Berliner Theatermanie

9. Januar 2014. "Berlin war um 1800 unumstritten die deutsche Theaterhauptstadt", behauptet der Germanist und Weimarer-Klassik-Forscher Conrad Wiedemann im Interview mit der Welt als Reaktion auf die Wiederentdeckung des Iffland-Nachlasses. Iffland war über lange und zentrale Jahre Leiter des Königlichen Schauspielhauses am Gendarmenmarkt. "Das Berliner Theater mit seinen 2000 Plätzen war das größte im Land. Es spielte täglich zwei Vorstellungen, und die waren gut besucht. Nahezu jeden Tag gab es in der Berliner Presse Theaterkritiken. Es musste nur einer der Hauptdarsteller ausgewechselt werden. In Berlin herrschte eine absolute Theatermanie."

Wiedemann preist Iffland als innovativen Theatermann, der wichtige Reformen anstieß: "Er sorgte dafür, dass sein Haus als erstes in Deutschland über eine eigene Schneiderei verfügte. Er setzte durch, dass die Schauspieler für jede Rolle das passende Kostüm bekamen. Glaubwürdigkeit und Lebensechtheit waren Ifflands Ziele. Er nahm den Historismus am Meininger Theater vorweg."

Im Gegensatz zu Weimar habe Berlin damals "die ganze Bandbreite der Gesellschaft" gespiegelt. "Das spiegelt sich in Ifflands Spielplanpolitik, der von der hohen Klassik – der Siegeszug Schillers auf deutschen Bühnen beginnt ja mit Ifflands Berliner Inszenierungen; hier wurde der "Tell" uraufgeführt – bis zur Operette alles anbot, was damals auf den Bühnen Erfolg hatte."
(geka)

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