Presseschau vom 11. Juni 2015 – Die Zeit berichtet aus Bukavu von Milo Raus Kongo-Tribunal
Tiefe Einblicke
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11. Juni 2015. Das Budget für Milo Raus Theater- und Filmprojekt beträgt eine Million Schweizer Franken, legt Andreas Tobler in seiner Reportage vom "Kongo Tribunal" in der Zeit offen und berichtet von den dreitägigen Verhandlungen: "Jean-Louis Gilissen, ein Anwalt, der eigentlich Bürgerkriegsopfer am UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag vertritt, führt als Vorsitzender des Schauprozesses ein strenges Regime." Dennoch nutzten die politischen Gruppierungen das symbolische Gericht für ihre Zwecke: "Man weiß auch hier um die Macht der Bilder."
Trotzdem sei Erstaunliches geschehen, so Tobler: "Jedes Mal, wenn der Gerichtspräsident und die Jury den Saal betreten, erheben sich die Vertreter der Regierung und der Opposition. Und wenn Gilissen seinen Hammer schwingt, verstummt das Publikum, obwohl es sich nur um ein fiktives Verfahren ohne juristische Folgen handelt."
Auch Überraschungen inhaltlicher Art hat Tobler erlebt. Der Innenminister der Provinz Südkivu etwa habe sich in der Befragung durch die unabhängige Expertenjury "um Kopf und Kragen" geredet, als ein Massaker verhandelt wurde, bei dem 35 Menschen getötet wurden – und habe schließlich gesagt: "Er wisse nicht, ob die Polizei in jener Nacht im Dienst gewesen sei, als das Massaker geschah. Geraune im voll besetzten Saal."
Der Prozess lasse tief in die innere Gespaltenheit der Regierung und des Militärs blicken, schreibt Tobler. "Der Gouverneur schiebt in seiner Rede alle Schuld auf den globalen Kapitalismus." Und er sei Zeuge von Geständnissen geworden, "die in einem regulären Gerichtsverfahren kaum möglich gewesen wären". Zum Beispiel: "'Hat ihre Miliz vergewaltigt?', wird der Vertreter einer Rebellentruppe gefragt. 'Die kongolesische Armee vergewaltigt auch', entgegnet der Befragte, der zwecks Anonymität verschleiert auftritt."
Das Urteil nach drei Tagen Anhörungen: "Haben die Rohstoff-Multis zum Frieden und zur Demokratie im Kongo beigetragen? Nein, urteilt die unabhängige Jury." Nach dem Prozess, berichtet Tobler noch, hätten Demonstranten vor dem Collège Alfajiri, in dem die Verhandlungen stattgefunden hatten, skandiert: "Wir wollen ein richtiges Tribunal!"
(sd)
Mehr zum Kongo-Tribunal:
Milo Raus Eröffnungsrede zu "Das Kongo Tribunal", hier auch auf Französisch.
Eine Kritik der Rede von Esther Slevogt.
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