Lange Nacht der Autor:innen - Deutsches Theater Berlin
Auslöschung als Betriebssatire
1. Mai 2023. Formaterfinder Ulrich Khuon eröffnet die letzten Autor:innentheatertage seiner Intendanz – mit einer wirklich Laaaaaaangen Nacht der Uraufführungen von Nele Stuhler, Lukas Bärfuss und Caren Jeß: Sechs Stunden voller Nabelschau-Parodien, Therapiesitzungen mit historischer Schuld-Dimension und Unlustbekenntnissen auf das "eitle Kulturgedöns in der Hauptstadt".
Von Elena Philipp
1. Mai 2023. Die letzte Ausgabe unter der Ägide des Intendanten und Format-Erfinders Ulrich Khuon: Eine gewisse Wehmut weht über den Autor:innentheatertagen 2023. Immerhin gibt es sie weiterhin, anders als den Stückemarkt des Theatertreffens. Khuons Nachfolgerin Iris Laufenberg, die bei der Eröffnung vor Ort ist, hat gut daran getan. Zum Abschied gönnt sich Khuons DT eine Sonderausgabe der Langen Nacht der Autor:innen. Und zwar zum Auftakt des Festivals, nicht zu seinem Abschluss.
Drei Theatertexte in Uraufführung, wie immer, aber die Stücke sind nicht von einer oder einem externen Juror:in ausgewählt, sondern von der DT-Dramaturgie. "Bekenntnisse zu kontinuierlicher Autor:innenarbeit" sind es, keine Neuentdeckungen, so die Presseabteilung auf Nachfrage.
Menschelei in Verfallsstadien
Caren Jeß' Theatertext "Dem Marder die Taube" eröffnet die Lange Nacht. Titelgemäß haben die Tiere ihren Auftritt: Die Tauben, die Theta am Stadtrand hält und gegen den Marder verteidigt, der nicht nur die Eier auslutscht, sondern im Blutrausch auch die Vögel totbeißt. Der Hund, der Erike folgt, obwohl sie keine Hunde mag; die Hundehaare, die Theta in Socken stopft, weil sie durch ihren Geruch das Raubtier fernhalten. Räuberische Ratten. Aber es menschelt auch ordentlich bei Jeß, wenngleich eher in Verfallsstadien. Aber dazu später mehr.
Erike, die Theta alte Socken vorbeibringt, wird als Krankenpflegerin vorgestellt und nimmt sich emotional der etwas verschrobenen Frau an. Anja Schneider spielt Theta robust, dialektal mal ost-, mal norddeutsch geprägt, sie war Kuratorin des Deutschen Historischen Museums in Berlin, bevor sie in Erikes Heimatstadt Elmshorn gezogen ist. "Keine Lust mehr gehabt auf das eitle Kulturgedöns in der Hauptstadt." Der Seitenhieb kommt gut an im Publikum.
Wächter der Erzählung – oder Portier der Psychiatrie?
Ungelenk ist die Freundschaft, die sich anbahnt und die von Regisseur Stephan Kimmig rechts auf der Vorderbühne an einem Tisch angesiedelt wird. Linn Reusses Erike gibt sich Theta gegenüber fröhlich-unbeschwert bis naiv, ihre vorsichtige Annäherung, die immer mal die Möglichkeit des Zärtlichen andeutet, erleidet einen Knacks, als Theta mit dem Spaten handfest eine Ratte köpft. Und sie endet in der Katastrophe: Erike hat Theta ein Schlafmittel aus der Klinik mitgebracht, und Theta kaut, ausgelassen tanzend, alle Diazepam-Tabletten auf einmal. Tot, mit Fliegen im Mund, findet Erike sie, als sie – oddly specific – nach einem Eifel-Urlaub eine Erdbeer-Ganache vorbeibringen möchte.
Vielleicht ist aber auch alles ganz anders: Erike lebt mit ihren Eltern zusammen, zwei zombieartig stummen Wesen, die in einer von Bühnenbildnerin Katja Haß entworfenen sterilen Wohnküche hausen. Dosenfutter setzt Erike den tattrig-enthumanisierten Automatenwesen vor. Fatsuit unterm Kleidchen, bunte Perücken, wackelnder Kopf – fertig sind die "Puppeneltern" (Sidney Fahlisch und Ananda Luna Cruz Grünbauer). Zu Hause ist die junge Frau so gar nicht freundlich, sondern lieblos streng bis menschenverachtend.
Weil die Familienbeziehung gestört ist, muss der Erzähler kommentierend nachhelfen. Paul Grill sitzt links auf der Vorderbühne, in einem sechseckigen Kabuff, das an die Kasse eines Karussells erinnert. Immer wieder schaut er schräg in eine Kamera, und das Bild des zottelhaarigen Zausels, der sich bisweilen diabolisch zu freuen scheint über eine fiese Wendung in der Geschichte, der er mitunter angestrengt nachlauscht, wird über die Proszeniumslogen projiziert. Ein Wächter der Erzählung. Oder der Portier in einer Psychiatrischen? Unvermittelt wechseln die Rollenzuschreibungen. Erike ist nun Patientin in einer Regioklinik, Theta ihre Pflegerin. Verrückt.
Markanter Sound mit eigenem Weltzugang
Jeß' Text kantet die unterschiedlichsten Sprachvarietäten und Assoziationsebenen ineinander. Die Autorinnenstimme bleibt in "Dem Marder die Taube" kommentierend stets vernehmbar, nicht nur durch die Erzählerfigur, sondern in der Machart des Textes. Ihre Einmischungen reichen von lustig – "Ich hab in die Semmel geniest, oh, santé!" – bis widerwärtig, wenn die Fliegen "das Sabschige aus eiternden Wunden" schlürfen. Jeß' Vermögen liegt in der abseitig erscheinenden Verbindung von Großem und Kleinem, Bedeutsamem und Nebensächlichem, die sich zu Momenten existenziellen Befindens in einer unsortierten, prallvollen, überfordernden Welt verdichtet. Das macht nicht immer Spaß zu hören, aber es ist ein eigener, markanter Sound mit einem ganz eigenen Weltzugang.
Untermalt ist er von Songs der fiktiven Elmshorner Punkband Your Toothbrush: "Big Five, Big Six, ding dong! Massensterben, Schelfeis schwindet, Meeresspiegel Atommüllfässer, Mutanten, Horror, Horror, no sciencefiction." Michael Verhovec hat diese Basslinie komponiert, auf der Erikes und Thetas Melodien segeln. Ihre psychische Labilität deutet als oberflächliches Zeichen auf die tiefreichenden Verwerfungen eines Extinction Level Events hin. Die Menschheit: bald nurmehr biologisches Restmaterial.
Von der Auslöschung handelt auch "Gaia am Deutschen Theater (GÖ)". Aber in einer gänzlich anderen Tonlage als bei Jeß: als Betriebssatire. Nele Stuhlers Text ist ein zum Stück ausgedehnter Dernierenspaß. Göttin Gaia macht sich auf, ihre Schöpfung zu besuchen, also gewissermaßen sich selbst, denn da sind noch welche – Leute! Die sollten doch in der Feuersflut alle…? Offenbar nicht, also müssen sie von Hand abgeschafft werden. Maren Eggert gibt die in elegantes Giftgrün gewandete Göttin mit Grandezza. Als ihren Begleiter hat sie den Mythos (Harald Baumgartner) an der Seite, der simultan ihre Geschichte erzählt. Und dann sind da die hartnäckig übrig Gebliebenen: im Deutschen Theater Göttingen haben sie sich verschanzt, wie ein Aufkleber auf dem Tor des Eisernen Vorhangs verkündet.
Chaos-Combo auf Nabelschau
Gen Intern richtet sich der große Spaß: In einer Dramaturgiesitzung wird die endlose Nabelschau propagiert, da ist man ganz froh, dass draußen niemand mehr ist. Mit Klebezettelchen auf der Stirn wie beim "Wer bin ich?"- Spiel blubbern die rotgewandeten Mitarbeiter:innen von Direktion bis Technik hohle, hoch tönende Theaterweisheiten: "Die Weltente! // Das war ein wirklich gutes Stück! Hochphilosophisch! // Aber sowas gibt es heute nicht mehr."
Die Leitung dieser Chaos-Combo – Lisa Hrdina mit dicken schwarzen Augenbrauen – wehrt sich unterdessen mit einem faustischen Trick gegen ihre Abschaffung. Gaia solle doch mal ihre Geschichte erzählen, damit die Leute lernen könnten. Klappt, denn auch Göttinnen sind eitel. Und so beobachten wir, wie sich das von den durchweg komödienversierten DT-Spieler:innen vorgestellte Theaterensemble Gaias Geschichte und damit die abendländische Mythologie erspielt. An Klamauk spart Sarah Kurzes Inszenierung nicht. Mit großen Textzetteln, auf denen lediglich ein "A" steht, schöpfen die Akteur:innen ihre Theaterwelt. Aaaa, die Scheinwerfer leuchten auf, Aaaa bestaunen sie eine Tribüne, Aaaa sehen sie den Techniker:innen zu, wie sie in einem geradezu zauberischen Akt die Drehbühne anzuschieben scheinen – und marschieren dann darauf wie die Kolleg:innen in Ulrich Rasches "Ödipus".
Von lustig bis länglich
Nele Stuhler zitiert in ihrem überbordenden Text frisch, frei, fröhlich aus dem Kanon. Mal klingt das nach Jelinek, dann gibt es eine Szene mit Büchner-Anklang oder im "Jedermann"-Reim. Und die Theater-Debatten der letzten Jahre finden ihren Niederschlag: Die Leitung will vom Rang aus "nur mal gucken", aber "gar nicht stören". Mischt sich dann doch ein, denn am Schluss ist es ja ihre Aufgabe, dass es allen Leuten "B-E-hagt", wie Lisa Hrdina das nahe Berliner Ensemble am Schiffbauerdamm grüßt.
Aus all den Szenen sollen die Beteiligten zudem etwas lernen, "bessere Leute" werden. In Aischylos' Dreisatz "Tun, Leiden, Lernen" streicht die Göttin zwar das Leiden, aber dann durchleiden wir alle zusammen doch die 100 Theaterminuten. Nach dem schmissigen Komödienauftakt muss wohl den 72 Seiten Text von Nele Stuhler Genüge getan werden; das ist hier eine Frage des Respekts vor den Autor:innen – obwohl die Autorin ihrem Stück vorausschickt: "Das muss ja wirklich nicht alles immer ausgespielt werden", "LieGrü, Nele". Von wegen. Auch als dann endlich, dem Ende nah, die ersten Striche in Aussicht gestellt werden, geht es noch etliche Workshop-, Frage-, Versammlungs- und Sektredenrunden weiter mit diesem anfangs lustigen, dann leider länglichen Meta-Theater.
Wohltuend klar ist da Lukas Bärfuss' "Verführung", ein geradezu konventionelles Konversationsstück und ökonomisch erzähltes well made play, das immer noch eine überraschende Wendung in petto hat. Hauke Born (Ulrich Matthes), Hochstapler und Heiratsschwindler, sitzt seine letzten Hafttage in Landsberg ab. Ringt mit seiner Therapeutin Tanja Morena (Birgit Unterweger) um die Deutungshoheit über sein Befinden – freiheitstauglich oder ein Fall für die Forensische Psychiatrie? – und begegnet seiner Tochter Sonja Schwarz (Julia Windischbauer), die der Justizvollzugsanstalt geschrieben hat.
Im menschlichen Miteinander dieses Versteckspiels auf offener Bühne geht es immer auch um die sieben Millionen Euro, die Hauke mit seinen Sekten-Spezies der nachnamenlosen Millardenerbin Britta abgeluchst hat. Sind die Millionen beim Sektenführer Pepe – oder stehen sie doch zu Haukes Verfügung? Sorgfältige Zweier- und Dreieckskonstellationen baut András Dömötör für den weitgehend dialogischen Text. Stilvoll perlt die Piano-Begleitung von Tamás Matkó. Schlicht ist die Ausstattung von Magda Willi: mattroter Teppich, ein paar Stühle, ein Leuchtherz prangt in der Mitte, ein Vorhang trennt die Hinterbühne ab – von der aus Julia Windischbauer das dokumentarische Schockmoment des Stücks in den Saal sendet.
Aufgesetzte Blutgeld-Dimension
"Verführung" ist, recht aufgesetzt wirkend, eine Blutgeld-Dimension beigegeben: Brittas Familie hat mit den Nazis Geschäfte gemacht. Ihr Vermögen ist – auf eine im Stück nicht näher dargelegte Weise – mit dem Massenmord an jüdischen Lagerhäftlingen verbunden. 1945 werden rund 1.000 Menschen in einer Feldscheune in Isenschnibbe von SS-Mitgliedern verbrannt und erschossen. (Als Massaker von Gardelegen ist das historisch hier und hier verbrieft.) Wertet Hauke mit dem Hinweis auf diese Gräueltaten sein Verbrechen auf? Oder macht es ihn zu einer Art moralisch aufrechtem Rächer? Das diskutieren Tochter und Therapeutin in einem hitzigen Streit.
Bei allen drei Schauspieler:innen sitzen die Rollen, die Inszenierung ist premierenreif. Die Momente wechselseitiger Manipulation könnten noch etwas differenzierter gestaltet werden, aber alles ist flüssig und verständlich auf Spannung ausgerichtet.
Sechs Stunden dauert diese in der Tat "Laaaaaaange Nacht", wie es von den allgegenwärtigen Flyern ruft. Drei sehr unterschiedliche Theatertexte, deren Kombination, anders als bei den sonst als einmaligen Ereignissen sich versendenden Langen Nächten, noch viermal bis zum Ende der Spielzeit zu erleben sein wird. Wenn die Uraufführungen aber ohnehin mit so viel Vollständigkeitswillen und Engagement der Beteiligten produziert wurden, nicht knapp über einer szenischen Lesung, sondern knapp unter einer vollgültigen Premiere anzusiedeln sind und mithin der Reiz des Provisorischen, Einmaligen fehlt – warum sie dann aufeinander stapeln, statt ihnen im Programm als einzelnen DT-Uraufführungen mehr Raum zum Atmen einzuräumen?
Dem Marder die Taube
von Caren Jeß
Regie: Stephan Kimmig, Bühnenbild: Katja Haß, Kostüme: Sigi Colpe, Musik: Michael Verhovec, Licht: Robert Grauel, Dramaturgie: John von Düffel.
Mit: Paul Grill, Linn Reusse, Anja Schneider, Sidney Fahlisch, Ananda Luna Cruz Grünbauer
Dauer: 1 Stunde 20 Minuten, keine Pause
Gaia am Deutschen Theater (GÖ)
von Nele Stuhler
Regie: Sarah Kurze, Bühne: Janja Valjarević, Kostüme: Vanessa Vadineanu, Musik: Samuel Wiese, Licht: Robert Grauel, Dramaturgie: Sima Djabar Zadegan, Dramaturgische Begleitung Junges DT: Maura Meyer.
Mit: Elias Arens, Harald Baumgartner, Maren Eggert, Lorena Handschin, Lisa Hrdina, Bernd Moss, Linda Pöppel, Caner Sunar, Lilli Dezius, Jurek Lane Mio Südhoff, Marlene Engberding, Joséphine Lou Falkenstein, Malia Kassin. Live-Musik: Samuel Wiese.
Dauer: 1 Stunde 40 Minuten, keine Pause
Verführung
von Lukas Bärfuss
Regie: András Dömötör, Bühne: Magda Willi, Kostüme: Fruzsina Nagy, Musik: Tamás Matkó, Licht: Robert Grauel, Dramaturgie: Juliane Koepp.
Mit: Ulrich Matthes, Birgit Unterweger, Julia Windischbauer, Live-Musik: Tamás Matkó.
Dauer: 1 Stunde 10 Minuten, keine Pause
www.deutschestheater.de
Kritikenrundschau
In Nele Stuhlers Stück begäben sich die Darsteller*innen auf einen "kalauerseligen Göttinnen-Trip, der lang und länger wird und als Theatersatire ungefähr so lustig ist wie eine morgendliche Dramaturgiesitzung", schreibt Patrick Wildermann im Tagesspiegel (2.5.2023). "Interessanter" sei Caren Jeß' Beitrag, auch wenn nicht ganz klar werde, wohin das Stück wolle; immerhin lasse es Skurrilität erkennen und "herrliche Sätze" zurück. Lukas Bärfuss wiederum habe mit seinem "Rekurs in die Nazizeit bedauerlicherweise" seinen Figuren "zu viel aufgebürdet".
In Nele Stuhlers "pseudomythischer Schöpfungs- und Theaterparodie 'Gaia am Deutschen Theater' sprudeln einfach Diskursversatzstücke und theaterhistorische Signalhappen in ein unendlich flachwitziges Workshop-Blabla über Anfang und Ende von allem und nichts", seufzt Doris Meierhenrich in der Berliner Zeitung (2.5.2023). Seiner "rhetorischen Konstruiertheit" wegen wird Caren Jeß' "Gruselstück", eine bizarre "Psycho-Heimatstudie", gelobt. Lukas Bärfuss dekonstruiere in seinem Stück "das kammerspielhafte Lügenlabyrinth in eine historische Collage, die so überhaupt nicht funktioniert". Fazit: "Eine hoch greifende, doch im mittleren Segment stecken bleibende Sechs-Stunden-Nacht, die dennoch den Widerspruchsgeist wach hält."
In Caren Jeß' Stück sei die Figurenzeichnung "angenehm spröde, Tragik steht neben Komik", berichtet Katja Kollmann in der taz (2.5.2023). Bei Nele Stuhler fand die Kritikerin "Wortspiele, Anspielungen und visuelle Zitate", die sich "pirouettenartig" drehen, im Ganzen: "eine humorgetränkte Selbstbespiegelung". Lukas Bärfuss habe einen "dokumentarischen Text-Monolith" vorgelegt. Lob erhält die Dramaturgie der Texte: "Alle drei Stücke sind bis zum Schluss nicht vorhersehbar. Das sorgt dafür, dass sich der Energiepegel (Umbaupausen inklusive, da alle drei Inszenierungen auf der großen Bühne stattfinden) bis um kurz nach Mitternacht auf gleichmäßig hohem Niveau einpendelt."
Das Stück von Lukas Bärfuss habe die vielschichtigsten Figuren und stelle die interessante Frage, wer betrügt wen, wer ist Opfer, wer ist Täter, so Barbara Behrendt im rbb (2.5.2023). Und warum lassen wir uns betrügen, wenn wir es doch besser wissen. In Nele Stuhlers Stück "Gaia" gehe es lauter zu, eine Komödie, in der nur ein paar Menschen, der Apokalypse entkommen. "Eine zweistündiges Klamauk- und Diskurstheater", das letztlich ausgefranstes Jugendtheater sei. Um Caren Jeß' Stük tut es der Kritikerin leid, weil Stephan Kimmig es viel zu überzeichnet inszeniere.
"Leider ist dieses Werk voller guter Absichten und schlechter Dramatik, unterkomplex und überkonstruiert zugleich", schreibt Irene Bazinger über Lukas Bärfuss‘ 'Verführung'. "Politik als Verführung? Faschismus als Geldanlage? Diese Rechnung geht trotz bester Absichten des Autors und trotz eines engagierten Ensembles nicht auf." Als "ähnlich überambitioniert" bezeichnet die Kritikerin "Gaia am Deutschen Theater (GÖ)" von Nele Stuhler: "Aufgeblasen, angestrengt, albern." Wenigstens Caren Jeß‘ "Dem Marder die Taube" verfängt. Die Autorin jongliere auf so amüsante wie irritierende Weise mit Biographien, Orten, Zeiten, Wahrheiten und Erfahrungen. Was an der Geschichte stimme, bleibe offen, "sieht aber in der schwebend-schillernden Inszenierung von Stephan Kimmig und im futuristischen Bühnenbild von Katja Haß fabelhaft aus".
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Zwischen all den Anspielungen auf das "Tun - Leiden - Lernen"-Prinzip der griechischen Tragödie und klamaukigen Gags knirschte es bei der "Gaia"-Comedy im dramaturgischen Gebälk. Am besten Lisa Hrdina mit ihrem komödiantischen Talent und frechen Anspielungen, nicht nur auf die Nachbarn am BE, sondern auch die sehr lange Abschiedsrede von Ulrich Khuon.
Zum Abschluss die Ulrich Matthes-Show "Verführung" mit Italo-Pop und Seufzen über den drohenden Abstieg zur Fensterfabrik in Fulda, wo er nach dem Knast resozialisiert werden soll. Dafür harrte ein Großteil des Publikums auch bis kurz nach Mitternacht aus. Sehr bemüht und wie ein Fremdkörper wirkte der Monolog von Julia Windischbauer, die ansonsten Borns plötzlich auftauchende Tochter Sonja Schwarz spielt: in einer Rückblende geht es um die SS-Verbrechen an NS-Zwangsarbeitern kurz vor Kriegsende 1945 in Gardelegen, das ergaunerte Millionenvermögen soll aus dieser Zwangsarbeit stammen. Das kurze Stück wirkt arg konstruiert, überrascht aber dann doch noch mit einem finalen Twist.
Komplette Kritik: https://daskulturblog.com/2023/05/01/lange-nacht-der-autorinnen-kritik/