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Hermann-Sudermann-Preis für Kim de L'Horizon

Das Siegerstück: "Hänsel & Greta & The Big Bad Witch" von Kim de L'Horizon aus Bern © Yoshiko Kusano

6. Mai 2023. Kim de L'Horizon erhält den Hermann-Sudermann-Preis für Dramatik 2023, wie das Deutsche Theater Berlin auf seiner Website mitteilt. Der in diesem Jahr mit 6000 Euro dotierte Preis wird seit 2013 von der Hermann Sudermann Stiftung in Kooperation mit dem Deutschen Theater Berlin im Rahmen der Autor:innenentheatertage verliehen. Kim de L'Horizon erhält die Auszeichnung für das Schauspiel "Hänsel & Greta & The Big Bad Witch – Eine Weltrettung in 13 Übungen", uraufgeführt 2022 am Theater Bern in der Regie von Ruth Mensah.

Kim de L'Horizon, geboren 1992 in Ostermundigen bei Bern, hat Germanistik und am Literaturinstitut Biel studiert. Im Jahr 2022 wurde de L'Horizon für den Debütroman "Blutbuch" mit dem Literaturpreis der Jürgen Ponto-Stiftung, dem Schweizer Buchpreis und dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet. "Hänsel & Greta &The Big Bad Witch" ist im Rahmen der Hausautor:innenschaft von Kim de L'Horizon am Schauspiel Bern entstanden und Teil 1 der "Septologie des Posthumanistischen Theaters".

Laut eigener Ankündigung verzichtet Kim de L'Horizont auf das Preisgeld und sagt dazu: "Aufgrund meiner momentanen finanziellen Lage verzichte ich auf das Geld und möchte, dass dieses einer anderen schreibenden Person zugute kommt. Mit dieser Geste möchte ich auch auf die immer prekärer werdende Lage hinweisen, in der Dramatiker:innen stecken. Die Förderungen werden mehr und mehr gekürzt, und nach wie vor werden kaum Stücke nachgespielt und stattdessen Romane adaptiert. Ich verzichte auf das Geld in der Absicht, dass die nächste Preisträger:in das Geld zusätzlich bekommt. Das wären dann 12.000 Euro, und somit hoffentlich etwas Zeit ohne Förderbei- und Aufträge; Zeit, um ein Zipfelchen des Theaters der Zukunft zu erhaschen."

Der Hermann Sudermann Preis wird alle zwei Jahre vergeben und erinnert an den, laut Auskunft des Deutschen Theaters Berlin, meistgespielten deutschen Bühnenautoren an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert.

Der vierköpfigen Jury gehörten in diesem Jahr die Dramaturg:innen des Deutschen Theaters Berlin Franziska Trinkaus und John von Düffel sowie die Vorstandsmitglieder der Hermann Sudermann Stiftung Karen Sokoll und Torsten Walter an. Kim de L'Horizon wurde, wie bereits die Preisträger:innen der vergangenen Jahre, von der Jury aus dem Kreis der Autor:innen ausgewählt, die mit Gastspielen ihrer Stücke zum diesjährigen Festival am Deutschen Theater eingeladen worden sind.

(Deutsches Theater Berlin / chr)

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Preis für Kim de L'Horizon: Pilze
Ein Mash-up aus dem Grimms Märchen-Klassiker, Gedanken zur Klimakrise und Schnipseln der feministischen Technoscience-Philosophin Donna Haraway servierte Kim d´Horizon, nonbinäre Gewinner*in des Deutschen und Schweizer Buchpreises, beim ATT-Gastspiel in der Box.

Die vier jungen Spieler*innen (drei am Anfang ihrer Karriere, einer noch im Studium) springen in den 75 Minuten von Rolle zu Rolle, vor allem Julius Engelsbach ist mit sehr häufigen Kostümwechseln beschäftigt. Er verkörpert all die Pilze, Flechten und futuristischen Geschöpfe, die bei Haraway eine so große Rolle spielen.

In hohem Tempo werden Anspielungen auf den Klimakrisen-Diskurse und den Haraway-Text abgefeuert, das Märchen von Hänsel und Gretel und der bösen Hexe bleibt als Rahmenhandlung ebenfalls andeutungsweise präsent.

Kim d´Horizons beim Berliner Gastspiel mit dem Hermann Sudermann-Preis ausgezeichneter Text hat aber mit demselben Problem wie frühere Haraway-Auseinandersetzungen, z.B. „The Shape of Trouble to come“ des FARN-Kollektivs um Sandra Hüller, zu kämpfen. Ähnlich wimmelbildartig und hektisch geistern die Figuren in den skurrilsten und schillerndsten Kostümen durch die Haraway-Gedankenwelt, ohne bleibenden Eindruck zu hinterlassen, wenn die Fragmente in so hohem Tempo und ohne einordnenden Kontext in einer spaßigen Performance geboten werden.

Komplette Kritik: https://daskulturblog.com/2023/05/09/hansel-greta-the-big-bad-witch-theater-kritik/
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