles andere und den Rest der Welt. Zumeist herunter. Diesen unseren Blick auf die Welt zu irritieren, mal andere auf uns und auf die Zustände hier und in der Welt gucken zu lassen, das lohnt sich für uns doch weit über die Kunst hinaus."

Neben diesen "ganz platt" politischen Grund tritt aber noch ein ästhetischer: "Ich habe aus dem Ausland wiederkommend erlebt, was für eine ängstliche Ästhetik und wie wenig Haltung wir am Theater und gerade auch im Stadttheater mit seinem Repertoirebetrieb haben. (…) Am Mousonturm versuche ich, Schauspieler, Performer und Gruppen aus anderen Ländern zu zeigen, in deren Arbeit manchmal eben eine andere Unmittelbarkeit und Dringlichkeit steckt." Pees wünscht sich zudem, dass sich auch die Stadttheater trauten, "nicht nur die Regisseure aus dem Ausland (…) zu holen, sondern auch ihre Gruppen einzuladen, zu umfangreichen Residenzen, mit denen sie ihre Arbeitsprozesse und ihr Theaterverständnis in unsere Strukturen hineintragen, uns mit sich infizieren …"

Eine der von Pees als exemplarisch erwähnten Künstlerinnen ist Angélica Liddell, die Christine Wahl im selben Heft porträtiert. Wahl erwähnt, dass man im Kollegenkreis nach ihrem Treffen mit Liddell habe wissen wollen: "'Und? Wie ist die so?' Besonders empathische Naturen lassen sich sogar zu der No-Go-Frage hinreißen: 'Ist die auch im Gespräch so extrem?'" Wahl führt daraufhin aus, dass sich "der gordische Knoten zwischen Bühnen- und Privatperson auch im Gespräch unter gar keinen Umständen löst. 'Im normalen Leben fühle ich mich maskiert, verkleidet und kostümiert (…). Aber auf der Bühne habe ich tatsächlich das Gefühl, ich zu sein.'" Schließlich konfrontiert Wahl Liddell mit der auf nachtkritik.de (bezüglich "Yo no soy bonita") gefallenen Vokabel "feministische Performance". Antwort: "'Der Feminismus interessiert mich null!' (…) De facto könne man sie geradezu als Antifeministin bezeichnen, korrigiert Liddell und beharrt auf dem 'persönlichen Schmerz' als dem exklusiven Ausgangspunkt ihrer Arbeit. 'Den gesellschaftlichen Kontext sehe ich nicht, den berücksichtige ich nicht, den greife ich nicht auf und den will ich auch nicht.'" Nun ja – was die Künstler wollen und was in der Kunst letztlich zu sehen ist, das waren halt schon immer zwei verschiedene Paar Schuhe!

Sämtliche Magazinrundschauen seit 1/2014 finden Sie hier.

Presseschau vom 22. Juli 2014 – Der Tagesspiegel interviewt den Operndorf-Architekten Francis Kéré

Der Stolz von Burkina Faso

22. Juli 2014. "Das Dorf ist entstanden, es funktioniert, Frauen können hier ihre Kinder zur Welt bringen, und Kinder bekommen Unterricht", sagt der Architekt Francis Kéré im Interview mit Rüdiger Schaper vom Tagesspiegel über das von Christoph Schlingensief und ihm initiierte Operndorf Remdoogo in Burkina Faso. Über Visionen rede er nicht, aber er hoffe, dass das Dorf sich stabilisiert. "Die finanziellen Probleme bleiben." Geld sei zum generellen Weiterbauen und im speziellen für das ideelle Zentrum des Operndorfs, das Festspielhaus, notwendig.

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