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Herbert Achternbusch ist tot

Herbert Achternbusch bei der Eröffnung des Filmfestes in München 2015 © Harald Bischoff via Wikipedia, CC BY-SA 3.0

13. Januar 2022. Wie heute bekannt wurde, ist der Autorenfilmer, Maler, Dramatiker, Schriftsteller, Schauspieler und bayerisches enfant terrible Herbert Achternbusch gestorben. Er wurde 83 Jahre alt. Das meldet unter anderen der Bayerische Rundfunk.

"Du hast keine Chance, aber nutze sie!"

Herbert Achternbusch wurde 1938 in München geboren. Er studierte an der Pädagogischen Hochschule seiner Heimatstadt und den Akademien der bildenden Künste in Nürnberg und München. Bekannt wurde das "bayerische Originalgenie" (Süddeutsche Zeitung) zuerst als Autor der "Alexanderschlacht" (1971), ein für die damalige literarische Avantgarde wichtiger Roman. Berühmt aber wurde Achternbusch als Regisseur seiner eigenen, mehr oder weniger versponnenen Filme, mit denen er in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhundert regelmäßig den Zorn der mit absoluter Mehrheit in Bayern regierenden CSU erregte.

Achternbusch wurde der Blasphemie geziehen, weil er in seinem Film "Gespenster" als Jesus vom Kreuz stieg und mit einer Nonne schlief. Mit diesem Film schaffte er es, in Deutschland, der Schweiz und Österreich wenigstens zeitweise verboten zu werden, weil er "die religiösen Gefühle großer Teile der Bevölkerung" verletzt habe.

Vielfach ausgezeichnet

30 Filme drehte Achternbusch laut Wikipedia zwischen 1970 und 2002, darunter "Die Atlantikschwimmer" (1976), "Bierkampf" (1977), "Servus Bayern" (1978), "Das letzte Loch" (1981), "Der Depp" (1982), "Die Olympiasiegerin" (1983), "Heilt Hitler" (1986). Für Werner Herzogs "Herz aus Glas" (1976) schrieb er das Drehbuch.

Zwischen 1978 und 2008 schrieb Herbert Achternbusch auch regelmäßig für das Theater, seine Dramen "Ella" (1978), "Susn" (1980) und "Gust" (1986) waren große Erfolge mit seinem zeitweiligen Schwager Josef Bierbichler und Brigitte Hobmeier in den Titelrollen.

1977 wurde Herbert Achternbusch mit dem Petrarca-Preis ausgezeichnet, dessen Annahme er verweigerte. Er verbrannte das Preisgeld. 1982 bekam er den Spezialpreis des Filmfestivals von Locarno und den Bundesfilmpreis. Für seine Stücke "Gust" (1986) und "Der Stiefel und sein Socken" (1994) erhielt Herbert Achternbusch jeweils den Mülheimer Dramatikerpreis.

(wikipedia / BR 24 / Süddeutsche Zeitung (€) / jnm)

 

Pressestimmen

Auf Deutschlandfunk Kultur (13.1.2022) würdigt der Regisseur Andi Niessner hat Achternbusch als "liebevollen, zärtlichen und unendlich witzigen Menschen".

"Er war ein Außenseiter und Exzentriker des neuen deutschen Films, der in seiner Schlagfertigkeit an den großen Karl Valentin erinnert", sagt der Filmkritiker Andreas Kilb in SWR2 (14.1.2022).

Willi Winkler schreibt den Nachruf auf Achternbusch in der Süddeutschen Zeitung (€ | 13.1.2022).

Für Ulf Poschardt von der Welt (14.1.2022) war Achternbusch ein "ein uneinholbarer Avantgardist".

"Er war ein schöner und zänkischer Mann, der seine Karriere auf sein Genie aufbauen wollte", schreibt Robin Detje in der Zeit (14.1.2022)

Insbesondere dem Filmschaffen von Herbert Achternbusch, "der als Filmemacher mächtigere und härter kämpfende Feinde hatte als alle systemrelevanten Artisten zusammen", widmet Franz Dobler in der taz (25.1.2022) seinen Nachruf und blickt zugleich auf andere Nachrufe.

Kommentare  
Achternbusch: politisches Theater
Hoffentlich nutzen in der Quarantänezeit ein paar maßgebliche Dramaturgen ihre Zeit, um Achternbuschs hinterlassene Theaterstücke noch mal nachzulesen. Einiges mag aus heutiger Sicht uninteressant geworden sein. Aber ein Stück wie PLATTLING, seinerzeit von Wilfried Minks mit
Bierbichler und Brombacher in Frankfurt kongenial uraufgeführt, erzählt selbst noch 40 Jahre nach der Entstehung, wie weit politisches Theater Anfang der 80er schon mal war und wie müde im
Vergleich dazu selbst das Pollesch-Theater an der Volksbühne derweil geworden ist.
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