Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm / Nach der Ruhe vor dem Sturm - Ein Mannheimer Doppelabend von Burkhard Kosminski und Theresia Walser über das harte Rollenleben von Schauspieler*innen
Männer spielen Nazis, Frauen gehen ab
von Steffen Becker
Mannheim, 9. Juni 2018. Auf dem Traumschiff oder im Nazibunker? Nehmen wir an, Sie wären Schauspieler*in. Wo sähen Sie sich lieber? Was würde Ihrer Karriere eher nutzen? Die Autorin Theresia Walser und ihr Regie-Symbiot Burkhard C. Kosminski verweben für die Ergründung dieser Frage zwei Stücke: "Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm" war Walsers erstes Werk in Mannheim, unzählige Male gespielt, in Mannheim und anderswo. Alternde Hitler-Darsteller unterhalten sich darüber, ob man so eine Figur überhaupt spielen darf (aber eigentlich, wer es besser hinbekommen hat).
Die Jungfrau von Orleans - Von Johanna Wehner am Theater Konstanz unterhaltsam gemacht
Wenn die Krise schillert
von Thomas Rothschild
Konstanz, 2. Juni 2018. Die Righteous Brothers singen ihre "Unchained Melody", und Karl der Siebente, König von Frankreich, zieht eine Clownerie ab, die an Charlie Chaplin erinnert oder auch an Richard Widmark, der in einer der vielen Verfilmungen des Jeanne d'Arc-Stoffes den Dauphin als ziemlichen Trottel spielt. In Konstanz ist Johanna Link der König, ihr erfolgloser Kampf mit dem Mikrophon, über das sie, zusammenklappend, in alle Richtungen umfallend, eine Ansprache halten soll, bildet den Höhepunkt des Abends, und die Schauspielerin wird mit ihren ständigen Verrenkungen und ihrer ausgeprägten Körpersprache zum Zentrum der Aufführung. Als infantiler König spricht sie wie jemand, der in einem Wienerisch, das er nicht beherrscht, versucht, einen Wiener zu imitieren, der versucht, Hochdeutsch zu sprechen, das er nicht beherrscht.
Publikumsbeschimpfung - Martin Laberenz entschärft Handke durch einen historischen Vergleich, der die Stuttgarter harmlos, lieb und lustig aussehen lässt
Publikumsrezension, eine Mimesis
von Steffen Becker
Stuttgart, 26. Mai 2018. Wer Handkes "Publikumsbeschimpfung" noch nicht kannte, wird bei der Premiere in der Stuttgarter Spielstätte Nord überrascht sein. Man wird erst mal gar nicht beschimpft (und später auch nur über Bande). Stattdessen machen die SchauspielerInnen sich selbst und ihre Kunst klein. Sie sagen, dass sie nicht spielen, dass sie nur sprechen, dass die Bühne nichts bedeutet: "Das Licht, das uns beleuchtet, hat nichts zu bedeuten. Auch die Kleidung, die wir tragen, hat nichts zu bedeuten." Wir lassen dahingestellt, ob Nachtkleider aus dem Transvestiten-Jahrzehnt der 70er wirklich nur dem Erzeugen von Stolperfallen dienen ("wenn wir hier stolpern, stolpern wir absichtslos"). Wir glauben einfach, dass Regisseur Martin Laberenz den Autor Handke in diesem Punkt ernst nimmt. Daher - um im Duktus des Stückes zu bleiben: Sie werden hier nichts über die schauspielerische Leistung lesen, nicht zu Schauspielern.
Salome - Sebastian Baumgartens dystopisch-ekstatischer Zugriff auf Einar Schleefs Salome-Bearbeitung in Stuttgart
Zurück in die Zukunft
von Verena Großkreutz
Stuttgart, 10. Mai 2018. Dystopien sind in. Der Tag, an dem die Welt untergeht: ein Faszinosum. Totale Überwachung, ewige Kälte, Endzeit-Kriege, globale Katastrophen: Szenarien, die in der Literatur und im Film geradezu in Mode sind. Und das Theater zieht mit. Gleich drei Klassiker dieses Genres – "1984", "Schöne neue Welt" und "Fahrenheit 451" – sind in dieser Saison am Stuttgarter Staatstheater zu sehen. Auch Sebastian Baumgartens neue Stuttgarter Inszenierung "Salome" – eine Bearbeitung der Einar-Schleef-Bearbeitung von Oscar Wildes gleichnamigem Einakter – ist in dieser Hinsicht richtig hip: Unsympathischer, finsterer, ekeliger, aussichtsloser kann es gar nicht zugehen auf der Bühne.
Regie: Marie Bues
Regie: René Pollesch
Regie: Amir Reza Koohestani
Regie: Marko Timlin, Tonio Kleinknecht
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