Tiefsinniger Neuzugang

7. Februar 2014. Der nordirische Schauspieler und Regisseur Kenneth Branagh wird zum Ehrenpräsidenten der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft ernannt. Das meldet die FAZ (7.2.2014). "Kenneth Branagh verkörpert einen sehr zupackenden Shakespeare und öffnet zugleich tiefsinnige, neue Zugänge. Er hat zu allen großen Shakespeare-Stücken sehr eindrucksvolle Varianten geliefert – auf der Bühne und auch auf der Leinwand", zitiert die Zeitung den Präsidenten der Gesellschaft, Tobias Döring.

KennethBranaghJuly09 Giorgia-MeschiniKenneth Branagh im Juli 2009 © Giorgia MeschiniDer 1960 in Nordirland geborene Branagh ist vor allem bekannt für seine Shakespeare-Verfilmungen "Henry V" (1989) (nach einer Theaterproduktion der Royal Shakespeare Company, in der Branagh die Titelrolle gespielt hatte), "Viel Lärm um Nichts" (1993), "Othello" (1995), "Hamlet" (1996), "Verlorene Liebesmüh" (2000) und "Wie es euch gefällt" (2006), bei all denen er sowohl Regie führte als auch eine Hauptrolle übernahm.

Die Entstehung dieser Filme, für die Branagh unzählige Preise erntete (alleine "Henry V" war für zwei Oscars nominiert und räumte 1990 drei Europäische Filmpreise ab), war eng verbunden mit Branaghs Theaterarbeit. 1987 gründete er zusammen mit seinem Schauspielerkollegen David Parfitt die "Renaissance Theatre Company", die sich ein Jahr später mit einer "Touring Season" mit drei Shakespeare-Produktionen ("Viel Lärm um nichts", "Wie es euch gefällt" und "Hamlet") in ganz Großbritannien bekannt machte.

Nach Angaben Dörings – so die FAZ – sei es das erste Mal, dass die Deutsche Shakespeare-Gesellschaft, die in diesem 450. Geburtsjahr Shakespeares selbst 150 Jahre alt wird, eine Ehrenpräsidentschaft verleiht. Vor hundert Jahren, zum 50. Geburtstag der Gesellschaft, habe es drei Ehrenmitgliedschaften gegeben – "für den König von England, den Zar von Russland und den Präsidenten der Vereinigten Staaten", wird Döring zitiert: "So größenwahnsinnig war die Shakespeare-Gesellschaft damals."

(FAZ/sd)

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Kommentare  
Kenneth Branagh wird Ehrenpräsident: gut
find ich gut! (...)
Kenneth Branagh wird Ehrenpräsident: Anti-Stratfordian
Ja, vielleicht sollte man Branagh bitten, in seiner Eigenschaft als Ehrenpräsident dafür Sorge zu tragen, daß die Gesellschaft den Namen des Autors, nach dem sie sich nennt, nicht mehr ausschließlich und kämpferisch an den knauserigen Getreidekaufmann aus Stratford/Avon knüpft, an dessen Identität mit dem Verfasser der auf unseren Bühnen so gerne gequälten Stücke erhebliche und begründete Zweifel (siehe die „Declaration of Reasonable Doubt“ https://doubtaboutwill.org/declaration) angebracht sind. Statt exorbitanter, selbstgewisser Geburtstagsfeiern auf dünnstem Eis – und mehr oder weniger ignoranter bis aggressiver Versuche, sich an dieser Feierei durch nichts und niemanden hindern zu lassen - wäre eine wissenschaftliche Objektivierung am Platze, die es erlaubt, eines der größten literatur- und kulturgeschichtlichen Rätsel aller Zeiten mit dem gesamten untersuchenden Instrumentarium zu traktieren, das der Forschung zur Verfügung steht. Vermutlich wäre der „Shakespeare Birthplace Trust“, ein Geschäftsunternehmen, das die Bezeichnung „Trust“ sehr wohl verdient, von einem solchen Vorstoß des Ehrenpräsidenten wenig begeistert – Branagh immerhin könnte sich, neben vielen anderen Zweifelern, auf Freud, Chaplin und Orson Welles berufen.
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