Die Slapstickformel

von Christoph Fellmann

Zürich, 19. Oktober 2013. Er schaffe im Theater den Sinn ab, damit er in Ruhe sterben könne. Das hat Herbert Fritsch früher in diesem Jahr in einem Interview mit der Berliner Zeitung gesagt. Da klingt es wie eine Fügung des Weltspielplans, dass der Regisseur am Schauspielhaus in Zürich nun auf Friedrich Dürrenmatt trifft. Genauer, auf die "Physiker", 1962 an gleicher Stelle uraufgeführt. Da versteckt sich Möbius (Milian Zerzawy) in einem Irrenhaus, auf dass die von ihm gefundene Weltformel nicht dem Sinn, dem Krieg und der allgemeinen Habgier anheimfalle. Er wolle das Eintrittsgeld zurück, rief Fritsch im gleichen Gespräch, für all die Abende, "an denen mir irgendwelche Fundamentalisten und Fanatiker, irgendwelche verhinderten Oberlehrer und Schwachmaten die Welt erklärt haben".

"Ist das noch Max Frisch?"

Nun versteckt sich Herbert Fritsch allerdings im Theater vor dem Theater, und da liegt es nahe, die Wahrheit durch die Wahrheit zu vertuschen. Also spiegelt Fritsch das plüschige Parkett der Pfauenbühne mit einer grell-grünen Gummizelle und lässt darin einen Feuerwehrmann (Benedict Fellmer) auftreten, der zur Belustigung der herbeigeströmten Insassen sehr komisch mit dem falschen Feuervorhang kämpft. Nur in einem besonderen Moment bricht eine wahrhaftige Not aus ihm heraus, und er stellt stellvertretend die bange Frage: "Ist das noch Max Frisch?"

diephysiker2 560 tanjadorendorf tt fotografie uHundert Wege aus der Gummizelle: Milian Zerzawy als Möbius (in violetter Hose) und die
Zürcher Kletterkünstler © Tanja Dorendorf / T+T Fotografie

Dabei bringt Fritsch seine "Physiker" doch recht texttreu auf die Bühne. Nur ersetzt er, wie angedeutet, den Sinn sehr konsequent durch Spaß. Kaum zufällig erinnert die irre Sanatoriumsleiterin Zahnd (Corinna Harfouch) mit ihrer Frisur an Elfriede Jelinek, eine der großen politischen Theaterautorinnen unserer Zeit. Der radioaktive Fall-out von Hiroshima oder Fukushima jedenfalls, der über Dürrenmatts gestrenger Parabel auf die Verantwortung der Wissenschaft niedergeht, verduftet hier schon in der ersten Szene im pantomimisch dargestellten Zigarettenrauch. Wenn die Welt aussieht, als sei sie irr, sagte Dürrenmatt, dann hat das seinen ganz vernünftigen Grund. Und wenn das Theater aussieht, als sei es ein Kalauer, sagt Fritsch (nicht Frisch), dann hat auch das seine Ordnung.

diephysiker4 280h tanjadorendorf tt fotografie uElfriede Jelinek auf Speed? Nein, Corinna
Harfouch! © Tanja Dorendorf / T+T Fotografie

Akrobatik und Flugshow

Der Weg zur Selbsterkenntnis führt über den Slapstick. Bis in die wie gewohnt hübsch choreografierte Applausordnung lässt Fritsch seinen volkstheaterhaften Stil spielen, der derb und grob alles vergrößert, was gesagt wird, bloß dass das hier alles nochmals derber und größer ist, und dabei natürlich höchst virtuos und präzis: Das Ensemble zeigt eine Parforce-Tour. Sie ist Akrobatik und Flugshow, Pantomime und Turnerabend. Klar klemmen laufend Finger in Türen, die nicht aufgehen, und stehen sich die Irrenhäusler hochnotkomisch auf ihren Zwangsjackenärmeln rum. Zur Autopsie der ermordeten Pflegerinnen reicht dem Kriminalinspektor (Jean-Pierre Cornu) ein Blick in deren Schoß. Und ein Higgs ist das kleinste bekannte Teilchen eines Schluckaufs. Weiter gibt es eine Luftpenismassage, ein ekstatisches Blockflöten-, pardon: Blödflocken-Trio, und nach hundert Minuten hat man mindestens auch hundert Varianten gesehen, über die Wand einer Gummizelle zu klettern.

Das ist manchmal lustig und manchmal doof, hat aber insgesamt ein ernstes Problem: Die Komik hat an diesem Abend keinen Widerstand. Es gibt bei Dürrenmatt nun mal keine Psychologie und keinen Sinn, der zu exorzieren wäre. Es gibt nur eine Versuchsanordnung, durch die er Menschenteilchen schießt. Beim Aufprall entsteht Komik. Und die ist es, die Herbert Fritsch nimmt und nochmals in irrem Tempo durch die Anlage jagt. Von einem Aufprall ist nicht zu berichten.


Die Physiker
von Friedrich Dürrenmatt
Regie und Bühne: Herbert Fritsch, Kostüme: Victoria Behr, Licht: Ginster Eheberg, Dramaturgie: Sabrina Zwach.
Mit: Corinna Harfouch, Wolfram Koch, Gottfried Breitfuss, Milian Zerzawy, Jean-Pierre Cornu, Friederike Wagner, Jan Bluthardt, Miriam Maertens, Julia Kreusch, Susanne-Marie Wrage, Joel Eggimann, Michel Stuber, Benedict Fellmer, Marc Baumann, Leandro Bärlocher, Cyrill Birchler, Alex Eastman, Leo Thomas.
Dauer: 1 Stunde 40 Minuten, keine Pause

www.schauspielhaus.ch



Mehr neuere Nachtkritiken zu Friedrich Dürrenmatt: Die Ehe des Herrn Mississippi lief im April 2013 am Hamburger Thalia Theater, sein Klassiker Der Besuch der alten Dame 2012 in Braunschweig und in Schwerin. In Zürich sah man 2012 Das Versprechen.

 

Kritikenrundschau

Der "Generation Youtube", die sich "durch Videos von gleichaltrigen Selbstdarstellern" samt "Grimassen, Verrenkungen und kraftmeierischen Unflätigkeiten diverser Art" klicke, habe Herbert Fritsch nun eine Aufführung beschert: "Ein Affentheater! Schrill und grell, wie es das Label Fritsch verlangt", schreibt Barbara Villiger Heilig in der Neuen Zürcher Zeitung (21.10.2013). "Dürrenmatts hochkonstruiertes, wenn auch nicht eigentlich sinnfreies Parabel-Paradox" diene Fritsch "einzig und allein als Trampolin für seine Akrobaten." Schon beim Zuschauen werde einem "schwindlig; und ob all dieser Physis wird der Geist müde und matt."

Fritsch inszeniere Dürrenmatt "erstaunlich textgetreu, sieht man einmal von einigen Freudschen Versprechern auf Kosten des Bildungsbürgertums ab", befindet Martin Halter in der Frankfurter Allgemeinen (21.10.2013). Dürrenmatts Text sei "für Fritsch Partitur, Trampolin und Klettergerüst für allerlei Kopfstände und sprachliche Purzelbäume", der Regisseur jage den Autor "so lange durch die Nebelkammern und Teilchenbeschleuniger seiner hochtourigen Farce, bis ihm die Hicks- und Higgs-Teilchen glucksend um die Ohren fliegen." Er bringe "den 'Mut zum letzten Übermut' auf, den Friedrich Luft 1962 vermisste, aber er rennt mit Mummenschanz und Tourette-Gekasper nur offene Türen ein."

Herbert Fritsch habe sich "mit dieser Inszenierung selbst übertroffen", meint Alexandra Kedves im Tages-Anzeiger (21.10.2013). "Er hat sein Anti-Schlaumeier-Theater, sein Pro-Schaurausch-Theater mit grosser, ja gargantuesker Kelle angerichtet; er hat jede Sinnsuche mit Sinnlichkeit ausgebootet – und das bei einem Stück, das seine Botschaft so klar vor sich herträgt wie kaum eins." Das Ensemble agiere dabei "schlichtweg hinreissend", wobei Wolfram Koch "beinah so etwas wie der Primus inter Pares in diesem Schauspielerfest" sei: "Sein Faible für knallharte Komik ist kaum zu toppen."

"Ist es besonders intelligent oder originell, ein Stück, das im Irrenhaus spielt, völlig irre zu inszenieren?" fragt sich Christian Gampert auf der Website des Deutschlandfunks (20.10.2013) und findet das wohl nur "mäßig interessant". Fritsch bemühe "sich nach Kräften, Dürrenmatts Dramentheorie gerecht zu werden – nach der der Zufall Regie führt und der Theaterabend die schlimmstmögliche Wendung zu nehmen habe." Diese Forderungen würden "vorbildlich erfüllt: Keine Pointe wird ausgelassen. Rein sprachlich heißt das, zum Beispiel, dass aus dem Planeten Uranus der Ur-anus wird. Und körperlich, dass das Publikum mit Veitstänzen beglückt wird und mit persiflierter Sexualität, die sich in Geröchel und aufgeklappten Schenkeln äußert."

So turbulent sich die Inszenierung auch gebe, die Zeichen, die Regisseur Herbert Fritsch aussendet, weisen aus Sicht von Peter Kümmel in der Zeit (24.10.2013) zum Horrorfilm: "Es sind nicht Akrobaten, Clowns, Kaskadeure, die sich da verausgaben, sondern Untote". Gezeigt werde die Welt nach ihrem Ende. In Dürrenmatts Stück werde gesagt, was einmal gedacht worden sei, könne nicht mehr zurückgenommen werden, "und so hält es Fritsch in seiner Inszenierung: Seine Figuren haben die Vernichtung gedacht, also sind sie selber der Vernichtung anheimgefallen."

"Diese intelligente Respektlosigkeit ist vielleicht das Beste, was Dürrenmatts Holzschnitt-Parabel passieren konnte", schwärmt Peter Laudenbach in der Süddeutschen Zeitung (25.10.2013). Fritschs Inszenierung beschleunige Dürrenmatts klappernde Komödienmaschine und entkerne sie gleichzeitig von der didaktischen Thesenhaftigkeit. So löse sich Dürrenmatts Parabel "in Equilibristik mit beeindruckenden artistischen Einlagen auf. Die Figuren werden zu Knallchargen - aber weil wir bei Fritsch sind, knallt es dann wenigstens richtig."

Kommentare  
Physiker, Zürich: Komik aus inneren Widerständen
Das Grundproblem dieses ansonsten sehr unterhaltsamen,er-frisch-enden und eben sehr bespassenden Abends,ist es eine der Hauptfiguren,nämlich Möbius,mit einem derart äußerlichen Schauspieler zu besetzten,wie hier geschehen!denn es stimmt schon:große Komik kommt von inneren Widerständen,wahrhaftiger,sichtbarer Seelentiefe und deren Freilegung-bleibt sie behauptet und äußerlich,wird's dann doch schnell behauptet,im schlimmsten Falle,wie hier geschehen,peinlich!Man will hier raten:Schauen Sie doch bitte auf die Kollegin Harfouch-mit welcher Präzision sie noch die tiefsten Tiefen im größten Quatsch auslotet und dadurch im Feuerwerk der Absurditäten,zu berühren weiß! (...)
Physiker, Zürich: Äußerlichkeit, um Inneres zu erzählen
lieber stefan, geehrte nachtkritik, sicherlich ist dies ein forum und in diesem herrscht meinungsfreiheit, so weit so gut, aber einen schauspieler, der in einer Inszenierung eine hauptrolle spielt und dies mit bravour, derart vorzuführen, zeugt nicht vom willen, sich mit theater, mit kunst auseinanderzusetzen, sondern lediglich von einer bösartigkeit und dem willen, jemanden persönlich zu verletzen. der schauspieler, der einen der drei physiker (MÖBIUS) spielte heisst im übrigen milian zerzawy. ich habe ihm ungemein gerne beim spielen zugesehen und die verschiedensten zustände seines möbiuss mit wonne miterlebt. vielleicht ist fritsch ein regisseur, der äusserliches benutzt, um innerliches zu erzählen? ich würde mir wünschen, dass schauspieler, die ihren beruf mit solcher leidenschaft, wie herr zerzawy gestern auf der bühne gezeigt hat, lieben und ausleben, solche art persönlicher und verletzender äusserungen niemals lesen müssten. max
Physiker, Zürich: brav und fein
lieber max.
so ein quatsch. und warum soll ein spieler das nicht lesen müssen? es ist ja nicht grundsätzlich ein regisseur der einem etwas überstülpt.
...ist ja mal wieder die alt bekante frage wer aus dem theater hier die kommentare schreibt und denkt dabei menschen zu schützen....das dürfte man dann nicht lesen müssen. eltlarvt sich einfach immer!
mir ging es ähnlich wie "stefan"...wenn ich einem schauspieler vor allem dabei zu schaue wie er als recht braver statdttheater spieler das alles brav und fein herstellen möchte...ja dann ist es bei frisch eben eher peinlich...
Physiker, Zürich: Frage an Redaktion
Keine Ahnung wer heute die Nachtkritikredaktion betreut, aber die sich hier anbahnende Diskussion scheint mir nicht sehr fruchtbar, der Ton recht hartund ich finde es erstaunlich, dass diese Kommentare die sonst zu recht strenge Prüfung der Redaktion passieren.

(Sehr geehrte/r Hoppla, nach Rücksprache mit Kollegen schien es angemessen, den kritischen Kommentar Nr. 1 zur Spielweise des Hauptdarstellers, der durch den Vergleich mit Corinna Harfouchs Auftritt nachvollziehbar perspektiviert ist, zu veröffentlichen. Nr. 2 erläutert, dass man den Spielstil sehr wohl auch anders deuten kann. Nr. 3 äußert sich generell zur Berechtigung von Schauspielerkritik. Damit sind exemplarische Positionen angerissen. In der Tat haben Sie aber Recht, dass es hilfreich wäre - wie jetzt auch Nr. 5 vorschlägt -, die Frage von der Einzelleistung abzulösen und die Inszenierung im Ganzen in den Blick zu nehmen, vor deren Hintergrund der Schauspieler ja seine Angebote entwickelt. Mit freundlichen Grüßen, Christian Rakow / Redaktion)
Physiker, Zürich: Frage der Gesamtverantwortung
hätte der regisseur nicht die verantwortung, so eine peinlichkeit, wenn es eine wäre, überhaupt nicht rauszulassen? es geht doch nicht um überstülpen des Regisseurs, sondern um die gesamtverantwortung.
Physiker, Zürich: Detektivarbeit
@ erna: So what ???
Unfassbare Detektivarbeit die Sie hier leisten - Chapeau !
Kommentatoren einer möglichen Theater-Zugehörigkeit zu entlarven... Beeindruckend, wirklich !!!
Wer hätte auch gedacht das die sich hier tummeln, die Theaterinternen !
Wirklich es ist enorm scharfsinnig von Ihnen Erna und macht den Max'schen Kommentar so gesehen auch wert-und sinnlos - denn wer hier angeblich 'zum-Theater-gehörend' und deshalb schändlicherweise 'Menschen schützen' will, anstatt knallharte Ansagen zu machen wer auf der Bühne was taugt und wer nicht - der, bzw dessen Meinung - ist selbstverständlich nicht ernst zu nehmen...

Aber seien wir ehrlich Erna; im Grunde ist doch jede Wertschätzung, des von ihnen eben nicht so sehr geschätzten Schauspielers indiskutabel und nur niederen Beweggründen zu zu ordnen - wie zum Beispiel "Menschen schützen" !
Sie, Erna, Sie wissen glücklicherweise mehr - wenn nicht gar alles, über mutiges Spiel von mutigen (Nicht-Stadttheater) Schauspielern - Ihnen kann man künstlerisch kein X für ein U vormachen.
(Der Regisseur heißt übrigens Fritsch nicht Frisch - und falls Sie den Autor meinten: Der heißt Dürrenmatt !)

Und apropos "Menschen schützen" liebe Erna, lieber Stefan: Was für eine wunderbare große Tugend das doch ist !
Wie ungleich wunderbarer und respektvoller als Menschen zu verletzen !
Wie brav und tapfer zugleich !
Und wie ungleich mutiger als anonym Schauspieler zu bashen !

(Sehr geehrte Diskutanten, auf ihr Einverständnis hoffend, würden wir den Streit über den Kommentar der Spielweise, der jetzt zum Streit über Kommentatoren und das Kommentarwesen im Internet überhaupt wird, gern beenden - im Dienste einer Auseinandersetzung mit der Inszenierung. Mit freundlichen Grüßen, Christian Rakow / Redaktion)
Die Physiker, Zürich: seltsamer Streit
Ich bin auch sehr dafür,diesen seltsamem Streit zu unterlassen,obwohl ich ihn wohl angestoßen habe.aber dies war für mich nunmal das vorherrschende Problem! (…)
Die Physiker, Zürich: langweiliges Bankenbashing
Ich habe mir gerade auf der Webseite des Deutschlandfunks die oben verlinkte Kritik von Christian Gampert angehört. Da kommt am Ende der folgende Abschnitt vor:

«Es ist manchmal sinnvoll, zu fragen, für wen dieses Kasperltheater eigentlich veranstaltet wird. Nun, einerseits natürlich für die Kritiker, die den Marktwert des Züricher Theaters bestimmen sollen. Also: Zürich ist ganz toller Zirkus und er wird aufgeführt. Zweitens für die oberen Zehntausend, die im Foyer ihren Sekt trinken und dann wieder in ihre Banken in der Bahnhofstraße gehen, um die Welt zum Irrenhaus zu machen. So hat in Zürich alles seine Ordnung.

Und wer falsch parkt, zahlt 40 Franken Buße.»

Ist die Welt wirklich so einfach? Was hat es in der Kritik verloren, wenn der gute Herr Gampert statt mit dem Zug mit dem Auto angereist ist und seine Parkgebühr nicht bezahlt hat?
Ist dieses Schweizer Bankenbashing nicht mittlerweile etwas langweilig geworden?
Die Physiker, Zürich: in Geiselhaft der Banken
Nein lieber Friedrich, das Bankenbashing ist überhaupt nicht langweilig und in höchstem Mase sinnvoll solange die UBS und Crediswiss "Too Big To fail" sind und wir als Gesellschaft in Geiselhaft.
Die Physiker, Zürich: Erleichterung
Ich find's wunderbar: endlich mal ein dämlicher Threat übers Zürcher Schauspielhaus. Das war ja bisher eher den deutschen Theatern vorbehalten. Weiter so!
Die Physiker, Zürich: herausquetschen
Ist schon lustig, wie sehr Peter Kümmel sich bemüht, Sinn aus einem Theaterabend herauszuquetschen, der von einem Regisseur stammt, der ausdrücklich angetreten ist, den Sinn im Theater abzuchaffen.
Die Physiker, Zürich: Gefälle benennen
@1 ich muss mich Ihnen, lieber Stefan, leider uneingeschränkt anschließen: es ist tatsächlich ein großes Problem für einen Abend, ein solches qualitatives Gefälle innerhalb des Ensembles auf der Bühne zu wissen. Fritschs Inszenierungen leben ja geradezu von der großen Kunstfertigkeit ihrer Protagonisten, den eben grössten Quatsch und Nonsens als scheinbar normalste Begebenheit, quasi beiläufig, den Zuschauern zu präsentieren. Dazu bedarf es schon einer Fertigkeit, die ein Wolfram Koch oder eben Frau Harfouch scheinbar mühelos abrufen und beliebig steigern, färben können. Und dann einen solch blassen Möbius zuzuschauen, wie er sich abmüht, abkrampft, da mitzuhalten, da irgendeinen Drive reinzubringen, um wenigstens annähernd mithalten zu können, ist eben nicht nur für ihn, sondern in Gänze auch für die Zuschauer eine Belastung. Und das muss und soll man auch bitteschön sagen dürfen. Gerade in einem solchen Forum wie hier, denn es betrifft eben sehr sehr stark den Gesamteindruck dieses Theaterabends und den gilt es hier doch resümieren, oder?
Physiker, Zürich: immer irrsinniger
Wenn die Welt aussieht, als sei sie irr (Dürrenmatt), dann hat das nicht seinen vernünftigen Grund, wie er sagt, sondern einen unvernünftigen, einen irren, wirren und verrückten menschlichen Grund. Und die Menschenwelt wird immer irr-sinniger, wie man weiß.
Physiker, Zürich: Null-Runde
Warum veröffentlicht ihr diese angebliche "Meinung" eines angeblichen Christians ????
Was soll das ?
Habe nix mit beschimpftem Schauspieler zu tun, aber könnte einfach nur kotzen wenn ich sowas lese.
(...)
Habe die Inszenierung gesehen - und finde wirklich auch einiges an dem Abend ärgerlich - aber das steht in keinem Verhältnis zu dem Ärgernis dieser "Null-Runde" hier (...)
Bitte beendet doch den Mist.....
Physiker, Zürich: Fokus wird geschärft
Es ist ehrenhaft für die Schauspieler, eine SchauspielerIn, wenn über schauspielerische Qualität von Einzeldarstellungen debattiert wird, auch wenn das dazu führt, dass vielleicht auch mal eine Leistung kritisiert wird. Der Fokus auf die Schauspieltechnik wird geschärft. Aufgrund dieser Diskussion freue ich mich darauf, diese Inszenierung angucken zu gehen und zu überprüfen, ob ein schauspielerisches Gefälle vorhanden ist. Und sicher hat besagter Schauspieler genug Erfahrung, damit ihn eine kritische Meinung eines Users nicht grad umhaut. Und zudem: die Fritsch Inszenierungen sind ja nicht oberflächlich, was Schauspieltechnik angeht, und vielleicht ist ein (angebliches) Gefälle auch gewollt. Ich finde es also falsch, wenn Diskussionen über schauspielerische Qualität als unedel disqualifiziert werden, sie sind alles andere als das: sie sind gut für die SchauspielerInnen und deren Status im Produktionsprozess.
Physiker, Zürich: Dramaturgin fordert Kritik unter Klarnamen
sehr geehrte damen und herren,
bei einer theaterinszenierung zeigen sich menschen mit namen, herz, gesicht und körper. sie müssen gefahr laufen, dass ihre arbeit, ihre kunst kritisch diskutiert werden kann oder eben nicht gefällt. so weit so gut! was hier allerdings abläuft, ist - meines erachtens - von feigheit gezeichnet und firmiert lediglich vermeintlich als produktive oder professionelle diskussion über schauspielkunst. in jeder (tages-) zeitung, in der sie beispielsweise einen leserbrief veröffentlicht haben wollen, können sie dies unter verwendung ihres namens und ihrer adresse gerne tun. hier aber kann aus dunklen ecken geschossen werden, ohne namen, ohne herz, (ohne gesicht und körper ja ohnehin). das ist persönlich motiviertes heckenschützentum - würde ich vermuten. wenn dem nicht so ist, möchte ich rufen: schreiberlinge aller nachtkritiken zeigt euch. nennt eure namen. habt den mut, euch mit euren beiträgen zu verbinden und identifizieren oder schweigt für immer!
ihre
sabrina zwach
(dramaturgin der inszenierung "die physiker")
von binsenweisheiten über die funktionsweise von internetforen und die daraus hervorgehende anonymität derselben bitte ich als antworten abzusehen.
Physiker, Zürich: der Stile sind so viele
Selbstverständlich darf man über Schauspielerische Leistungen diskutieren! Nur zu behaupten ein Schauspieler wäre also "per se" oberflächlich, hat nichts mit dem Abend zu tuen! Und einen jungen Spieler gegen einem alten Kampfhasen wie Harfouch zu auszuspielen ist wohlfeil! Wie bei allen Debatten müsste man sich die Mühe machen die Kriterien einer schauspielerischen Leistung, in der jeweiligen Inszenierung überhaupt zu definieren. Das können selbst die professionellen Kritiker nicht. Nicht selten wird nach Ausstrahlung beurteilt; ich finde den Menschen irgendwie toll. Oder der Part mit dem Spieler verwechselt. Der STILE SIND SO VIELE! Und warum der eine Spieler jetzt auch noch lustiger als der andere ist, scheint mir nicht einfacher zu beschreiben. Und erst die Fähigkeit etwas zu beschreiben kann eine Debatte ergeben und sich vom blossen Noten geben unterscheiden.
Physiker, Zürich: Debatte über Kommentarethos
Ich möchte Frau Zwach in dieser Sache unterstützend zur Seite stehen.
Selbstverständlich kann man sich auf den Pathos der Internetanonymität berufen - wie es hier auch laufend getan wird.
Es scheint aber so, als gäbe es für diese hier im Forum immer wieder nur einen relativ prosaischen Grund:
Unerkannt zu bleiben bei Kommentaren, die einem im echten Leben nicht über die Lippen gehen würden (und dass ja gerade das tolle oder besondere sein soll, sehe ich nicht ein. Was genau ist dann der Mehrwert des Mediums: Die Möglichkeit in ihm zu entgleisen?)

Anonymität - okay. Aber wo bleibt die Debatte über den Kommentarethos - ohne den diese, doch nur Mittel zum niederen Zweck ist.

Für eben jene möchte ich in diesem Kontext noch mal werben.

Denn viele die hier posten erkennen - und ich sage das bei allem Herzblut das ich für die freie Äußerung von Kritik empfinde - nicht ihre Verantwortung, und stellen sich eben dieser durch das Nichtnennen ihres Klarnamens auch nicht -

Liebe Grüße
Die Physiker, Zürich: Anonymität testweise aufheben
Sabrina Zwach ist rechtzugeben. Man könnte es zumindest mal probieren, ob die Dringlichkeit der Diskussionen hier nicht verstärkt würden, wenn für eine NACHTKRITIK-Testphase die Anonymität aufgehoben werden würde.... ich fände es auf jeden Fall spannender, wenn man eine Zeitlang die Leute mit offenem Visier fechten sehen würde.... spannend wären dann auch die Weiterführung von Diskursen an den Theatern, "NACHTKRITIK Specials", bei denen die Streithähne und Hennen in einem geführten Gespräch weiterdiskutieren. Man sollte es zumindest mal probieren. Hier ist halt schon sehr oft dieses schwitzige paranoide am Gewinnen - und das ist schon Folge der Anonymität. Vielleicht schreibt dann einfach auch niemand mehr... das ist natürlich auch möglich.

(Lieber Samuel Schwarz,
wie sollte eine Aufhebung der Anonymität technisch funktionieren? Man könnte zwar eine verpflichtende Registrierung einführen, aber wer sich mit welcher E-Mailadresse unter welchem Namen registriert, ist ja auch nicht zu kontrollieren.
Die Öffnung in Gesrpächsdiskussionen halten wir auch für interessant, deshalb haben wir u.a. die Konferenz "Theater und Netz" veranstaltet.
mw für die Redaktion)
Die Physiker, Zürich: Sucht mich doch
entschuldigung, liebes schauspiel zürich (vornehmlich frau zwach ...), aber meldet ihr euch bei schlechten kritiken dann auch bei den jeweiligen Feuilleton - Redaktionen und schreibt denen eure entrüstung, wie man sich erdreisten kann, einen schauspieler auch nur ansatzweise irgendeiner kritik auszusetzen???!klingt so!und ehrlich gesagt (anscheinend bin ich da ja nicht der einzige!!!), an diesem abend stört mich der möbius auch furchtbar!und das wird man doch mal, ob anonym oder nicht sagen dürfen. falls ihr zu allen anderen zeitungskritikern ein freundschaftliches verhältnis pflegt, sie kennt und diese euch nicht anonym sind, bitte ich um entschuldigung, das dem hier nicht so ist..aber ich wohne in zürich!also...sucht mich doch...
Physiker, Zürich: der Anonymus hat was zu verlieren
Wenn ich Matthias Müller heiße und eine Mailadresse habe, die Matthias23@mailserver.com lautet, bin ich genauso anonym, wie wenn ich mich Matze oder Theaterenthusiast nenne. Das Problem ist doch, dass viele ein Argument nur akzeptieren wollen, wenn es von "bekannten" Leuten stammt, z.B. von Stockmann oder Zwach. Diese können es sich souzusagen leisten, mit offenem Visier zu fechten, es ist gewissermaßen sogar ihr Beruf. Der Regiehospitant Karl Klangvoll aber hat vielleicht was zu verlieren, allerdings keinen Namen, sondern nur Karrierechancen. Soll er sich mit Stockmann oder Zwach messen, wird er dann lieber die Schnauze halten, wenn er seinen klangvollen Namen in den Ring werfen soll. Oder sich eben als Matthias Müller registrieren ...

Der Burgbilleteur hat doch gezeigt, was passieren kann, wenn man als No-Name öffentlich sein Maul aufreißt: Entlassung, Aus, Ende. Respekt vor dem Mut, aber es soll keiner sagen, dass Meinungsäußerung bei uns in dem Sinne frei sei, dass man danach nichts zu befürchten habe. Das Ende der Anonymität fordern immer nur die, die schon oben sind.
Physiker, Zürich: Warum so herzlos?
Dieses eigenartig trotzige Forderung von einigen Gestalten hier, (sogenannte) 'Kritik-üben-zu-dürfen-ohne-dafür-kritisiert-zu-werden', ist schon sehr erstaunlich.

Warum überhaupt jemand (jenseits aller konstruktiven Kritik), seine Meinung über zB. gute oder schlechte Schauspielkunst in den Äther bläst und der Meinung ist, Theaterschaffende, respektive Schauspieler, haben das auszuhalten, ist mir ehrlich gesagt ein Rätsel.
Warum mitunter so wahnsinnig herzlos auf Theater und die, die das tun geschaut wird - ein Rätsel.
Warum Fantum für die einen, unbedingt mit Verachtung für die anderen einhergehen muss - ein verdammtes Rätsel !

Es wäre großartig wenn es Euch in der Redaktion gelänge diesen merkwürdig motzigen bis bösartigen Kommentaren noch weniger Raum zu geben.
Physiker, Zürich: Probiert es mit Echt-Namen!
@die Redaktion. Man müsste es probieren. Kommentare nur mit Echt-Namen, die man rückverfolgen kann ( das spionierende Heer wird das dann dann schon mitverifizieren helfen ). Es ginge drum, auszutesten, was verloren geht durch das fehlende anonyme Gemotze und Gehetze. Also die anonymen Hetzer-Motzer würde ich nie vermissen. Zudem verstecken sich sicher unter den Pseudonymen auch gehässige Big-Names. Man müsste es mal probieren, nur dann könnte man vielleicht merken, was man verliert.

@Müller: Hören sie mit dem Opfermythos. Wer hier Pseudo-Zivilcourage zeigt, indem er stammtischmässig seine Meinung raushaut, hat meiner Meinung nach nicht wirklich was zu sagen. Weil er/sie feige ist. Der Burg-Kontrolleur hat was zu sagen. Deshalb macht er es nicht anonym. Der anonyme Hetzer bestätigt die Mächtigen -egal wie "wahr" es ist, was er sagt. Seine Meinung ist mir nicht viel wert. Er gehört zum Digital-Rauschen, ist affirmativ allem Seienden.
Physiker, Zürich: Missstände anonym anprangern
Lieber Samuel Schwarz,
das ist doch ein Schmarren, dass der Anonyme per se affirmatives Digital-Rauschen absondert. Der Billeteur agierte nicht anonym, natürlich ist das überaus ehrenwert, mutig und begrüßenswert. Es verleiht seinen Argumenten auch zusätzliches Gewicht. Aber er bekam entsprechend auch die Folgen zu spüren: Er verlor seinen Job.
Ähnlich würde es wohl dem Regieassistenten ergehen, der in diesem Forum etwa eine Diskriminierung durch den Regisseur oder Intendanten publik machte. Oder der jungen Schauspielerin, die den Sexismus eines Kollegen beklagte. Oder dem Dramaturgieassistenten, den die Inszenierung des Großregisseurs am eigenen Haus nicht überzeugt hat. Oder dem Dramatiker, der Argumente gegen die Strategie des Uraufführungsregisseurs vorzubringen hat. Oder oder oder. Muss es nicht möglich sein, Unbehagen, aber auch Lob unerkannt äußern zu können und vor allem Missstände anonym anzuprangern, so dass man nicht gleich um die eigene Stellung im Betrieb fürchten muss?
Physiker, Zürich: auf offener Bühne
wer sich auf ne bühne stellt, muß damit rechnen angeschissen zu werden. auch anonym. ist in film und fernsehen auch nicht anders.
keiner wird gezwungen, sich auf ne bühne zu stellen.
isso.
Die Physiker: Utopie der Anonymität
Ist die anonyme Äusserung nicht auch eine Utopie? Insofern bin ich sehr dankbar für ein Forum, in dem man diese Vision durchspielen kann! Gruselig find ich diese Rufe nach NSA und Stasimethoden, um Menschen aufzuspüren..
Die Physiker, Zürich: Ein paar mehr Stimmen hören
Ich verstehe nicht, wie sich jemand darüber beschweren kann, ein paar mehr Stimmen zu hören, oder zu hören, was sonst so los ist im Netz, gerade dann, wenn er von den 5 oder 6 üblichen Print-Stimmen gelobhudelt wird. Das hört sich leider so an, als wollte man verhindern, dass einem jemand in die Suppe spuckt. Man hat sich alles so gut zurechtgelegt, alles war so schön vorbereitet, und dann beschmiert einem jemand die schöne Wohngegend.
Die Physiker, Zürich: Gegen das Ächtungssystem
Lieber Schroffenstein, ihr Argument ist verführerisch letztlich aber eben der Ober-Mega-Schmarren, wenn wir ihre Wortwahl weiterführen wollen. Es wird mir unmöglich sein - als Internetuser aus der Ferne, auszudifferenzieren, ob der Dramaturgieassistent nur ein neidisches gefolgsames, frustriertes Angestelltenseelchen ist oder ist eine Persönlichkeit mit ernstzunehmender Meinung. Hier wird einfach böse gegen Menschen geschossen ohne wirklich ernstzunehmende Argumente. Und: Wenn ihr Mensch recht hätte, dass der Grossregisseur schlecht inszeniert ( um dieses Beispiel zu nehmen ) dann wäre es wirkungsvoller, wenn ihr "User" am Hause selber Intrigen schmiedet - echte Kampfmassnahmen plant mit echten Menschen, als dass er hier online seinem gestauten Früstchen etwas Dampf ablässt und letztlich die bestehende Hierarchie nur festigt ( nichts bestätigt den gehassten König/die Königin mehr in seinem Throndasein als das anonyme Geschwätz über ihn/sie ). Ja, Folgen hätte seine mutige Meinungsäusserung vielleicht schon. Ja, es kann grausam sein, dieses Ächtungssystem ( das kenne ich nur zu gut: Nur, weil ich einmal öffentlich zu sagen traute, Barbara Frey inszeniere etwas trocken und meiner Ansicht nach langweilig, werden sowohl ich als auch die SchauspielerInnen meiner Truppe sippengeächtet - auch wenn wir alle es lieben würde, mit den tollen SchauspielerInnen und TechnikerInnen an diesem Haus zu arbeiten. Grausam, echt grausam, da haben sie schon recht. Aber egal, wir haben uns etwas Neues aufgebaut und sehen das mittlerweile locker und wir warten ab, bis neue Zeiten kommen und die kommen ganz ganz sicher). Das einzige was nützt gegen die Willkür der Macht, ist: Zusammenhalten, abwarten, Groll vermeiden, diskutieren. Und deshalb meine ich: Weg mit dieser Anonymität auf der "Nachtkritik"-Kommentar-Seite. Mehr Mut wie jener vom rebellischen Mann am Burgtheater. Mehr echte Diskussion. Grad über Schauspieltechnik. Ja, und auch mehr Respekt gegenüber den SchauspielerInnen und ihrer Technik!! Es braucht mehr Meinungsäusserung von Menschen, die Theater neudefinieren wollen. Aber dieses böse, anonyme SchauspielerInnen-Bashing hier ist in der Tat eklig. Die SchauspielerInnen sind im Moment ( leider immer noch ) die schwächsten SpielerInnen im System, Und grad ein Herbert Fritsch, eine Sabrina Zwach ( die auch begabte SchauspielerIn ist ), beweisen, dass grad SchauspielerInnen auch die besten RegisseurInnen/DramaturgInnen sind ( resp wären ) - und wohl auch die besten IntendantInnen.
Die Physiker, Zürich: Gegenseitige Kontrolle ist nicht NSA
meinem vorherigen Kommentar anzufügen:

@marlene s.: Ja, diese Nezzkontrolle ist in jedem Fall gruselig, anderseits ist eine gegenseitige Kontrolle, die die Leute daran hindert, anonym extrem bösartig zu sein, nicht zwingend gleich "Stasi und NSA".

@Schroffenstein ( Kommentar von vorher )
Die Physiker, Zürich: Nur qua Argument wirken
Lieber Samuel Schwarz,
aber ist es nicht doch eine ziemlich privilegierte Position, aus der Sie da sprechen? Sie sagen vielleicht: Schauspielhaus Zürich – pah, auf die Gunst von Barbarar Frey bin ich doch nicht angewiesen. Aber der Regieassistent, die Schauspielanfängerin, der Hospitant etc., die sind vielleicht abhängiger, existentiell gefährdet, wenn sie Kritik übten. Ja, selbst ein arriviertes Ensemblemitglied oder ein fester Dramaturg am Haus wird sich in vielen Fällen kaum trauen, Kritik am Kollegen zu äußern oder dessen Arbeit auch nur ansatzweise kritisch zu analysieren.
Das ist ja übrigens auch ein Kurzschluss: Dass alles Anonyme erst recht für die Argumentlosigkeit anfällig wäre. In vielen Fällen ist es doch sogar eher umgekehrt: Da der Anonyme nicht qua seines Namens / seiner Position wirken kann, kann er dies nur übers Argument. Nicht?
Die Physiker, Zürich: Klarname hilft nicht weiter
Mir hilft es jetzt auch nicht viel weiter, zu wissen, dass es ein Samuel Schwarz ist, der sich erzählt, dass er nicht wegen der Qualität seiner Arbeit, sondern aus Rache nicht engagiert wird. Das menschelt mir zu sehr, und will alles auf diesem Niveau diskutieren. (...)
Die Physiker, Zürich: Wer kein Big Player ist
@SamuelSchwarz
Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Wenn ich Matthias Müller heiße und das der nachtkritik-Redaktion auch glaubhaft machen kann, und dann schreibe ich im Forum: "Samuel Schwarz ist ein unfähiger Stiesel", was zugegeben kein sehr gehaltvolles Argument wäre, also angenommen ich schriebe das: Was wäre damit gewonnen? Da ich kein Big Player bin und einen Allerweltsnamen habe, bleibe ich anonym. Kurz darauf würden Sie oder andere fordern: Diese No-Name-Heckenschützen sollten nichts mehr sagen dürfen, denn wir wissen nicht, wer sie sind.
Die Physiker, Zürich: Nicht alles unter sich ausmachen
@ 32 sehr gut. die heiligen kühe sind zu sehr gewohnt, alles unter sich auszumachen, und alles persönlich zu nehmen, was ihnen aufstößt. statt zu argumentieren reicht ihnen wohl, gegeneinander zu schießen. deshalb vielleicht ihr plädoyer für klarnamen.
Die Physiker, Zürich: Über Arbeitsverbote und Verluste
@QuakEb: Was ist denn das wieder für ein seltsames Argument von ihnen? Ich wollte hiermit Matthias Müller recht geben, dass das Äussern einer Meinung durchaus Folgen haben kann, wie Entlassung und Nicht-Engagement. Das ist bei Schauspielhaus Zürich und anderen Häusern - durchaus der Fall.
Solche Diskussionen kriegen erst übrigens erst ihren relevanten Biss, wenn es eben "menschelt". Es muss ja nicht gleich unsachlich werden, nur weil plötzlich konkret wird durch Beispiele. Ja, ich würde gerne mit der Schauspielhaus Zürich Leitung einmal öffentlich diskutieren, warum - so meine ich - Arbeitsverbote ausgesprochen werden über einen ganzen Stab von Menschen ( ich spreche hier von sicher mehr als 20 SchauspielerInnen, die Arbeitsverbot zu haben scheinen, an der Qualität ihrer Arbeit kann es nicht liegen ). Diese Frage geht mich als Zürcher Steuerzahler durch was an. Warum werden sehr begabte Menschen nur deshalb nie engagiert, weil ihr angeblicher "Boss" mal was kritisches über den Schauspielhaus-Boss gesagt hat? Und damit ein grosser und wichtiger Teil der freie Szene Protagonisten von sehr relevanten und überlebenswichtigen Geldern ferngehalten. Die freie Szene braucht die Gelder der Stadttheater zwingend, wenn auch indirekt. Nur wenn die SchauspielerInnen ab und zu an den Staatstheatern was dazu-verdienen können, können sie in künstlerisch spannenderen und mutigeren Produktionen mitmachen ( und finanziell überleben ). Auch wenn ich nicht engagiert werde (und das auch gar nicht mehr zwingend will ) vom Schauspielhaus Zürich bin ich daran interessiert, dass "freie" Schauspieler/Bühnenbildner/Musiker etc dort manchmal spielen können. Ich bin nicht interessiert an Kollektivstrafen, die wirksam sind ( wie ich der Meinung bin ), nur weil "ich" an dieser Nachtkritik-Stelle in Opposition gegangen bin zu der Ästhetik dieses Hauses. ( "Ich" in Anführungszeichen, weil das ein politisches "Ich" war.. ein Funktionsträger-Oeffentlichkeits- "Ich" - ohne Affekte und Groll)

Das ist nicht das Haupt-Thema hier. Dass ich mit dem "menschelnden" Beispiel gekommen bin, dient aber der Veranschaulichung und Versinnlichung von Matthias Müller Auffassung, dass man durchaus etwas verlieren kann, wenn die Anonymität an dieser Stelle aufgehoben würde. Sowas - liebe QuakEB - nennt man emphatische Diskussion. Solche Diskussionen gewinnen aber garantiert an Brisanz, wenn sie weniger heckenschützenartig geführt werden, sondern offen und ent-anonymisert. Ich bin sicher, diese Diskussion lesen nun 100 Leute mehr, nur weil es etwas konkreter geworden ist. Trotzdem soll dieses "Menschelnde" & Konkrete nicht ablenken vom Hauptthema und und der Hauptfrage: Ist es fair, dass Leute hier anonym über Schauspielerleistungen & Häuser herziehen können?
Ich finde es bedenklich und nicht gut, dass das Argument, man gefährde sich zu sehr, weil man ja entlassen oder nicht engagiert werden könnte bei Ehrlichkeit, sich immer wieder durchsetzt.
Der Druck der Verhältnisse sollte meiner Auffassung nach nicht dazu führen - und da unterscheide ich mich von Matthias Müller- dass die Leute sich nicht mehr trauen, Dinge öffentlich zu benennen. Und die anonymen Diskussionen hier sind - das sehe ich ähnlich wie Sabrina Zwach - der bösen Paranoia-Stimmung zudienlich, die niemandem was bringt. Zumindest ein Test fände ich spannend. Zurück zu dieser "Utopie" kann man immer wieder, wenn es langweiliger würde...
Physiker, Zürich/Leipzig: ist da noch mehr?
Eigentlich wollte ich hier zu den Physikern Stellung nehmen, die ich heute im Gastspiel in Leipzig sah - aber angesichts der Vordiskussion... also: zuerst zu dieser:

Wer hier ein Problem mit (anonymen) Kritiken hat, nimmt das Medium einfach zu ernst. Gibt es Theaterleute, die sich von einer hingerotzten Meinung hier irritieren lassen? Wie wäre es, wenn Ihr versucht, Statements hier danach zu wägen, ob sie gut argumentiert sind?

Zur Inszenierung: Für mich stellt sich nach den "Physikern" dringlicher denn je die Frage, ob die "Masche" Fritsch jetzt nicht vorbei ist. Ja, er kann SchauspielerInnen dazu bringen, wild zu turnen, ja, er hat witzige Einfälle, ja, das ist auch mal schön anzusehen - aber ist da noch mehr? Ich habe es heute nicht entdeckt. Insofern finde ich die Kritik hier auf Nachtkritik sehr treffend.
Physiker, Zürich: wann in/bei Berlin?
Könnt Ihr hier bitte mitteilen, wann die Physiker wieder in die Nähe von Berlin kommen?
Physiker, Zürich: keine weiteren Gastspiele im Osten
Lieber guttenberg,

laut Auskunft des Zürcher Schauspielhauses sind im Moment leider keine weiteren Gastspiele im ostdeutschen Raum vereinbart.

mit Grüßen
Physiker, Zürich: umsonst gewartet
Habe bei 3Sat auf Dürrenmatt gewartet und das Spektakel nach 10 Minuten abgeschaltet.
Physiker, Zürich: aber Harfouch
Ging mir auch nicht viel anders. Aber die Harfouch wollte ich dann doch sehen. Die fand ich sehr konmisch.
Physiker, Zürich: Wort- und Körperkonzert
Ich empfand die Inszenierung als erfrischend, die Rhythmus als virtuos und die schauspielerische Leistung war großartig. Auch von Milan Zerzawy, seine Körperlichkeit hat mir sehr gefallen. Mir gefiel sowieso die Gesamtkomposition des Stückes, ein gewitztes Spiel mit Text und Kontext. Da ich ein musikalischer Mensch bin, war das für mich wie ein durchgeknalltes, intensives Wort- und Körperkonzert, ein schöner Spiegel unserer "Etiketten"-Kultur. Und die Symbolik des Slapstick ist nicht zu unterschätzen. Ich bleibe einfach mal beim Stück, da steckte viel darin und darauf. Danke dafür.
Physiker, Zürich: exzentrische Kantigkeit
Noch eins zu Christian's heftiger Kritik zu dem Darsteller des Möbius, der einen Namen trägt, wie schon erwähnt wurde: Milian Zerzawy. Nun, was man unter "blass" zu verstehen hat, ist wie alles in unserer sehr begrenzten Sprache sehr subjektiv. Und abmühen ist mir auch nicht wirklich einleuchtend. Eine Stimme, die soviel Spielraum hat und so federleicht die irren, eigentlich so klaren Gedanken ausspuckt, und ein Körper der vor Zerrissenheit in alle Himmelsrichtungen wankt - das ist für mich nicht abmühen, das ist wie ich bereits schrieb, Körperspiel- und Körperlichkeit. Ich persönlich mag exzentrische Kantigkeit, und die passte zu meiner Wahrnehmung einer Figur wie Möbius. Ich hätte für ihn applaudiert. Warum man Schauspieler untereinander immer vergleichen muss, ist mir außerdem ein wenig zu einfach. Harfouch gegen Zerzawy- so ein Quatsch. Kann man nicht einmal differenzierter hinschauen als "Der war brillant - der andere ist daneben untergegangen." Kann man sich, gerade bei Theater, einer so instabilen Kunst, nicht mal etwas aufmachen und abgehen von "gut" vs."schlecht", "Kasperltheater" vs. "Geniestreich"?
Die Physiker, Zürich: Bis zum Anschlag
Wenn man den Lautstärkeregler einer Stereoanlage von Anfang an bis zum Anschlag aufdreht, dann hat man das Problem nicht mehr lauter stellen zu können. Das gleiche Problem hat diese Inszenierung im Gesamtduktus.
Die Physiker, Zürich: Technik
Ja, seh ich auch so, die Frage: wer trägt die Verantwortung für die unschickliche Technik?
Die Physiker, Zürich: oberer Anschlag
"Wenn man den Lautstärkeregler einer Stereoanlage von Anfang an bis zum Anschlag aufdreht, dann hat man das Problem nicht mehr lauter stellen zu können."
Damit meine ich nicht die Technik, sondern das ist ein Bild für das Inszenierungsproblem, das ich hier sehe. Das Spiel ist für mein Empfinden stets am oberen Anschlag. Aber ohne Ruhepunkte als Kontrast können auch die "Lauten" stellen nicht wirken.
Die Physiker, Zürich: modern
Ich habe mir schon gedacht, das das Stück sehr modern ist, aber damit hätte ich echt nicht gerechnet... Ich war teilweise sehr überfordert und müsste es mir bestimmt noch fünf mal anschauen, um alles genau zu verstehen.
Physiker, Zürich: Herzenssache
Bzgl der Debatte um Anonymität oder nicht: ich fände es besonders interessant und wünschenswert (Unabhängig von der Machbarkeit, die Anonymität von KommentartorInnen aufzuheben, die sich leidenschaftlicher als jeder deutsche Staats- und Rechtsanwalt für gewisse Regieinszenierungen bewusstlos zu tippen scheinen, weil sie es nicht stehen lassen können, dass jemand vielleicht unzulänglich kommentiert... auch sollte ein jeder Theatermensch nicht vergessen, dass Leute die hier (wie auch immer geartet) Kommentieren, eventuell aufgrund ihres "Herzens" heraus schreiben- selbst wenn damit Hintergedanken verbunden sind... dass jemand sowas tut, zeigt (vielleicht unbeabsichtigt!) wie wichtig ihm / ihr die eigene Daseinsberechtigung im Theatersaal ist... denn sind die Sääle leer, redet, ärgert und schwärmt niemand drüber...
was ich hier aber schreibe möchte in kleinster Weise diesen Abend oder die Arbeiten von Fritsch diskreditieren- ich halte sehr viel von seiner Arbeit und sie inspiriert mich jedes Mal aufs Neue! Allerdings: wenn ich soviel Geld bekäme wie er, sein Team oder ein Züricher Schauspieler, dann sollte man eigentlich nicht mit Argumenten kommen, die einen dazu verleiten Theaterleute irgendwie ätzend zu finden...
Physiker, Zürich: Login
Ich fände es auch sehr sinnvoll, dass man hier zumindest einen Account bräuchte, um zu schreiben. Der Redaktion sollten dann die echten Namen bekannt sein. Wenn man möchte, kann der User das Profil mit Echtnamen zugänglich machen, wie in jedem anderen Forum. Ich verstehe nicht, wieso nachtkritik es hier anders macht, als jedes andere gängige Portal. Kostenfrage?

(Anm. Redaktion. Werter Arbeiter, hinter der Gründung von nachtkritik.de stand der Wunsch nach Barrierefreiheit. Auch Nutzer*innen, die nicht regelmäßig auf unserem Portal aktiv sind, sollten die Möglichkeit erhalten, unkompliziert Fragen, Meinungen und Positionen zu Abenden und Themen einzuspielen. Daher gibt es keine Registrierungspflicht. Die Konzentration gilt den Inhalten, die geprüft und ggf. moderiert werden. Mit freundlichen Grüßen, Christian Rakow / Redaktion)
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