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Stralsund: Lesbisches Paar des Theaters verwiesen

5. Juni 2023. Am Donnerstag ist in Stralsund bei einem Philharmonischen Konzert ein lesbisches Paar von einer Mitarbeiterin des Theaters verwiesen worden, weil es sich geküsst haben soll. Das berichten verschiedene Medien, darunter das Magazin Der Spiegel (€). Andere Zuschauer*­innen hätten sich offenbar durch den Kuss gestört gefühlt.

Nachdem das Paar Informationen über den Vorfall in den sozialen Netzwerken verbreitet hatte, veröffentlichte das Theater auf Instagram eine Entschuldigung. "Unser Haus vertritt eine tolerante und weltoffene Haltung und verpflichtet sich der Diversität", heißt es dort. "Wir werden den Vorfall aufarbeiten, die nötigen Konsequenzen daraus ziehen und sicherstellen, dass sich so etwas nicht wiederholt."

"Wir wissen noch nicht, was genau passiert ist, wir müssen und wollen erst mit beiden Seiten sprechen, bevor weitere Schritte folgen", zitiert die Ostsee-Zeitung (€) den Pressesprecher des Theaters Benjamin Glanz. "Dazu haben wir auch den beiden Betroffenen ein Gesprächsangebot unterbreitet. Auf jeden Fall tut uns das Ganze sehr leid, wir bedauern den Vorfall sehr." 

(Spiegel.de. / Ostseezeitung / sle)

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Kommentare  
Stralsund: Widerspruch
Da werden ganze Abteilungen aufgestockt, damit sich auch alle denkbaren Diversen und Fluiden vom Theater angesprochen fühlen - und dann kommt ein ganz normales lesbisches Pärchen und wird rausgeworfen. Was hätte der Abenddienst in Stralsund bloß gemacht, wenn da tatsächlich ein nicht-binär gelesener Mensch im Zuschauerraum gesessen hätte? Ihn teeren und federn lassen?

Nein, im Ernst: Wie kann man einerseits ständig (zu recht natürlich!) darüber reden, dass in den Theatern vor, auf und hinter der Bühne mehr Diversität stattfinden muss - und dann handelt man so?
Stralsund: Stille Post
Zitat aus dem Spiegel:
"Gäste der Vorstellung hätten sich gestört gefühlt von zwei Frauen, »die während der Aufführung tranken, sich unterhielten und küssten« teilte das Theater auf SPIEGEL-Nachfrage mit. In der Pause hätten sich die Besucher an eine Mitarbeiterin des Einsatzdienstes gewandt. Es sei zu einer »Konfrontation« der beiden Frauen durch eine Mitarbeiterin und dabei zu einer »unglücklichen Wortwahl« gekommen – daraufhin habe sich das Frauenpaar veranlasst gesehen, »die Vorstellung zu verlassen«.
Was die Stellungnahme des Theaters offenlässt: Hat sich die Mitarbeiterin vom Einlass diskriminierend geäußert oder einfach beleidigend? Für die Einordnung des Vorfalls und ein besseres Verständnis wäre es wichtig, das zu wissen, weil die Mitteilung des Theaters genaugenommen zwei Deutungen zulässt: Sie könnte einerseits ein Eingeständnis der Tatsache sein, dass eine Angestellte des Theaters zwei Besucherinnen dezidiert aufgrund ihrer sexuellen Orientierung angegriffen hat. Man könnte daraus aber auch eine Erzählung lesen, nach der zwei angetrunkene und laute Besucherinnen zurechtgewiesen worden seien."

Ich lese, die haben während der Vorstellung getrunken, waren laut und haben sich geküsst.
Meine Vermutung: gestört hat wohl vor allem, dass sie laut waren und tranken.
All die Eiferer im Blätterwald, die diesen Teil der Nachricht verschweigen - finden die das in Oper und Theater ok, wenn da krakeelt wird und man vielleicht hinter denen sitzt und die Lautstärke etc. nicht ausblenden kann? Und, die für mich wichtigere Frage: Finden Sie es ok, diesen Teil der Nachricht, der einen wesentlichen Unterschied macht, unter den Tisch fallen zu lassen? ich glaube, hätten Herr Meier und Frau Müller im Theater laut gequatscht und getrunken, hätte man sie aufgefordert zu gehen und keiner hätte darüber einen Artikel verfasst.
Stralsund: Recht auf schlechtes Benehmen
Liebe Antonia Rudolph,
ich verstehe Ihren Einwand - aber so einfach ist es ja eben nicht. Auch lesbische Frauen haben das Recht auf schlechtes Benehmen, könnte man sagen, ohne dafür auf Grund ihrer sexuellen Orientierung gleich diskriminierende Äußerungen einstecken zu müssen. Wenn sie im Theater laut waren, getrunken, gelacht, gelärmt und geküsst haben, dann muss man sie klar zur Ordnung rufen und wenn das nichts hilft, eben auch rausschmeissen.
Allerdings muss das auf Grund eben dieser Ruhestörung geschehen und darf nicht von diskriminierenden Äußerungen begleitet sein. Denn das ist oft das Problem marginalisierter Gruppen: für normale Ausrutscher müssen sie diskriminierende Beleidigungen einstecken - als sei die Zugehörgikeit zur marginalisierten Gruppe und nicht allgemein Menschliches der Grund für den Ausrutscher ... und genau zu solchen Äußerungen scheint es im Zusammenhang mit dem Verweis aus dem Theater gekommen zu sein. Das hat ja auch das Theater selbst eingeräumt in seiner Entschuldigung.
Stralsund: Stark verkürzt
.....Liebe Luisa, liest man die tagesaktuellen Meldungen in den verschiedensten Medien... alle reagieren auf Gerüchte und geben sie weiter. Stark verkürzt.
Ich darf den Spiegelartikel nochmal zitieren:
"zwei Deutungen (sind möglich): Sie könnte einerseits ein Eingeständnis der Tatsache sein, dass eine Angestellte des Theaters zwei Besucherinnen dezidiert aufgrund ihrer sexuellen Orientierung angegriffen hat. Man könnte daraus aber auch eine Erzählung lesen, nach der zwei angetrunkene und laute Besucherinnen zurechtgewiesen worden seien"

Was Sie in Sachen diskriminierende Bemerkungen schreiben, ist selbstverständlich Konsens und wo immer man deren Zeuge wird, sollte man klar Stellung beziehen. (Und gegebenenfalls muss sich in dem Fall das Theater dazu klar und angemessen verhalten.)

Mein Punkt ist aber, dass ein Theater bzw. dessen Mitarbeiter an den öffentlichen Pranger gestellt werden, b e v o r der Vorfall tatsächlich geklärt ist. Die Meldung wird in den Medien (in ihrer "Verkürztheit") als Tatsache weitergereicht. Der pure Verdacht reicht dafür aus. Mir wird da ganz komisch. Und mir scheint, wir haben in Deutschland nicht nur ein Problem mit Diskriminierung.
Stralsund: Ruhestörung
Liebe Antonia,

welche Ruhestörung meinst du im Theater? Die Totenruhe? Mir ist nicht bewusst, dass es einen Codex gibt, der besagt, dass Zuschauende sich so oder so schweigend zu verhalten. Das würde ja bedeuten, die gesamte Veranstaltung wäre das Gegenteil von lebendig, also tot?!
Stralsund: Ruhestörung 2
>Mir ist nicht bewusst, dass es einen Codex gibt, der besagt, dass Zuschauende sich so oder so schweigend zu verhalten.<
Bei der Veranstaltung handelte es sich wohl um ein Philharmonisches Konzert, dabei ist es tatsächlich unüblich, private Gespräche zu führen.
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