Schwieriger Wandel

8. Februar 2013. Ein Drama will Radio Bremen zwar nicht daraus machen, berichtet aber ausgiebig, dass nach Michael Börgerdings Auftakt am Theater Bremen das Publikum ausbleibe. Mit 50.000 Besuchern seien 13.000 weniger als erwartet gekommen. Börgerding kommt auch selbst zu Wort.

Das Theater Bremen sei im Umbruch. Intendantenwechsel, knappe Finanzen, hoher künstlerischer Anspruch, das Publikum werde aber offenbar nicht so erreicht, wie es der neue Theaterchef Michael Börgerding erwartet habe, resümiert der Radio Bremen TV-Magazinbeitrag buten un binnen vom 6. Februar 2013. 

Kulturredakteurin Margit Ekholt wird zitiert, die dem Intendanten zur Seite springt: "Die Startbedingungen waren denkbar schwierig, da das Bremer Theater jahrelang wegen finanzieller Probleme in den Negativ-Schlagzeilen war und mehrere Intendantenwechsel zu verkraften hatte. Da haben sich viele Bürger vom Theater abgewandt." Der Auftakt der Spielzeit mit Produktionen wie der Kinderoper "Wo die wilden Kerle wohnen" und einem Tanzfestival war nicht glücklich. Auch die Operette "Die Banditen", als ironischer Comic inszeniert, hatte auf Teile des Publikums eine abschreckende Wirkung. "Derzeit scheint es mir so zu sein, dass viele potentielle Besucher noch abwarten und dass das Vertrauen noch aufgebaut werden muss. Ich habe aber den Eindruck, dass dem Intendanten und seinem Team dies auch klar geworden ist", so Ekholt. Das Theater suche den Kontakt zum Publikum, spreche aber eher Intellektuelle und eine studentische Klientel an.

Auch Michael Börgerding kommt im Interview zu Wort. Das Publikum reagiere unterschiedliche, aber es entfliehe nicht dem Theater, "da muss man die Kirche im Dorf lassen", sagt er. Wenn ein neuer Intendant antritt, strukturiere sich das Publikum natürlich um. "Wir können genau sagen, was wir nicht erreicht haben, aber wir schreiben dennoch eine schwarze Null." Mit Herbert Fritschs "Banditen" habe man auch nicht vorgehabt, irgendjemandenzu verprellen. Für ihn sei das weiterhin großes Unterhaltungstheater, man müsse aber zur Kenntnis nehmen, dass nicht alle Bremer das so sehen.

(sik)

 

Kommentare  
Presseschau Bremen: avantgardistisch überflutet
Herbert Fritsch ist großes Unterhaltungstheater. Endlich spricht es ein Intendant einmal aus, bevor wir zum Theatertreffen wieder avantgardistisch damit überflutet werden. Nur Pech, dass auf die Art von Unterhaltung das Publikum in Bremen nicht zu fliegen scheint.
Presseschau Bremen: Wäre er nur nach Berlin
"In Berlin wäre das der Hammer", sagt Ulla Hamann, Kulturexpertin der Sendung, in dem Beitrag. Ach, wäre Michael Börgerding doch nur mit Ulrich Khuon nach Berlin ans DT gegangen. Mit einem guten Chefdramaturgen und diesen Schauspielern und Regisseuren hätte das DT in Berlin künstlerisch spannend, aufregend und ein Riesenerfolg werden können. Stattdessen dümpelt das DT eher provinziell vor sich hin und das Publikum in Bremen ist erst einmal überfordert. Wie schade!

PS: Dass Fritsch großes Unterhaltungstheater ist, das - wie ich finde - nicht schon wieder mit einer Einladung zum Theatertreffen geehrt werden muss, stimmt!
Presseschau Bremen: langweilger Altherrenhumor
Fritsch' Arbeit in Bremen war langweiliger Altherrenhumor. Ich bin zur Pause gegangen (und gucke mir liebe richtige Oper und/oder Atze Schröder an, das ist jeweils viel professioneller) - und habe von mehreren Leuten gehört, die Fritsch in Berlin erlebt haben, dass er dort deutlich bessere Arbeiten realisiert habe.
Presseschau Bremen: Im Dorf
Ich habe grade die Banditen gesehen und fand es einfach klasse!!
Überhaupt finde ich die "Wandlung" des Theaters sehr gut und glaube man sollte dem Ganzen Zeit geben. Nicht vergessen darf man eben auch die Tatsache dass wir uns in Bremen, sprich: "Im Dorf" befinden...
Presseschau Bremen: Bei Fritsch lebt das Musiktheater!
"Die Banditen" sind ein Wagnis, dessen gewaltige Errungenschaften dem durchschnittlichen Bremer Theaterbesucher gar nicht so ins Auge stechen können und müssen.
Wie Fritsch Schauspieler und Sänger verzahnt, dass man am Ende nicht mehr weiß, wer jetzt eigentlich aus welcher Sparte kommt oder auch wie er in einem absolut gesunden Sinn von Werktreue Text und Musik bearbeitet, dass einem die Ohren klingeln (Herr Hanssen aus dem "Tagesspiegel" sollte sich seine "Banditen"-Kritik für die Mappe seiner 10 peinlichsten Fehlverisse aufheben) - das ist für das Musiktheater in Deutschland ein experimenteller Versuch, der doch so gar nicht danach aussieht. Freunde, so lebt Musiktheater und nicht in der 40. Durchkauung von Wagner und Puccini.

Dass der Abend manchmal auch gewaltig durchhängt, sich anfangs so gar kein Lacher einstellen will, ein ganzer Akt bis auf die bescheuert-kluge Endlosapplaus-Polonaise am Schluss hätte gestrichen werden können und Fritsch den (fabulös spielenden) Sängern in den musikalischen Couplets und Ensembles (noch) kein richtiges Handwerkszeug außer unspezifischer Choreographie mitgeben kann - das sticht dem Bremer wohl mehr ins Auge, weshalb der Zuschauerraum nur halb voll ist.

Die, die am Ende auch manch flauen Gag verkraftet haben und im Parkett begeistert klatschend den Applaus nicht enden lassen wollen, das waren, meines Eindrucks nach, nicht nur zugereiste Berliner...
Ich kann mir gur vorstellen, dass sich das noch rumspricht und die letzten Vorstellungen voller werden.
Presseschau Bremen: Frage
@Sich Fragender

Ich stelle mir immer die Frage, wie weit hier eigentlich die Theater nicht selber solche Kommentare posten, um sich ins Gespräch zu bringen?
Presseschau Bremen: Friedrichstadtpalast
"experimenteller Versuch für das Musiktheater in Deutschland" - zählen sie den friedrichstadtpalast in berlin eigentlich auch dazu?
Presseschau Bremen: naja
@martin baucks: Guter Kommentar.

Und was soll eigentlich das ständige Gerede, dass die Bremer zu provinziell seien, um so tolle Dinge wie Fritsch-Inszenierungen nicht angemessen schätzen zu können. Quatsch. Viele Bremer Kulturliebhaber reisen und informieren sich.
Man kann es auch anders formulieren: In Berlin gibt es genügend Bekloppte, die Fritsch-Abende lieben. Zur Besänftigung: Es gibt in der Tat tolle Fritsch-Abende, aber die Bremer Banditen - naja...
Presseschau Bremen: Altherrenhumor
Scheint ja so ein Franchise Theater zu sein. Sieht wirklich in jeder Stadt gleich aus nur die Schauspieler sind halt unterschiedlich gut. Mich erinnert es auch eher an langweiligen Altherrenhumor. Ein bisschen Robert Wilson für Arme. Kostet wahrscheinlich auch nicht so viel Zeit. Aufregen muss es einen aber nicht...und überhaupt finde ich auch man sollte die Kirche im Dorf lassen.
Presseschau Bremen: leere Reihen sind schrecklich
@ baucks und co: Tja, das ist natürlich das Holzhammer-Gegenargument, so schlägt man sich gegenseitig k.o. und feiert sich in der eigenen Anonymität.

Hätte den letzten Absatz vielleicht weglassen sollen, aber ambitioniertes Theater vor halbleeren Sitzreihen finde ich auch als nicht Bremer Zuschauer schrecklich, um es ohne Marketing-Gedanken auszusprechen.

Aber ist ja sowieso egal, die Meinungen sind ja schon fertig, ne?
Presseschau Bremen: großer Aufbruch
Ich habe mich bestens in der Silvestervorstellung amüsiert und unterhalten. Mit mir viele andere Zuschauer. Einige sind gegangen. Das kommt leider vor ... Die hatten wohl Operette erwartet und sich vorher nicht informiert. Wo Fritsch draufsteht ist auch Fritsch drin. Da hätte das Theater sicher im Vorfeld etwas besser informieren sollen, was Herr Börderding ja auch selbstkritisch an verschiedenen Stellen bereits eingestanden hat ...
Ansonsten großer Aufbruch in Bremen ... Ich war bei vielen Premieren und war fast durchweg begeistert, besonders von "Das Leben auf der Praca Roosevelt", MAHLER III und dem Woyzeck ...

Das Programm ist möglicherweise nicht zu 100% Abonnenten-kompatibel, das ist aber möglicherweise genau das, was mich anzieht ;-)
Kommentar schreiben