Presseschau vom 24. September 2016 – Die FAZ dokumentiert Peter André Alts Laudatio auf den Theaterkritiker Gerhard Stadelmaier
s="text_titel_ohne_autor">Schreckensstammtisch, Seelenfleisch
24. September 2016. Die Frankfurter Allgemeine dokumentiert heute (leicht gekürzt) die Laudatio Peter André Alts, seines Zeichens Germanist und Präsident der Freien Universität Berlin, auf den ruheständlichen FAZ-Theaterkritiker Gerhard Stadelmaier anlässlich der Verleihung des Deutschen Sprachpreises 2016 an diesen. Alt arbeitet darin unter Berufung auf Lessing und Schlegel pointiert die Aufgaben der Kunstkritik heraus.
"Das Urteil des Kunstrichters, so Lessing, stütze sich auf subjektive Wahrnehmung und objektive Gründe. Es müsse beide Ebenen verbinden, indem es die persönlichen 'Empfindungen' und die allgemeinen Begriffe des Vollkommenen und Schönen aufeinander beziehe. Individuelle Ansicht und normative Begründung wirken im Idealfall zusammen, denn das angemessene Kunsturteil operiert sowohl subjektiv als auch regelgeleitet."
Es gebe aber auch die Kritik, die "ihren ästhetischen Gegenstand verändert, wenn sie ihn bespricht. Ihr Objekt schreibt sie fort, weil sie es im Akt des Urteils potenziert. Friedrich Schlegel (…) erfand diese Variante der Kritik, die selber Kunst ist. Indem sie, was sie bewertet, nicht nur kommentiert, sondern reflexiv steigert, hat sie teil am Prozess der ästhetischen Erfahrung. Eine solche Kritik baut das Kunsturteil zur Urteilskunst aus."
Es mag manche überraschen, und andere vielleicht nicht: Peter André Alt findet beide Varianten der Kritik auf geradezu ideale Weise in Gerhard Stadelmaiers Schaffen eingelöst. "Lessings Idee der Synthese von subjektiver Einschätzung und objektiven Kriterien kommt in Stadelmaiers Rezensionspraxis zum Funkeln, und zwar durch die scharfsinnige Rede, die den Diskurs zuspitzt, die Begriffe pointiert, die Argumente steigert. Und Friedrich Schlegels schwer kopflastiges Modell der Kunstkritik als Kritikkunst rettet er aus dem Risiko des Akademischen durch seine so zupackende wie fein ziselierte Sprache."
Aus der nachfolgenden Konkretlobhudelei sei noch eine Liste herausgehoben, die Alt aus "schöpferischen Komposita" Stadelmaiers zusammengestellt hat: "Bühnenbildmüll, Mythenkredit, Textzertrümmerer, Theaterhohepriester, Kitschmichel, Albtraumtrabanten, Lebkuchenkerle, Füllknirpse, Überlegenheitsschlampe, Greisendompteuse, Kältesprüherin, Schreckensstammtisch, Seelenfleisch, Pimmelreich, Sehnsuchtsnot. Oder, in nochmaliger Steigerung mit drei und mehr Komponenten: Sternstaub-Boulevard, Staatstheaterschmiere, Lebensmahlzeitkomödie, Liebestod-Turm, Sensationsseelenkummer, Himmelshöllenhöhen, Blitzkarrierekrieg, Bewusstseinsstromlenker, Ordnungslustmolch, kunstblutdurchpulste, wolfsschnauzenschlangenbestialisch."
(wb)
Wir halten Sie auf dem Laufenden
Wir sichten täglich, was in Zeitungen, Onlinemedien, Pressemitteilungen und auf Social Media zum Theater erscheint, wählen aus, recherchieren nach und fassen zusammen. Unterstützen Sie unsere Arbeit mit Ihrem finanziellen Beitrag.
mehr medienschauen
- Presseschau Laudatio auf Stadelmaier: er fehlt
- #1
- hyperion
- Presseschau Laudatio Stadelmaier: nihil nisi bene
- #2
- Thomas Rothschild
- Presseschau Laudatio Stadelmaier: Mitgefühl
- #3
- Rainer Schlief
meldungen >
- 26. April 2024 Toshiki Okada übernimmt Leitungspositionen in Tokio
- 26. April 2024 Pro Quote Hamburg kritisiert Thalia Theater Hamburg
- 25. April 2024 Staatsoperette Dresden: Matthias Reichwald wird Leitender Regisseur
- 24. April 2024 Deutscher Tanzpreis 2024 für Sasha Waltz
- 24. April 2024 O.E.-Hasse-Preis 2024 an Antonia Siems
- 23. April 2024 Darmstadt: Neuer Leiter für Schauspielsparte
- 22. April 2024 Weimar: Intendanz-Trio leitet ab 2025 das Nationaltheater
- 22. April 2024 Jens Harzer wechselt 2025 nach Berlin
neueste kommentare >
-
Zusammenstoß, Heidelberg Schauspielmusik ist nicht Musiktheater
-
Pollesch-Feier Volksbühne Chor aus "Mädchen in Uniform
-
Kritik an Thalia Theater Hamburg Ideologisch verstrahlt
-
Kritik an Thalia Theater Hamburg Vorfreude
-
Kritik an Thalia Theater Hamburg Schieflage
-
Kritik an Thalia Theater Hamburg ungutes Zeichen
-
RCE, Berlin Talentiertester Nachwuchs
-
RCE, Berlin Manieriert und inhaltsarm
-
Kritik an Thalia Theater Hamburg Struktur
-
Pollesch-Feier Volksbühne Motto von 1000 Robota
nachtkritikcharts
dertheaterpodcast
nachtkritikvorschau