Vor sich hin träumen ist da nicht drin

8. März 2013. Für die taz nimmt Simone Kaempf das Arbeitsleben der Souffleuse Bärbel Kleemann vom Berliner Maxim Gorki Theater zu Protokoll, ein Leben in der ersten Reihe – und doch im Verborgenen. Nur selten werde sie wahrgenommen, so die 63jährige gelernte Grafikmalerin Kleemann. Häufig versuchten allerdings Besucher neben ihr, den Text mitzulesen, manche Zuschauer luden ihren Unmut über Stück oder Schauspieler bei ihr ab, mit anderen käme sie über die Jahre immer wieder ins Gespräch.

Sie habe "das Glück, mit wunderbaren Schauspielern zu arbeiten". Außerdem seien ihr Themen und Inszenierungen von Armin Petras "sehr nah". An einem Theaterabend mitzuwirken, könne "gleichermaßen ausfüllen und belasten, kann beglücken oder tief unglücklich und ratlos machen. Aber wenn ich spüre, jetzt sind wir auf dem richtigen Weg, bin ich jedes Mal froh und erleichtert. Dann werden die Träume in der Nacht wieder ruhiger."

Den Großteil ihrer Arbeit machten die Proben aus, "vor sich hin träumen ist da nicht drin". Der Rhythmus einer Inszenierung gehe ihr bis zur Premiere ins Blut über. "Erscheint mir eine Sprechpause zu lang, gehe ich in Habachtstellung. Es gibt Verabredungen mit den Schauspielern, dass sie mir mit einem direkten Blick oder mit einem Fingerschnipp signalisieren: Jetzt musst du. Sonst niemals!" Sie sei für diese "eine psychologische Stütze. Ein Texthänger kann jederzeit passieren", echte Blackouts habe sie in sieben Jahren hingegen "nur ein oder zweimal erlebt". Man könne auch sagen, sie sei "die gründlichste Zuschauerin einer Inszenierung (...). Ich merke oft bereits in den ersten Minuten, ob es ein guter Abend wird oder nicht. Ob der Funke von oben nach unten oder umgekehrt überspringt, ist entscheidend. Wenn der stimmt, wird der Abend toll."

(ape)

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