Warum? Darum!

5. Februar 2021. So lange es das #Stanislawski-Dogma vom neutraler Schauspieler:innenkörper als "weißes Blatt" gibt, sind queere Initiativen wie "Actout" dringlich. Ein Kommentar zur Coming-out-Aktion von 185 Film- und Theaterschauspieler*innen.

Von Georg Kasch

Cover-Auftritt im SZ-Magazin © SZ-Magazin

Warum? Darum!

von Georg Kasch

Berlin, 5. Februar 2021. Warum tun sie das? Warum outen sich im Jahr 2021 gemeinsam 185 deutschsprachige Schauspieler:innen als lesbisch, schwul, bisexuell, queer, nicht-binär und trans*? Ist das wirklich nötig, 30 Jahre nach Rosa von Praunheims Zwangsouting von Hape Kerkeling, 20 Jahre nach dem Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft, gut drei Jahre nach der Ehe für alle? In einer Zeit, in der sich in der freien Szene gefühlt jedes zweite Projekt als queer labelt, es im öffentlich-rechtlichen Fernsehen lesbische und bisexuelle Tatort-Kommissar:innen gibt und auf Netflix kaum eine Serie ohne queeren Charakter?

Unbedingt!

Natürlich gibt es andere gesellschaftliche Bereiche, wo ein Coming out größere Erschütterungen auslösen würde, der Profifußball und das Management großer Konzerne zum Beispiel. Aber so liberal, wie sie gerne tut, ist insbesondere die Film- und Fernsehbranche nicht. Darauf weist das mit dem Massen-Coming-out lancierte #actout-Manifest hin. In ihm ist von Agent:innen, Caster:innen, Kolleg:innen, Produzent:innen, Redakteur:innen, Regisseur:innen die Rede, die queeren Schauspieler:innen nahelegen, dass, wenn "wir gewisse Facetten unserer Identität, nämlich unsere sexuelle sowie Geschlechtsidentität offenlegten, wir mit einem Mal bestimmte Figuren und Beziehungen nicht mehr darstellen könnten. Als wäre deren Sichtbarkeit unvereinbar mit unserer Fähigkeit, Rollen überzeugend und glaubhaft für das Publikum zu verkörpern."

Das Ideal des weißen Blattes

Dass die Branche da so erstaunlich konservativ tickt, hat etwas mit der Determiniertheit von Körpern zu tun. Wieder einmal hilft – wie schon beim Thema Cripping up – Carrie Sandahls Aufsatz "The Tyranny of the Neutral" weiter. Darin schreibt sie über den spätestens seit Konstantin Sergejewitsch Stanislawski propagierten neutralen Schauspieler:innen-Körper: Wie ein weißes Blatt soll er sein, weil schon kleinere Abweichungen von der Norm prompt die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Deshalb, so Stanislawski, müsse ein Schauspieler einen Körper besitzen, der nicht in besonderer Weise lesbar ist, bevor er zu spielen, zu verkörpern beginne.

SZTitelOuting 560Gemeinsamer Cover-Auftritt im Magazin der Süddeutschen Zeitung © SZ-Magazin

Dabei hat Norm übrigens nichts mit Durchschnitt zu tun. Sondern immer noch damit, wie die Produzierenden von Film und Fernsehen sich vorstellen, dass die Mehrheit in Deutschland, Österreich und der Schweiz sich selbst gerne repräsentiert sieht. Analog denken viele Schauspielschulen immer noch, einen Markt bedienen zu müssen, statt ihn zu verändern.

Deshalb sind so viele Schauspieler:innen einerseits normschön, groß, schlank. Und andererseits klar als männlich, weiblich, heterosexuell lesbar. Anders als etwa viele Menschen mit Behinderung oder BIPoC haben queere Schauspieler:innen die Chance, als cis und hetero durchzugehen. Man nennt das "passing". Weil sie es theoretisch können, wird es praktisch so oft von ihnen verlangt. So wie queeren Flüchtenden bis heute immer wieder nahegelegt wird, sie könnten in ihrem Herkunftsland ihre sexuelle Identität doch einfach verschleiern.

"Ich habe das Gefühl, da muss ich in erster Linie ein Geschlecht spielen"

Entsprechend berichtet im SZ-Magazin etwa Oska Melina Borcherding davon, wie er an der Schauspielschule als Frau wahrgenommen wurde, weil er sich noch nicht als nicht-binär geoutet hatte. Ständig hörte Borcherding: "Such deine weibliche Energie! Ich weiß bis heute nicht, was weibliche Energie ist, aber zufriedenstellen konnte ich, indem ich meinen Gang veränderte, Röcke trug, meine Stimme verstellte." Bis heute hat Borcherding mit Frauenrollen oft ein Problem: "Ich finde, dass da eine einseitige Vorstellung von weiblicher Performance verlangt wird. Ich habe das Gefühl, da muss ich in erster Linie ein Geschlecht spielen."

Queere und zugleich behinderte Schauspieler*innen haben übrigens ein ganz anderes Problem: Weil sie so deutlich als behindert gelesen werden, werden sie nicht als queer wahrgenommen. Darauf weist etwa Erwin Aljukic im SZ-Magazin hin. Menschen mit Behinderung wird selten genug überhaupt eine Sexualität zugestanden. Und nur wenige Menschen machen sich die Mühe, hinter der einen, sichtbaren Eigenschaft nach weiteren zu suchen. Was ähnlich auch für queere BIPoC-Schauspieler:innen gelten dürfte.

Die Welt draußen gegen die Welt in mir drinnen

Gerade weil queere Menschen aber dank des Passings so unsichtbar sein können, müssen sie ein Coming out haben, um sichtbar zu sein. Deshalb ist das Interview mit SZ-Magazin auch mit "Wir sind schon da" überschrieben. Damit davon überhaupt jemand Notiz nimmt und sich Gedanken über Gründe und Folgen macht, müssen es 185 sein (und eigentlich noch viel mehr – Potential ist da).

In seiner Solo-Performance "Versuch über das Sterben" (hier als Buch) berichtet der Theatermacher Boris Nikitin von der erstaunten Reaktion, wenn er anderen gegenüber zum ersten Mal seinen Partner erwähnt: "Das hätte ich nicht gedacht". – "Mir wird dann immer etwas schwindlig, weil die Welt draußen und die Welt in mir drinnen nicht synchron laufen. … Ich werde daran erinnert, dass meine Gefühle, mein Denken oder mein Begehren von außen nicht gesehen werden." Das Coming out unterbreche diese Logik des äußeren Körpers, der übers Innere nichts verrät: Die "sich veröffentlichenden Menschen" unterbrächen die Konditionierung der gesellschaftlich so mächtigen Erzählung. Sie erklären diese Konditionierung zu einer Fiktion. "Es ist ein Schritt ins Leere. Plötzlich wird etwas möglich."

In diesem Fall: eine andere Art von Theater und Film. "Es gibt weitaus mehr Geschichten und Perspektiven als nur die des heterosexuellen weißen Mittelstands, die angeschaut und gefeiert werden", heißt es im Manifest. "Diversität ist in Deutschland längst gesellschaftlich gelebte Realität. Dieser Fakt spiegelt sich aber noch zu wenig in unseren kulturellen Narrativen wider. Unsere Gesellschaft ist längst bereit. Die Zuschauer:innen sind bereit."

Das Private ist politisch

Deshalb ist dieses Coming out der 185 Schauspieler:innen kein privater Befreiungsschlag. "Wenn das alles so normal ist, warum leben die einfach nicht so vor sich hin und unterlassen es, sich mit aller Gewalt immer wieder ins Rampenlicht zu stellen?", ätzt ein User auf Twitter. Weil es eben immer noch keine Selbstverständlichkeit ist, wer wen liebt. Sondern erstaunlich oft noch ein Politikum.

Übrigens auch am Theater, sagt Eva Meckbach im Magazin-Interview: "Das Theater versucht, ein weltoffener Ort zu sein. Das spiegelt sich aber meist nicht in den Besetzungen wider, auch nicht in den Leitungsebenen. Wer arbeitet dort? Wer wird da wie bezahlt? Und wer kommt an diese Ressourcen nicht ran?" Oder: Welche Menschen-, welche Geschlechterbilder werden eigentlich gezeigt?

Am Ende betrifft diese "Veröffentlichung", dieser "Schritt ins Leere" alle, die in Theater, Film und Fernsehen nicht oder ungenügend repräsentiert werden und die es – wegen ihrer Hautfarbe, ihrer Behinderung, ihres Alters – nicht verstecken können. Die 185 Schauspieler:innen machen etwas sichtbar. Diese Sichtbarkeit wird bleiben. Jetzt muss sich nur noch die Branche ändern.



Georg Kasch, Jahrgang 1979, ist Redakteur von nachtkritik.de. Er studierte Neuere deutsche Literatur, Theaterwissenschaft und Kulturjournalismus in Berlin und München. In seiner Kolumne "Queer Royal" blickt er jenseits heteronormativer Grenzen auf Theater und Welt.


Mehr Essays von Georg Kasch aus dem Themenumfeld:

Echte Hosenrollen – Warum Schauspielerinnen heute so oft Männerfiguren spielen (1/2020)

Cripping up – Was problematisch daran ist, wenn Schauspieler ohne Behinderung Rollen mit Behinderung spielen (11/2018)

Blog Queer Royal – Rosa von Praunheims langer Weg vom Schmuddelkind zum Altmeister und was das über queeres Theater erzählt (2/2018)

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Kommentare  
Coming Out Kommentar: Druck am Gorki
"In meinem Erstengagement in Berlin am Gorki-Theater wurde ich zu meinem öffentlichen Coming-out – ich will nicht gezwungen sagen, aber es wurde nahegelegt, dass es jetzt passieren soll. Denn der Grund, warum ich an diesem Haus engagiert wurde, ist neben meinem Können als Schauspieler auch meine persönliche Geschichte."

Ich finde am bemerkenswertesten das SZ-Interview zu dieser Aktion, in dem Schauspieler Mehmet Ateşçi vom Burgtheater über seinen Start am Berliner Gorki Theater spricht und völlig offen beschreibt wie er dort angehalten wurde seine Biografie auszuschlachten bis hin zur Verzerrung. "Ich hatte nicht das Gefühl, dass irgendjemand mir den Rücken stärkt oder dass man an meiner Person wirklich interessiert ist, sondern mehr an dem, was man aus meiner Seele rausschlagen kann." Ein wirklich beängstigendes Statement und eine Perspektive, die in den letzten Jahren die Medien in aller Begeisterung für das Gorki Theater nie interessiert hat! Leider wird das auch hier wieder nicht angesprochen.
Coming Out Kommentar: Warum? Darum!
Dieser Vorstoß ist wichtig und notwendig. Aber man möge doch bitteschön die Kategorien auseinanderhalten Zunächst: (Theater-)intern ist das ein alter Hut. Schon in den 30er Jahren kursierte der Witz: "Sind Sie Jude?" "Nein." "Sind Sie schwul?" "Nein." !"Was wollen Sie dann am Theater?" Das hier auszudiskutieren, führt zu weit. Aber das x oder y schwul ist, war meiner Erfahrung nach nie ein großes Ding, jeder wusste es, und damit war es gut. Völlig anders verhält es sich mit der Außenwirkung, und da beginnt das Problem. Millionen Frauenherzen zerbrachen, als bekannt wurde, dass Rock Hudson schwul ist. Nein, maskuline Ausstrahlung ist keine Frage der sexuellen Orientierung! Und von meinen überwiegend homosexuellen Schauspiellehrern ist ein Satz hängen geblieben: "Jeder Schauspieler braucht eine erotische Ausstrahlung. Und zwar auf beide Geschlechter." Und die hat auch jeder Mensch. Klischeehafte erotische Ausstrahlung, die zur Masche wird, ist dabei genauso eine Falle wie alle andere Vereinseitigung. - Zum Problem wird das alles, wenn man anfängt, das populäre Rad zu drehen. Von einem bekannten amerikanischen action-Held weiß ich, dass er durch die Schwulenbars der Szene zieht. Wer das öffentlich ausspricht, kriegt eine Armada von Anwälten auf den Hals. Warum? Weil SchauspielerInnen auch Projektionsflächen sind. Der Sehnsüchte der ZuschauerInnen, die enttäuscht sind, wenn ein kleines Abenteuer mit dem Helden - dem sie real nie begegnen werden - aufgrund seiner sexuellen Orientierung ausgeschlossen scheint. Schlimmer: Weil sich ihre Vorstellungen von Männlichkeit nicht mit z.B.Schwulsein vertragen. Ein Schwuler kann eben kein Kriegsheld sein usw. Caster reagieren m.E. auf diese Tendenzen. Erwarten wir allen Ernstes von der Unterhaltungsbranche, dass sie die Klischees in den Köpfen der Menschen sprengt? Die "Lindenstraße" hat das erfolgreich versucht, ja. Aber Mainstream-Medien bedienen oft Mainstream-Klischees. Mit Kunst, die Erwartungshorizonte aufsprengen will, hat das meist wenig zu tun. - An dieser Stelle nur noch eines: Man möge hier doch bitte Konstantin Stanislawski in Ruhe lassen. Der Schauspieler als weißes Blatt betrifft schlicht die Verwandlungsfähigkeit des Schauspielers. Das kann man ausführlich dann bei Michael Tschechow studieren. Ein Weg, der eine einseitige Festlegung des Schauspielers verhindert. Der aber vielleicht auch nicht allen offen steht und nicht alle interessiert. Und so hat es immer zwei Typen von SchauspielerInnen gegeben: Den Verwandlungsschauspieler. Und den Schauspieler, der als Typ interessant war. Letzteres hat sich in jüngster Zeit gerade am Theater verstärkt. Man findet die Abweichung von der "Norm" interessant. Den langen Dürren neben dem kleinen Dicken. Um nur ein Beispiel zu nennen. Und was wären Fellinis Filme ohne all die verrückten Typen bis hin zum Abstrusen. Das lässt sich mit einem "normalen" Körper auch gar nicht mehr erspielen. Und beides hatte und hat auch immer nebeneinander seine Berechtigung. Ein allerletzte Anmerkung dazu: Das actors studio in New York wurde u.a. gegründet, weil sich Broadway-Schauspieler danach sehnten, aus dem engen Korsett des type-casting auszubrechen. Alles hat seinen Preis... Und noch eine Anmerkung aus eigener leidvoller Erfahrung: Es gab und gibt auch die Tendenz, Schauspielerinnen und Schauspieler auf geschlechtsspezifische Normen zu trimmen. Dies klingt ja auch im Artikel an. Hier mag die Diskussion auch zu einer neuen Freiheit der Daseinsweisen, der Ausdrucksformen und Sichtweisen führen. Wünschenswert wäre das sehr. Ansonsten halte ich es mit Michael Tschechow: Der Schauspieler ist nicht die Figur, sondern verwandelt sich in diese. Und so ist das private im Grunde irrelevant. Aber solange Menschen den Darsteller des Oberarztes in der "Schwarzwaldklinik" um medizinischen Rat bitten oder beim Sender fragen, wann denn vielleicht mal eine Wohnung in der "Lindenstraße" frei wird, sie würden gerne da einziehen, ist das wohl in den Wind gesprochen...
Coming Out Kommentar: nicht vergessen
@Nina

Ich fand den besten Satz eines Intendanten in einer Leitungssitzung am DT, vor der versammelten Leitung, immer noch: Wenn sie schwul sind, dann sagen sie es einfach. Niemand hat hier ein Problem damit. - Den werde ich nie vergessen. Nie hat das Schweigen danach und das Warten auf eine Antwort mehr Druck ausgeübt.
Coming Out Kommentar: BiPoc
Nur kleiner edit: BiPoc heißt nicht “bisexuelle People of Color”, sondern “Black, Indigenous, and People of Color”. Dennoch vielen Dank für den Artikel!
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Vielen Dank! Der Autor hat korrigiert.
jnm für die Redaktion
Coming Out Kommentar: Orientierung wurscht
Ich kann offenbar nie wieder ins Theater, weil es mir sowas von sch---egal ist, was für eine sexuelle Orientierung oder Identität ein Darsteller oder eine Darstellerin hat. Ich will ja mit dem oder der nicht schlafen, sondern von dem oder der was über die dargestellte Figur in ihren Verhältnissen und damit über mich erfahren. Wenn mir dass so sch...egal ist, scheinen die ja richtig persönlich beleidigt zu sein - ich will schließlich keine SchauspielerInnen beleidigen...
Coming Out Kommentar: geht nicht um Sie
Lieber Zuschauer.
Hier gehts grad einfach nicht um Sie und was Sie wollen. Es soll Ihnen nichts verdorben oder weggenommen werden. Sie dürfen sogar genau so gern (oder ungern) ins Theater gehen wie früher auch!
Coming Out Kommentar: erschreckend
@5: Einfach mal die SZ von heute kaufen und das Interview mit den Schauspielerinnen und Schauspielern ganz lesen, dann erübrigt sich nämlich ihre Wortmeldung und am Ende werden ihnen ein paar Probleme mehr bewusst, über die sie bisher nichts gewusst haben (oder wissen wollten?).

@1: Ja, total! Und erschreckend fand ich auch die Passage: "Die Homosexualität sollte bei mir, weil ich ja Türke bin, irritieren oder unerwünscht sein. In meiner Geschichte soll dann plötzlich mein Vater auftauchen, der ein Problem mit Homosexualität hat. Oder wenn in einer Szene die Hand meines Freundes über meine wischt, soll mir das unangenehm sein, weil niemand wissen soll, dass ich schwul bin."
Coming Out Kommentar: Debatte braucht es nicht
Ist es jetzt so, dass die Künstler Samel und Matthes und andere bisher so richtig doll und schlimm uns angelogen haben, wenn sie in einem Theaterstück in Rollen aufgetreten sind, in denen sie nicht Samel und Matthes oder andere, also nicht sich selbst gespielt haben? Falls ja, sie haben uns wunderbar angelogen! Es war und ist uns ein Genuss. Und nun? Eine gesellschaftliche Debatte darüber, dass und ob es im Kunst- und Kulturbereich divers sich selbst verstehende Menschen gibt, braucht es nicht, niemand hat das je in Abrede gestellt. Es kommt mir nicht sinnvoll vor, immer wieder neue Betroffenengruppen zu gründen, deren Zweck es ist, andere auszuschließen. Auch deshalb, weil es ihnen ja offenbar darum geht, in etwas eingeschlossen zu werden, dass sie gleichzeitig zutiefst verachten. Wie wollen sie denn mit der von ihnen so verachteten heterosexuell normativen bürgerlichen Kleinfamiliennachbarschaft weiter zusammenleben? Gar nicht? Dann sagen sie es bitte auch.
Coming Out Kommentar: Debatte ist öffentlich
Lieber Johannes Müller, das tolle am Theater ist, dass es immer um alles geht. Deshalb versammeln wir uns ja dort. Wenn sich eine beträchtliche Anzahl von Theater- und Filmschaffenden an die Öffentlichkeit wendet und nicht eine private Soiree veranstaltet, von der wir nichts mitbekommen, dann doch sicher, weil gerade die Öffentlichkeit gesucht wird. Nun sagen Sie, darum ginge es aber nicht und mit "uns" - als den Zuschauern - hätte das nichts zu tun. Wenn das so ist, behelligen Sie uns doch einfach nicht. Man kann nicht einen Diskurs in die Welt kippen und im nächstbesten Moment sagen: Sie dürfen aber nicht teilnehmen.
Coming Out Kommentar: Beschwerde
Sie zensieren ja die Beiträge doch, das hätte ich wirklich nicht gedacht.
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Wir moderieren die Debatte, dabei halten wir uns an nachlesbare Regeln.
Mit schönem Gruß
jnm für die Redaktion
Coming Out Kommentar: Entwicklung kritisch betrachten
Man muss sich schon die Frage stellen, ob Theater für Zuschauer gemacht wird oder es um nur noch um die Selbstdarstellung von Schauspielerinnen und deren Identitäten geht. Die angestoßene Entwicklung kann man für das künstlerische Produkt schon kritisch betrachten.
Coming Out Kommentar: Interview lesen
@8 Haben sie das Interview gelesen? Und verstanden, dass Schauspier*innen intern dazu angehalten werden, sich extern als heterosexuell zu verkaufen und dass es der Karriere auch heute noch schaden kann, wenn man sich nicht an diese Regel hält? Dass man Ulrike Folkerts keine Mutter spielen lässt, weil sie als Lesbe keine sein kann - was per se schon Unsinn ist. Haben sie eine Vorstellung davon, was das für die Betroffenen bedeutet, sich und ihr Lieben permanent verstecken zu müssen? Was das mit diesen Menschen macht? Und wie kommen sie darauf, dass diese Menschen, die heterosexuell bürgerliche Kleinfamilie hasst? Sie möchte nur als genauso 'normal' angesehen werden, das ist alles. Ich empfehle Ihnen dringend, das ganze Interview zu lesen. Das könnte Ihnen neue Einblicke bringen.
Coming Out Kommentar: worum es nicht geht
Also bitte lesen Sie doch die Interviews im Magazin. Hätten Sie das getan, hätten Sie erkannt, dass es NICHT um die Selbstdarstellung ihrer Identitäten geht, sondern dass ihnen als Privatperson verwehrt wird, ihre Person authentisch zu präsentieren weil es sonst zu einer Beschneidung ihrer künstlerischen Ausdrucksweise führte.
Coming Out Kommentar: nervt
#6: Ja, das Gefühl hab ich schon lange, dass es dem Theater gegen Bezahlung gar nicht um (das Leben der) Zuschauer geht. Es macht sich aber für Zuschauer bestimmt nicht interessanter durch "Massen-Comingout". Weil, sowas haben die Zuschauer schon sonst auf allen Kanälen um sich herum. Seit Jahren. Die Presse hat offenbar ebenfalls ein Problem: Sie muss ein theaterinternes Machtproblem, das durchaus auf Machtprobleme in der Gesellschaft verweisen kann, formal als explizit sexuelles undoder geschlechtsidentitäres Problem aufmachen. Vermutlich in der Selbst-Gewissheit, dass dann LeserInnen sofort anbeißen - Diese Art durch Titel auf Leser-Fang zu gehen, nervt unendlich. Sie ist auch journalistisch nicht ganz dicht in Zeiten sexueller und physisch übergriffiger Reizüberflutung. Nun muss sich heute wegen dieser sensationskapitalen Titel-Lüsternheit keiner mehr durch einen selbstgetätigten Herzschuss aus dem Leben befördern, weil er diese Öffentlichkeits-Wirkung von Kapitalmacht nicht mehr aushält - man liest und schaut dann einfach nicht mehr. Vielleicht, wenn einem kulturjournalistisch an diesem Thema so viel liegt, setzt man redaktionell durch, dass dem Thema entsprechend über der Gürtellinie getitelt wird und nicht an die niedersten Instinkte bei der Leserschaft appellierend - Danke.
Coming Out Kommentar: traurig
Das ist dann hier wohl die zeitgenössische Form der Diskriminierung: Leute kritisieren Homosexuelle für das Anstoßen einer Diskussion, von der diese Leute (die sich ausdrücklich als nicht homophob, sondern lediglich "genervt" verstehen) behaupten, dass es diese Diskriminierungen und Benachteiligungen gar nicht in dem Maße gäbe, sie deshalb uninteressant und allein aufmerksamkeitsheischend sei und die Homosexuellen deshalb doch bitte wieder die Klappe halten sollen, denn das bestimmt ja immer noch der/die Nicht-Homosexuelle, was relevant für ihn/sie ist und was nicht. Das ist schon schlimm genug, wenn nicht noch dazu kommen würde, dass man merkt, dass keiner dieser Leute, den tatsächlichen Text gelesen hat - nach dem Motto "Ich weiß doch sowieso schon, was die wieder wollen." Traurig.
Coming Out Kommentar: nichts Schlechtes
#9
Ich spreche nicht über Zuschauer im Allgemeinen, sondern spreche konkret Kommentator #5 an, der sich "Zuschauer" nennt und ja sehr betont "wie sch....egal" ihm alles ist und sich da scheinbar sehr echauffiert.

Wenn wir trotzdem allgemein reden wollen: Für mich richtet sich das Statement der 185 einfach weniger an Zuschauer*innen, denen irgendwas vorgeworfen oder abverlangt würde, als an die Macher*innen, Geldgeber*innen, Caster*innen mit mehr Phantasie an die Sache zu gehen. Ich kann daran nichts schlechtes finden.
Coming Out Kommentar: Elitendiskussion
Lieber Johannes Müller,
Kommentator*in 5 hat nicht davon gesprochen, wie egal alles ist, sondern davon, dass ihm/ihr die sexuellen Identitäten der Schauspieler*innen für das Theater, das Kommentator*in 5 gern schauen möchte, nicht so wichtig ist. Vielleicht interessiert sie/ihn da etwas, das Sie nicht gleichermaßen an Theater interessiert. Hier spitzen Sie zu, ohne dass es nötig ist. Es mag ja sein, dass das Statement sich nicht an diejenigen richtet, die sich als Zuschauer*innen verstehen. Was ich im Übrigen gar nicht verstehe, wo doch Zuschauer*innen eine sehr kraftvolle Stimme sind, die Film und Theater sich wünschen können. Deren Unterstützung ohne Grund von sich zu weisen, würde ich mir nochmal gut überlegen ... Wenn Interview und Statement aber in SZ (einem klassischen Blatt liberalbürgerlichen Meinungsgeschäfts) und nicht z.B. in der "Theatertechnischen Rundschau" (der ich hier nicht zunahe treten will, sondern damit etwas sagen will) veröffentlicht werden, dann möchte es doch hoffentlich schon etwas nicht nur Branchenbezogenes erreichen? Nun geht es um die Frage, was? Und nun kommen Sie und andere Teilnehmer*innen an der Diskussion und sagen, dass es um mehr Sichtbarkeit für nicht normative Lebensläufe und Geschichten in TV und Theater geht. Aber handelt davon nicht jedes gute Theaterstück? (Als würde die Bezugsgröße hier der billigste TV Unsinn sein, was doch aber Quark wäre. Ich habe übrigens nebenbei schon die dollsten, emotionalsten,realistischsten unnormativsten Lebensläufe gerade dort gesehen.) Aber setzen wir mal nun voraus, dass es also zu wenige nicht normativen Geschichten in TV und Theater gibt, dann habe ich eine Frage: Wer anderes soll das denn aber lösen als die Künstler*innen und ihre Verbündeten (Produzent*innen, Drehbuchschreiber*innen, Caster*innen) selbst? Nehmen Sie sich einfach die Kraft, wenn Sie sie haben, denn es war doch schon immer so: Künstler*innen haben gemacht, was Sie für richtig halten. Gut so! Ich kriege einfach das Gefühl nicht los, hier gehts um ganz was anderes, nämlich in Wirklichkeit um eine Elitendiskussion.
Coming Out Kommentar: der Unterschied
Lieber Sich Fragender, Sie haben recht, ich habe das Interview tatsächlich nicht gelesen, da ich kein Digitalabo der SZ habe und weil es dort, wo ich wohne, die SZ nicht im freien Verkauf am Kiosk gibt, da es auch keinen Kiosk gibt. Selbstverständlich "nerven" solche Diskussionen, und sind "aufmerksamkeitsheischend". Ist doch auch richtig so! Der Unterschied zwischen Ihn*en und anderen Kommentartor*innen hier ist doch nur, dass es nach einem Interview, Appell oder so in der SZ vermutlich erst mal losgeht, und nicht etwa schon vorbei ist.
Coming Out Kommentar: für anderes gebraucht
#12 Liebe*r Chris, und können Sie sich vorstellen, dass Frau*en seit mehreren Jahren ihre Kinder nicht gesehen haben, weil sie aus einem osteuropäischen Land kommen, wo es nichts zu verdienen gibt, weshalb sie bei Menschen in Westeuropa aufzuräumen, während die Wohnungsbesitzer*innen solche Beiträge schreiben, wie sie das tun? Oder können Sie sich vorstellen, dass gerade Menschen an der griechischen Küste die Füße im Frost abfaulen? Oder können Sie sich vorstellen, dass Flüchtende, die von der tunesischen Küstenwache zurück an Land geholt werden, übelsten Folterungen ausgesetzt werden? Ich kann mir das alles nicht vorstellen. Und da wollen Sie, dass ich verstehe, dass Frau Folkerts keine Mutti im Fernsehen spielen darf? Die knapp 200 Leute, die sich hier geäußert haben - die hätten wir in ihrer Kraft, ihrer Prominenz, ihrer Energie, ihrer Wirkungsfähigkeit für was ganz anderes gebraucht als für das, worüber wir gerade diskutieren.
Coming Out Kommentar: 0809
@17 Wenn Sie von den KünstlerInnen verlangen, das Problem selbst zu lösen, obwohl in dem Artikel und Interview sehr genau beschrieben steht, dass sie das eben nicht können, weil Sie von den CasterInnen/RegisseurInnen/ProduzentInnen nicht besetzt werden, ist das in etwa so, als würden Sie einem Menschen, der von seinem Arbeitgeber ausgenutzt wird und viel zu wenig Geld bekommt für seine Arbeit, raten, statt um eine Gehaltserhöhung zu bitten, doch das Geld einfach selbst zu drucken. Wenn Sie sich nur für eine Sekunde die Mühe machen würden, sich hineinzuversetzen, was es heisst, seine Identität permanent verleugnen und verstecken zu müssen, welche Einsamkeit dabei entsteht, was das mit Menschen macht, wüssten Sie, dass es dabei nicht um eine Elitediskussion geht, sondern um einen unerträglichen Zustand, auf den deshalb in der SZ und nicht in einem Brachenblatt hingewiesen wird, weil er Gehör finden soll - und ja, vielleicht auch, weil man hofft, dass das Publikum seinen Künstlern zur Seite steht, damit die 'Rollenvergeber' nicht mehr behaupten können, das Publikum wolle es so.
Coming Out Kommentar: Adressat
Liebe 0809! Aber das ist es ja gerade, Künstler*innen werden hier kritisiert. Regisseur*innen, Autor*innen, Produzent*innen, an die richtet sich das #actout-Manifest.
Coming Out Kommentar: andere Schwierigkeiten
Also, ich weiß nicht, ob das hierher gehört und man traut sich ja eigentlich auch gar nichts mehr zu kommentieren, weil man gleich so angeschossen werden kann, weil man angeblich irgendwen diskriminiert hätte, oder ähnlich - aber, mich stören ganz andere Sachen bei Besetzungen. Ich finde es meistens sehr störend, wenn sehr junge Menschen, alte Menschen darstellen. Ich denke ja, dies liegt daran, dass alte SchauspielerInnen alle auch mal jung waren und sich auskennen mit Darstellung von jungen Körpern, weil die sich sehr gut an ihren heranwachsenden und jungen Körper und was dessen Geist antrieb, erinnern. Während junge SchauspielerInnen diese Erinnerung einfach noch nicht haben können. Deshalb finde ich es meistens irgendwie diskriminierend, wenn die - und wenn noch so gut einfühlend - alte Menschen darstellen...

Zweitens: Ich könnte mir vorstellen, wenn ich RegisseurIn wäre, dass ich große Schwierigkeiten hätte, eine/n Tatotzkommissar oder eine/n SchauspielerIn, die Film-Prominenz erlangt hat durch seine/ihre sehr gute Film-Arbeit, in einem Theaterproduktionsteam zu beschäftigen. Ich täte da denken, dass das Ganze interpretatorisch, also so im Ganzen, beschädigt würde dadurch. Und auch die anderen Produktionsensemble-Mitglieder dann beschädigt würden durch die Prominenz. Weil sich das Publikum doch darauf konzentrieren muss. So nach dis Motto: mal sehn, ob die/der dis hier auf der Bühne auch so toll kann, und dann auf alle anderen gar nicht mehr so richtig achten kann, oder auch nur auf die Geschichte... Außer natürlich ich habe ein komplettes auchFilm-Promi-Team - dann ist es wieder gerecht auf alle Figuren verteilt -
Coming Out Kommentar: gründlich lesen!
Liebe Eliza,

auch an Sie die Bitte, das Interview wirklich zu lesen (und @0808: wenn man hier so ausführlich in die Diskussion einsteigt wie Sie, dann kann man ja vielleicht auch einmal investieren und sich den Artikel online kaufen). Es geht nicht, darum, was Sie, Eliza, als Zuschauer an Darstellern auf der Bühne stört (ohne dass Ihnen je jemand absprechen würde, dass sie etwas stören darf), sondern Darsteller formulieren, wie sie auf Grund ihrer Sexualität nicht nur am Darstellen, sondern auch in ihrem privaten leben gehindert und behindert werden. So lange niemand bereit ist, sich konkret mit den Erlebnissen und den Forderungen der Darsteller auseinanderzusetzen, bleibt das hier sehr konkret eine diskriminierende Debatte, den es geht darum, erst einmal zuzuhören und dann zu reagieren - und nicht auf Grund irgendwelcher allgemeiner Eindrücke, konkrete Eindrücke und Forderungen Anderer zu ignorieren und kleinzureden.
Coming Out Kommentar: trotzdem "Elitediskussion"
Liebe*r Chris, haben Sie vielen Dank dafür, dass Sie weiter in der Diskussion dabei sind. Ich "verlange" nicht, dass die Künstler*innen diese Problematik selber lösen sollen, es kommt mir aber richtig vor, das vorzuschlagen. Einfach, weil ich mir nicht recht vorstellen kann, dass aus dem Bedürfnis der Künstler*innen so etwas wie eine gesellschaftliche Welle resultieren könnte, auf der die Künstler*innen dann quasi gemeinsam mit anderen surfen könnten, um zu erreichen, was sie erreichen wollen. Das hat doch nichts damit zu tun, ob ich mich in die Problematik hineinversetzen kann oder nicht. In den letzten 15 Jahren haben sich die Gesetze gegen Diskriminierung, gegen Benachteiligung, für mehr Beteiligung der Arbeitnehmer doch sehr gut entwickelt. Würden Sie mir da zustimmen? Falls ja, dann würde ich gern kenntlich machen: Auch Schauspieler*innen dürfen und sollten von Gesetzen Gebrauch machen. Denn damit Gesetze wirken und natürlich werden, sollten möglichst viele ihren Nutzen erkennen. Den gibt es aber absolut und ich finde, dass man nicht so tun darf, als wäre das nicht so. Ich möchte deshalb vorerst gerne bei meinem Begriff der "Elitediskussion" bleiben, denn ich glaube vorerst weiterhin, dass es hier genau darum geht.
Coming Out Kommentar: zu einfach
Liebe*r 0809, dann erklären Sie mir, wie man Gesetze anwenden kann, wenn der/die Caster*in/Regisseur*in/Porduzent*in beim nächsten Mal nicht mehr sagt: wir besetzen Sie nicht, weil sie nicht heterosexuell sind, sondern: wir besetzen sie nicht, weil wir künstlerisch eine andere Vorstellung haben. Und schon ist es vorbei, dass man sich mit irgendeinem Gesetz dagegen wehren kann, auch wenn man, wie im Interview beschrieben, Szenen miterlebt, wo deutlich gesagt wird, dass die Nichtbesetzung auf Grund der sexuellen Orientierung erfolgt. Und warum sollte es keine Solidarität vom Publikum mit den Künstlern geben können? Und bei all den Kommentaren, die man in der SZ lesen kann: warum denken Sie, es sei jetzt genug getan bezüglich der Diskriminierung von queeren Menschen. denn das scheinen Sie ja zu denken, sonst hätten sie keine Probleme mit einem gesellschaftlichen Diskurs darüber.
Coming Out Kommentar: Köpfe sagen
Das Alles sitzt so fest in diesen Köpfen. Und die Münder in diesen …

„KÖPFEN SAGEN UNS WIE WIR ZU DENKEN UND ZU FÜHLEN HABEN WOFÜR WIR UNS SCHÄMEN MÜSSEN WOVOR WIR ANGST HABEN SOLLEN:

DU SOLLST NICHT LIEBEN
DU SOLLST NICHT DU SELBST SEIN
DU SOLLST ANGST HABEN
DU SOLLST DICH NICHT FREI FÜHLEN
DU SOLLST DICH SCHÄMEN FÜR DAS WAS DU BIST
DU SOLLST DEINEN KÖRPER HASSEN
DU SOLLST UNS GOLDENE SCHLÖSSER BAUEN
DU SOLLST NIE WIDERSPRECHEN
DU SOLLST NICHT DENKEN
DU SOLLST DICH VERSTECKEN
DU SOLLST NICHT SEIN DER DU BIST
DU SOLLST NICHT SEIN DER DU BIST
DU SOLLST NICHT FREI SEIN
DU SOLLST IMMER EINSAM SEIN
DU SOLLST DEIN BEGEHREN NIE AUSLEBEN
DU SOLLST NACHTS ALLEIN IM BETT LIEGEN UND DICH VOR SEHNSUCHT UND VERLANGEN VERZEHREN UND WEINEN JA WEINEN JA WEIN EINFACH WEIN“

(geklaut aus „SMALL TOWN BOY“ von Falk Richter)
Coming Out Kommentar: Strukturen der Macht
@1: danke! dein kommentar ist meines erachtens der bis jetzt einzig interessante innerhalb dieser debatte...

es sollte doch in all den auseinandersetzungendarum gehen, fragen und mögliche antworten bzw. schlussfolgerungen mehrdimensional zu betrachten... wenn die auseinandersetzung sich ausschließlich darum dreht, dass die sexuelle orientierung von spielrInnen zur ausgrenzung und assimilierungen führt, sollte man die augen weit offen halten für die aufkommende neue mode, in der die jeweilige sexuelle orientierung (die grundsätzlich ziemlich intim und privat ist- wie übrigens auch die poltischen überzeugungen) oder auch der so genannte migrationsvorder- oder hintergrund gezielt instrumentalisiert wird für die jeweilige vermarktung eines theaters o. ä. um ein bestimmtest image zu erzeugen, der mindestens ebenso gefährdend ist für die künstlerische auseindersetzunge wie die ausgrenzung/ stigmatisierung ... denn diese neue tendenz suggeriert erfolgreich der allgemeinheit (natürlich ohne das je konkret wörtlich zu bennen!), dass menschen mit diverser sexueller orientierung und/ oder kultureller prägung sogar manchmal einfach auch nur grundsätzlich frauen im vergleich zu (ich kann es nicht mehr hören!!! alten weißen) männern eine höhere ethik besitzen und daher die einzigen sind, die einen demokratischeren systhemwandel einführen werden...
die realität jedoch zeigt uns das gegenteil... ich verzichte hier auf beispiele... wenn ein im grunde zufälliger anteil meiner identität instrumentalisiert und vermarktet wird, dann verhält es sich genauso wie damals mit obama als päsidenten der usa- der mann war in seinen außenpolitischen entscheidungen weißer und älter als alle alten weißen männlichen vorgänger und angela merkels ruf als "Mama" täuscht doch nur davon weg, dass sie politisch betrachtet eine patriarchalere haltung und entscheidungsform pflegt, als schröder und kohl...
wenn also ein eigentich zufälliges merkmal plötzlich als eine bewusstgewählte haltung oder fähigkeit betrachtet wird, dann sollte man sich doch noch mal fragen, wieso solch manipulativen strategien mittlerweile nicht erkannt und auch so benannt werden... es sollre uns doch mittlerweile endlich mal klar sien, dass es nicht um fragen nach ethnie, gender/ sex etc. pp. gehen darf, wenn es um systhemkritik geht... unsere fragen müssen sich doch langsam darum kreisen, wie unsere strukturen der macht und derjenigen menschen, die die machtpositionen bekleiden umgedacht werden können...
wie heißt es doch so schön: wenn du jemanden wirklich kennen lernen willst, wissen willst, wer er/ sie ist, dann gib ihm macht.
Coming Out Kommentar: Lesen hilft
Ich gönne nachtkritik den traffic in diesem Thread, den man sich allerdings fast ganz hätte sparen können, wäre denn der Text im SZ Magazin auch von allen Diskutierenden gelesen worden. Ging mir nicht nur hier so, muss man fairerweise sagen. Aber nach der Lektüre erübrigen sich eigentlich alle Fragen, weil das sauber geführte Interview sowie die sehr gut vorbereiteten Initiator*innen halt alles bereits selbst ansprechen. Fluch des Netzes.
Coming Out Kommentar: Stückentwicklung
Nina (#1) hat die Passage aus dem Interview zitiert, in der ein Schauspieler darüber spricht, wie sein Leben für die ach so authentischen Inszenierungen am Gorki ausgeschlachtet wurde. Mich wundert, dass das so wenig Widerhall findet.

Leider auch meine Erfahrung: freie Selbstbedienung der Stückentwickler*innen und Regie-Teams am Privatleben der Schauspieler*innen.
Coming Out Kommentar: Eigenblutdoping
zu #29,Oktave: wundert mich auch. Schon beim Lesen im Interview. Die Diskussion ist zwar nicht gerade neu, Diederichsens Eigenblutdoping von 2008 mit dem Gorkistart von 2013 zu verbinden, und es ist sicher undialektisch verkürzt, jede Performance, die mit biografischem Material spielt, pauschal als Ausschlachtung zu bezeichnen. Aber wenn man, wie sanft oder herrisch auch immer, dazu gedrängt wird, neben dem migrantischen Marker doch bitte auch den queeren kenntlich zu machen in einem Ensemble, weil man das in Portfolio das nun echt gut gebrauchen könnte, ist das schon etwas anderes. Aber: Das ist doch eher ein Nebenschauplatz dieser tollen und erfolgreichen Aktion. Und wir (und das Gorki) sind alle weiter als 2013, wenn der Schauspieler, mittlerweile an der Burg, das auch öffentlich so sagen kann, ohne dass die subventionierte Armada gleich das super woke Segel hisst und die kritikalizistischen Kanonenkugeln poliert.
Coming Out Kommentar: notwenig
@27 Das was Sie hier schreiben ist wirklich gefährlich, populistisch und außerdem verletzend. Solange das anders als die Norm sein, dazu führt, dass man ausgegrenzt wird, Repressalien erfährt oder Nachteile bei der Ausübung seines Berufs hat(oder befürchten) muss, solange ist auch das Private politisch. und es ist bestimmt keine Mode, sondern es ist einfach an der Zeit. Es war längst überfällig und ist auch keine "Elitendiskussion", wie 0809 schreibt und ich finde es anmaßend und obszön, wie sich 0807 hier äußert und hier die Problematik von Geflüchteten heranzieht. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Solange es Diskussionen wie diese hier gibt, sind solche Artikel wie in der SZ notwendig, denn anscheinend ist strukturelle Homophobie tief in unserer Gesellschaft verankert. Das kann man übrigens auch und vor allem im Sport und besonders beim männlichen Fußball sehen, wo sich Spieler, wenn sie sich outen, dass meist erst am Ende ihrer Karriere oder danach tun.
Coming Out Kommentar: geltendes Recht
Liebe*r Chris, Gesetze sind keine dekorative Begleitung unserer Ansichten, sondern sie sind geltendes Recht. Das hier geltende Recht heißt "Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)" – umgangssprachlich auch Antidiskriminierungsgesetz genannt – das „Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindern und beseitigen soll“. In einer Demokratie können Menschen Gebrauch von Gesetzen machen. Dafür gibt es sie. Diese Gesetze sind demokratisch legitimiert. Da gibt es kein vor und zurück. Das Gesetz gilt für alle, also auch für diejenigen, die sich nicht daran halten. Es gibt in einer von Gesetzen geleiteten Demokratie wenig tatsächlichen Raum für so etwas wie vordemokratische Zustände, wo der/die Recht hat, der/die Macht hat. Wenn durch die geltende Rechtslage weiterhin Mensch*en behindert werden, dann bin ich dabei. Die unserer Diskussion vorstehende "Kampagne" hat jedoch keinen Ton darüber verloren ...
Coming Out Kommentar: Freiheit
#31 Liebe*r Wütende*r, auch wenn Sie meinen Beitrag in ihrem nicht ansprechen, aber dann ja direkt doch, ich finde nicht, dass das eine mit dem anderen nichts zu tun hat, ganz im Gegenteil. In ausbeuterischen Strukturen wie unseren zu leben, verlangt allen gleichermaßen viel Energie ab, ob sie Geflüchtete oder Schauspieler*innen sind. Es geht doch um eine sehr einfache Frage, wie solidarisieren die sich miteinander, oder lassen wir uns immer wieder auseinander dividieren? Ich finde aber vor allem eins wichtig: Dass es diese Diskussionen hier gibt, finde ich einen Ausdruck von Freiheit und sehr richtig, dass es sie gibt.
Coming Out Kommentar: Körper?
Dass, wen ich liebe, wer ich bin und wo ich arbeite, mit meinem Körper zu tun hat, war mir noch gar nicht aufgefallen.
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