Party bei Jesus

von Sabine Leucht

München, 16. April 2016. Jesus hat den Querbalken seines Kreuzes zum Selfiestick umfunktioniert und zur Party geladen: Buddha ist da, ein greisenhafter Zeus, Ganesha mit seinen vier Armen, sogar der Weihnachtsmann und das fliegende Spaghettimonster. Bloß mit "Mo" rechnet keiner. Doch dann kommt Franz Rogowski im Goldröckchen auf die Bühne der Kammer 1. Und weil das die Stimmung killt, versichert er emsig, dass er natürlich nicht ER ist: Nicht der Prophet, von dem man sich kein Bildnis machen darf.

Kurz nach Charlie Hebdo

Weil Elfriede Jelinek "Wut" kurz nach den Pariser Anschlägen auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" und den jüdischen Supermarkt geschrieben hat, spielt das Bilderverbot eine prominente Rolle in ihrem neuen Text. In München hat ihn Nicolas Stemann unter seine Fittiche genommen und auch auf der Bühne nicht aus den Augen gelassen: Der Jelinek-Spezialist neben Johan Simons, der sich hier zum achten Mal einem ihrer Schreibanfälle stellt, mischt ja gerne selbst mit.

Wut 1 560 ThomasAurin uJesus (Julia Rieder) am selfiekompatiblen Kreuz, mit Gästen von Buddha bis Zeus. Ganz rechts im Bild: Inszenator Nicolas Stemann © Thomas Aurin

In bewährter Manier ruft Stemann ab und zu die Seitenzahl ins Publikum, zu der man sich schon vorgearbeitet hat, schenkt seinen wackeren Bühnenkämpfern Wasser nach, spielt Gitarre und klärt übers Prozedere auf. Zum Beispiel darüber, dass der Abend keine Pause hat, aber eine Phase der offenen Türen – und Essen und Trinken im Zuschauerraum erlaubt sein sollen. Ja, man ist so aufgeschlossen an Lilienthals Kammerspielen, dass zumindest bei der Premiere des mit gut dreieinhalb Stunden ohnehin zu langen Abends (jeder weitere kann kürzer, länger, anders sein) ein Stelldichein des Hausregisseurs mit den beiden Musikern Platz findet. Gelegenheit, einander Presseerzeugnisse zu zeigen, die das Stück behauptetermaßen "mit Aktualität angereichert" haben: Bild und Brigitte, tumbe Schlagzeilen und Farbtipps für den Frühling. Dann singt man "Kinder, Küche, Kalaschnikow" zum Mitklatschen. Oh weh!

Ausgemachter Flachsinn von Hysterie bis Böhmermann

Dieser ausgemachte Flachsinn ist allerdings keine originäre Erfindung Stemanns. Jelinek hat selbst genug davon in ihre "Wut" gepackt, die so oft gen Hohngelächter tendiert. Den Push-up-Bra und die "geröstetete Leber des Feuerbringers" mitsamt dem Tipp an den Adler, ein Lokal aufzumachen, haben Stemann und sein Dramaturg Benjamin von Blomberg gestrichen. Sonst aber haben sie sich gerne auf die Gaudistellen gestürzt und etwa die Hysterie einer von ihrem Mann betrogenen Frau von allen vier Schauspielerinnen spielen lassen. Oder Neues hinzugefügt wie die oben beschriebenen Szenen sowie schlechte Witze über den aktuellen Böhmermann-Fall.

Einiges davon ist gut gemachter Trash. Warum aber ausgerechnet Jelineks fast zynischer Umgang mit der Wut auf die Juden ("Sie müssten nicht einkaufen gehen, sie müssten sich nicht erhalten, sie erhalten von uns den Tod, das muss genügen") in Clownereien untergeht, ist schwer erklärbar. Den Schmerz hält man hier fast krampfhaft auf Abstand. Und gleich darauf schichtet man wieder virtuos Bilder, skandierte Worte ("Die Hülse zieht aus, der Tod zieht ein") und Musik zu einer martialischen Szene von der fragwürdigen Faszination eines Laibach-Songs.

Chor aus Terroristen, Flüchtlingen, AfDlern

Der Abend ist ein eigenartiges Gewächs aus atmosphärisch dichten Szenen, mitreißend spielfreudigen Akteuren und schenkelklopfertauglichem Quatsch, bei dem man sich wünschte, er hätte einen anderen Anlass als den vielstimmigen Chor aus antiken Wütenden und Terroristen, IS-Kämpfern, Flüchtlingen von heute. Aus AfDlern, Pegidisten und denen, die die Wut auf sie ratlos macht. Jelineks Suada bezieht selbst keine Position; die Sprecher wechseln zuweilen mitten im Satz – und mehr noch als sonst nimmt sie die eigene Unzulänglichkeit als Autorin mit hinein in den Text: Mit Wendungen wie "gefesselt an die Trümmer meiner eigenen Sprache", "der langen Rede kurze Sinnlosigkeit" und Intimerem macht sich die 69-Jährige so nackt, dass man fast fürchtete, am Ende einer Wiedergängerin jener Jelinek-Puppe mit blinkenden Geschlechtsteilen begegnen zu müssen, die Frank Castorf 1995 in "Raststätte" als Rausschmeißer installierte.

Stemanns Ansatz ist dem Castorf'schen ähnlich, was die Verwendung von falscher Scheiße angeht, sonst aber doch subtiler: So lässt er die hier erstmals in München ihre Vielseitigkeit beweisende Julia Riedler ein fiktives Dramolett zwischen ihm selbst und Jelinek performen und entreißt der Textfläche immer neue Figuren, die oft wild durcheinanderredend und -werkelnd jene Überforderung abbilden, die Jelinek für das Theater bedeutet. Dann wieder wird chorisch gelesen und gesungen, hier ein historisches Dokument eingeflickt oder dort eine riesengroße Taube mit Friedenszweig und blutigem Schnabel. Und irgendwann regnet es weiße Styropor-Kalaschnikows wie Engelsflügel.

Wut 2 560 ThomasAurin uVoller Spiel- und Renneinsatz auf bewährt verrümpelter Bühne: Claudia Lehmann, Julia Riedler, Annette Paulmann (am Tisch), Jelena Kuljić und Daniel Lommatzsch © Thomas Aurin

Überhaupt ist der Aufwand enorm, der Spaß zumindest bei einigen auch, der Erkenntnisgewinn aber bescheiden. Dass zwischendurch ein paar Zuschauer auf Katrin Nottrodts roter Showtreppe sitzen und der Rest vor dem eisernen Vorhang mit Live-Filmen Vorlieb nehmen muss, ist ein Beispiel dafür, wie dieser Abend seine sparsamen Lehren erteilt: Huhu, fühlt ihr euch jetzt ausgeschlossen? Ja, schaut mal an!

 

Wut
von Elfriede Jelinek
Uraufführung
Regie: Nicolas Stemann, Bühne: Katrin Nottrodt, Kostüme: Katrin Wolfermann, Musik: Thomas Kürstner, Sebastian Vogel, Video: Claudia Lehmann, Licht: Jürgen Tulzer, Dramaturgie: Benjamin von Blomberg.
Mit: Daniel Lommatzsch, Jelena Kuljić, Thomas Hauser, Julia Riedler, Annette Paulmann, Franz Rogowski, Zeynep Bozbay.
Dauer: 3 Stunden 30 Minuten (bei der Premiere), keine zwingende Pause

www.muenchner-kammerspiele.de

 

Kritikenrundschau

Der Abend entwickle bald einen ziemlichen Sog, "der den Zuschauer im Laufe des fast vierstündigen Abends hineinzieht in eine Strudel aus Bildern und Spielszenen", formuliert es Christoph Leibold im Deutschlandradio Kultur (16.4.2016). "In der Fülle der Einfälle geht manches auch unter, säuft regelrecht ab. Insgesamt aber erweist sich Stemann als souveräner Surfer auf der keineswegs glatten Textfläche, die wie immer bei Jelinek jede Menge Untiefen aufweist, in denen die meisten Regisseure Baden gehen würden."

Ganz anders Rosemarie Bölts im Deutschlandfunk (17.4.2016). Sie fragt, wo die "Wut" bleibe? "Der nihilistische Jelinek-Text ist ja prallvoll davon. Ein Konvolut des entfesselten, blindwütigen Furors des Terrors, bei dem zu oft zwischen Gott und Terrorismus kurzgeschlossen wird. Das wird dann nicht nur ermüdend, sondern ermüdend eindimensional." Stemann habe daraus "bis hin zur Verniedlichung Trash-Unterhaltung gemacht".

Von einer "zunehmenden Verflachung" berichtet Margarete Affenzeller in ihrer Kritik in der Standard (17.4.2016). Affenzeller sah darüber hinaus eine "typische Stemann-Inszenierung", pendelnd zwischen "Lesen, szenischen Dialogen mit Kamera-Projektionen und Musikmachen". Insbesondere eine Szene über die causa Böhmermann zeige, "wie sehr es in dieser vielschichtigen, wiederum von vielen nicht sofort zuordenbaren Subjekten bevölkerten Rede nach Bodenhaftung verlangt." Problematisch sieht Affenzeller vor allem den zweiten Teil des Abends: Die unhinterfragte direkte Verbindung zwischen Gott (Prophet Mohammed) und dem Terrorismus machen den Abend (..) eindimensionaler, als er zuvor war, und sie verflachen die vielen angestrengten Bezüge."

"Die Inszenierung ist klug und ziemlich beeindruckend und wird im Laufe des Abends immer besser", schreibt Christine Dössel für die Süddeutsche Zeitung (17.4.2016). "Eine furiose Mischung aus Leseprobe, Wut-Performance und Textoratorium, auch Clownsspiel, Satire und schwarzer Messe, sehr assoziationsreich und musikalisch großartig", schwärmt Dössel. "Die Inszenierung ist etwas für Sie, wenn Sie keine Angst vor Jelinekaden haben und nicht immer alles verstehen (wollen) müssen."

"Eine hochmotivierte Kammerspiel-Truppe bewältigt das Textmonster bravourös", schreibt Bernd Noack für Spiegel Online (17.4.2016). "Das hat einen nicht zu unterschätzenden Unterhaltungswert. (..) Mut zur Wut könnte man das nennen." "Ohne Not am langweiligen Geschmack vorbei" illustrieren die Schauspieler "absonderlichst kostümiert" Steemans "Rundumschlag". Letztlich bleibt der Abend aber dennoch "oberflächlich und verzettelt sich in hilflos-heiteren Kapriolen, wo das wirkliche Nachdenken über das, was gerade um uns passiert, noch nicht einmal richtig begonnen hat."

Außer einigen wenigen atmosphärisch dichten Bildern werde man von diesem Abend nicht viel im Gedächtnis behalten, schreibt Hubert Spiegel in der FAZ (18.4.2016). "Wie Jelineks Text, der auch klitzekleine Wutanfälle der Autorin über ihre eigenen Unzulänglichkeiten enthält, kennt auch Stemanns Inszenierung keine Haltung oder Position, die sie nicht im nächsten Moment wieder räumen würde." Nach einem lockeren Auftakt gehe es steif weiter. "Aber zum Glück sind da ja noch einige lustige Requisiten: schusssichere Westen für die einen, grelle Perücken und Clownsnasen für die anderen, die offenbar die westliche Spaßgesellschaft darstellen sollen, die sich von einem lustigen kleinen Ereignis zum nächsten hangelt. So macht es Stemanns Inszenierung auch: Eine halbwegs gelungene Kabaretteinlage jagt die andere."

Dem Eindruck von Barbara Villiger Heilig von der NZZ (18.4.2016) zufolge changiert Stemanns "füllhornartige Ur-Inszenierung" locker zwischen "chorischer Lecture-Performance, Konzert, Videoinstallation und postdramatischem Metatheater." Aber das "glänzend disponierte Ensemble" schaffe es, "sogar szenischen Leerlauf witzig hinzulegen. Lacht man zu viel an diesem Abend? Na, Jelinek selbst macht sich doch lustig über ihre Witze (oder äfft nach, wer es sonst tut); ausserdem geht es hier, Stichwort 'Charlie Hebdo', um Satire. Und genau wie bei der Satire verbreitet sich Unbehagen: Noch lustig, schon doof oder schlicht daneben?"

"Es hätte ein schrecklicher Zeigefingerabend werden können, eine gruselige Schlimm-schlimm-Revue", findet Andreas Rüttenauer in der Tageszeitung (19.4.2016). Aber: "Bitte sehr, liebes Publikum, viel Spaß beim Nachdenken darüber, was uns der Regisseur hat sagen wollen. Geht es um das Bilderverbot im Islam oder allgemein um Religion unter spezieller Berücksichtigung des radikalen Islam? Ist das kalkulierte Verletzung religiöser Gefühle oder eine Satire über Menschen, die sich Gedanken über religiöse Gefühle machen? Stemann gibt dem Publikum freie Hand. Witzelt da einer nur oder ist es ihm ernst? Man weiß es nie an diesem beinahe vier Stunden langen Abend. Und genau das macht ihn zur großen Kunst."

Stemann verblödele bereits im Verlauf der ersten Hälfte der 200 Minuten "mit allerlei ulkigem, aber beliebigem Trash und verschnarchtem Agitprop aus den Siebzigern jeden Bezug zur titelgebenden 'Wut'", so Matthias Hejny in der Abendzeitung (18.4.2016). Die Inszenierung sei "künstlerisch wie politisch so wertvoll wie das RTL-Dschungelcamp".

In der Zeit (21. April 2016) schreibt Silvia Stammen: "Zimperlich darf man nicht sein, was den Feinsinn des Humors betrifft." Manches könne durchaus auf die Nerven gehen. Dennoch sei Stemanns neunte Jelinek-Uraufführung ein Zugriff auf Augenhöhe. "Die Textflächen der Schreibwütigen fordern die brachale Mittäterschaft der Regie." Und tatsächlich: "Hier funkt es endlich mal wieder."

"Wut" sei "ein grandioser Schreibanfall, der auf 114 Seiten das Grundrauschen unserer Zeit verdichtet", schreibt Christine Wahl auf Zeit online (18.4.2016). "Nun wäre Jelinek natürlich nicht Jelinek, wenn sie sich zur Expression ihrer Klarsichtigkeiten nicht mit Vorliebe des Kalauers bediente; mit hinterhältigen Widerhaken, versteht sich." Stemanns Inszenierung sei "einmal mehr" absolut auf Augenhöhe, so Wahl: "Es ist so viel los in den vier Stunden, dass der Abend subjektiv schneller zu Ende ist als der eine oder andere Anderthalbstünder anderswo." Das liege vor allem daran, dass "Stemann und das tolle Schauspieler-Septett sowie die Musiker Thomas Kürstner und Sebastian Vogel Bild rasant auf Sinnbild schichten".

Kommentare  
Wut, München: groß! aufregend! schlau!
Für mich: Großes Theater! Aufregend, schlau und zum Diskurs einladend. Und das alles ohne (viel) Geschrei und Hysterie. Eine sehr selbstbewusste Produktion. Inhaltlich bekommt man einen assoziativen Rundumschlag zum titelgebenden Thema, nicht mehr und nicht weniger.
Da man an dem Abend circa zehn mehr oder weniger in sich geschlossene Szenen à 20 Minuten sieht, wurde es meiner Meinung nach auch überhaupt nicht lang(weilig). Die Pausenlösung mit den "offenen Türen" fand ich hervorragend.
Und: Endlich dürfen die neuen Schauspieler des Kammerspiele-Ensembles zeigen, was sie können. Es macht offenbar schon Sinn, Schauspieler, Tänzer und Sänger in ein Stadttheater-Ensemble zusammenzupacken. Da wurde bisher mit Sicherheit viel Potential verschenkt (War and Peace, anyone?). Ich freu mich jetzt auf das, was da noch kommt.
Wut, München: Nicht mehr cool und dazu selbstgefällig!
#1 steht unter Marketingverdacht.
Der Abend war leider nur gewollt inhaltlich, in Wirklichkeit zeigt sich darin der überflüssige Luxus mit Botschaft, den Lilienthal in einem Interview "den notwenidigen Zynismus" genannt hat. Das ist alles nicht mehr cool und anders, sondern so bereits seit 20 Jahren in Varianten überall zu sehen. Und das liegt nicht an der Autorin, sondern am selbstgefälligen, bürgerlichen Regieansatz. Die Anleihen in den bildenden Kunst sind eher nervig, Im Ernst: Die Türen auflassen als Idee? Schwamm drüber. Wie eigen war da WAR AND PEACE.
Wut, München: bemühter Krampf
was für ein bemühter Krampf!
Wut, München: totalveralbert
80 % des Abends sind totalveralbert und am Thema vorbei. Die wenigen ernsten Szenen zeigten einen offensichtlich guten Text. Das meiste musste man sich vom englischen Übertext holen, weil nur geschrieen wurde.
Die Eitelkeit und dümmlichen Kommentare vom Regisseur nerven sehr !!
Die Schauspieler -wenn sie denn auch mal nicht schreien und rumtoben mussten alle ausgezeichnet.
3,5 Stunden die sich nicht rentieren !
Wut, München: erstaunlich
Immer wieder erstaunlich, wie schnell Menschen zu einem "Urteil" kommen. Mich hat jede Minute gefesselt, ich fand's klug, theatral, berührend. Mich beschäftigt die Produktion und wird es auch mit Sicherheit noch die nächsten Tage tun. Genau das, was ich vom Theater erwarte! Mich würde wirklich mal die Qualifikation von Leuten interessieren, die bei einem Theaterabend, der um kurz vor Mitternacht zu Ende ging, schon am nächsten Morgen ganz genau wissen, wie er zu beurteilen ist. Ernstnehmen kann man das nicht, sorry!
Wut, München: nur Paulmann wunderbar
(...), nur Paulmann war wunderbar, Stemann gewinnt in München weder mit Kaufmannn in Venedig noch mit Wut Grund und Boden.
Wut, München: großartig, mega, der Hammer
Jelinek ist messerscharf intelligent, und das ist ihr Text auch - weswegen er fast alle intelektuell überfordert, da nehme ich mich nicht aus. Und dann geht man eben assoziativ damit um, erschafft Bilder, über die man einfach mal nachdenken sollte. Welchen Abend hat #3 denn gesehen??? Es gab an dem Abend wahnsinnig viele sehr ruhuge und sehr intensive Phasen, und nicht nur lauten Krawall. Und manchmal ist Slapstick vielleicht das einzige Mittel, um sich Jelineks Gedankenwelt zu nähern. Der Regisseur ist selbstverliebt, zugegeben, aber der abend ist toll. Und: Ich gehe ins Theater, um tolle Schauspieler zu sehen, und das bekommt man an diesem Abend allemal: die AfD-Karrikatur: großartig; die Jelinek-Parodie: mega, die Jesus-Party: der Hammer - und man könnte mehr aufzählen - danke an das siebenköpfige Ensemble: ihr wart eine sinnliche Freude!
Wut, München: Immobilien?
@#6: Abgesehen davon, dass die Vorstellung grandios war, ein richtiges Theaterereignis, was vom Publikum mit Jubel und Getrampel honoriert wurde: wie gewinnt man denn Ihrer Meinung nach in München "Grund und Boden"? Indem man Immobilien erwirbt? Ländereien, die man ins Grundbuch eintragen lässt? Oder doch besser gleich Einmarsch in Polen?
Wut, München: Mediathek-Hinweis
"Was Regisseur Nicolas Stemann in knapp vier Stunden auf die Bühne bringt, schwankt zwischen düsteren Zukunftsvisionen, Klamauk und sehr schwarzem Humor."

Kulturzeit-Mediathek: http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=58480
Wut, München: vor dem Regietheater kapitulieren
Das denken ja die Geängstigten in ihrer Wut auch: Unsere Wut darf alles, vielleicht trifft man ja irgendwie auch das/die Richtigen Richtige, wenn man lange genug explodiert... Theater kann da aus meiner Sicht nichts vermitteln, sondern nur die mediale Verbreitung von Theater - Theater-Nachrichten (3sat) sozusagen. Die sind aber keine Kunst. Sondern Berichte über Kunst. Wenn die Kunst nicht mehr wirksam ist ohne Bericht über sie, ich weiß nicht... Ich weiß nicht, was Kunst "alles" darf oder nicht darf. Ich weiß nicht, ob man Zeit hat nachzudenken, ob man darf was man tut, wenn man schreibt oder Theater macht oder malt z.B. Glaube nicht, dass Kommentar-Posten, wie Stemann behauptet, dem Einzelnen dazu dient, die Diskussion beenden zu wollen. Eher wahrgenommen werden wollen von andern, miteinander ins Gespräch kommen wollen und in Wirklichkeit elektronisch scheitern... Den Regisseur/die Regisseruin als Co-A u t o r i n akzeptieren durch (Un)Form heißt auch vor dem Regietheater kapitulieren; in gewisser Weise Unterwerfung unter Theaterverhältnisse, die Staat spiegeln. Heißt damit auch: Staat so wie er ist, zulassen. Wut raus -keine Fragen offen und dringlich darstellbar.
Wut, München: nur Gedümpel auf nachtkritik
Vielleicht sollte man auch mal darüber nachdenken, Kommentare einfach ab drei Orthographie- oder Satzzeichenfehler (s.o.) nicht zu veröffentlichen. Denn irgendwie muss auf dieser Seite mal wieder ein inhaltliches Niveau zurück erobert werden, dass es mal gab. Im Moment tut sich hier nämlich gar nichts. Nur Gedümpel - und das war mal anders! (Twitter Interviews eingeschlossen)
Wut, Münchner Kammerspiele: Frage
@11: Oh oh! Wer im Glashaus sitzt... "zurück erobert werden"?
Wut, München: die volle Verantwortung
Hat Stemann eigentlich mal Arno Gruen oder so gelesen? Ich empfinde seine Aussage, dass ich hier als Kommentarschreiberin nur meine Wut rauslassen wolle und mir ansonsten wünschen würde, dass alle anderen hier auf der Stelle tot seien, auch voll daneben gelegen und irgendwie viel zu platt. Der Sinn ist - jedenfalls in meinem Fall - natürlich der Versuch von Kommunikation. Was denn auch sonst?

Im Grunde spiegelt sich in so einer Inszenierung in meinen Augen vor allem wohl auch eine Art Wutlust auf Seiten des Regisseurs wider, oder nicht? Vielleicht sogar eine Provokation von Wut(lust)? Ich kann Gefühle von Wut gut verstehen, sie könnten tatsächlich aus Angst und/oder Verzweiflung heraus entstehen, aber muss man diese Wut dann auch noch zum Theaterstück bzw. zu einer Inszenierung machen? Oder anders gefragt: Welche Aussage sollen dieses Stück und diese Inszenierung eigentlich transportieren? Nur die, dass es eben Wut gibt? Und die meistens sozial bedingt ist? Bisschen wenig, oder?

Gruen jedenfalls sagt, dass es gut ist, Gefühle zu spüren, dass ein besserer Umgang von Menschen miteinander aber nur dann möglich sei, wenn man die gespürte Wut eben nicht herauslasse, sondern im Gegenteil das darunterliegende Gefühl der Trauer zulasse. Wer dazu nicht fähig ist, der könne es lernen bzw. dem könne man es beibringen, Stichwort "Bildung", anstatt sich immer wieder nur weiter mit der Wut zu beschäftigen. Am Sinnvollsten ist bei Wut meines Erachtens sowieso eine Ursachenklärung. Kommunikativ. Wir sind sprachliche Wesen, Erwachsene jedenfalls sind es. Wir können uns der Sprache bedienen, um die Ursachen der Wut gemeinsam zu klären. Mit Gott hat das alles wirklich nichts zu tun. Der ist tot. Okay, hier hat Stemann Recht. Vielleicht geht es um genau das. Man kann nichts mehr auf Gott schieben, sondern trägt die volle Verantwortung selbst. Auch für die eigene Wut (und ihre Gründe). Und hier erst könnte die Diskussion beginnen. Denn man tau! Manchmal wartet man aber auch vergeblich. Schade. Ja, Frau Schade. Schade Frau Schade.
Wut, München: Fehler
@11:
2. Fehler: s. o. (Leerzeichen)
3. Fehler: Twitter-Interviews (Bindestrich)
Wut, München: Wut-Club und Orthographie-Hölle
@11 4. Fehler: "ein Niveau, dass (sic!) es mal gab"... Wann eigentlich? Ich kenn das hier nur als Orthographie-Hölle und Wut-Club.
Wut, München: Schimpfwort
# 15: Kennen Sie den Ausdruck "Grammar Nazi"? Wird auf diejenigen angewandt, die ständig auf richtiger Orthografie und Grammatik herumreiten.
Wut, München: noch ein Schimpfwort
Ist ja auch völlig überbewertet:) Grammatik ist Ausdruck von zeitlich, örtlich und kausal strukturiertem Denken. Orthographie (man DARF so, wenn man möchte...) hingegen Ausdruck von Merkfähigkeit, Geschichtsbewusstsein und ethischen Überzeugungen. Beide sind in vielen Sprachen anfällig geworden für falsche Anwendung durch die globale Alltagsrealität der Überschwemmung mit notwendig gewordener englischsprachiger Verständigung. Man darf, finde ich, durchaus auf richtiger Anwendung von Orthographie und Grammatik in einer jeweiligen Sprache bestehen wo es angebracht ist. In Schulen und Universitäten. Bei der behördlichen Kommunikation zumindest von Behörde zum von ihr verwalteten Adressaten. In den Lektoraten von Verlagen. Bei der Untertitelung von öffentlich verbreiteten Texten. In der Presse und in den Online-Medien - Bei den Kommentaren muss man das nicht in jedem Fall. Es verlangte von der Redaktion, dass sie funktionierte wie ein Lektorat. Und das ist sie nicht. Den Begriff "Grammar Nazi" kannte ich bisher nicht, dafür muss ich mir desöfteren gefallen lassen, ein "Wörterfascho" genannt zu werden. Ich hoffe also, der entsprechende Grammar-Begriff erreicht die mich wegen meines Sprachgebrauches schimpfenden Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht so bald. Am Ende wäre ich doch noch einmal beleidigt und könnte das nicht überhören wollen...
Wut, München: noch mal lesen
@ 15: Ja, den Begriff kenne ich, Sie Blitzmerker. Lesen Sie bitte noch mal den Kommentar Nr. 11, vielleicht merken dann auch Sie, wo hier die Pointe liegt. Liebe Inga, glauben Sie auch noch angesichts solch bodenloser Debatten wie dieser hier, hier würde kommuniziert?

(Werte Kommentatoren,
bitte kommen Sie zum Gegenstand des Kommentarstrangs, der "Wut"-Inszenierung von Nicolas Stemann, zurück. Wir behalten uns vor, abschweifende Kommentare nicht zu veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen, ape / Redaktion)
Wut, München: Macht
Nein, Otto Graf Flick (FDP?). Hier wird höchstes Macht ausgeübt. Wie ich darauf komme? Ach, wissen Sie. Wissen Sie doch selbst. Wenn Sie feinfühlig genug sind, merken sie das.
Wut, München: der Mittelschicht-Charme
Nun scheint die Diskussion hier interessanter als die Inszenierung. Stemanns Karriere als Diskursspitze des politischen Theaters findet schnell ein Ende, seine Arbeiten sind durchsetzt von Bürgerlichkeit. Die Verweise auf Schlingensief fast schon eklig, denn der hat seinen Charme der Mittelschicht nie verborgen, sondern nach außen gekehrt, bis es wirklich schmerzhaft wurde. Aber was dagegen wissen wir von Nicolas Stemann? Wenig.
Wut, München: Schade um Stemann
@20 wir wissen rein gar nichts über Stemann!!! Hinter einem doch recht oberflächlichen politischen Diskurstheaters, da läßt es sich herrlich verbergen. Auch läßt sich eine Stagnation seiner Arbeiten feststellen. Borgen in Berlin und nun auch in München!! Schade, aber seine Sicherheit und ewig gleichen Partner auf und hinter der Bühne, stehen ihm im Wege.
Wut, München: Absprung nach zwei Stunden
Ich stimme der Nachtkritik zu.

Der entscheidende Unterschied zwischen Nicolas Stemanns Uraufführungen von „Die Schutzbefohlenen“ und „Wut“ ist: im ersten Fall gelang ihm ein mitreißender, sehr kompakter Theaterabend, der den Finger in die Wunden legt, viele komische und entlarvende Momente hat. „Wut“ zieht sich dagegen – je nach Improvisationslust und Tagesform der Spielerinnen und Spieler – in der Münchner Kammer 1 an der Maximilianstraße mindestens 3,5 Stunden in die Länge, bekommt aber seinen Stoff nicht recht zu fassen und surft nur an der Oberfläche.

Vor allem tut es dem Abend nicht gut, dass nach knapp zwei Stunden statt einer Pause die Saaltüren geöffnet werden. Einige nutzen die Möglichkeit zum Absprung und für eine alternative Abendgestaltung. Noch mehr Unruhe entsteht aber durch das Kommen und Gehen derer, die sich im Foyer Getränke holen, laute Gespräche führen und sich wieder zu ihrem Platz durchkämpfen.

Komplette Kritik: https://daskulturblog.com/2016/10/09/wut-nicolas-stemanns-urauffuehrungs-inszenierung-von-elfriede-jelinek-in-den-muenchner-kammerspielen/
Kommentar schreiben