Wer ist mein Mentor?

von Michael Laages

Hamburg, 16. November 2017. Womöglich hatte sich Maxim Gorki ja so das "Nachtasyl" vorgestellt – Menschen am Rand der Gesellschaft, Untergegangene und Untergeher, auf engstem Raum und unter armseligsten Bedingungen aufeinander geworfen, bis schlimmstenfalls Blut fließt oder Füße verbrüht werden. Und vielleicht fühlt sich so ja heute auch eine jener Notunterkünfte für Geflüchtete an, 100 Familien in einer dörflichen Turnhalle, mehrstöckige Betten nebeneinander gepfercht, und die Grenze zwischen den Privatsphären ist ein windschief gehängtes Bettlaken. Das ist nun unsere Welt, wenn wir in Hamburg Leiden lernen wollen; bei und unter Anleitung von Signa, dem so außergewöhnlichen Performance-Team, dessen deutsche Karriere nach aufsehenerregenden Lebenswelt-Erfindungen in Dänemark von Köln aus unter anderem über Leipzig und Berlin nach Wien zu den Festwochen führte – dann neulich nach Mannheim zu den Schillertagen und mittlerweile zum dritten Mal auch nach Hamburg und ans Deutsche Schauspielhaus.

Beziehungsweise gerade dahin dann eben doch nicht – Signa sind spezialisiert auf Außenspielstätten, für "Das halbe Leid" jetzt ist eine leere Fabrikhalle, mittlerweile von Hamburger Behörden umgenutzt, zum Erlebnisort geworden für eine zwölfstündige Empathieschulung. "Das halbe Leid" ist ein fiktiver Verein aus "Mitleidenden", Menschen übervoll von gutem Willen (und gerade darum oft besonders hilflos), und wir werden zu Teilnehmern eines Kurses dieses Vereins. Uns selber, den eigenen Habitus, geben wir dafür an der Garderobe ab. Genauer: im Spind – ausgewählt durch einen von 30 "Leidenden" (also von Signa gecasteten Darstellern, die uns echtes Leiden zeigen, vielleicht auch nur vorspielen), legen wir bei unserem speziellen "Mentor" die Klamotten ins Depot und bekommen von ihm welche aus dem Fundus des Vereins. Ihm oder ihr, unseren leidenden Mentoren, sollen wir äußerlich ähnlich werden, um näher heran zu kommen an die Art und das Wesens des speziellen Leidens, das er/sie verkörpert.

Mein Mentor war "Blondi", ein (eben!) blondierter schwuler Junkie-Stricher, 26 und (im Spiel?) ziemlich krank. Keine Zukunft, nirgends … er träumt von Lea – so hätte er sein Kind genannt, wenn er eins bekommen hätte. Er schreibt seine Geschichten auf, in ruppiger, kleiner Schrift in ein Schulheft. Er zeichnet Alptraumbilder dazu.

Liebesgaben für Dolores

Als "Blondi 4", einer von drei Kurs-Teilnehmern, die er für seine Vier-Bett-Burg ausgewählt hat, gehe ich von nun an durch den Abend: höre der Geschichte meines Mentors in körperlich-psychischem Kontakt-Training zu, Kontakt-Training, bei dem alle Kurs-Teilnehmer den Mentor mit Hand und Wort stützen. Erlebe bei noch einem Besuch in der Therapiehölle andere Mentoren, die einander unter Anleitung eines ziemlich finstren Folterknechts ziemlich schlimme Sachen an die Köpfe werfen; mit uns, den "Kursisten", als Echoraum, als Bande, über die die Mentoren spielen. Auch "Dolores" kommt ins Spiel: die fiktive, fetischartige Göttin des Schmerzes, die alle Mentoren sehnsüchtig herbei beschwören als fundamentalsten aller Alpträume. Eine unserer Aufgaben: Liebesgaben basteln für Dolores und für die Mentoren. "Dolor" ist Latein und heißt Schmerz, "dolores" sind die Schmerzen – Signa kann auch ganz schön bildungsbürgerlich agieren. Geschenkt.

DashalbeLeid SIGNA 3 560 ErichGoldmann uTheaterelend in yer face © Erich Goldmann

Gegen Mitternacht sind die eher theoriehaltigen Kurse vorüber; so gestählt richten wir uns mit den Mentoren in den Schlafsaal-Ecken ein; Männlein im unteren, Weiblein im oberen Saal der Industriebrache. Jetzt beginnt wirkliche Magie – denn von überall her tönt's, singt's und schrillt's. Kreischende Frauen im Stockwerk drüber, keifende Männergruppen, die kleine Bandenkämpfe simulieren; darüber klimpert das berühmte Reeperbahn-Lied aus der Spieluhr, auf einer weiteren Tonspur gibt's erst Prokofjews "Peter und der Wolf" und dann echtes Wolfsgeheul. Stundenlang. Wir liegen in kargen Betten, und an Schlaf ist kaum zu denken: überall und immerzu Menschlich-Allzumenschliches, voller Sehnsucht, voller Gewalt; Stöhnen aus Schmerz oder Lust. Mein Mentor wird sehr zart.

Kannst Du Mitleid?

Plötzlich, gegen drei, dröhnt der Zerberus mit dem Stalinisten-Ton von vorher durch die Bettenreihen: "Aufsteh'n! Vortrag!" … Wer dem Befehl folgt, bekommt Neonazi-Gebelfer zu hören und schlafende Tiere zu sehen. Später, zum Frühstück um halb sechs, gehört mein Mentor auch zum Küchenteam und gibt sich extra Mühe … erstaunlich weit weg ist mittlerweile die eigentlich nahe liegende Frage, was hier noch Theater ist und was schon Leben. Das ist ja immer der wichtigste Risiko- und Knackpunkt in den Arbeiten von Signa – können wir die Verabredung darüber vergessen, dass wir im Theater sind; eröffnet die Einfühlung mit dem Mentor vielleicht tatsächlich die Option für den Persönlichkeitstausch … könnten wir vielleicht wirklich Empathie für ein Alter Ego entwickeln? Obwohl das behauptete Leid immer größer ist als das typische eigene: Suff, Drogen, Krankheit, Klapse, Knast, Kriminalität, Schauder, Schrecken überall – "dolores" eben.

Signa kommen weit mit dieser Arbeit; auch weil sie anders vorgehen als meistens. Oft drifteten wir, die Versuchskaninchen, bei ihnen durch ein Labyrinth sich ständig wiederholender Szenerien, und wir waren mit der Entschlüsselung abstrakt und traumatisch vorfabulierter Formeln beschäftigt. Durch die Bindung an die Mentoren und deren Geschichten werden wir, das Publikum, diesmal deutlicher auf uns selbst zurück geworfen – und die eigene Sehnsucht nach, aber auch Unfähigkeit zu echtem Mitleid.

Nur zur Erinnerung: Compassion, Mitleid war der politische Zentralbegriff für Persönlichkeiten wie John F. Kennedy und Willy Brandt. Wie lange ist das her … es ist aber wieder genug Leiden in der Welt, unendlich viel mehr sogar als vor 50 und ein paar Jahren. Innerlich stumm und gedankenlos werden die "Teilnehmerinnen und Teilnehmer" von "Das halbe Leid" vielleicht nicht mehr daran vorbei schauen und vorbeigehen. Wer weiß schon, wer von den schrägen Vögeln in der Fußgängerzone ein Mentor, mein Mentor sein könnte …

Das halbe Leid
Konzept Signa Köstler
Regie: Signa und Arthur Köstler, Bühne: Signa Köstler, Olivia Schröder, Camilla Lönbirk, Kostüme: Tristan Kold und Signa Köstler, Technisches Design, Sound und Medien: Arthur Köstler und Simon Steinhorst, Dramaturgie: Sibylle Meier.
Mit: Amana Babaei Vieira, Georg Bütow, Asger Degnbol, Navid Rashid Farrokhi, Kai Friebus, Erich Goldmann, Imke Grabe, Benjamin Hassmann, Zenzi Huber, Flora Janewa, Saskia Kaufmann, Thor Albin Kjaer, Dominik Klingberg, Tristan Kold, Tom Korn, Arthur Köstler, Signa Köstler, Renè Marvin Kuhnke, Jan Liefhold, Camilla Lönbirk, Frederik von Lüttichau, Evi Meinardus, Simon Salem Müller, Wanja Neite, Chiara Nicolaisen, Joanna Noga, Sonja Pikart, Fabian Raith, Christopher Ramm, Sofie Ruffing, Julian Sark, Benedicte Skjalholt, Johanna Sarah Schmidt, Antonio Schmidt, Markus Schmon, Andreas Schneiders, Olivia Schröder, Raphael Souza Sá, Viktoria Steiber, Simon Steinhorst, Luisa Taraz, Lorenz Vetter, Marie S. Zwinzscher; "guest stars" Jonas Preben Jörgensen, Steven Reinert, Helga Sieler, Ivana Sokola, Mareike Wenzel.
Dauer: 12 Stunden

www.schauspielhaus.de

 

Kritikenrundschau

"Das komplexe Signa-Paralleluniversum von Signa und Arthur Köstler mit seinen über 40 Performern hat mich fest im Griff", resümiert Sven Ingold in der Welt (18.11.2017) seine Erfahrung des 12-Stunden-Experiments. "Die Illusion ist perfekt und – ich leide mit. Oder ist auch das nur eine Illusion?"

"Dieses Theaterstück macht etwas mit jedem, der dabei ist", schreibt Heinrich Oehmsen im Hamburger Abendblatt (18.11.2017). "Wer demnächst vor einem Lebensmittelmarkt einen Obdachlosen lagern sieht, wird vielleicht mit anderem Blick auf ihn schauen – weil er in dieser Nacht eine Ahnung davon bekommen hat, was es bedeutet, auf der Straße zu leben."

"Das waren aufrüttelnde, sogar lebensverändernde zwölf Stunden", gibt Daniel Kaiser im NDR (18.11.2017) zu Protokoll. "Nach nur einer Nacht in der Obdachlosenunterkunft-Attrappe sehe ich die Menschen, die in den Fußgängerzonen auf dem Boden sitzen und unter Brücken zelten, anders. Aber auch die Mechanismen und die Motivation von Mitleid erscheinen neu."

"'Furcht und Mitleid zu erregen' sei der Zweck des Theaters, so meinte schon Gotthold E. Lessing. Mitleid im Theater – so verstand der damalige Dramaturg des Hamburger Nationaltheaters seinen Aristoteles – sei 'geteiltes Leid', und zwar mit den vom Schicksal aus der Bahn Geworfenen." Man greife nicht zu weit, wenn man die neue Signa-Arbeit in diesen Zusammenhang stelle. Aber Bernhard Doppler vom Wiener Standard (29.11.2017) bereitete die Nacht des Elends auch "komödiantisches Vergnügen: das Verwildern und Herausfallen aus der Mitte der Gesellschaft!" Nicht nur an Gorkis Nachtasyl müsse man denken, auch Puccinis zugiger La Bohème-Dachboden sei gar nicht so fern.

 

Kommentare  
Das halbe Leid, Hamburg: zuerst in Berlin
Es stimmt einfach nicht, wie Michael Laages den Erfolg von SIGNA in Deutschland herleitet. Für die Geschichtsschreibung: Die erste Arbeit von SIGNA fand im Ballhaus Ost statt, 2007: The Dorine Chaikin Institute. Also fast ein Jahr früher als in Köln. Das lässt sich sogar hier innerhalb nachtkritik.de einfach überprüfen. Sonst darf sich hier jeder weiter in ... ergehen.

(Liebe*r Anne T, Michael Laages' Aufzählung kommt ja nicht mit Vollständigkeits-Anspruch daher – trotzdem danke für Ihre Ergänzung! Mit freundlichem Gruß, sd/Redaktion)
Das halbe Leid, Hamburg: Korrektur
Anne T, das stimmt nicht, vorm Dorin Chaikin Institut hat SIGNA schon „Die Erscheinungen der Martha Rubin“ am Schauspiel Köln inszeniert (das brachte ihr die Einladung zum Theatertreffen 2008), von dort aus ging es direkt zum Nordwind Festival am Ballhaus Ost. Wenn es um Vollständigkeit geht, die erste Arbeit von SIGNA in Deutschland war in 2004 in Meiningen „Secret Girl“. http://signa.dk/projects?pid=57855
Das halbe Leid, Hamburg: Erst Martha, dann Dorine
"Die Erscheinungen der Martha Rubin", Premiere: 14.10.2007 (https://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=551:die-erscheinungen-der-martha-rubin-eine-performance-installation-von-signa&catid=84&Itemid=40)

"The Dorine Chaikin Institute", Premiere: 17.11.2007 (https://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=674:the-dorine-chaikin-institute-signa-macht-die-zuschauer-zum-patienten-und-therapiert-sie&catid=196&Itemid=100476)
Das halbe Leid, Hamburg: alle Signa-Projekte
DAS HEUVOLK 2017
WIR HUNDE / US DOGS 2016
SÖHNE & SÖHNE 2015
FEBERHAVNEN 2015
VENTESTEDET 2014
SCHWARZE AUGEN, MARIA 2013
CLUB INFERNO 2013
BLEIER RESEARCH, INC. 2011
DAS EHEMALIGE HAUS 2011
DIE HUNDSPROZESSE 2011
SALÒ 2010
GERMANIA SONG 2009
DIE HADES FRAKTUR 2009
THE DORINE CHAIKIN TRILOGY 2007-2008
THE GAMES 2003-2008
DIE ERSCHEINUNGEN DER MARTHA RUBIN
2007-2008SEVEN TALES OF MISERY 2006
THE SILVANA EXPERIMENTS 2006
THE BLACK ROSE TRICK 2005
SECRET GIRL 2004
57 BEDS 2004
NIGHT FINDER 2003
TWINLIFE PROJECT 2001-2002

All Signa's projects: http://signa.dk/projects?pid=103805
Das halbe Leid, Hamburg: perfektes Setting
Während sich die einen über die Historie von Signa ereifern, die anderen sogar lebensveränderende 12 Stunden erlebt haben, möchte ich kurz anmerken, dass dieser Abend nicht zu den gelungensten Signa-Werken zählt. Schlechtes Theater, allerdings im perfektem Setting in großartiger Location, da kommt jeder RTL Bericht autentischer, glaubwürdiger und berührender daher. Und wenn man dann noch mit dem Satz "Jetzt gehts ab ins privilegierte Bettchen" verabschiedet wird, weil man sich erlaubt, nach dem ersten Teil der Obdachlosen-Attrape zu entfliehen, ist man doch ziemlich staunt, was sich die pseudo-obdachlosen privilegierten Schauspieler da anmaßen.
Das halbe Leid, Hamburg: wie nach Amarcord
Ich merke gerade, wie lange ich bei Nachtkritik nicht mehr kommentiert habe, und so gelang es mir, bei einem (immer wieder meine Schwäche) sowieso bedrohlich lang gewordenen Text (vor allem zu "Nachtasyl-" bzw. "Schwärmermotiven" aus der Installation) schlicht nicht, diesen dann auch zu versenden aufgrund des neuen JAVA-Code-Modus. Und so ist mir, um mir zunächst weitere Frustration zu ersparen, jetzt höchstens noch nach einem Kurzkommentar zumute: "Stelle Dir vor, Du gehst mit einem Hochgefühl aus dem Kino, Du hast kaum schönere Dinge gesehen (als zum Beispiel den Schnee im Sommer aus Fellinis "Armacord") und doch sind Dir die schrecklichsten menschlichen Abgründe geschildert worden !" So ähnlich zitierte Emir Kusturica Fellini in einem Spiegel-Interview im Jahre 1999 anläßlich seines eigenen Filmes "Schwarze Katze, weißer Kater", und ähnlich trete ich auch nach den SIGNA-Sachen von Mal zu Mal auf die Straße, so auch nach dieser Nacht !.
Das halbe Leid, Hamburg: Schieflage
Im Gegensatz zu anderen SIGNA-Arbeiten vermag "Das halbe Leid" mich in keiner Sekunde in die Handlung hineinzuziehen. All das Weinen, Kotzen, Urinieren täuscht leider nicht über die lasche Dramaturgie hinweg.

Zudem möchte ich anmerken, dass der eigentliche Skandal, wie bei den meisten SIGNA-Arbeiten, darin liegt, dass ein Großteil der (meist unerfahrenenen) Performer*innen eine lächerlich gerine Vergütung für eine sehr lange Probenzeit und 28 Vorstellungen erhält.
Wenn ich mich als Zuschauer*in bei "Das halbe Leid" darüber echauffieren kann, dass die Leidenden nur einen Tagessatz von 10 Euro erhalten, mir in meiner eigenen Empathiefähigkeit nur allzu gut gefalle, aber nicht die Produktionsweise dieses Duos, die der des Vereins "Das halbe Leid e.V." m.E. entspricht, kritisiere, läuft etwas schief.

Shoutout im übrigen an das Deutsche SchauSpielHaus, das nun schon zum dritten Mal eine solch unfaire Produktion in Auftrag gegeben hat.
Das halbe Leid, Hamburg: die Lebensform zählt
Liebe Anna ! Was Sie dort anmerken, ist mittlerweile auch schon zu so einer Art von modernem Klassiker geworden unter den Einwänden gegenüber SIGNA, gerade auch bei "Us Dogs", und wird leider dann immer und immer wieder kaum kontrovers und sachlich weiterdiskutiert, dabei müßten sowohl Zeitungen als auch die jeweiligen KritikerInnen, die ladenden Häuser, die gewerkschaftliche Seite, KollegInnen, die mitspielen könnten (etwaige) und auch ZuschauerInnen, die wie ich diese Frage als modernen Klassiker quasi kennen, sagen oder schreiben können, warum sie es für ein verantwortbares Unternehmen halten, hier mitzuspielen
wie ich es -wie auch diverse KritikerInnen- bei meiner ersten SIGNA-Uraufführung unter dem Namen "Sheriff 2" getan habe.Auch die diversen NachtkritikerInnen sind davon keineswegs ausgenommen ! Ich für meinen Teil tue mich schon schwer mit Ihrer Aussage, daß es sich größtenteils um meist unerfahrene Performer handelt. Stimmt dies denn ?? Für Kurt oder "Sheriff", Andreas Schneiders, meinen Mentoren, stimmt dies ganz sicher nicht, und so geht bzw. ging es mir von Mal zu Mal, daß ich nämlich immer wieder auf dieses auch selten angesprochene SIGNAPHÄNOMEN stieß, irgendwie doch wieder auf Bekannte zu stoßen, gleichsam aber in einem anderen Leben, die zudem auch sofort mit dem neuen Namen angesprochen werden wollten gemäß impliziter Spielvereinbarung, und doch: bei einigen Akteuren mit einer regelrechten, ja, WIEDERSEHENSFREUDE ! Und es sind viele solcher bekannten "Reinkanationen" unterwegs, so daß hier zunächst erst einmal festzuhalten ist, daß sehr wohl so manch gestandener Schauspieler immer wieder gerne bei SIGNA mitmacht, ruft manchmal, ein kleiner Seitenhieb an Lore, auch der VERAFAKE. Und so muß ich zur Kritik von Heinrich Oehmsen auch hinzusetzen, der mit mir beim Sheriff weilte, ich bin der trockene Alkoholiker aus seiner Kritik,
daß mein Vertrauen zu Andreas Schneiders schon einen gehörigen Vorlauf gehabt hat und ich bereits bei der Wahl durch die Mentoren hoffte. von ihm ausgewählt zu werden, was dann auch geschah. Ich habe schlichtweg das Gefühl, daß viele der Beteiligten schlichtweg überglücklich sind, bei einer SIGNA-Produktion dabei zu sein, und so würde ich , "Nachtasyl" fiel als Stichwort, SIGNA ganz ernsthaft eher in der Traditionslinie des Moskauer Künstlertheaters verorten
(siehe dazu die Kritik von Robert Musil vom 22.4.1921 -ua. zum "Nachtasyl"); Geld ist dabei nicht alles, die Lebensform scheint zu zählen, mit Musils Worten etwa: DIE MÖGLICHKEIT VON ANDERSSEINKÖNNEN ! NICHT DAS ZU SEIN SCHLUssENDLICH, WAS MAN GETAN HAT !!
Das halbe Leid, Hamburg: Abenteuerspielplatz
Was mich verblüfft,dass zuwenig auffällt, dass diese Stücke als eine Art Abenteuerspielplatz für Erwachsene funktionieren. Dass bei einer Teilnahme das Nerversystem mit Reizen konfrontiert wird, die man im Leben nie so erleben kann ohne in reale Gefahr/Not/Empathie/Mitgefühl (je nachdem) im gegenseitigen Kontakt zu geraten. Es ist wirklich sehr einfach ehrenamtlich in der Bahnhofsmission zu arbeiten und wirklichem Leid zu begegnen, sollte man sich dafür interessieren. Mir scheint, der künstlerische Ansatz der Signa Projekte wird als eine Art Bungee Sprung mit Adrenalinhype ausgenutzt und wirklich eigenes Handeln zu wenig reflektiert. Löst die Teilnahme bei einigen Zuschauern eine Art "Spielsucht" aus?
Das halbe Leid, Hamburg: Neid
Na Lotte .. die Schauspieler würden auch gerne in Ihr eigenes Bettchen. Das war keine Anmaßung sondern Neid ; )
Das halbe Leid, Hamburg: privilegierte Bettchen
tja das ist dann immer die Frage nach der Dekonstruktion - liebe Lotte -sagen sie "priviligierte Bettchen" weil sie ihre Rolle nie verlassen oder weil sie auf das eigene verzichten müssen. Als "anmaßend" empfinden nur sie das, weil sie in der Rückenwindschulung nicht aufgepasst haben.
Das halbe Leid, Hamburg: "Go for Gold !"-Syndrom
Liebe Bea ! Ich hatte Ihnen für meinen Teil bereits gestern eine Antwort geschrieben, allerdings passierte mir dieses Mal wieder dasselbe "Mißgeschick" wie am Sonntag; wieder ließ sich der Text nicht versenden, so daß ich, mit Achmad Wolcott aus dem "Heuvolk" gesprochen
(Schrein der Maria Marena) nur Gullifische produzierte; auch unterliefen mir in § 6 und 8 zahlreiche Schnitzer: "Lotte" spreche ich mit "Lore" an, bei "Reinkarnation" fällt mir das "r" vor die Füße und ich spreche, sachlich falsch, von einem Fellinizitat, dabei geht es bei diesem Satz um Emir Kusturicas Reaktion, als dieser "Amarcord" (noch so ein Fehler) sah.
Schwamm drüber ! Ich werde mich an einer eingehenderen Antwort auf Ihren Einwurf noch versuchen, allerdings kann ich jetzt bereits ein wenig umreißen, daß ich Ihren Befund nicht ganz teile und auch nicht so recht weiß, woran sie den konkret festmachen. Ich weiß nur, daß derlei Einwände anläßlich der Nachbesprechungen zu "Schwarze Augen, Maria" und "Söhne und Söhne" sehr wohl zu vernehmen waren sowohl im jeweiligen Forum als auch in Einzelgesprächen; zu "Das halbe Leid"
(aus konzeptionellen Gründen ??) scheint eine solche Nachbesprechung leider (!) nicht vorgesehen zu sein, obschon ich diese als eröffnend-kontrovers
erlebte, was in den Nachtkritikthreads oftmals auf der Strecke bleibt (was kürzlich Michael Laages ja auch beklagte, wobei, in einem anderen Thread Falk Schreiber, ein anderer Nachtkritiker aber auch Verständnis dafür äußerte, daß die jeweiligen Kursisten ihnen jeweils so wertvolle Erfahrungen gemacht haben mögen, daß sie diese vor threadkurzer Berührung zu schützen suchen wohlmöglich) im übrigen. Wenn Sie sich das Interview vornehmen, das Sie hier zum Thema "Immersion" , geführt mit Thomas Oberender, auf NK finden können, werden Sie darin auch eine Passage finden, die vor Gefahren warnt (und vermutlich in eine ähnliche Richtung deutet wie Ihr Einwand). Kennen Sie den Film
"Go for Gold !" (Lucian Segura, 1997) ? An diesen mußte ich, als ich Ihre Zeilen las, sofort denken, jener Abenteuertrip mit tumben Spanientouristen und Jeff Gold (Lars Rudolph) als Fake-Reiseleiter, der die zunächst völlig adrenalinsprühende Gruppe zum (abenteuerlichen) Müllbergklettern (von Beridor) auf eine Müllhalde führt zunächst, zu einer realen Anlandung von Flüchtlingen aus Marokko hiernach, welche die Gruppe als phantastisch arrangiert goutiert und bereit ist, Aufpreise zu bezahlen, zum Beispiel zur finalen "Toro-Oake-
Nacht" mit fast tödlichem Ausgang für eine Touristin. Ich komme beim nächsten Eintrag darauf zurück..
Das halbe Leid, Hamburg: Publikumsgespräch
Für "Das halbe Leid" gibt es jetzt in Hamburg doch ein Publikumsgespräch am 16.1 und ich bin gespannt was dort die Themen sind.
Das halbe Leid, Hamburg: Nervenreizthese
Liebe Bea ! Vielen Dank für den Hinweis, daß nun ein Nachgespräch (und zwar am Dienstag, den 16.1.2018, 19 Uhr im Malersaal) vorgesehen ist.
Da ich an diesem Tag (auch) frei habe, werde ich, wenn nicht arg etwas dazwischenkommt, auch vor Ort sein. Wenn Sie Ihre Frage dort vor-
bringen, können Sie recht einfach dafür sorgen, daß sie Thema wird.
Ich werde mich trotzdem in ein paar Tagen noch einmal gesondert mit Ihrer "Nervenreizthese" beschäftigen; ab dem 29.11. erweitert sich der Pool derjenigen, die "Das halbe Leid" erfahren haben, dann ja schrittweise erheblich (und es tauchen dann möglicherweise neue Gesichtspunkte auf beziehungsweise auch Fallbeispiele für die eine oder andere These); es ist ja dann am Ende schon irgendwie komisch, daß dann zB. 56-84 Sheriffs unterwegs sein werden, wieder auf der Straße des Alltages ...
Das halbe Leid, Hamburg: Publikum & Gespräch
... nur zur Ergänzung: das Schauspielhaus plant nach dem Publikumsgespräch zum Abschied von "Das halbe Leid" am 16.1. im Malersaal auch noch einen sogenannten "DachSalon" vier Tage später, am 20.1.; ich persönlich tue mich aber eher schwer mit der offenbar ja sehr großen Sehnsucht von Gästen und Nicht-Gästen, über die Signa-Produktionen mit dem Produktionsteam zu reden. Und es soll beileibe nicht als Arroganz verstanden werden - aber wer in den Nächten mit den "Mentoren" und "Mentorinnen" in der dramaturgischen Struktur, keine wie auch immer geartete Haltung entwickelt hat, wird sie auch im Gespräch danach nicht finden; oder auch wieder nur fingieren. Wahrhaftigkeit ist bei diesen Arbeiten wirklich nur im Augenblick und ganz mit und in sich selbst zu haben. - Zu den "meist unerfahrenen" PerformerInnen: falscher geht's nicht. Niemand gehört zwar zu irgendeinem Stadt- und Staatstheater, das stimmt - aber Menschen gibt's im Ensemble, die stellen als solche jedes erlernte Schauspielhandwerk in den Schatten; weil sie ganz ohne "actor's studio" dessen Methodik verinnerlicht haben. Einmal, das ist ganz lange her, haben "Ratten 07", die ehedem Obdachlosen im nun auch schon 25 Jahre alten Projekt der Volksbühne, in Hamburg eine "Nachtasyl"-Aufführung von Susan Batson vom "actor's studio" (und die wunderbare Leslie Malton als Darstellerin) mit sich selber konfrontiert. Da wurde die Grenze deutlich, an der Kunst und Leben einander treffen. Signa ist auf diesem Weg. - Und zum leidigen Geld: Natürlich würde ich persönlich mir wünschen, dass die Köstlers als Leitung einer freien Gruppe in Dänemark mit Euro-Millionen und sonstigen Fördergeldern zugeschüttet würden ... aber bis dahin nichts mehr zu tun, ist wohl auch keine Lösung. So bleibt's eine zutiefst prekäre Passion; und ist auch daduch in Hamburg den Thesen und Themen in "Das halbe Leid" sehr nah. Ich -das darf ich vielleicht nochmal sagen- kenne nichts, was Herz und Hirn mehr aufwühlt als das ...
Das halbe Leid, Hamburg: Actor's Studio
Lieber Herr Laages ! Ja, in Richtung beispielsweise des sogenannten "Method Actings" (Lee Strasberg) ging mein Hinweis auf die Traditionslinie "Moskauer Künstlertheater"; es ist immens und kaum ohne großen Idealismus zu denken,
was sich die diversen "PerformerInnen" da immer wieder über Monate abverlangen, und so liegen Sie meineserachtens mit der Aussage auch goldrichtig, daß das Wertvolle und auch Wundervolle sich an den Abenden und in den Nächten selbst abspielt, ohne jede Frage, und so ist es mir immer ergangen !
auch, daß so ein Nachgespräch schwerlich Früchte trägt, wenn es jene, wie ich sie nenne, Kristallisationsmomente der Erfahrung verdichteter Situationen unter Aktivierung und Eröffnung vergangener und kommender Lebensalter, der Zentrierung im Hier und Jetzt und dem freundlichen, immer wieder neu motivierenden Imperativ "Werde situativ !" nicht gegeben hat, und auch nicht den Schauder hier und da, sich vielleicht gemäß Paragraph 109 b (siehe Franz Kafka "Betrachtungen über Sünde, Leid, Hoffnung und den wahren Weg) doch nur gleichsam (aktionistisch) zu entlarven dann und wann. Es geht bei diesen Nachgesprächen, mir jedenfalls, nicht nur um Gespräche bzw. Fragen mit/an dem/das Produktionsteam, obschon ich mich über das eine oder andere Augenpaar schlicht freue; ich habe ja sogar Freundschaften geschlossen, die über mehrere Jahre mittlerweile bestehen, welche auf derlei Gespräche über SIGNA zurückzuführen sind bzw. auf die Wahrnehmung von WELT im Anschluß an eine Installation ! Was ich meinerseits ergänzen möchte, auf die Möglichkeit zu verweisen, auf diverse Seiten einzelner Performer zu gehen (Idil Land Boss, welche dieses Mal nicht dabei ist, Marie S. Zwinzscher, Luiza Taraz und Steven Reinert , um nur einige gut gebaute Seiten zu nennen), um einerseits der Vielfalt der Einflüsse nachzuspüren, der Zuflüsse und aber auch Ausflüsse des STROMES SIGNA, welche sich dort über drei Monate zu einem energetischen Phänomen verdichten, aber auch ein wenig der Tatsache, was es für diese je einzeln bedeutet, aus so vielen Gesichtswinkeln zugleich heraus zu lernen, aber auch enge künstlerische Kontakte aufzubauen, welche dann auch kleinere Projekte betrifft, die so vorbereitet werden. "Psychomantie", "Triangulierung" oder jetzt aktuell
Peter Freunds Theorie fallen nicht vom Himmel, und natürlich versammelt hier die Gruppe ua. auch das, was bei Ihnen dann "bildungsbürgerlich" heißt, und die Gruppe lernt und lernt.
Das halbe Leid, Hamburg: Zusätzliche Kritiken
FYI - Es gibt zusätzliche Kritiken, die in der Rundschau noch nicht erwähnt wurden:

http://derstandard.at/2000068651487/Signas-Das-halbe-Leid-Mitgefuehl-lernen-beim-Keller-Reini

https://www.kreiszeitung.de/kultur/deutsche-schauspielhaus-hamburg-zeigt-halbe-leid-industrie-mitleids-9382758.html

(Danke für den Hinweis! d. Red.)
Das halbe Leid, Hamburg: Jahrestag des Vereins
Herzlichen Glückwunsch an den Verein "Das halbe Leid" zum heutigen Jahrestag ! Ich hoffe, die KursistInnen werden die heutige 7. Nacht zu diesem besonderen Tag gebührend begehen; dazu auch meine herzlichen Grüße an dieser Stelle an Kurt ("Sheriff" - wahrhaftig: ohne Helm und ohne Gurt), der mir quasi beibrachte, im Alltag, wenn mir einer ins Gesicht pfeift, nicht gleich zu reagieren "Der pfeift auf mich !", sondern zu prüfen, ob die Melodie aus dem Gesangbuch des Vereines stammen könnte; selbst wenn sie es dann nicht tut, erinnere ich mich dann eher, daß es noch andere Vereine gibt ! Lied 5, das wir am Ende sangen, hatte sich aber tatsächlich über Tage als eine Art Ohrwurm bei mir festgesetzt, und als ich bei meiner Mutter desletzt eine mir vollends unbekannte Sampler-LP von "Party-Schlagern" entdeckte, sprach ich vermutlich nur wegen dieser Ohrwurmerfahrung sie auf diese LP an (die sie zum Verkauf einmal auf einem Flohmarkt geschenkt bekommen hatte, mir also auch unbekannt sein mußte ...). Wir kamen auf diese Weise über Schlager ins Gespräch und über unsere Familie, wie Einzelne sich so zu (bestimmten) Schlagern verhalten hätten. "Dolores" war dabei kein Thema gewesen, wie auch, meine Mutter kennt die SIGNA-Sache ja nicht; umso verblüffender, daß sie dann ausgerechnet Gerhart Wendland und "Das machen nur die Beine von Dolores" herausgriff; da sei ihr Großvater immer aus dem Zimmer gegangen ! Eine leidenschaftliche 7. Nacht also !.
Das halbe Leid, Hamburg: Dachsalon
Ich wollte zwar eigentlich warten, bis/ob sich in diesem Thread noch soetwas wie eine "Gesprächsbewegung" ergibt, denn so gerne monologisiere ich nun auch wieder nicht, eigentlich, so denke ich, müßte es auch mittlerweile mehrere Personen geben, die etwas zur angeblichen Spielsucht-Funktionsweise der SIGNA-Sachen sagen können müßten (siehe "Go for Gold!"-Syndrom, unheimlich war mir dann geradezu, nebenbei bemerkt, daß Lars Rudolph sich dann auf der Titelseite des Novemberprogrammes wiederfand, sogar, wie auch im Film, mit Trompete), aber, mir scheint es, daß die Angabe zum "Dachsalon" unrichtig ist (oder unrichtig geworden ist), denn der Januarplan des Schauspielhauses weist diese Veranstaltung für den 22.1.2018 aus (20 Uhr im Rangfoyer). Betitelt ist dies mit "Prekäre Institutionen" (und es soll dabei zu einem Gespräch über Theater, Politik und "Das halbe Leid" -unter der Podiumsbeteiligung von Signa Köstler- kommen ; dazu wird dann aber vermutlich wohl kaum noch einmal das (nahezu )gesamte Produktionsteam anwesend sein) und könnte im Grunde auch schon eine gute Qualität als eine Art Überleitung zum "HERZZENTRUM 10" (Navid Kermani, am 27.1.2018, in der Erstaufnahme am Hellmesbergerweg 23,
19 Uhr) entwickeln. Jedenfalls folgte seinerzeit, im Januar/Februar
2016 auf das "Söhne und Söhne"-Zuschauerforum, das gerade zum Thema
"Traumata aus der Erfahrung mit einer Diktatur" anläßlich der Installation meineserachtens außerordentlich beeindruckend verlief, nicht minder freilich hinsichtlich der besagten "Möglichkeit, anders sein und leben zu können", einen Keim von "Gegenwelt" aufspürend , ebenfalls ein
"HERZZENTRUM" (ich denke, es war Nr.8, im "Pink Palace" ! auf der Reeperbahn) statt, was ich späterhin für eine annährend ideale Fortsetzung meiner persönlichen Theatererfahrungen ansah (und bis zum heutigen Tag auch ansehe).
Das halbe Leid, Hamburg: Link
http://www.feinschwarz.net/grausame-schule-der-empathie-performance-ueber-nacht/
Das halbe Leid, Hamburg: Abhängigkeitsverhältnisse
Mittlerweile, FROHES NEUES allseits, liegt in der Theater Heute- Januarausgabe auch die Besprechung von Falk Schreiber (seinerzeit "Wolfgang 3") vor, welche ganz gewiß noch einige Male Anlaß für diverse Einzelaspektbetrachtungen beziehungsweise auch Fragen am Abend des Nachgespräches (mindestens meinerseits) geliefert haben dürfte.
Der Kontrast zwischen Assoziationen und Verortungen wie "Moskauer Künstlertheater", "Group Theatre" und "Actors Studio" auf der einen Seite und dem Diktum letztendlich Herrn Schreibers "Das ist Theater aus der Mottenkiste", zwischen der offensichtlichen (fast verzweifelt wirkenden , Falk Schreiber-Umschreibung "Kritik als Eiertanz"-"Die Gefahr, statt einer Analyse einen Text zu liefern im Stile "Mein schönstes Ferienerlebnis"" ) Suche nach professioneller Distanz (unter Verwendung der Begriffe "Angefaßtsein" bzw. "Übergriffigkeit") und beinahe schon wieder verdächtig "gefühlsfolkloristisch" wirkender Kritik im Sinne puren Begeisterseins ("Das hat mein Leben verändert"-Stil) ist einfach zu groß, um nicht diskussionswürdig zu erscheinen; und eine Produktion, die dergleichen Kontraste aufzumachen versteht, kann das sehr wohl als Plus für sich verbuchen, denn natürlich steht nicht zuletzt auch einmal, wenn der Fokus auf die Mitfühlenden der KritikerInnenbranche zurückfällt, an irgendeiner Stelle eine Erörterung darüber an, ob nicht (auch) das Kritikenschreiben recht altbacken ausfallen kann, ja, ob das Kritikenschreiben mit der Theaterformenentwicklung überhaupt hat Schritt halten können. Was können wir als LeserInnen mit Sätzen wie "Empathie als politische Strategie freilich ist für Signa-Verhältnisse ein fast schon ernüchternd unterkomplexes Konzept, zumal es den Fokus nimmt von der Gruppe der Mitleidenden, der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter des Vereins.", letztlich anfangen ?
Aus weniger therapeutischer als vielmehr philosophischer Perspektive
kann ich diesen Satz von der scheinbaren Unterkomplexität eines Konzeptes "Empathie", ob nun mit dem Zusatz "als politische Strategie" oder nicht, schlichtweg kaum verstehen (siehe Scheler, Sturma, De Souasa etcpp.), allerdings sind wir ja noch nicht einmal annährend dazu gezwungen, dieses Konzept als das offizielle Konzept der Nacht überhaupt anzunehmen (ebensowenig wie beispielsweise, frei nach dem, was ich zum "Heuvolk" schrieb, "Sternzeichen Nachtasyl, Aszendent Augenhöhe", wie ich in etwa an "Das halbe Leid" herangehen würde). Sowohl die durch § 20 verlinkte Besprechung des "Abends" als auch Falk Schreibers beispielsweise gehen für meine Begriffe zu sehr ins (vermeintlich) Klaustrophobische des Settings, mögen sie auch individuell genau so "funktioniert" haben, die jeweiligen Nächte , ohne das Gegengewicht dazu genauso stark hervortreten zu lassen, daß Leidende und Mitleidende nämlich dort noch allemal weniger traumatisierende Verhältnisse auffinden, als den Verhältnissen direkt auf der Straße ausgesetzt zu sein , wodurch nämlich, gerade analysierend, zutage träte, wie an dieser Stelle gegenseitige Abhängigkeitsverhältnisse von Leidenden und Mitleidenden, zu gemeinsamen Vorteil !?!, wie von einer "Dogville-" und einer "Manderlaygruppe" (Filme von Lars von Trier, welche ua. nahelagen, da in dieser Halle seinerzeit die "Theaterfabrik Barmbek" "Dogville" auflegte, mit Judith Rosmair als Grace und Benno Fürmann als Thomas Edison), eine spannende Stabilität in etwa als die Suggestion einer Parallelaktion zur "Gesellschaftlichen Mitte" wirkend, ausprägen.
Das, was diesen Abend und/oder diese Nacht dann zusätzlich so stark macht, ist die phänomenologische Dichte und breit aufgestellte Front nur scheinbar (durch das "Ergebnis") sehr ähnlich aussehender "Schicksalsgeschichten", welche zum Glück in den (epischeren) "Als ob"-Parts mitgeliefert werden. Zu Bea würde ich noch gerne sagen, daß sich für meine Begriffe die Assoziation "Hinz und Kunzt" bei weitem besser erschließt als "Bahnhofsmission" ..
Das halbe Leid, Hamburg: Hinz und Kunzt
Liebe Bea, ich weiß nicht, ob Sie letztlich planen, am 16.1. dann schließlich auch (wie ich es tue) im Malersaal bei dem Publikumsgespräch zu erscheinen, um in etwa auch Ihre Frage ins Forum zu stellen, die Sie hier stellten (wenn man sie denn als Frage auffassen will), so wie ich auch nicht weiß, worauf Ihre Aussagen fußen
(waren Sie überhaupt in einem (oder mehreren) der SIGNA-Abende ??), aber die Assoziation "Hinz und Kunzt" (oder in Kiel "Hempels-Straßenmagazin, in Rostock "Der Strohhalm" , beinahe wundere ich mich, im Kiosk des Vereines keine dieser Blätter als Presseauslage gesehen zu haben, oder übersah ich das beim Kauf meiner Zahnbürste ??) möchte ich an dieser Stelle schon deswegen ein wenig untermauern, da ich sie aus dem Grunde für naheliegender halte, weil die ZeitungsverkäuferInnen hierbei als Dienstleister auftreten, und es nicht (so sehr) zu jener vom Verein auch angemahnten "Herablassung des Gebenden" kommt, eher zu einem möglichen und keineswegs so gefährlichen Einblick in die Lebensverhältnisse auf der Straße. Wie viele mögen, etwas salopp, bereits von IHRER/ IHREM StraßenmagazinsverkäuferIN reden ?? Ich will das an dieser Stelle nicht zu weit ausführen; das betrifft ua. auch das Thema, ob sich SIGNA-Abende vor- und/oder nachbereiten lassen (ich sage: Ja ! Aber eben nicht durch etwaige "Rollenphantasien", die ich von außen in die Produktion hineinzutragen versuche, sondern von den "Zeichen" her, die aus der Produktion hervorgehen -sei es Altenwerder, sei es Asklepios in Ochsenzoll etcpp., seien es Orte (vor allem), die aus dem Alltag dann gleichsam zu SIGNA-REFERENZORTEN werden -ich kenne für mich so einige- !!). Eine Nachbereitung liegt nämlich tatsächlich sehr nahe:
DER ETWAS ANDERE STADTRUNDGANG MIT CHRIS UND HARALD, etwa 2-stündig, der von Hinz und Kunzt aus für HH angeboten wird; es gibt dazu regelmäßige Termine, aus "Hinz und Kunzt" erfahrbar !
Das halbe Leid, Hamburg: am Ende kein Referat
So, nun ist nach gut zwei Monaten "Das halbe Leid" der "Vorhang" (der eiserne gen Halle) gefallen, und gestern hat es dann den öfter im Vorfeld erwähnten offiziellen Abschied voneinander (SIGNA und der Teil des Publikums, der letztlich in den Malersaal eingelassen wurde)
gegeben; auch für mich ist das so ein Punkt, von "Prekäre Institutionen" am nächsten Montag einmal abgesehen, mich wieder verstärkt anderen Theaterereignissen zuzuwenden, dem Herzzentrum X
zum Beispiel. Der Rahmen, um quasi auch ein wenig mit der Sache abzuschließen, war gestern letztlich dann doch garnicht so unpassend
(obschon die Nachgespräche an den jeweiligen Spielorten mir persönlich gewiß noch einmal näher gingen, zumal es bei dem einen oder anderen Häppchen dann auch die Möglichkeit gab, nicht nur mit
Klara Sohn , sondern dann mit Marie S. Zwinzscher zu reden, um ein Beispiel zu nennen, das ich bewußt wähle, weil bei "Söhne und Söhne" die Sterbesimulation zu den Kristallisationspunkten gehörte: "Wer hat an der Uhr gedreht" und Augen !, Augen !!, und weil ich bei "Wir Hunde" in Wien dann so müde war letztlich, daß ich gerade zu dieser Akteurin nicht mehr vordrang; soetwas hätte ich dann wohl etwa im Gespräch erinnert), wie gesagt: um abzuschließen (von meinem rein persönlichen Vergnügen bei der Nachbereitung einmal abgesehen; gewiß werde ich besagte Stadtführung einmal mitmachen, so wie ich gestern, ich entdeckte dies am Samstag, dann auch in der Januarausgabe von "Hinz und Kunzt" einen Erlebnisbericht zur Installation von Annabel Trautwein las (Seiten 44 bis 47). Jetzt sind die Bärte von Peter Freund, Joe und Schippe wieder ab, der Neue, Gaze und Dima haben zur Sprache zurückgefunden und allesamt zu ihren "Klarnamen" und wirklichen Körpergrößen. Für mich wird diese Sache tatsächlich mit dem "VERAFAKE" irgendwie verbunden bleiben, ich besuchte die erste und die letzte "Vorstellung", da meine Mentoren tatsächlich Sheriff und Blondie waren, zumal dann "Wirklichkeit" auch noch zum Schreibthema beim PC-Patrick wurde. Wie heißt es in den "Schwärmern":
"Wir sind nichts Wirkliches ... ." Wohlgemerkt: Ich kann derjenigen und demjenigen, der diese SIGNA-Sache innig aufnahm, das Drama von Robert Musil nur wärmstens empfehlen von "Man ist nie so sehr bei sich, als wie man sich verliert" bis "Wir streiten uns nicht der Unterschiede wegen, die Ähnlichkeiten sind das Gräusliche" (sinngemäß zitiert); der Weg vom VERAFAKE über das Erleben Blondies als Mentor bishin zum Monte Verita (Otto Groß , siehe dazu das Buch von Hans Neuenfels zu den "Schwärmern") könnte zur nächsten SIGNA-Sache führen ... .
Das halbe Leid, Hamburg: Sequel
Wer auf neue SIGNA-Arbeiten gewartet hat, findet nunmehr auf der SIGNA-Seite Antwort, ja: sogar zwei Antworten, eine gen Aarhus weisende ("Det abne hjerte", als Nachfolger von "Das halbe Leid" ausgewiesen, erneut über 12 Stunden gehend) und eine , erstmals, bis Moskau sich erstreckende (fast so, als würde man hier wortwörtlich den Vergleich mit dem Moskauer Künstlertheater weiterverfolgen wollen, was freilich bei der Entwicklung keine Rolle gespielt haben dürfte !). lg aus Rostock (und einem seiner HMT-Rechner), langsam kann ich wohl durch das Tor zum Sommer schreiten ...
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