Zerrieben in der Männermühle

von Reinhard Kriechbaum

Salzburg, 14. August 2021. Das allererste, das man zu sehen bekommt, sind die einzigen und wesentlichen "Ausstattungsstücke": dreißig splitternackte Mannsbilder in Reih und Glied. Über ihnen pendelt an langem Seil das abgeschlagene Haupt der Maria Stuart, mit wallendem roten Haar. Die Nacktheit, die eigentlich für Schutzlosigkeit, fürs Ausgesetzt-Sein stehen könnte, ist hier eine ganz andere Chiffre. So breitbeinig, wie sich diese Männer aufpflanzen, sind sie das wortlose Signal einer Männergesellschaft, gegen die kein Ankommen ist. Auch nicht für Königinnen. Für *Innen eines niedrigeren gesellschaftlichen Status wohl sowieso nicht, aber das ist hier nicht das Thema.

Hervorgetreten aus der fleischlichen Männermasse

Bei Schiller hat es die eine – Maria Stuart – (fast) hinter sich, und die andere – Elisabeth – ist mittendrin im Strudel der männlichen Intrigen und Rankünen. Ihrer Macht haftet etwas bemitleidenswert Theoretisches an. Regisseur Martin Kušej lässt die Protagonisten aus dieser fleischlichen Männermasse hervortreten, sie sind Teil davon. Auch Maria im Gefängnis steht vor dieser Phalanx. An einem langen Seil hängt sie, die Hände an den Rücken gefesselt. Sogar das Tragen eines Kleides scheint ihr versagt, was obendrein eine sexualisierte Atmosphähe schafft. Mit rauer, exaltierter Stimme wird Birgit Minichmayr ihr Unglück hinausschreien, ist sie doch ihrem Hüter Amias Paulet (Rainer Galke) und dessen Neffen Mortimer (Franz Pätzold), dessen Vergewaltigungsopfer sie zuletzt beinah wird, schutzlos ausgeliefert. Fassung wird sie sich erst abringen, wenn ihr Burleigh (Norman Hacker) das Urteil jenes Gerichts verkündet, das sie nie und nimmer anerkennen wird. Dieser Burleigh ist ein besonders übler Bursche, zur Schau getragene Korrektheit geht ihm gleich leicht von der Zunge wie Schleimerei, Jovialität gar.

MariaStuart Salzburg 3 cMatthiasHorn uKönigin inmitten einer Männergesellschaft: Rainer Galke (Amias Paulet, Ritter, Hüter der Maria), Birgit Minichmayr (Maria Stuart, Königin von Schottland), Norman Hacker © Matthias Horn

Mit Blackouts trennt Martin Kušej die analytisch durchgearbeiteten, in Geste und vor allem Sprache präzise gefassten Szenen. Textlich ist's Schiller pur, in einer Strichfassung, die wohltuend viele Seitengedanken stehen lässt. Da schwingt großer Respekt vor der literarischen Vorlage mit, und das tut durchaus gut nach dem doch sehr freien Umgang mit Shakespeares Richard III. durch Karin Henkel vor drei Wochen am selben Ort.

Immer ziehen die Frauen den Kürzeren und sind doch dazu verdammt, mitzuspielen. Gar Männern sich an die Brust zu werfen. Bibiana Beglau ist Elisabeth, der die Verhärmtheit ins Gesicht geschrieben steht, deren Körperhaltung oft blankes Entsetzen über die jeweilige Situation, Schockstarre verrät. Der Hosenanzug hilft nicht weiter in dieser Männergesellschaft, die ihre Königin beständig vor sich hertreibt. Sie, die immer höfische Zwänge auf sich genommen hat, fühlt sich vielleicht wirklich angezogen von dem lässig mit Bierdose in der Hand dastehenden Leicester (Itay Turan). Aber sie kommt auch Mortimer (Franz Pätzold) körperlich näher als nötig. Oliver Nägele als Shrewsbury – das ist ein Vernunftmensch, ein eindringlicher Warner, aber eben auch einer aus dem höfischen Establishment.

Aus Verlegenheit geborene Empathie

Bildwirksam ist diese ausstattungslose Aufführung im Nichts von drei Wänden allemal. Die Begegnung von Maria und Elisabeth unter einer pendelnden Glühbirne, die einmal das Gesicht der einen, dann der anderen beleuchtet. Ein Sich-Abtasten bis dato einander Unbekannter. Maria reicht der Widersacherin die Hand, und die scheint sie ergreifen zu wollen – und zieht sie dann doch wieder weg, gibt der Glühbirne wieder einen Schubs. Kurz aufflammende Nähe, eine fast aus Verlegenheit geborene Empathie erst, als die Königinnen einander ihr Getrieben-Sein eingestehen. Das bleibt Episode. Am Ende unterschreibt Elisabeth das Urteil, das sie tief im Herzen doch nicht vollstreckt wissen will und mit vagen Worten dem Sekretär übergibt. Aus der Szene machen Bibiana Beglau und Tim Werths eine beinah groteske Szene. Ihren Namen hat Elisabeth da schon mit roten Buchstaben auf die Rücken der nackten Männer geschrieben. Der Männer, vor denen sie kapituliert hat.

MariaStuart Salzburg 2 cMatthiasHorn uEin Ringen, eine Kapitulation: Norman Hacker (Wilhelm Cecil, Baron von Burleigh), Rainer Galke (Amias Paulet, Ritter, Hüter der Maria), Bibiana Beglau © Matthias Horn

Das böse Ende zelebriert Martin Kušej. Der besoffene Leicester hat Maria die Beichte abgenommen, und es ist gar nicht klar, ob sie diese letzte Demütigung überhaupt mitbekommen hat. Wie eine Madonna im weißen Kleid, von bodennahem Bühnennebel wie auf Wolken getragen, steht Maria zum letzten Monolog da. Die nackten Männer liegen am Boden, Schwerter wie Grabkreuze über sich. Aber sie werden aufstehen und als tumbe Masse Maria auf ihrem letzten Gang eskortieren. Im selben Nebel taucht Elisabeth auf, im engen tiefroten Kleid. Zu spät die Erkenntnis, dass die falschen Zeugen unter Folter ausgesagt haben gegen Maria. Was schert das die Männer? Einer nach dem anderen macht sich feige davon, auch der scheinbar so philanthropische Shrewsbury. Elisabeth steht lähmend lang alleine da in ihrem psychischen Elend und summt, wie buchstabierend, die Königshymne. Das geht unter die Haut. Viel Jubel für das Schauspielensemble, fast noch mehr für Kušej.

MariaStuart Salzburg 4 cMatthiasHorn uHerausgetreten aus dem Nebel: Tim Werths (Wilhelm Davison, Staatssekretär), Norman Hacker (Wilhelm Cecil, Baron von Burleigh), Oliver Nägele (Georg Talbot, Graf von Shrewsbury) © Matthias Horn

"Maria Stuart" war die letzte von vier Premieren dieses Salzburger Festspielsommers, die einer klugen geschlechterkritischen Dramaturgie folgten. Erst die frivole GLBTQ-Gesellschaft um den Jedermann, die dem Lieben Gott nicht ganz zu unrecht zu bunt wird. Dann Richard the Kid & the King, den eine aller Werte verlustig gegangene Gesellschaft (auch sie gendermäßig ordentlich durcheinandergebeutelt) zum Rohling werden lässt. Als Drittes Hofmannsthals Bergwerk von Falun, in dem ein Sinn-Sucher sein Heil in den Fängen einer hoch-symbolistisch gedachten Frauenfigur, der Bergkönigin zu finden sucht.

Ketzerisch, der Gedanke

Und nun also die beiden in der Männermühle zerriebenen englischen Königinnen... Zugegeben aber, der Schreiber dieser Zeilen ist mit einem gar ketzerischen Gedanken aus dieser Aufführung gegangen. Wäre die Welt wirklich besser wenn die Quote stimmte und statt dreißig nackter Lotter je fünfzehn Männer und Frauen dastünden? Vielleicht sollte man das im Setting von Martin Kušej mal testhalber so durchspielen.

 

Maria Stuart
Trauerspiel von Friedrich Schiller
Koproduktion der Salzburger Festspiele mit dem Wiener Burgtheater
Regie: Martin Kušej, Bühne: Annette Murschetz, Kostüme: Heide Kastler, Musik: Bert Wrede, Licht: Friedrich Rom, Ton: David Müllner, Aki Traar, Choreografische Arbeit: Daniela Mühlbauer, Dramaturgie: Alexander Kerlin.
Mit: Bibiana Beglau, Birgit Minichmayr, Itay Tiran, Oliver Nägele, Norman Hacker, Rainer Galke, Franz Pätzold, Tim Werths.
Premiere am 14. August 2021
Dauer: 2 Stunden 40 Minuten, keine Pause

www.salzburgerfestspiele.at

 

 

Kritikenrundschau

Das Besondere an dieser "Maria Stuart"-Inszenierung sei das lebende Bühnenbild, findet Michael Laages im Deutschlandfunk Kultur (15.8.2021). Der "Irrgarten aus Männerleibern" ist für ihn ein starkes Bild, auch, wenn es einige Zuschauer:innen verstört habe, die laut Laages prompt den Raum verließen. "Es ist eine der konzentriertesten Schillerarbeiten, die ich seit Längerem gesehen habe" jubelt der Rezensent. Bibiana Beglau und Birgit Minichmayr seien die idealen Besetzungen für die Rollen der Maria Stuart und der Königin Elisabeth. "Zwei junge, nicht unbedingt auf ihre Verführbarkeit ausgerichtete Frauen, die ziemlich feministische Haltungen haben, obwohl die bei Schiller eigentlich natürlich noch gar nicht vorkommen", sah er auf der Bühne – und ein Politdrama, dessen Ränkespiele auch heute aktuell seien.

Einen etwas zu langen, doch intensiven und klug gebauten Abend, der nicht zuletzt von der Klasse des Ensembles lebe, sah Rezensent Michael Schleicher vom Münchner Merkur (15.8.2021). Martin Kušej seziere in dieser Inszenierung die Mechanismen der Macht. Mit den 30 nackten Statisten finde der Regisseur ein "starkes, wandelbares Bild". Die schauspielerischen Qualitäten des Ensembles haben ihn beeindruckt, so der Kritiker. Pulsierendes Zentrum seien – freilich – Bibiana Beglau und Birgit Minichmayr. Während erste von Elisabeths Qualen vor allem körperlich erzähle, gestalte die zweite ihre Figur aus Schillers Text heraus, den sie sich mit "großem Verständnis" zu eigen mache. So schließt der begeisterte Rezensent mit der Beobachtung: "Kušej schließlich entlarvt den Staatsapparat als ein sich selbst erhaltendes System".

Es ist "aber schon auch die eigenwillige Präsentation, die 'Maria Stuart' zwar nicht direkt in die Gegenwart holt, sie aber jedenfalls zeitlos auf die Bühne bringt", findet Florian Bock im ORF (15.8.2021) und lobt unter anderem den eigenwilligen Soundtrack der Inszenierung, der ihn an das filmische Erzählen erinnert. Insgesamt geht diese "'Game of Thrones-Ästhetik'" für den Kritiker auf. Begeistert ist der Rezensent vor allem von der schauspielerischen Leistung der beiden Hauptdarstellerinnen: "Minichmayr und Beglau überzeugen und bringen den Schiller-Text schnörkellos auf die Bühne, was ihnen auch den größten Applaus des Abends sichert", erzählt er. Erstaunlich sei auch, dass man dem Text in dieser Inszenierung sein Alter kaum anmerke. Und so lobt der hocherfreute Kritiker den Regisseur vor allem für seinen Mut, Schiller zu keinem Zeitpunkt zu verstecken – "eher im Gegenteil".

Eine hart choreografierte und kalt gespielte Inszenierung sah Margarete Affenzeller, die für den Standard den Abend besucht hat (15.8.2021). Birgit Minichmayr löse das Rennen ihrer Figur gegen den Tod "bestechend" ein. Überhaupt: Den "Glutkern" dieser Theatermaschine bildeten die Schauspielerinnen und "ihre magnetischen, auch auf Distanz und sogar in jeweiliger absentia hervorragend miteinander korrespondierenden Performances".

Das "politische Ränkespiel aus falschen Briefen und verlogenen Freunden" absolviere Kušej "so nebenbei mit", schreibt Manuel Brug in der WELT (16.8.2021). Stattdessen setze der Regisseur "viel vehementer auf ein oft statisches, symbolsattes und doch minimalistisch kühles, paradox von der psychologischen Unterdrückung und Bedrohung der beiden Souveräninnen durch eine abstrakte Welt der Männer kündenden Bildertheater". Kušej versage sich "sein oft dampfendes Machotum, die planvolle Regiepranke" und "lässt der Minichmayr und der Beglau Raum; den die spielend füllen".

Martin Kušej habe "als Devise herausgegeben, man werde in ungewohnter Umgebung 'Schiller auf Teufel komm raus' spielen", schreibt Judith von Sternburg in der Frankfurter Rundschau (15.8.2021). Das gelte aber in erster Linie für die (wenigen bekleideten) Männer und bedeute: "solides Stadttheater". Die Frauen hingegen spielten "vorerst nicht", sondern seien "da" und "setzen ihren Text in Ton und Bild um, aber so, als wären sie – zwei Gefangene, fraglos – in der Gestaltung doch ganz frei". Mit Psychologie komme man hier "nicht weit": "Gutwillig kann man sagen: Kušej lässt ihnen ihre Geheimnisse."

Eine "eher anstrengende, starre, aktionsarme Lehrstunde" hat Bernd Noack für die Neue Zürcher Zeitung (16.8.2021) gesehen. Der Regisseur könne sich vor allem auf seine Schauspielerinnen verlassen, die "gut" seien, "aber auch keinen Deut anders, als sie auf dem Blatte stehen". Einzig die "wie unter Schmerzen geborenen Gedanken der Bibiana Beglau als englische Königin Elisabeth" sorgten für "beunruhigende Spannung", so der ernüchterte Rezensent.

Alles strebt in diesem Trauerspiel auf die persönliche Begegnung der beiden Königinnen zu. "Das wohl entscheidende Gespräch von Angesicht zu Angesicht – ihm widmete nicht nur der Dichter, nein, ihm lässt auch Regisseur Kušej viel Raum", schreibt Martin Lhotzky in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (17.8.2021). Minichmayr und Beglau spielen vortrefflich und ausführlich in Schillers kaum, ja, gar nicht gekürzten Worten, "spielen mit-, nein, eher gegeneinander und doch nie aneinander vorbei".

Einen "atemlosen Machtthriller" hat Stephan Hilpold vom Standard (6.9.2021) gesehen, nachdem die Inszenierung von den Salzburger Festspielen ans Burgtheater "übersiedelt" ist. Dabei sei der Kampf um die Macht "einer über den Körper": "Gebeugt und in Fesseln steht die Maria Stuart der starken Birgit Minichmayr inmitten der Heerschar nackter, durchgestreckter Männerkörper." Elisabeth wiederum bewege sich mit kerzengeradem Rückgrat durch die höfische Männerwelt – "diese Schauspielerin, die so wunderbar geschmeidig sein kann, gibt die Königin als zackigen Zinnsoldaten, die in sich zusammenkracht, nachdem sie zum Spielball ihres ränkeschmiedenden Hofstaates wurde". "Wie ein zittriges Reh" werfe sie sich Baron von Burleigh an den Hals, so Hilpold. Damit verorte Kušej, der ganz seinen Schauspielern und der Kraft von Schillers Worten vertraue, das Intrigenspiel in einer Welt, in der die Macht des Geschlechts jene des Status übertreffe. "Das sollte uns bekannt vorkommen."

 

Kommentare  
Maria Stuart, Salzburg: Monothematisch
Das war also der von der Regie angekündigte ungewohnte und überraschende Blick auf Schiller. Leider monothematisch wie eh und je bei diesem Regisseur. Schade , dass man nur den Hintern des lebendigen Bühnenbildes sehen durfte , wo es in der alles dominierenden Männerwelt doch meistens um die Frontsicht der Dinge geht.Der Abend versagt jeden hintergründigeren Gedanken oder eine Idee , die ungewohnt oder gar überraschend wäre. Ich sag's mal wienerisch : ich hätte es nicht mit schlechteren Schauspielerinnen sehen wollen.
Maria Stuart, Salzburg: Nackte Lotter
GLBTQ-Gesellschaft ?

Wäre die Welt wirklich besser wenn die Quote stimmte und statt dreißig nackter Lotter je fünfzehn Männer und Frauen dastünden? Vielleicht sollte man das im Setting von Martin Kušej mal testhalber so durchspielen.????
Maria Stuart, Wien: gefangene Frauen, geblendete Zuschauer
Nach den durchaus guten bis begeisterten Rezensionen (ausgenommen Noack in der NZZ), habe ich mich lange auf den heutigen Abend gefreut. Doch nun sitze ich da und frage mich: Wo ist das Neue, wo der eigene Ansatz von Kušej?

1) Königinnen, die gefangen sind in einer von der Männergesellschaft bestimmten Rolle sind schon bei Schiller zentral: Maria, die von Männern Begehrte und Elisabeth, die von Männern in ihre Entsagerrolle Gedrängte). Zudem fehlt selbst bei diesen beiden Rollen die echte Entwicklung im Verlauf des Abends, Maria wird etwas ruhiger, Elisabeth unsteter - doch war das schon alles?

2) In einer Art Kiste gefangene Charaktere sind ebenso nicht neu, Woyzeck und Konsorten lassen grüssen. Dass diese Box nun zwischen Hochsicherheitstrakt, Spiegelsaal und "ausgeleuchteter Leere" wechselt hilft auch nicht wirklich. Extrem störend ist, dass der Zuschauer den halben Abend hindurch von auf ihn gerichteten Scheinwerfern und 360-Grad strahlenden Lampen geblendet wird. Haben sich Kušej (Inszenierung) und Rom (Licht) das Ganze auch einmal aus dem Zuschauerraum angesehen? Lichtregie mit wechselnden Stimmungen, Tag und Nacht, Exposition und Intimität geht auch anders - im Theater und in der Oper (wie z.B. in Eugen Onegin, der aktuell an der Staatsoper in Wien gegeben wird).

3) Die karge Ästhetik ist leider auch nicht eigen, sondern bestenfalls eine Mischung von "Games of Thrones" (Bock, ORF) und "Prinz von Homburg" in Leipzig. Die Farbgebung ist logisch, vor allem der dezente Einsatz von Rot - damit hat sich's dann aber auch schon.

4) Bleiben noch die nackten Komparsen. Sie sind sicher imposant und eindringlich, sei es als stille Macht, sei es als (einziges) Raumgestalterisches Element. Doch Dynamik haben sie kaum (ausser bei der Blutszene), wirken eher wie eine Armee von Bauern im Schachspiel und so braucht der Zuschauer die künstliche Luft wohl eher als die Männer selbst.

Ein guter Theaterabend, so mein Steckenpferd, löst Emotionen aus und regt zum Nachdenken an. Ich habe schon schlechtere Umsetzungen erlebt, doch ergreift mich noch diesem Abend am Burgtheater auch Wehmut nach der Inszenierung von Stephan Kimmig am Thalia Theater mit Dombrowski/Wolf als Königinnen. Daher kann ich mich halleiner (#1) voll anschliessen, wenn er schreibt: "Ich sag's mal wienerisch : ich hätte es nicht mit schlechteren Schauspielerinnen sehen wollen."
Maria Stuart, Wien: Irrgarten der Männerkörper
Bildstarkes Festival-Theater: Bibiana Beglau und Birgit Minichmayr, die beiden Rivalinnen um den Königsthron, tigern durch ein toxisches Labyrinth von dreißig nackten Männerkörpern. Die Phalanx aus alten und jungen, muskulös-trainierten und schlaff-adipösen Körpern droht sie oft zu verschlucken und engt die Bewegungs- und Handlungsspielräume der beiden Diven stark ein.

Für die Ränkespiele und Intrigen der männlichen Hofschranzen, die versuchen, den Konflikt zwischen Elisabeth und Maria für ihre Zwecke zu instrumentalisieren, ist der Irrgarten der Männerkörper die ideale Bühne: genügend Raum, sich zu verstecken, zu tuscheln und Briefe weiterzureichen. Die beiden Ensemble-Stars Beglau und Minichmayr haben das Format, sich in diesem erdrückend wirkenden Setting zu behaupten und Akzente zu setzen.

Komplette Kritik: https://daskulturblog.com/2021/10/18/maria-stuart-martin-kusej-burgtheater-wien-kritik/
Kommentar schreiben