Am Golde hängt's...

12. September 2012. In der Neuen Zürcher porträtiert Peter Michalzik den als Frankfurter Schauspielchef frisch verlängerten Oliver Reese und scheut dabei die großen Worte nicht. Reeses Versuch: "der Intendant als Tausendsassa, der Künstler als Manager und der Manager als Künstler". Seit den Siebzigern habe das Schauspiel seine Rolle in der Stadt nicht mehr gefunden: "Dank Reese hat sich das geändert. Mit seinem breit aufgestellten Klassikerangriff und einer noch breiteren Charmeoffensive hat er Frankfurt in den vergangenen Jahren für sich regelrecht eingenommen." Das belegten auch die Zahlen: "In der vergangenen Spielzeit kamen 165 000 Menschen ins Theater, so viele wie seit 30 Jahren nicht."

Aktueller Höhepunkt dieser Entwicklung sei das "Faust"-Projekt, von Michalzik Reeses "Entscheidungsschlacht" genannt: "Als man vor zwölf Jahren so intensiv wie erfolglos versuchte, Peter Steins 'Faust' nach Frankfurt – wo Goethe ohnehin verehrt wird – zu holen, war das eine herbe Niederlage. Reeses Ankündigung seines Projekts klang deshalb wie ein Triumph."  Bezuschussen lässt er sich die Produktion – den ersten Teil inszeniert Stefan Pucher, den zweiten Günther Krämer, nachdem sich Benedikt von Peter wegen "künstlerischer Differenzen" zurückzog – mit einer halben Million Euro von der Deutschen Bank.

In diesem Zusammenhang erwähnt Michalzik auch Reeses durch eine Indiskretion an die Öffentlichkeit gelangte Intendantengehalt. Reese habe dessen Höhe mit "der grössten Erfolgsgeschichte seit Jahrzehnten" gerechtfertigt, die das Schauspiel schreibe. "Da hat er sich zum ersten Mal im Ton vergriffen." Zum Bild passt, dass die Teilnehmer des gegenüber des Schauspiels lagernden Occupy-Camps zwar in die Kantine durften und es auch Stücke gab, "die sich kritisch mit Kapitalismus und Krise auseinandersetzten".  Allerdings sei auch deutlich geworden, "dass dieses Lager dem Theater fremder war als die Banken".

(geka)

Mehr zu Oliver Reese, dem Schauspiel Frankfurt und der Sache mit dem Geld: Kurz nachdem Reeses Gehalt veröffentlicht worden war, ließ die Stadt Frankfurt verlauten: Das Schauspiel muss sparen.

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