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Neue Intendanz für Zürich: Pınar Karabulut und Rafael Sanchez
6. Dezember 2023. Pınar Karabulut und Rafael Sanchez übernehmen ab Spielzeit 2025/2026 gemeinsam die Intendanz des Zürcher Schauspielhauses Zürich. Das teilt das Theater mit. Der Verwaltungsrat der Schauspielhaus Zürich AG hat der Mitteilung zufolge nach seiner Sitzung am 1. Dezember 2023 "aus einer Vielzahl hochqualifizierter Bewerbungen" nun seine Auswahl getroffen.
Pınar Karabulut, 1987 in Mönchengladbach geboren, studierte Theaterwissenschaft, Kunstgeschichte und Neuere deutsche Literatur an der Ludwig-MaximiliansUniversität in München. In der Spielzeit 2016/2017 leitete sie zusammen mit dem Kurator*innenteam Britney die Außenspielstätte am Offenbachplatz des Schauspiel Köln. Von 2020 bis 2023 war sie Teil der künstlerischen Leitung der Münchner Kammerspiele.
Rafael Sanchez, 1975 in Basel geboren, war von 2003 bis 2006 Hausregisseur am Theater Basel, wo er die von ihm entwickelte Spielstätte K6 kuratierte. Von 2008 bis 2013 war er Co-Intendant am Zürcher Neumarkt Theater. Sanchez arbeitete außerdem am Düsseldorfer Schauspielhaus, an der Schaubühne am Lehniner Platz in Berlin, dem Deutschen Theater Berlin, am Staatsschauspiel Dresden, am Schauspielhaus Zürich und am Teatro Español Madrid.
"Mit der Wahl von Pınar Karabulut und Rafael Sanchez übernimmt eine neue Generation von Theatermacher:innen die Leitung eines der renommiertesten Theater im deutschsprachigen Raum", heißt es in der Presseerklärung unter anderem. Die beiden Regisseur:innen hätten Findungskommission und Verwaltungsrat durch ihre fundierten künstlerischen Arbeiten überzeugt, die ein breites Publikum ansprechen und bereits mehrfach mit Preisen ausgezeichnet worden seien. Am Freitag, dem 8. Dezember 2023 um 11.15 Uhr, wird das neue Leitungsduo in der Zürcher Schiffbau-Halle den Medien vorgestellt.
(Schauspielhaus Zürich / sle)
Medienschau
Bei der Nichtverlängerung von Stemann/Blomberg hatte Zürichs Stadtpräsidentin Corine Mauch versprochen, den "eingeschlagenen Kurs" im Bemühen um "Diversität" weiterzuentwickeln. Dieses Versprechen werde mit der Neubesetzung der Schauspielhaus-Intendanz gehalten, kommentiert Alexandra Kedves im Tages-Anzeiger (7.12.2023). Karabuluts "Inszenierungen aus dem Geist des queerfeministischen Empowerments" seien "bunt und poppig, bürsten Klassiker gegen den Strich, Stichwort 'Überschreibung', geben Marginalisierten eine Bühne". Sanchez gilt ihr als "Spielkind unter den Regisseuren"; das „Kippen ins Klamaukige ist geradezu sein Markenzeichen"; seine Co-Intendanz am Neumarkt (2008–2013) sei "zahlentechnisch gut" gelaufen. Fazit: "Nein, richtige Stars hat man fürs Schauspielhaus nicht gewinnen können, auch nicht solche mit so strahlenden Beziehungen wie seinerzeit Stemann. Aber vielleicht muss das ja gar nicht sein. Luft nach oben ist auch eine Chance. Zumindest ist, böse gesagt, die Fallhöhe kleiner – und die Offenheit fürs Hiesige womöglich grösser."
"Was beide verbindet, ist, dass sie Schauspielerinnentheater machen. Ihre Arbeiten sind zugänglich und in der Gegenwart verankern. Es ist anzunehmen, dass das Ensemble unter ihrer Co-Leitung wieder eine starke Position bekommt. Wieder zum Herz des Theaters wird, was in den letzten Jahren etwas unter die Räder kam", berichtet Dagmar Walser im Schweizer Rundfunk SRF 2 Kultur (7.12.2023)
"Der Verwaltungsrat tauscht die eine Doppelspitze gegen eine andere mit ähnlichem ästhetischen Profil aus. Das ist durchaus verwunderlich, zumal sich Karabulut als Regisseurin kaum vom Zürcher Bürgertum domestizieren lassen wird. Sanchez indes kennt die Stadt und weiß wohl, was auf ihn zukommt", schreibt Egbert Tholl in der Süddeutschen Zeitung (7.2.2023) Karabulut "machte sich mit einem unverwechselbaren Personalstil einen Namen als Regisseurin: Ihre Arbeiten sind grell, entweder großartig oder enervierend, dazwischen gibt es wenig", weiß Tholl aus München zu berichten.
"Das ist für die mässig leidenschaftliche Theaterstadt Zürich eine kühne, um nicht zu sagen, tollkühne Tat. Die Verantwortlichen halten am Fernziel von Stemann und von Blomberg fest: Aufbruch!“, schreibt Daniele Muscionico im St. Galler Tagblatt (8.12.2023) Sanchez gilt als "humorbegabt und spielfreudig, inszenatorisch lustvoll bei der Sache, doch ohne entschiedene Handschrift". Pinar Karabulut "steht für Feminismus und die Hoffnung, die alte Bühnenkunst mit Unverfrorenheit und popkulturellen Referenzen für ihre Peers, für ihre Generation attraktiv zu machen. Beide Positionen sind sich ähnlich und bedienen traditionelle Erwartungen nicht."
Als "Überraschung" stuft Ueli Bernays von der Neuen Zürcher Zeitung (7.12.2023) diese Berufung ein. Karabulut und Sanchez hätten sich "durch Regiearbeiten im deutschsprachigen Raum einen gewissen Namen gemacht", hätten sich aber international "noch kaum als Theaterleiter in Szene setzen" können. Nach dem "Routinier" Ulrich Khuon als Interiums-Intendant, von dem "eine gewisse Befriedung des Zürcher Theaterbetriebs erwartet wird, dürften die zwei Galionsfiguren einer jüngeren Generation wieder für mehr Spannungen sorgen".
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