Presseschau vom 13. Dezember 2016 – die taz analysiert die Debatte um die Münchner Kammerspiele und diagnostiziert falsche Fronten
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13. Dezember 2016. "Beflissene wie dampfende Stellungnahmen für und wider Lilienthal umgingen en gros die von der SZ-Kritikerin Christine Dössel angezettelte Qualitätsdiskussion", schreibt Sabine Leucht in der taz (ausgehend von einer Kritik zu Rimini Protokolls "Top Secret International" an den Münchner Kammerspielen) – dabei hätten sich einige Autoren (inklusive Dössel) zu sehr in die Idee verbissen, die Kammerspiele "retten" zu müssen. "Andere wollten offenbar partout nicht in die reaktionäre Ecke gestellt werden und bejahten das 'Experiment' ohne weitere Differenzierung", so Leucht. "Lilienthal selbst hielt nonchalant das Label des Performativen wie ein Schutzschild vor sich, als würde sich Kritik daran von vornherein verbieten, weil es eben 'anders' ist und deshalb per se schon toll."
Das sei es aber ebenso wenig, "wie jeder Kritiker der aktuellen Kammerspiele von der Sehnsucht nach Einfühlungs- und Als-ob-Spiel angetrieben wird" – vielmehr zeige sich gerade, "wie schwammig der Begriff 'Performance' zu sein scheint, eines Theaters also, das nicht Rollen ausfüllt, sondern Situationen erschafft. In den sechziger Jahren an der Schnittstelle zwischen bildender und darstellender Kunst entstanden, wird es heute theaterseits gern über alles gestülpt, was nicht über die Rampe kommt oder das selbstgesetzte Thema nur lose umspielt."
Schwammiger "Performance"-Begriff und schlechte Kommunikation
Darüber zu diskutieren findet Leucht ebenso interessant "wie der Frage nachzugehen, ob zumindest ein Teil der 'Krise' der Kammerspiele struktureller Natur ist: Freie Theaterarbeit und Stadttheater-Zwänge sind doch nicht so ohne weiteres miteinander kompatibel und die Zusammenarbeit verlangt zumindest eine neue Qualität der Kommunikation." – In diesem Zusammenhang verweist sie auf die Protestveranstaltung der freien Gruppe Göthe Protokoll im vergangenen Juni in den Kammerspielen.
Auch die Abgänge von Brigitte Hobmeier und anderen Schauspieler*innen sowie die Absage einer Inszenierunb von Julien Gosselin zeigten, dass "die Hauptfrage sein und bleiben" müsse, "wie es an diesem Haus um die Soft Skills bestellt ist und um die Bereitschaft, aufeinander zuzugehen".
(sd)
Mehr zur Debatte um die Münchner Kammerspiele:
– Presseschau vom 13. Dezember 2016 – Die Neue Zürcher Zeitung spricht mit Matthias Lilienthal über seinen umstrittenen Kurs für die Münchner Kammerspiele
– Welches Theater braucht München? – Bericht von einer Podiumsdiskussion zur Debatte um die Münchner Kammerspiele (21.11.2016)
– Presseschau vom 17. November 2016 – Die Debatte um Matthias Lilienthals Münchner Kammerspiele in der Übersicht
– Interview mit Matthias Lilienthal vom 12. November 2016 – Die Kammerspiele haben nichts mit dem HAU zu tun
– Podcast vom 27. April 2016 – Die turbulente erste Spielzeit Matthias Lilienthals an den Münchner Kammerspielen
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